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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 06.01.1916
Umfang: 8
1 • ;■ DM . — 202 — wolle niemand um sich dulden im Hause. Die alte Josesa sei tot. Sterz inger habe im letzten Frühjahr die Nachricht davon in das Tal gebracht. „Der wildert wohl nach wie vor?" fragte Florian. „Mit Schlingenlegen mag er's wohl noch treiben," versetzte Ignaz; „aber zu einem neuen Stutzen, nachdem sie ihm den alten in Jenbach einbehalten hatten, hat er's nicht mehr gebracht. Wie er aus dem Gefängnis losgekonuncu war, hat ihn der Griesinger nicht mehr bei sich ausgenommen

und kein anderer hat's auch nicht tun wollen. Denn schau, wenn ihn auch das Gericht losgelassen hat, es glaubt doch jeder, daß er den Beck erschossen hat. Da ist er denn verkommen, treibt sich bettelnd in den Dörfern und in den Hütten im Gebirge umher, und wo er zu Schnaps kommen kann, da besaust er sich." Florian trat für Sterzingers Unschuld ein, indem er ansührte, daß die tätliche Kugel zu groß für dessen Stutzen gewesen sei. „Da soll's mich doch wundern," kopfschüttelte Ignaz, „ob, es an den Tag kommt, wer's

Veronikas auftrat. Selbst seine Er bitterung gegen Florian konnte von diesem Mittel keine Genug tuung erwarten, war doch Veronika nicht dessen rechte Mutter und er in dieser nicht zu beschimpfen. Es war eine heikle Sache, bei deren nachträglicher Anregung viel Unliebsames zur Sprache kommen konnte. Daß unter seinem Schwiegen ein Unschuldiger litt, kümmerte ihn nicht; litt derselbe doch eigentlich für die Kirche und gewann sich dadurch, tvenn auch unwissentlich, eine Krone im Himmel. — Florian besuchte

als je waren ihm ihre hübsche Erscheinung, ihr heiteres, so keckes und doch wieder so hingebendes und immer anmutiges Wesen gegen wärtig. Er fand den alten Mayr zusammengesunken, vertrocknet, mit schneeweißem Haar auf einem hölzernen Armstuhl in der Stube sitzend. Die Vögel sangen; aber ihr Chor war schlvach. Die Zahl der Käfige an den Fenstern und Wänden war nicht vermindert; allein es fehlten vielen die Insassen. Der Alte richtete nur einen gräm lichen, ja feindseligen Blick auf Florian, seinen Gruß erwiderte

er nicht, noch nahm er die dargebotene Hand. „Ihr erkennt mich wohl nicht?" fragte Florian und nannte seinen Namen. Mayr blieb stumm. Florian betrachtete ihn mitleidig. Nach einer Weile sagte er ihm, daß er von Evas Verschwinden gehört; ob er denn in der ganzen Zeit keine Nachrichten von ihr erhalten hätte? Die eisgrauen Brauen des Alten zuckten; aber er schwieg hart näckig. Florian seufzte. „Sprecht Euch doch aus," bat er. „Ihr wißt ja, daß die Eva und ich von jeher gute Kameraden

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 11.12.1915
Umfang: 8
Druck, den die siegreich nachrückenden Bulgaren auf die Stellung des Expeditionskorps am Cerna-Var- — 138 — „Da, wie Sie behaupten., die Briefe gefälscht wurden," bemerkte Herr Huber nachdenklich, „so hatten Sie keine Lust, ein Geistlicher zu werden und sind deshalb aus der'Jesuitenschule entflohen?" „Nein, auch gar keine Lust hatt' ich dazu!" rief Florian lebhaft und berichtete, daß er auf der Fahrt über den Brenner entflohen sei, nachdem sein Fluchtversuch durch den Weinkeller des Konvikts ver

eitelt worden war. „Genug für heute!" bem.'.üie der Richter, der ihm mit gespann ter Aufmerksamkeit zugehört hatte, und ließ Florian abführen. Er selbst ging noch eine Weile in dem Verhörziminer auf und ab. War es denn nicht Pater Gury gewesen, der auf Florian den Verdacht des Mordes gelenkt hatte? Und nun diese Mitteilungen des Beschuldig ten, die er doch mit solcher Geläufigkeit nicht im Moment hatte er finden können! Auch lag dazu keine Veranlassung für Florian vor und was die Briefe betraf

, so konnte sich Herr Huber im weiteren Verlauf jeden Augenblick durch eine Vergleichung der Handschrift überzeugen, ob sie gefälscht seien oder nicht. Der Verdacht regle sich mächtig in ihm, daß Pater Gury ihn zu einein Akt der Rache an Florian habe mißbrauchen wollen. Diese dem Angeklagten günstige Stimmung wurde leider wieder am nächsten Morgen durch einen Umstand vernichtet, infolge dessen der Untersuchungsrichter sofort Florian wieder zum Verhör holen ließ. Florian, welcher die erste Nacht

in dem Gefängnis traumlos verschlafen und sein Frühstück mit einem begreiflichen Heißhunger verzehrt hatte, war voll der besten Hoffnungen uiid zeigte dem Richter ein fast heiteres Gesicht. Umso strenger waren dessen Mienen und mit einer harten Kürze forderte er Florian auf, umständlich zu berichten, was er an dem Nachmittage des Mordes getrieben, wo er sich zu den verschiedenen Stunden befunden und weshalb er.glaube, sich auf das Zeugnis der Dörcher berufen zu können. Florian kam der Aufforde rung getreulich

nach; der Auftritt in Buchau trieb hm freilich das Blut in die Wangen und er stotterte und stockte. „Sie hatten also das Wirthaus in einem großen Zorn auf den Schreiber verlassen?" fragte der Richter. Florian versetzte: „Ich weiß nicht, ich Hab' damals gar nicht an ihn gedacht, ich war so unglücklich^ daß ich mir* aus der ganzen Welt nichts machte. DarmnKieß ich auch, als Ich ü' r den See fuhr, den — 13S — Fried! soviel rufen, als er wollte. Das glaub' ich aber schon, daß es l dem Schreiber nicht gut

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 01.10.1915
Umfang: 8
du." „Wär's gefehlt?" fragte sie. In seinen Augen stand ein heiteres Nein, und er las in den ihrigen, daß es ihr nicht mißfiel. Ignaz kam mit dein fertigen Schemel herein, und Anna sagte mit einem flüchtigen Erröten: „Vater, das ist der '—, der —" Sie blickte fragend aus den Gast. „Florian!" platzte dieser heraus, erschrak und stotterte: „Flo rian Jäger." „Der Florian Jäger aus Oberau," wiederholte Anna und ging fort, um den Wein zu holen. „Ja, was kümmert mich denn das?" fragte der Vater

. „Ich bin kein Gendarm." „O, es ist nur von wegen," stotterte Florian, „daß ich mich auch bei Euch recht sehr bedankt haben wollt' für damals — Ihr wißt schon — damals, am Brunnen — das Frühstück." „Ja so, du bist der Florian Jäger vom Brunnen," gurgelte Ignaz und betrachtete den Gast niit zwinkernden Augenen. „Schon gut, geht mich aber nichts an. Wirst dich ja bei dem Ännerl bedankt haben." „Freilich!" versicherte Florian lebhaft. „Also Jäger ist dein Name?" fragte der Alte. „Kann mich auf deine Leute in Oberau

nicht recht besinnen. Wer kann auch alle Menschen kennen! Ja, ja, die Welt ist groß." Er setzte sich Florian gegenüber, sah ihm nachdenklich in die Augen und fragte dann: „Kannst mir sagen, wie groß sie ist?" „Wer, das Annerl?" fragte Florian. „Schau den Buben!" gurgelte Ignaz. „Nicht doch; ich mein' die Welt, die Erd', die wir alle mit Füßen treten." Florian hatte eine ungefähre Ahnung, als ob er es einmal in der Jesuitenschule gehört hätte. Er konnte sich jedoch nicht mehr darauf besinnen und schüttelte

verneinend den Kopf. „So groß," erklärte Ignaz und schmunzelte, „daß sie einen gan zen Tag braucht, um sich einmal umzukehren." .Florian lachte. — 143 — Anna brächte den Wein. „Wohl bekomm's!" sagte sie, indem sie die Flasche auf den Tisch stellte. Der Vater aber legte seine fette Hand auf die Flasche und fragte mit ernster Miene: „Halt, Annerl, weißt denn, ob der Bursch' diesmal zahlen kann? Geborgt wird hier nicht." „Das ist deine Sach'," versetzte Anna, auf den Scherz ein gehend; „du bist der Wirt

