Muttersprache, Mutterlaut Eigenheiten und Vorzüge der deutschen Sprache Von Josef N e n m a i r. Wien Unserer »rufcn deutschen Sprache hat nun außerhalb unserer eigenen Sprach gemeinschaft nicht allzu viele Loblie der gesungen. ja es gibt Aussprüche iinii Stellen selbst von bedeutenden Volksgenossen, die das Deutsch als luirt, wenig klangvoll, als ein für die Dichtung ungeeignetes Werkzeug be zeichnen; das tat selbst Goethe. Aber cs ist zu bedenken: Die Sprache kenn zeichnet ihr Volk
im besonderen Maße, sie ist „der Geschichte gewordene Geist eines Volkes“ (Herder), es müßte mit Wundern zugehn, es wäre ein Rätsel der Natur, wenn die Sprache der Deutschen, dieses großen Volkes, das Gewaltiges und Weltbewegendes buch wird eine halbe Million Wörter aufweisen. Im Italienischen zählt man 00 000. im Französischen 110 000, im Englischen 150 000, wir Deutsche ver fügen über 500 000! Also Reichtum, Überfluß! Wir können wühlen im Gold schatz unserer Sprache und schwelgen in ihrer Fülle. Wie kam
dies? Woher stammt der außerordentliche Reichtum? fragt der Leser, überrascht durch diese Ver gleichszahlen, und schüttelt ungläubig sein Haupt. Fs stimmt schon, und es gibt einige Gründe dafür. Zunächst ist es der Charakter,- der innere Reichtum der deutschen Seele, die Beweglichkeit seines Wesens; sie geschaffen und besonders auf dem Ge- schöpfen aus allen Quellen, „schaffen an biet des Schönen so Ueberrageudes hervorgebracht hat. seiner Größe nicht entspräche, wenn sie nicht ihre beson deren Vorzüge
hätte. Daß sie uns gefällt, liegt nahe; vom Gefühl aus gesehen, als Muttersprache betrachtet, ist jede Sprache schön. Wie die Liebe alles durch- und überstrahlt, was sie erfaßt, so empfängt auch die Muttersprache von der Mutter, die sie uns zuerst lehrte, von der Liebe zum Volk, dem man angehört und mit Leib und Seele ergeben ist, ihren Glanz, allen Enden“, den Wortschatz zu er zeugen und zu mehren. Dem Volks charakter, der kraftstrotzenden, kraft heischenden, herrsch- und dienstberei ten deutschen
“ Französisch, sondern aus den vielen Landschaften des deutschen Sprach- raums und den Mundarten, die im Wortschatz vielfach selbständig sind, immer neue Wörter und Wendungen übernimmt und einfügt. Ohne die. Mund art wird der Sprachleib zum Sprach- leiclmam, hat Fr. L. Jahn gesagt, im Deutschen aber bildeten die Mundar ten immer, je nach der Einstellung eines Zeitalters reichlicher oder spär licher. Quellen für die Bereicherung und Belebung der Gemeinsprache. Wirtschaft und Sozialpolitik Die Lage