und Japans Bundesbruder England, eine Freundschaft, die nicht von langer Dauer sein kann. Selbst die gemeinsame Ab neigung gegen das in der Kolonialwirtschaft und im Welthandel — trotz seiner bisherigen Mißerfolge in den afrikanischen Kolonien — mäßig aufstrebende Deutschland vermag dem „zitternden Glück" einer rusfisch-englischen An näherung keine dauernde Festigung zu geben. England und Rußland begegnen fich schroff und unausgleichbar in ihren Ansprüchen aus die Vormacht in Asien. Der Krieg des Zaren
mit Japan, der England ohne Wahl der Mittel auf Seite des Asiatenstaates fand, klärte darüber vollkommen auf. Rußland muß, das ist für die Entwicklung seines jetzt freilich noch geringen, aber bei den natürlichen Schätzen des Reiches höchst ausfichtsvollen Handels un erläßlich, den Weg nach den asiatischen Gewässern finden. Es muß durch das Reich des Schah nach dem persischen Golf und durch China an daS östlichere Meer, das Asien von Amerika trennt. Das zu erreichen, hat es die Aufgabe, erst
seinen politischen Einfluß durch militärische Maßregeln zu begründen. Der große Zug im Osten, der Krieg mit dem selbst auf China spekulierenden Japan, ist mißglückt. Die gleich zeitig ausbrechende, zweifellos auch mit aus- ländischen Mitteln geförderte Revolution nahm alle verfügbaren Kräfte in Anspruch und das ermattete Rußland muß trachten, sich von seinen inneren Leiden herzustellen, ehe es an allerlei äußerliche Schönheitskuren denken darf. Diese Zeit nützt nun England, mit Frankreich und Italien verbündet
, gründlich aus. Sein Werk ist der Grenzkonflikt in Westperfien, wo eS aus Streitigkeiten zwischen Schah und Sultan Vorteile zu ziehen gedenkt, sein Werk der Ak- habakonslikt zwischen Aegyten und der Türkei, der England einen strategisch wichtigen Punkt auf der Halbinsel Siari einbringen soll, indes es in Tibet, wo Rußland nicht wieder bedeu tende taktische Interessen hat, sich durch ein Abkommen mit China zu dem Zweck soeben festgesetzt hat, um dieses Land wirtschaftlich zu erschließen. Deutschland sieht
Besuch bei seinem königlichen Vetter von England machte, dafür sorgt, daß die Pforte an der Grenze seines Landes möglichst wenig Ruhe findet. Geht man also in die Einzelheiten der allgemeinen Lage von heute ein, so wird eS wohl klar, daß eine allgemeine, schließlich zur Explosion drängende Spannung herrscht, die keine Ministerrede, weder in Rom, noch in Berlin, zerblasen kann. Daß Oesterreich, um zu unserem Ausgangspunkte wieder zurückzukehren, bald einen Sekundanten brauchen wird, mag ja möglich