." Florian griff mit feuerrotem Gesicht in seine Tasche, und eine Handvoll Silberzwanziger hervorziehend, fragte er: „Was kostet der Wein?" Der Alte lachte, daß die Wände dröhnten. Florian merkte den Spaß und stimmte mit ein. Auch Anna lachte. Sie ging ab und zu, das Vesperbrot auftragend; dann ries sie die Mutter. „Also dies ist der Jäger vom Brunnen," scherzte Ignaz, als seine Frau und hinter ihr die Magd in die Stube kamen, „ein Vagabund, der den Sack voll Zwanziger hat." Frau Staudach betrachtete

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 11.11.1915
Umfang: 8
Däm mer, geht das Bestreben auf Wiedereinführung des Seidenbaues in Deutschland aus. Es ist bekannt, — 60 — er den Durst des Verwundeten steigerte. Florian war angst und weh. „Wasser, Florian," ächzte Alois, als sie wieder einmal Halt machen mußten. „Nur einen Schluck; ich komm' um vor Durst." Wohl klang das Rauschen des Gießbachs, das sie im Aufstieg ge hört halten, durch die Stille der mondhellen Nacht; aber Florian wußte, daß er bei der größten Eile zum Hin- und Rückwege beinahe eine Stunde

!" flüsterte er mit trocknen Lippen, während Florian ihm beim Niedersitzen half. Florian stand ratlos, verzweifelt; jedoch eine Sekunde nur; dann sprang er in großen Sätzen oen Bergpfad hinunter. Wie ein gehetztes Wild sprang und lief er, bis er in Schweiß gebadet, athem- los, den Marienhof erreicht hatte. Er lief in den Stall und begann ohne Zeitverlust den Schimmel zu satteln; das Mondlicht, das durch die offen gelassene Türe hereinfiel, leuchtete ihm notdürftig dazu. Den im Stalle schlafenden Knecht

des bereits absinkenden Mondes ein halsbrechender Ritt; aber dem Kühnen hilft das Glück. Alois lag niit geschlossenen Augen, wie ein Toter; allein das kühle Naß, mit dem Florian sein Schläfen und Lippen netzte, brachte, ihn bald wieder zu sich. Mit Begierde leerte er die Flasche bis auf — 57 — Florian lachte und Alois fuhr fort: „Aber jetzt komm nach Hause! Das war zum letzten Male gewildert. Von morgen ab wollen wir uns auf die Reise richten und der da soll uns den Braten zum Abschiodsessen liefern

." Mit diesen Worten schwang er den Rehbock auf seine Schultern und ihn vorn mit beiden Händen an den Läufen haltend, verließ er mit Florian die Wiese. Sie hatten aber nur eben wieder den Wald erreicht, an dessen schlanken, rötlichen Stämmen die Mondstrahlen zitterten, als eine Stimme hinter ihnen rief: „Halt! Steht!" „Mach fort, Vater," flüsterte Florian und drängte erschrocken zur Eile. „Halb rechts hinunter nach dem Bach!" Beide beschleunigten ihre Schritte so sehr sie konnten. Wieder rief's

hinter ihnen: „Steht! Steht, oder ich schieß'!" „Es ist der Mayr, ich kenn' ihn an der Stimm'," flüsterte Florian. „Lauf'! Vater, lauf'!" und nach einem raschen Blick hinter sich fuhr er fort: „Ich halt' ihn ab. Wirf den Bock weg und lauf'!" Sk waren unterdessen beide aus allen Kräften gelaufen. Bet den kt’-uii Worten sprang Florian hinter den nächsten Baum, wäh rend Alois seine Flucht fortsetzte, sich aber nicht dazu entschließen konnte, seine Jagdbeute im Stiche zu lassen. Florian hatte sich in der Stimme

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 12.10.1915
Umfang: 8
, dazu bin ich dem Diendl zu gut, verstehst?" Florian war es übel zu Mute. Er fühlte, daß Anna für ihn verloren war, wenn Toni ihren Eltern verriet, daß er ein Betrüger war. lind wie sollte er ihn hindern, sich auf diese Weise des Neben buhlers zu entledigen? Aber Toni hatte nur die Angabe Griesingers für sich, und in seiner Verlegenheit rief er: „Der Griesinger ist längst fort von Achenkirchen; er weiß den Teixel was für Namen die Leut' in Oberau führen." Toni sah ihni fest in die Augen und sagte langsam: „Ich weiß

Einen, der Florian heißt. Es ist mir erst heut' eingefallen, wo ich dich gesehen Hab', daß du derselbige sein mußt. Ich Hab' alles über dacht und es stimmt alles/ du kannst kein anderer sein, als meiner Schwester Stiefsohn, der Florian Staudach." Der Schreck machte Florian stumm. „Du bist's" rief Jener mit Nachdruck. „Es paßt alles auf dich, was ich von deinen eigenen Leuten und meiner Muhm' in Achenkir chen früher von dir gehört Hab', und auch die Zeit, wo dich das Annerl am Brunnen gefunden hat', stimmt

mit deiner Heimkehr von den Jesuiten." „Wenn's denn erraten hast," begann Florian mit unsicherer Stimme, und mit Entschlossenheit fuhr er fort: „Na ja, ich bin der Florian Staudach. Aber von Betrügen kann keine Red' nicht sein. Ich hab's nie gewollt und will's nicht. Ich Hab' das Annerl so lieb wie du, und wenn du sie und mich unglücklich machen willst, dann geh' hin und erzähl' ihr, wer ich bin. Gewinnen tust aber nichts dabei; denn daß dich das Annerl nicht liebt, daß weiß ich." Toni seufzte und dumpf sagte

er: „Ob ich was dabei gewinn' oder nicht, das ist meine Sach'. Ich bleib' dabei: wenn du ein ehr licher Bursch' wärst, dann hättest du dir keinen falschen Namen ge geben." „Aber ich mein's ehrlich," beteuerte Florian mit einem Schwur. „Ich will dir alles erzählen, wie's gekommen ist." „Das braucht's nicht," wehrte Toni ab. „Da ich weiß, wer du bist, kann ich's mir schon zurecht legen. Aber wenn du nichts Schlech tes im Sinne gehabt hast, dann bist falsch aus Feigheit gewesen." Florian brauste auf. — 169 — zur Hand

zu nehmen. Er war ihr gern zu Willen und sein Spiel lockte auch Frau Staudach in die ^>tube. Florian fand aber in Annas Benehmen nur einen weiteren Beweis dafür, daß sie den Duck mäuser, wie er Toni bei sich schalt, lieber hatte als ihn. Sie wollte ihren Liebsten vor ihm glänzen lassen, und je mehr er Tonis Kunst anerkennen mußte, je wilder wurde er. Toni entlockte den Saiten eine schwermütige Melodie, war ihm doch eben nicht leicht um das Herz, und Anna lauschte bewegt und ihre Augen wurden allmälig

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 11.12.1915
Umfang: 8
, 28. November 1915. Verschiedene Rachrichten. Die Flaschenpost der französischen Expeditions truppen. Zu den vielen Mängeln und Fehlern der französischen Heeresverwaltung, über die fort dauernd in der Pariser Presse Klage geführt wird, gehört auch die Unzuverlässigkeit der Feldpost. Wie weit die Mangelhaftigkeit dieser Einrichtung ge- — 140 — stimmt die Kugel hier mit diesen ganz genau überein und sind offenbar aus ein und derselben Form hervorgegangen." Florian sah den Richter verblüfft

an, da er sich das Passen der Kugel in sein Gewehr nicht erklären konnte. Der Richter jedoch fuhr im Verhör fort: „Wo hatten Sie Ihren Stutzen aufbewahrt?" „Auf meiner Kamtner!" „Die verschlossen war?" „Nein, sie war immer offen." Wieder fuhr sich der Richter mit der Hand über die Stirn und zögernd fragte er: „Als am Sonntagmorgen der Mord in Achen kirchen bekannt wurde, hat Ihr Vater geäußert, er hätte deil Schrei ber tags zuvor erwartet?" ( Florian bejahte. „Der Schreiber hat ihm etwas bringen sollen

