südlich mud er Gelegenheit, deut geistlichen Herr» zu entwüchcu. „Gieb kNir ein gutes Wort mit auf den Weg, kleine Anne- Marie!' bat er. Seine grauen Augen ruhten mit einem ganz besonderen Aus druck auf dem reizenden, rosigen Gesichtchen des jungen Mädchens. Klein nannte er sie, das war nun ganz verfehlt; ihre schlanke, biegsame Gestalt hatte fast seine Größe erreicht. Sie bückte sich, pflückte ein Veilchensträußchen und steckte es ihm an. „Auf Wiedersehen, lieber Ernst!' sagte sie. „Zwei
sehr ernst: „Willst Du mir versprechen, daß Du noch hier bist, wenn ich zurückkomme?' Sie schüttelte den Kopf, aber nun war es an ihr. zu erröten. „Ach, Unsinn, Ernst, wozu das? Ich bleibe natürlich zu Hause!' Als sie ins Zimmer zurückgingen, trat Anne-Marie ans Fenster und schnitt von ihrem Monatsrosenstock eine purpurrote Blüte ab. „Für den Wanderer!' sagte sie. Er wollte Ernst die Blume reichen, aber der sah nach ihren Augen, griff zu spät zu, — die Rose sank zur Erde. Leo Steinbeck bückte sich, hob
sie auf und steckte sie an seinen Uniformrock. „Der Zufall spielt die Hauptrolle im Leben!' sagte er und blickte Ernst triumphierend an. „Haben Sie die Güte, mir die Rose zurückzugeben, sie war für mich bestimmt!' „War!' lächelte Leo mit der harmlosesten Miene von der Welt, sein Schnnrrbärtchen streichend. Ernst ärgerte sich über diese Keckheit. „Aber, bester Gras, Sie eignen sich da etwas an, was Ihnen nicht zukommt!' „Ich bin nicht so skrupulös wie Sie, lieber Werner. Uebri- gens — zur Erklärung
für mein Handeln — ich habe vorhin um die Blume gebeten und wurde abschlägig beschieden; nun war es Ehrensache für mich, sie doch noch zu erhalten.' Er empfahl sich kurz, er müsse nach Neustadt zurück, da er am Abend einige Kameraden erwarte. „Soll ich Heinz grüßen?' fragte er Ernst. „Ich will Sie nicht bemühen, Graf. Heinz hat mir versprochen, zum Frühzug auf den Bahnhof zu kommen.' Lachend schwang sich der Graf in den Sattel. Ernst sah ihm mit finsterer Miene nach. Hätte er es nicht zu thöricht gefunden
, einer Rose wegen Streit anzufangen, er hätte sie dem Grafen mit Gewalt von der Brust gerissen. Der eigentliche Abschied von Anne-Marie stand unter dem Banne dieses Vorganges. Sie entließ ihn mit einem mitleidigen Lächeln über sein Ungeschick. — Nun saß Ernst in dem kleinen, rauchigen Wartezimmer des Bahnhofs, bestellte sich bei dem verschlafenen Kellner eine Taste Kaffee und sah dabei nach dem Fenster, an das der Sturm große Schneeflocken trieb, trotzdem es schon April war. Ernst blickte