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Seite 7 von 8
Datum: 03.03.1924
Umfang: 8
der Kleinen, die eingeschlafen war. Wie ein freudiger Schreck fuhr's ihm durch die Glieder. Er beugte sich über sie und küßte sie auf die Stirn, Dann sah er auf sein Und, bies winzig flak- kernde Lebenslämpchen, das kaum schon daseins berechtigt schien. Mit großen Augen hing Gisela an seine Lippem „Wie findest du es heute, Ernst? Er sah sie nicht an. Sie hätte fönst gemerkt, daß er log. »Ich denke besser.' Er beugte sich tief herab und lauschte aus den Atem des kleinen schlafenden Wesens. „Ernst

—' — ihre Stimme klang scheu, wie von verhaltener Angst, „bitte, Ernst, — sag' mir die Wahrheit, — glaubst du, daß die Kleine durch meine Schuld so schwach uud matt ist? Weil ich nicht vorsichtiger lvar vorher?' Er richtete sich ans und sah sie au. War das Gi sela, — seine Gisela, die so fragte? In seinen Au- nen stand eine heiße starke Freude. ,.Gisela,' sagte er leise, — „das kann niemand bissen. Mach' dir jetzt keine Vorwürfe.' Ihre Lippen waren weiß geworden. ..Du meinst, es hat jetzt keinen Zweck mehr

, — es ist doch zu spät jetzt? Es ist nie, nie wieder gut An machen, was ich einmal versäumt habe?' 2lls er ihr keine Antwort geben konnte, stöhnte ue. — wie unter einem Peitschenhieb. „Ernst, sei barmherzig, — muß das Kind ster ben?' Er führte sie von der Wiege ins Nebenzimmer. „Unser aller Leben steht in Gottes Hand, Kind. auch mit dein Stärksten kann es morgen schon zu Ende sein.' Da stieß sie ihn von sich, daß er taumelte. Ihre Augen waren grün. „Ernst — dn willst mir nnr nicht die Wahrheit sagen, — du belügst

mich, — aber dann, — dann, — wenn es doch so ist, wenn es zu schwach Ist zum Leben, — wenn es sterben muß, — dann, dann bin ich seine Mörderin!' Sie schrie es in namenloser Angst und Pein. Er wollte den Arm um sie legen, sie beruhigen, denn jede Aufregung konnte ihr schaden, — aber sie ließ es nicht zn. „Ernst, warum bist du denn Arzt geworden? Warum kannst dn so vielen, vielen helfen, und nur deinem eigenen armen, kleinen Kinde nicht. O Ernst —sie fiel in die Knie und umklammerte seine Füße, — „sei barmherzig und hilf mir. Nette dein Kmd! Wenn das Kind

nicht gesund wird, kann ich nicht mehr leben. Denn dann habe ich's getötet. Jawohl, — ich, — mit meinem Leichtsinn. Ernst, ich bin nicht so schlecht, wie du denkst,-— es ist etwas wach geworden in nur, was tot war.' Dann sprang sie auf und lachte, hart und bit ter wie früher. „O, über euch Ärzte! Nicht einmal so viel habt ihr gelernt in all den Jahrhunderten, einem win zig kleinen Menschenwesen sein Leben zu erhalten. O, wie ist sie so erbärmlich eure Kunst!' Er war zu Tode erschrocken. Er wußte, sie wurde

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