; was war das?" Florian stutzte verlegen. „Sie wissen es?" fragte Herr Huber scharf. Florian ward rot und zögerte. Dann sagte er entschlossen: „Das sag' ich nicht und glauben Sie mir, Herr Richter, mit der Mord geschichte hat es gar nichts zu tun." Herr Huber schwieg einige Sekunden. Er fühlte, daß er kein Recht hatte, den Sohn zu Aussagen zu verleiten, die möglicherweise den Vater bloßstellen konnten, und Florian war juridisch in seinem Rechte, wenn er jede Aussage über und gegen den Vater verweigerte. Er fragte

nicht weiter. „Sie werden selbst einsehen," sagte er nach einer kleinen Pause, „daß ich nach dem Resultate des heutigen Verhörs Ihre Freilassung nicht verfügen kann. Sie hatten einen Grund zum tödlichen Haß gegen den Schreiber und leugnen dies auch nicht; die tödliche Kugel ist der Probe nach aus Ihrem Stutzen gekommen und die Dörcher, auf deren Zeugnis Sic sich berufen, erwähnen in Ihrem sehr detaillierten Be richt über die Auffindung der Toten nicht, daß Sie Ihrer ansichtig geworden wären." Florian seufzte schwer und Herr Huber ließ

das Protokoll ver lesen und unterzeichnen. Als Florian das Verhörzimmer verlassen hatte, zog Herr Huber die Briefe hervor, ivelche jener aus Innsbruck — 137 — wilderten Locken umwalltes Gesicht so deutlich das Gepräge der Ehr lichkeit und Offenheit getragen hatte. Aber Herr Huber ließ sich da durch nicht täuschen und erinnerte sich, daß Pater Gury ihn bereits vor diesem Scheine gewarnt hatte. Ueberdies hatte er ja die erbau lichen Briefe gelesen, welche Florian aus Innsbruck an seinen Vater geschrieben

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 09.01.1916
Umfang: 8
und der Unwissenheit des Volkes eine Heimstätte haben. Durch gute Schulen und von unten herauf muß der Kampf gegen sie geführt werden, und Florian beschloß, furchtlos, wie sein Vater seinerzeit, den Kampf gegen sie aufzunehmen. Ueber das Grab hin reichte er dem alten Mayr die Hand und sagte: „Hier schwör' ich's dir, der armen Eva soll ihr Recht werden!" Der Alte schüttelte ungläubig den Kopf. Florian sagte nichts weiter. Er suchte einige Steine, die er zu den anderen auf das Grab legte, und nachdem

er noch eine Weile seinen schinerzlichen und reuigen Empfindungen nachgehangen hatte, faßte er Evas Groß vater unter den Arm und führte ibn hinweg. Finstere Wolken lagen auf seiner Stirn. Als sie wieder im Tale angelangt waren, forderte Florian seinen Begleiten auf, mit ihm nach der Kirche zu kommen; die Predigt sei wohl noch nicht zu Ende. Mayr weigerte sich: zu dem Pfarrer Süß milch bekänie ihu keine Gewalt mehr in die Kirche. „Mich auch nicht," versetzte Florian. „Du sollst auch bloß mit mir vor der Kirche

warten, bis der Pfarrer herauskommt." - „Was willst denn von dem?" fragte der Alte. „Komm' nur mit," erwiderte Florian, und sie gingen. Sie hatten nicht mehr lange auf das Ende der Predigt zu war ten. Die Orgel begann zu spielen und die Leute kamen heraus, erst einzelne, dann mehrere, zuletzt der volle Strom. Auffallend war die Stille der Menschen und ihr gedrücktes Wesen. Da war kein heiteres Aufblicken, Plaudern und Scherzen wie sonst nach den Predigten des vorigen Pfarrers, und die milde

Spätsommersonne schien ver gebens vom blauen Himmel über die Gräber. Die Leute warfen scheue Blicke auf den alten Mayr und seinen Begleiter. Der Erstere hatte sich mit beiden Händen auf seinen Stock gestützt und schaute zu Boden. Florian stand stramm aufgerichtet mit entschlossenen Mienen. Ihre Bekannten sammelten sich neugierig um sie. Nun kam der Pfarrer aus der Kirche, den Kopf im Nacken, die Mundwinkel grämlich heruntergezogen. Veit ging ihm in devoter Entfernung zur Seite. Der elende Schächer

, der sich kaum mehr aus seiner Wohnung getraut hatte, seit er Florian wieder im Dorfe wußte, fühlte bei dem Anblick seines alten Nebenbuhlers das Mark aus seinen langgestreck- — 211 — ten Gliedern weichen. Sein erster Gedanke war, die Flucht zu ergrei fen; allein er blieb, in Erwägung, daß der Pfarrer sein bester Schutz wäre. Florian hatte unterdessen den Hut abgenommen und die Locken zurückgeschüttelt. Den alten Mayr an der Hand haltend, trat er dem Pfarrer entgegen. Dieser blieb stehen und schaute

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Alpenrosen
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Seite 1 von 4
Datum: 31.07.1915
Umfang: 4
Verlag der Tiroler Land-Zeitung. — Druck der Berlagsanstalt Minerva und Famllienheim Zürich und Würzburg. Nr. 31 llnterhaltungsblatt rur „Tiroler Cand-Zcltung“. 1915 Der Iurksckrei. Mne Geschichte ans den Skrgen von Joseph Friedrich Lentncr. . „Das ist nichts Seltsames Nnd Neues," so sprach mein Bauernkaplau, ^ „daß ein armer Bube ein reiches Mädel gern hat Und sie ihn wieder: so ist's dem Braunegger Florian in der Luitasch nnd des Wiesmayers Ottilie von Seefeld auch gegangen

in der Stadt, und der sie auch genug hatte. — Deswegen fanden sich aber dennoch die jungen Leute zusammen; das Wie gilt gleich; eine Liebesgeschichte fängt an wie die andere, nur der .Ausgang ist nicht immer derselbe. ,sDer Florian, ein sauberer, 'lebfrischer Vube, voller Courage und Kraft, wie sie in der Luitasch jäh aufwachsen mit den Tannen bäumen in die Wette, wollte sich aber seine Armut nicht anmerken lassen, besonders sei nem Dirndl gegenüber, wenn er auch das nicht nötig gehabt hätte, denn Pas

junge Mädel hatte ihn über alle Maßen gern, und wenn er auch gar nichts gehabt hätte als das ledige Leben. — jAber 's gibt einen Stolz, dessen der Arme nicht Herr wird, eine Geschämigkeit, die er nicht verwinden kann, und so ging's dem Buben vom Braun egger Wastl. Der Mensch will allzeit mehr gelten, als er ist; deswegen wandte der Florian alle seine Kreuzerlein daran, so sauber ge'gwandet zN gehen als nur einer !in der Pfarr, mit einer Pfaufedernbinde >und einem Scharlachbrustfleck, mit einer guten

nichts wissen, und die heimlichen, nach und nach keck vor des Alten Augen gebrach ten Geschenke machten ihr die größte Freude. „Derweil kam die Fastnachtszeit heran, in welcher am letzten Sonntage vor dem Aschermittwoch alljährlich ein lustiger Tanz zu sein pflegt im Wirtshanse in der Luitasch. Außer der Kirchweihe ist dies das einzige Fest, an dem die Leute hochleben und vor allem die lustigen Buben „aufhauen" am Tanzboden, so lange sie noch einen Heller im Sacke haben. i > „Schon lange hatte der Florian

, ein gut mütiges Ding. Diese wußte von der Lieb schaft mit dem Florian, und wie denn die Weiber oftmals ihre Freude an* Heimlich keiten, vorzüglich in der Liebe haben, so hatte die Mesners Brigitt die ihre an der verborgenen Liebe ihres Bäsleins und machte die gefällige Helferin und Pöstleinträgerin. Sie lud also, gemäß Abrede, Ottilien zur Fastnacht ein, ging zum alten Vetter Wies- mayer nach Seefeld und bat die Base aus für den Feiertag. In ihrem Hause konnte also der Liebhaber fein Mädel finden

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 12.10.1915
Umfang: 8
mir, ist der Mensch, der Toni, wirklich dein Liebster?" Anna antwortete nicht gleich. Sie langte eben das Feuerzeug von dem Balken des Rauchfanges über dem Herde herab. Dann sagte sie: „Du hast kein Recht, das zu fragen. Der Toni ist ein braver Mensch, und es war schlecht von dir, daß du ihn so gehänselt hast." „Ja, ja, alles was du willst," preßte Florian heraus. „Aber die Knochen im Leib' zerbrech' ich ihm, wenn er betit Liebster ist." Anna stieß einen kleinen Schrei aus. „Beim ewigen Leben, Annerl

, ist er dein Liebster?" drängte Florian außer sich. „Was kümmert's dich?" gab sie zur Antwort, und wenn er nicht so aufgeregt gewesen wäre, so würde er ein Schwanken in ihrer Stimme vernoinmen haben. Fester setzte sie nach einer Sekunde hin zu, indem sie Stahl und Stein zusammenschiug: „Auf solche Fragen Hab' ich keine Antwort; die tut ein fremder Bursch' einem Mädchen nicht." • „Fremd?" rief er aus wogender Brust und faßte eines ihrer Handgelenke. „Au, du tust mir weh," klagte sie, und er ließ ihre Hand fahren

. „Annerl, wo bleibst denn?" fragte in der Stube die Mutter. „Der Zunder will nicht brennen," antwortete Ignaz trocken. „Mag's darum sein, daß ich dir fremd bin," stöhnte Florian. „Aber ich beschwör' dich bei deiner Seligkeit, sag' mir nur das eine Wörtlein, ich will ja nichts weiter von dir, gar nichts, als das eine Wörtlein, Anna!" Sie hatte unterdessen wieder Stahl und Stein zusammengeschla gen, aber mit zitternden Händen. Nun fiel ein Funken in dem schwarzen Zunder. „Ich Hab' gar keinen Liebsten

!" kam es ganz, ganz leise über Annas Lippen, indem sie sich blickte und einen Schweselfaden an den glimmenden Zunder hielt. Ein schwaches blaues Flämmchen zuckte auf. — 171 — „Annerl!" murmelte Florian, und plötzlich wandte er sich und ging in die Stube zurück. „Brennt jetzt das Licht?" fragte Ignaz und Florian lachte laut auf. „Die frische Lust draußen wird dir gut sein," meinte Frau Staudach verwundert über sein Wesen. »Ich glaub's selber," lachte Florian. „Gute Nacht allesamt, gute Nacht, Annerl

." Er rannte zur Türe hinaus und auf der Gasse stieß er einen Hellen Jauchzer aus. „Na, wenn der nicht alleweil einen Rausch hat!" kopfschüttelte Frau Staudach. Bei seinem Kahn fand Florian zu seinem Erstaunen Toni stehen, und er rief übermütig: „Willst wohl jetzt im Ernst mit mir raufen? Mir ist's Recht." „Nein raufen tu' ich nicht," versetzte Toni; „ich wollt' bloß wissen, wer du eigentlich bist." „Hab' ich denn schon gefragt, wer du bist?" fragte Florian hochmütig. „Ich Hab'/eine Ursach

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 27.11.1915
Umfang: 8
. „Aber es ist nicht schlechter mit ihm. Natürlich, glaubt er es nicht; er weiß ja wie ich und jeder, der dich kennt, daß du-unschuldig bist. Er meint, es muß an den Tag kommen, daß du es nicht ball.sein können, und bis dahin möchtest du nur hier oben bleiben," Jetzt brach der Zorn über die schändliche Verdächtigung in Florian leidenschaftlich hervor. Es war ein ohmnächtiger Zorn,, der nichts nützte, so lange ihn der Untersuchungsrichter für den Täter hielt, und Herr Huber mußte ihn dafür halten. Pater Gury hatte nicht nötig

gehabt, dem Richter ein kaltblütiges Erwägen der'gegen Florian zeugenden Verdachtgründe zu empfehlen. Herr Huber mar ein zu gewissenhafter Mann, um überhaupt, leicht sinnig zu verfahren, und in dem gegenwärtigen Falle.mahnte ihn das Verhältnis, in welchen! Florian zu den Jesuiten gestanden harre, zur Vorsicht. Pater Gury hatte sein Mißtrauen noch mehr erregt, indem er Florian der Verstocktheit und Heuchelei bezichtigte, um dadurch int voraus dem Widerspruche zu begegnen, der zwischen Florians Flucht

aus der Obhut der frommen Väter und seinen Briefen sich ergeben mußte, wenn diese in dein Nachlasse des Ermor deten wirklich gefunden waren. Die Tat war eben eine solche, die sich äus' einem augenblicklichen Äufivallen der Leidenschaft hinläng lich erklärte. Trotz seines Mißtrauens konnte sich der Richter nicht verhehlen, daß dst von dem Pater Gury angeführten Motive der Tat gegen einen jungen Menschen, wie Florian es war, mit erdrük- kender Wucht zeugten. Sterzinger, den er sich sofort

noch einmal vorführen ließ, behauptete jetzt ebeirso fest, wie er es vorher geleug net hatte, daß er früher einmal bei dem Bildstock ein Reh geschossen habe, als es seinen Durst aus der Quelle zu löschen im Begriff ge rochen wäre. Das gegen Florian' uich seinen Vater wegen WiWerns ein geleitete Strafverfahren Machte es wenigstens nicht unwahr- scheiniich, Haß -Florian auch an dem Tage des Mordes seinen Stutzen mit sich Wühri habe, und zu dessen Unglück erinnerte sich Herr Huber jetzt Krankheit des Ignaz Staudach

anzuknüpfen, und Ignaz erhielt für den folgen den Tag eine Vorladung in Sachen Sterzingers. Dem gewandtem Untersuchungsrichter fiel es nicht schwer, aus Ignaz die Bestätigung der Mitteilungen des Paters heraus zu ver- - hören. Er gab zu, daß Florian meistens zu Wasser nach Buchau ge kommen wäre; ob aber auch an dem verhängnisvollen Tage und ob derselbe dabei sein Gewehr mitgeführt, konnte er nicht sagen. Er gab ferner zu, daß Florian an jenem Sonnabende sein Haus in heller Verzweiflung verlaßen

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Alpenrosen
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Seite 2 von 4
Datum: 31.07.1915
Umfang: 4
!" — „Wahr ist's, Seppel — ich geh' mit, da hast d' Hand drauf!" * „Florian schlug ein, war plötzlich frohge mut nnd lustig, ließ sich noch eine Maß ein schenken und sang Trutzliedeln auf die baye rischen Jäger wie der verwegenste Wild schütz. — Ein solcher war er gerade nicht von Profession, obschon er recht gut mit den: Stutzen umzugehen wußte, zeitweise gern in Berg und Tal lief, Und weil es herüber der Grenze wenig mehr gibt, so mag er wohl auch schon hinüber gekommen sein ins wildreiche Bayerland

. Er hätte kein Luitascher sein müssen, um nicht auch, ein klein wenig nur, aufs Wildbretschießen aus- zugehcn. — Es blieb auch bei der Abrede, Und der Florian lief noch schnell in der ■ Nacht nach Seefeld hinaus, suchte sein Dirrrdl auf und sagte ihm, es möge im Mesnerhaus nur getrost auf ihn warten; er werde sicher kommen, es zum Tanz zu holen. Er war übermütig lustig, herzte und halste die liebe Ottilie und rannte wieder heim, um den Jagdzug nicht zu versäumen. : „Die drei Buben hatten hierzu

hatte. — Der und auch unser Florian * waren so glücklich und erwischten eine, der Lutzen Hiesl mußte aber leer ausgehen. — 1 In einer Sennhütte hatten sie zu Nacht gelegen, in aller Früh die Gemsen geschos sen und gleich darauf am Fastnachtssonntag den Heimweg angetreten, Seppel und Florian mit ihrer Beute am Rücken, der Hiesl ver drießlich vorauslaufcnd. , M- „So kommen sie an einen Vergabsall, wo man's im Hämmermoos heißt. Rechter Hand hatten die Wanderer eine jähe, abschüs sige Senkung, links eine ebenso zu dem Berge

ansteigende Höhe. Wenn man auf dem schmalen Wege dort um eine Ecke sich beugt, sieht man gerade hinab in die Talvertiefung in das Luitascher Dorf, das recht luftig mit ten zwischen den Waldbergen innen liegt, wie eine Henne im warmen Neste. „Als nun die Buben an diese Ecke kom men, da bleibt der Florian stehen und der Seppel bei ihm, und sie schauen hinab ins Tal zum Dörflein. Gerade glitzerte die Sonne hin auf die silbergrauen Schindel dächer, und es fimkelte alles unten, als wären die Häuser

von Kristall gebaut. Der Florian aber dachte an die gewonnenen Taler und ! lugte nach dem hohen Wirtshausdache, aus , dessen Schlot blauer Rauch aufstieg, ein Zei- j chen, daß in der Küche wacker gebraten und ! gesotten wurde; er suchte die Mesnerhütte : hart an der Kirche, wo Letzt wohl schon sein herzallerliebstes Dirndl auf ihn Mst'keke; er hörte beinahe schon die Tanzmusik und tanzte schon mit der schönen Ottilie. — Die Freude über das bald zu genießende Vergnügen, über all die Lustbarkeit

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 11.11.1915
Umfang: 8
geführt. Nach der Eröffnung der Friedensverhandlungen wird die Zeit der politi schen Tätigkeit erneuert und wahrscheinlich inten siver in die Erscheinung treten wie je "zuvor. In dieser Hinsicht sprach man sich über die sachliche Re gelung des gegenseitigen Verhältnisses der Par teien und Nationalitäten dahin aus, daß sich die — 58 — Er winkte Florian mit der Hand, daß er sich entfernen sollte, und wandte selbst ihm den Rücken. Floiran machte sich stumrn davon, mehr beschämt, von dem alten Mayr

weiter unten auf dem llferrande des Baches, der sich hier zrvischen nackt zu Tage stehenden Felsen ein tiefes Bett gewühlt hatte. Alois hatte die Joppe ausgezogen und wa barhäuptig, und neben ihm lag der Rehbock. Der Mond schien ihm voll in das Gesicht, und Florian erschrack über dessen Blässe. Oder war dieselbe nur eine Täuschung des Mondlichts? Florian überzeugte sich leider nur zu bald von dem Gegenteile. „Ich bin geschossen," sagte Alois, als der Sohn zu ihm herauf geklettert war. „Ich Hab' im Laufen

auf einmal gefühlt, wie es mir warn: den Rücken herunterlief. Aber ich Hab' nicht stillgehalten bis hier. Da Hab' ich mir die Joppe ausgezogen. Es ist richtig: unterm rechten Schulterblatt ist's, aber es hat Wohl nicht viel auf sich, denn es tut nicht Weh. Nur Durst Hab' ich." Florian, den der Schrecken stumm machte^ reichte ihm hastig seine mit Schnaps gefüllte Jagdflasche. Alois griff mit beiden Händen danach, die von dem Betasten der Wunde ganz blutig waren, und tat einen tiefen Zug. „Ah, das hat gut getan

," atmete er tief auf, indem er die Flasche zurückgab. „Jetzt such' mir den Hut, Bub': es war hier ganz in der Nähe, wo ihn mir ein Ast vom Kopf gerissen hat, und nachher wollen wir heim machen." Florian wollte ihm erst die Joppe umhängen; die Nacht sei gar frisch hier oben. Alois wehrte ab und meinte, umso schneller gerinne das Blut über der Wunde; das sei der beste Verband. Das zwischen den Bäumen spielende- Mondlicht machte es Florian nicht schwer, dem Hut wiederzustimen. Inzwischen siel ihrn

— 59 — ein, daß der Bergstock, den der Vater Wohl nötiger als den Hut brauchen würde, bei den: Stein, aus dem sie am Wiesenrand gesessen, liegen geblieben war. Er holte ihn in fliegender Eile. Als er zurück kam, fand er den Vater, welcher mit dem linken Arm auf den Reh bock sich stützte, blässer als zuvor. „Es blutet immer fort," klagte er. „Wenn ich nur eine Schnur oder so was hätt', da wollt' ich das Blut schon stillen." „Ich will das Tragband vonr Stutzen losmachen, Vater," sagte Florian beklommenen Herzens. „Ja, tu's

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 08.12.1915
Umfang: 8
und »die Mutter Josepha wurden von den Gendarmen in der Hütte gefangen gehalten. Florian half sich gegen die Kälte, indem er die Arme kreuzweise über der Brust kräftig zusammenschlug. Es half wohl, aber lieber wäre ihm ein Schluck von dem giftigen Fusel gewesen, welchen die Mutter Josepha braute, und den er sonst verschmähte, und mit wachsendem Verlangen, je höher die Sonne stieg, dachte er au das Brot und den Schinken, die er gestern übrig gelassen hatte. Glücklicherweise hatte er seine Pfeife

, wo er in der Nacht von dem Plateau heraufgestiegen war. Er legte sich platt auf den Bauch und streckte beit Kopf vorsichtig über die Felswand. Gerade unter ihm lag die Hütte; von ihren Be wohnern war nur Krikri zu sehen, der nach Würmern und Insekten suchte, und einige Schritte von der Hütte entfernt saß auf einem besonnten Steine der eine Gendarm, seinen Karabiner zwischen den Knien. Florian verwünschte ihn von ganzem Herzen; aber er wußte nun doch wenigstens, wie seine Sache stand. Als er den Kopf zurück

gezogen hatte und, im Begriff, sich aufzurichten, noch aus den Knien lag, sah er von Osten her einen großen Vogel heransliegen und griff für alle Fälle nach seinem Stutzen. Es war ein verirrter Geier, welcher, ohne sich um Florian zu kümmern, hoch über dem Plateau seine allmählich sich verengenden Kreise zu ziehen begann. Er hatte es offenbar auf den armen Krikri abgesehen, denn jetzt schoß er nach einem letzten, kurzen Umschwünge auf denselben herab. Im gleichen Augenblicke gab aber auch der bereits

im Anschläge liegende Florian Feuer. Er hatte gut gezielt, der Raubvogel spannte zuckend die gewaltigen Schwingen aus, machte damit einige ohnmächtige Schläge und fiel wie ein Stein herunter. Florian hatte sich rasch — 129 — Kreisler drohte ihr grimmig mit der Faust, indem er sie nach der Hütte zog. Der andere Polizist ging auf der anderen Seite neben ihr. „Aber wo ist denn euer dritter Kamerad geblieben?" fragte sie nach einigen Schritten und schaute sich, stehen bleibend, um. Er folgte in der Ferne

. „Die Weibsleut' halten das Maul nicht, bis ihnen nicht die Zung' ausgeschnitten wird!" flüsterte grob Kreislers Kamerad. „Womit sollen wir uns denn gegen euch zur Wehr setzen?" spottete Eva. „Ihr kommt ja gleich mit Flinten und Säbeln." Kreisler preßte ihr zornig das Handgelenk, daß sie vor Schmerz aufschrie. Rasch hielt er ihr den Mund zu. Als sie vor der Hütte angekommen waren, flüsterte er: „Jetzt klopf' ans Fenster und ruf' den Florian Staudach heraus." „Wen soll ich herausrufen?" fragte sie gedehnt

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 12.11.1915
Umfang: 8
wird, beträgt die Höhe der unterschlagenen Summe nahezu zwei Millionen — 64 — „Die Kugel?" verwunderte sich Mayr. „Was redet Ihr denn da? Was ist denn geschehen?" Der Doktor sah ihn scharf an und sagte: „Nun, ich bin kein Denunziant, und da der Schuß gleichsam ein amtlicher war, so ist es nicht meine Pflicht, die Sache zur Anzeige zu bringen." „Ich versteh' Euch nicht," stotterte Mayr, den es bald kalt, bald heiß überlief. „Ich sah doch den Florian frisch, wie eine Gems' davon springen." „Aber ich red

' ja nicht von dem Florian," versetzte Krautmeier. „Ich red' von seinem Vater. Wißt Ihr denn gar nicht, daß Ihr in dieser Nacht auf ihn geschossen und ihn leider schwer genug ver wundet habt?" Der alte Jäger starrte ihn mit Augen an, die aus ihren Höhlen herausquellen zu wollen schienen, und sein runzeliges Gesicht wurde aschfarben. „Das war also der Andere?" brachte er endlich mühsam hervor. „Und er hcck's schwer abbekommen? O du blutiger Heiland!" „Also Ihr habt den Alois Staudach gar nicht erkannt?" fragte der Arzt

' Rehposten im Lauf." Damit grüßte er und ging mit etwas unsicheren Schritten, in sich versunken, seines Weges, während der Doktor den Wagen be sieg. der ihn nach Jenbach zurückbringen sollte. Elftes Kapitel. Pater Gury tröstet den Mörder. Picker Gury und der Rektor, Pater Werner, warteten ungedul dig aus die Anzeige von Beck, daß Alois Standach die gefälschten Griefe herausgegeben und die Stunde geschlagen habe, welche Florian wieder in ihre Geduckt bringen sollte. Es sollte zugleich

eine — Ol den letzten Tropfen. Dankbar ruhten seine Blicke auf dem Sohn, dem die Freudentränen in die Augen traten. „Und Vater," sagte dieser aufgeregt, „ich Hab' auch unfern Schimmel mitgebracht. Jetzt kannst reiten." Alois, welcher sich durch das Wasser sehr erquickt fühlte, lächelte. Nachdem er noch einige Minuten gerastet hatte,,, half ihm Florian auf einen Stein, führte das Pferd davor und es gelang Alois, wenn auch mit großer Anstrengung, in den Sattel zu kommen. „Jetzt halt dich nur ja recht fest am Sattel

, Vater!" rief Florian vergnügt und die Zügel kurz hinter der Gebißstange fassend, in der Linken Bergstock und Stutzen, begann er den Schimmel vorsichtig bergab zu leiten. Das Davonjagen Florians, das Rüsten des Knechts zur Fahrt nach Jenbach hatten auf dem Marienhofe das Gesinde aufgeweckt und aus den Betten getrieben. Der Knecht wußte keine Auskunft zu geben, was vorgefallen wäre. Neugierig bange Erwartung hielt alle wach und vor lder Haustüre versammelt, bis Florian mit dem ver wundeten Reiter

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 14.12.1915
Umfang: 8
Florian Staudach, das Testament zu Recht bestehend anerkennen." Veronika hatte unterdessen ihre ganze Kraft aufgeboten, um sich zu fassen. Es war ihr nur notdürftig gelungen. „Ich weiß von nichts!" stieß sie auf den fragenden Blick des Richters mühsam, wie aus zugeschnürter Kehle, hervor, und setzte sich, an allen Gliedern zitternd, auf die Bank. Florian warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu, den sie nicht bemerkte, und sagte beklommen: „Ich Hab' nichts gegen das Testa ment zu sagen

hat." „Nein," fuhr jetzt Veronika auf, „das Testament ist falsch und muß falsch sein! Der Beck ist sein Leben lang ein Lump gewesen und das kann nicht echt sein. Er hat's gewiß bloß gemacht, um meinem Manne Geld abzupressen. Ich will's auf den Leib Christi be schwören, daß es falsch ist." Ignaz und Florian wechselten einen nachdenklichen Blick mit einander. Die Möglichkeit, daß es sich verhielt, wie Veronika behaup tete, war nicht ausgeschlossen. Florian verwarf die Annahme jedoch zuerst

wieder. Sein Vater hatte ja das Testament gesehen und es für echt gehalten; Veronika aber würde schwerlich die Gelderpressun- — 141 — geschrieben haben sollte, und verglich die Unterschrift derselben mtt der des Protokolls. Es herrschte zwischen beiden keine Aehnlichkeit. Florian blieb hinter Schloß und Riegel und Herr Huber fuhr fort, zu inquirieren. Wonach er Florian nicht weiter hatte fragen mögen, das suchte er auf andere Weise zu erfahren. Er bestellte die Knechte und Mägde des Marienhofes zum Verhör. Ueber

vor den: Hause bis zum Ausbruch des Gewitters seine Pfeife geraucht hätte. Ob Florian an jenem Tage seinen Stutzen nach Buchau mitgenommen hätte, wußten die Zeugen nicht zu bekunden. Sie waren weder bei seiner Entfer nung noch bei seiner Rückkunft gegenwärtig gewesen. Hätten sie ihn aber auch ahne Gewehr zurückkorumen sehen, so würde der Unter suchungsrichter schwerlich großes Gewicht darauf gelegt haben; denn hatte Florian die Tat begangen, so war nichts natürlicher, als daß er das Mordinstrument sorgfältig

verborgen hatte, bevor er sich zu hause zeigte. Wenn nun Alois den Mord nicht verübt haben konnte, so stand es fest, bafj Florian selbst sich des Stutzens gegen den Schrei ber bedient hatte. Eines Vormittags-wurde Florian statt in das gewöhnliche Ver- hörzimmer von seinen Wächtern in ein anderes geführt und seine Ueberraschung war keine geringe, als er in demselben Ignaz, dessen Cchwetchei, „Der Bildschnitzer vom Achensee". (3. Bd.) 3S

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 15.12.1915
Umfang: 8
Staudach wohl nichts eiuzu- wenden haben, denn er ist ihr leiblicher Bruder." „Aber ein ehrlicher Bursch!" fügte Frau Rest mit Betonung hinzu. Der Richter erhob gegen den Antrag keine Einwendung. Er befahl, Florian abzuführen. Da traten Ignaz und seine Frau auf den Gefangenen zu, schüttelten ihm die Hand, ohne daß es jetzt die Gendarmen gehindert hätten, und Ignaz sagte: „Hab' guten Mut, Bub', mein Wort halt' ich und bei der Abrechnung nachher sollst nicht zu kurz kommen." Siebentes Kapitel

. Die Erscheinung der heiligen Jungfrau. In Achenkirchen wurde es erst durch das Gesinde des Marien hofes infolge der Verhöre bekannt, daß Florian sich den Gerichten überliefert hätte. Die arme Eva hatte bis dahin schreckliche Tage ver lebt. Denn sie hatte wohl annehmen müssen, daß Florian im Hoch gebirge verunglückt war. Sie hatte kaum die Gendarmen sich ent fernen sehen, als sie, ohne zu bedenken, daß dieselben Florian einen Hinterhalt legen könnten, das Spieljoch und den Kantenstein er stiegen hatte. Erst

gewesen, daß Florian von demselben Schicksal wie der Wildschütz Jost ereilt worden warn und Verzweiflung hatte ihr Herz zerfleischt. Mutter Josefa aber hatte diese schreckliche Vorstellung eher genährt als bekämpft. Ihr lag sie nahe und sie hatte Eva, die sie durch ein gleiches Schicksal nur noch enger sich verbunoen fühlte, bereden wollen, ganz bei ihr zu bleiben und den, Rest ihres Lebens den Erinnerungen an den Verunglückten zu weihen. Davon hatte — 145 — gen des Schreibers geduldet und mit ihrer Erklärung

bis heute ge wartet haben, wenn sie wirklich von der Fälschung überzeugt war. Frau Rests Ueberzeugung von der Echtheit des Testaments war nicht eine Sekunde lang erschüttert worden. Sie hatte bei Ve ronikas Erklärung die Krücke ihres Schirmes fester gefaßt, entschlos sen, zu berichten, was Florian ihrem Manne und ihr erzählt hatte. Der Richter kam ihr jedoch mit der Frage an Veronika zuvor: „Sie erkennen also das Testament nicht an?" „Nein, nie und nimmermehr!" rief sie bleich und in einem Tone

, der verriet, daß sie ihre gewohnte Selbstbeherrschung nicht wiederzuerlangen imstande war. „Und Sie," wandte sich der Richter an Ignaz, „vermögen nur einen Zeugen zu stellen, durch den Sie die Echtheit der Unterschrift beweisen zu können glauben. Ein solcher Beweis wäre nicht genü gend —" Veronikas Stirne ward feuerrot und sie richtete einen Blick triumphierenden Hasses auf Ignaz und seine Frau. „Es sei denn," fuhr der Richter fort, „daß Florian Staudach seine Anerkennung des Testaments auf überzeugende

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 14.10.1915
Umfang: 8
. ; ... . Das Torpedo. Karlskrona, 13. Okt. Der Tainpfer, des sen Torpedierung gestern vom Dampfer „Germa nia" beobachtet worden ist, war der Dampfer „Ret- tenhageu" aus Stettin. — 178 — wesen, wenn nicht das Kreuz, welches er sich in Veronika aufgeladen, ihn bis zur Unerträglichkeit gedrückt hätte. Ihm grauste vor allen Dingen vor dem Haß, den sie gegen Florian hegte. Aus Frieden, geschweige denn auf Glück, war uicht zu hoffen, so lange sie im Hause war und er wollte sich das Leben uicht länger von ihr ver gällen

lassen. Sie selbst mußte einsehen, daß es für alle Teile das Beste war, wenn man sich trennte. Es reifte ein bestimmter Ent schluß in ihm, und er wartete nur noch den Bescheid ab, welchen Beck aus Innsbruck bringen würde, um alles wo luöglich in Güte zu ordnen. Dann wollte er auch mit dem Schreiber Abrechnung halten, und ihn ein für alle Male absinden. Er wollte ihn schon zwingen, das gestohlene Testament herauszugeben. Das Schriftstück, welches Veronika für den Fall, daß Florian die Gelübde ablegte

, zur Uni versalerbin einsetzte, hatte er zurückgefordert und zerrissen, gleich nachdem Florian nach Hause gekommen war. Veronika hatte es ohne Sträuben herausgegeben, denn es war ja jetzt wertlos. Auch sie fragte nicht, wohin Florian eilte, sobald er sein Abend brot mit auffälliger Hast verzehrt hatte. Sie brauchte nicht zu fra gen, denn sie wußte es. Der Schluß seines Fluchtberichtes hatte sie ja davon in Kenntnis gesetzt, daß und wie er mit Anna bekannt ge worden war. Zu ihr also ging er und hätte

sie daran gezweifelt, so würde ihr die gelegentliche Frage Griffls, wohin Florian alle Abend über den See führe? Gewißheit gegeben haben. Der lvachsame Veit hatte die Fahrten ausspioniert und sich hinter den Vater gesteckt, um deren Ziel und Zweck zu erfahren. Er erfuhr aber nichts; Vero nika zuckte die Achseln gegen den. Alten. Kam die Verbindung zwischen Florian und Anna, die ja von den Buchauern, ebenso wie von ihrem Manne lebhaft gewünscht wer den mußte, zustande, so hatte sie alle die Jahre

hindurch vergebens gesonnen und geplant, geheuchelt, gelogen und intriguiert. Nein, der Hof, das Vermögen mußte ihrem Kinde, die Verbindung hin tertrieben werden. Ihre Liebe zu Benedikta, ihr Schuldbewußtsein gegen diese, Haß und Rachsucht gegen Alois und Florian spornten sie gleich stark an. Im ersten Augenblicke erschien ihr nichts leichter, als ein Liebespaar auseinander zu sprengen; wie sie aber reiflicher nachdachte, türmten sich immer größere Schwierigkeiten vor ihr aus. Sie kannte die Staudachs

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 09.11.1915
Umfang: 8
wird. Die Bewohner werden das Wesentliche von dem, was sie zurück- gelassen haben, wieder finden, denn vor den weni gen ungenügend versperrten Kaufläden — mir fiel besonders eine Buchhandlung mit vielen deutschen Büchern auf — halten Landsturm männer treue Wacht. Manches ist freilich im Rummel der Stür- mung beschädigt worden, hie und da gelang es auch — 49 — „Ja, was hat er dir denn getan, Vater?" fragte Florian, über dessen Erregung verwundert. „Um den Marienhof hat er uns gebracht, mich und dich!" brach Alois

heftig aus. Florian schaute ihn mit großen Augen, mehr zweifelnd als betroffen, an. „Das ist's, wovon ich mit dir Hab' reden wollen," fuhr der Vater gemäßigter fort. „Du sollst alles wissen, wie es zugegangen ist, damit du nicht erschrickst, wenn das Unglück auf einmal da ist, und wir beide im voraus einig sind, was nachher zu tun ist." „Aber das ist ja gar nicht möglich, Vater, daß der Marienhof für uns verloren ist," rief Florian beklommen. „Hab' ich's denn für möglich gehalten," knirschte Alois

, „bis es mir der Schuft eines Tages schwarz auf weiß gewiesen hat? O, du mein Schöpfer und Heiland, was war das für ein Tag für mich! In der Höll' kann einer nicht mehr auszuhalten haben, als ich da mals ausgestanden Hab'. Aber hör' nur zu!" .. Er faßte mit der Linken kräftig den Arm seines Sohnes und erzählte nach einem Schlucken, wie ihm der Schreiber auf einer Fahrt nach Jenbach von dem Testamente seines Vaters und dessen Bestim mungen berichtet und ihm dann dasselbe gezeigt habe. Florian schnellte

mit einem Schrei von dem Stein auf. Der Vater zog ihn aber wieder auf seinen Sitz und erzählte mit dumpfer Stimme weiter, wie und wo Beck das Testament, von dessen Vor- ! handensein niemand mehr geahnt, gefunden und entwendet habe, von seinen fortgesetzten Erpressungen durch dasselbe: wie er es end lich auszuliefern versprochen habe, aber ohne dasselbe an dem be- stinimten Tage herausgekommen und unterwegs von Sterzinger erschossen worden sei. Wie betäubt saß Florian; dennoch entging ihm kein Wort. Er empfand

jedes, wie es an sein Ohr schlug, mit einem körperlichen Schmerz und es brannte sich gleichsam in sein Gehirn ein. „Jetzt weißt," seufzte Alois, „wie uns der Lump noch in seinem Tod uu: den Hof betrogen hat!" „Betrogen, Vater?" stotterte Florian. „Gestohlen hat er das Testament schon. Aber ich bitt' dich, um Gottes Willen, Vater, wie wortkarg; ihre Befehle an die Mägde stieß sie kurz heraus; ihre von Natur starren Züge erschienen noch starrer, härter und die Farbe ihres Gesichtes, hatte die Frische verloren

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 17.09.1915
Umfang: 8
Druckluftwerkzeugen unter Wasser einen Teil des obersten Deckes durch, so daß die Taucher in die unteren Räume eindringen konnten. Es gelang, den Geldschrank mit eisernen Ketten zu umschnüren und emporzuwinden. VeigeMil, «MM ente teile! — 102 — weil ich nicht Lust dazu hatt', just darum bin ich bei Nacht und Nebel daoongegangen." , „Das versteh' ich nimmer," wiegte der Vater den Kopf. „Du hast's ja selbstens in deinen Briefen geschrieben." „Ich?" fragte Florian im höchsten Erstaunen. „Nun freilich! Willst

mich denn dumm machen?" fragte Alois und holte aus der Schieblade des Tisches Florians Briefe hervor, schlug mit dem Rücken seiner Rechten darauf und rief: „Da, hier steht's ja schwarz auf weiß, und was ich dir dagegen vorgestellt Hab', ist ja alles vergebens gewesen." Florian schlug einen der Briefe auseinander und nach einem flüchtigen Blick darauf warf er ihn wieder mit der Bemerkung hin: „Das Hab' ich nimmer geschrieben, das ist gar nicht meine Schrift. Und was du von Vorstellungen sagst

er, in wel chem Sinne der Schulmeister an Florian hätte schreiben müssen; wie Griffl ihm die Briefe vorgelesen und er selbst sie zur Post ge geben hätte. Die Fälschung war ihm unbegreiflich. Nicht so Florian. „Dem Griffl seine Handschrift kannte ich ebensowenig, wie du die meinige," sagte er. „Alle Briefe aber, die an uns kamen, wurden zuerst von dem Pater Rektor gelesen, und so las er auch alles, was wir nach Hause schrieben, und schickte die Briefe auf die Post. Da war's schon leicht, mir Briefe

zu geben, wie sie ihm in den Kram taugten, und dir welche zu schreiben in meinem Namen, wie sie ihm paßten." „Pud du hast nimmer aufgehört, deinen Vater lieb zu haben?" fragte Alois mit zitternder Spannung. „Wie sollt' ich denn?" versetzte Florian mit hellen Augen, und — 103 — Alois legte seme Hand auf die Schulter des Sohnes und preßte sie stark, indem er tief aufseufzte. „Wenn ich hätt' glauben können, was in deinen Briefen stand," fuhr Florian fort, „dann wär' ich jetzt nicht hier. Den Jesuiten wär

' ich freilich fortgelaufen, aber ich wär' dann in die weite Welt gegangen." Alois fühlte sich diesem festen Glauben seines Sohnes gegen über etwas beschämt. „Aber was haben sie dir denn gesagt, weshalb es mein Wille sein sollt', daß du bei ihnen bliebst?" fragte er. „Ja, schau, das war so eine Sach'," entgegnete Florian mit einiger Verlegenheit. „Sie haben mir erzählt, daß ich eigentlich ein Kind der Sünd' wär', weil mein Großvater nie seine Einwilli gung dazu gegeben hätte, daß du meine Mutter heiratetest

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 21.09.1915
Umfang: 8
über deutsche Truppen können sich nur auf die Schlacht bei Tar nopol am 7. ds. beziehen, deren irrtümliche Dar stellung im Berichte der russischen Heeresleitung be- j reits im amtlichen Tagesberichte vom 8. ds. wider- — 110 — gedrückten Florian eine Faust in das Haar und schleifte ihn hinter den Tonnen hervor an das Licht. Die Faust gehörte dem Pförtner. Ein Ruf der Ueberraschung, in welchen auch der Dieb ein stimmte, und dann folgte eine Totenstille, welche der Rektor mit den Worten unterbrach: „Heilige

Mutter Gottes, du hier und mit Dieben im Bunde!" Florian wurde feuerrot, schwieg aber trotzig, während der Dieb rief: „Nein, Ehrwürden, der hat auf seine eigene Rechnung ge arbeitet!" Ein Wächter streckte die Hand nach Florian aus, um ihn mit seinem Spießgesellen abzuführen. Der Rektor wehrte ihm mit dem Bemerken, daß Florian unter seine Jurisdiktion gehöre, und er überantwortete ihn dem Pförtner, um ihn in den Karzer der Schule zu bringen. Florian tobte in seinem Gefängnis bis zur Erschöpfung

. Er verwünschte den Wein, der ihn schläfrig gemacht hatte, und das un selige Zusammentreffen mit den Dieben. Daß man ihn wirklich für deren Genossen halten könnte und würde, daran dachte er in seiner Wut und seinem Schmerze nicht. Am folgenden Morgen ward er vor den Rektor in dessen Stu dierstube geführt. Pater Gury war gegenwärtig. Er stand mit dem Rücken gegen eins, der Fenster und schnitzelte an einer Federpose. Florian sollte bekennen, auf welche Weise er mit den Dieben in Ver bindung getreten

! Aber ich kann ihm nicht helfen, da sein Sohn in seiner Verstocktheit entschlossen ist, Schmach und Schande über sein graues Haupt zu bringen." Florian wurde blaß, und große Schweißtropfen traten auf seine Stirn. Aus das Heiligste beten- er seine Unschuld'. Fliehen habe er wollen durch das zerbrochene Gitter, gestand er, und sich deshalb — 111 — in dem Keller einschließen lassen, aber mit den Dieben habe er keine Gemeinschaft. „Niemand kann lebhafter wünschen, als wir, deine Freunde, daß du unschuldig seiest," seufzte

zu ersparen, und wenn wir die Hand dazu bieten, so geschieht es nur, weil wir dadurch zugleich den heißesten Wunsch deines Vaters erfüllen. Du kennst den Wunsch deines Vaters und seine Gründe dafür: entschließe dich, den Weg, welchen ivir dich bis her geführt haben, in unserer Mitte weiter zu wandeln, und du sollst vor der drohenden Schande bewahrt bleiben. Wir lassen dir bis morgen Zeit zur Ueberlegung." Er schellte und der Pförtner brachte Florian in den Karzer zurück. „£>, Vater, das war gar

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 09.11.1915
Umfang: 8
über den Wipfeln noch hell war. Der Wind, welcher bei Sonnenuntergang stark und kühl durch das Tal gestrichen war, hatte sich gelegt. Die Bäume, standen regungslos, die Vögel schliefen. Nur das Murmeln eines fernen Bergwassers klang eintönig durch die Stille, und unter den benagelten Schuhen der bei den Jäger knirschte das Geröll und knarrte dann und wann ein trockener Ast, oder es klirrte die eiserne Spitze von Alois' Bergstock an den Steinen. Florian wies voransteigend den Weg. Er hatte ja die Jagdstellen

unter des alten Mayrs Leitung genau kennen gelernt und wußte, wo das verschiedene Wild zu wechseln und zu äsen pflegte. Schweigend stiegen sie zwischen den in der Dunkelheit phantastisch sich gestaltenden Föhren und Felsblöcken an. Einmal inachten sie Halt und verruhten sich einige Minuten stehend, Alois schwer aus seinen Stock gestützt. Er atmete laut und schnell. Florian unter suchte uuterdesseu die Ladung seines Gewehres. In dem trockenen Bette eines Baches stiegen sie weiter aufwärts. An dem schmalen

' Streiten Himmel über ihnen glänzten die Sterne. Noch einer Weile bog Florian in östlicher Richtung ab und bald darauf erreichten sie. über moosigen Boden fortschreitend, den unteren Rand einer ab schüssigen Waldwiese. „Hier wird's was geben!" flüsterte Florian, indem er stehen blieb und den Stutzen vorn Rücken nahm. Alois setzte sich auf ein Felsstück in der Nähe. Um in der Ein samkeit mit Florian -zu reden, hätte er wahrlich nicht nötig gehabt, so hoch und angestrengt zu steigen

. Indem er aber noch einmal über legt hatte, was er dem Sohne mitteilen wollte, zu dem er gekommen, war er mechanisch weiter gestiegen. „Also hier denkst was zu finden?" fragte er. „Ja," entgegnete Florian leise, „sobald der Mono.heraus ist: er wird gleich kommen. Aber red' nicht so laut." „Derweilen sitz' zu mir her und lasse uns ein Wort mit einan der reden," sagte sein Vater. — 51 — Florian gehorchte; Alois aber schwieg noch und beider Augen schauten gegen Osten, wo der Himmel in sternloser Helle über den Schroffen ruhte

er herauf und geht seinen Weg und weiß nicht, was der Mensch auf Erden für Plag' hat," murmelte Alois und stützte den Kopf in die Rechte. Florian seufzte in dem Gedanken an Anna. Es schien fast, als ob Alois seine Gedanken erraten hätte; denn er sagte, ohne den Kopf zu erheben: „Kann's mir schon vorstellen, wie's dir diese Tage über zu Sinn gewesen ist. Jetzt erzähl' mir, wie's der Schreiber angestellt hat, daß du und die Anna auseinander geraten seid?" Florian senkte den Kops und fühlte das Blut

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