. Aber daß auch die Län der zentralistisch verwaltet werden müssen, daß man ganz Böhmen von Prag, ganz Galizien von Lem berg, Südtirol von Innsbruck aus regieren und ver walten muß, daß über die nationalen Bedürfnisse von Deutschen Tschechen, von Ruthenen Polen, von Italienern Deutsche die Entscheidung sprechen sollen: das ist einfach ein Unsinn, historischer vielleicht, aber nicht minder unzweifelhafter. Daß dieses System verkehrt und falsch ist, beweist unumstöß lich die Geschichte: den Kampf gegen die Existenz
, daß ein ent wickeltes Volk es aushalten würde, mit jedem, selbst dem kleinsten nationalen Bedürfniß auf die Einsicht und auf das Wohlwollen seiner nationalen Gegner angewiesen zu sein. Was ist es also, was den böhmischen Landtag „möglich" macht? Nichts an deres denn die Anwesenheit der siebzig Großgrund besitzer! Diese siebzig Großgrundbesitzer bewirken es, daß weder die Deutschen, noch die Tschechen die Mehrheit sind; sie verhindern es aber auch, daß eine Nation zur nationalen Minorität wird. Nun stelle
man sich vor, das Großgrundbesitzerprivileg wäre abgeschafft, im Landtag gäbe es keine anderen Abgeordneten als Gewählte. Man kann das all gemeine Wahlrecht nehmen, aber auch ein Zensus wahlrecht, kann die Wahlgeometrie noch so sehr spielen lassen: das Ergebniß müßte doch immer sein, daß es im Landtag eine absolute tschechische Majori tät gäbe, die Deutschen unwiderruflich zur Minori tät verurtheilt blieben. Wird nun jemand meinen, ein Zustand, wo etwa hundert deutschen Abgeord neten Hundertsünfzig tschechische gegenüberstünden, könne
haltbar sein, die Deutschen, würden ihn ohne Bürgschaften für ihre nationale Selbstständigkeit auch nur Einen Tag aushalten^? In dem Augenblick, wo sich die nationale Herrschaft ungemildert geltend machen würde, wäre sie unerträglich ; sie kann nur ertragen werden in der Abschwächung, die sie durch die Anwesenheit national indifferenter, in gewisser Hinsicht neutralen Elemente erhält. Was folgert daraus? Dieser Zustand bildet das Atom Nothwendigkeit, aus der der Großgrundbesitz unbesiegbar
wird. Mit einer gewissen Naivetät wird das in den Ausgleichsanträgen der Deutschen in Mähren eingestanden; die Wahlordnung solle so re- formirt werden, daß weder Deutsche, noch Tschechen allein die Majorität haben, die Majorität nur mit dem Großgrundbesitz gebildet werden könne. Was soll man also zu den Leuten sagen, die es wohl als erste Nothwendigkeit Oesterreichs erkennen, den Privilegien des Großgrundbesitzes den Garaus zu machen, es aber nicht zu begreifen vermögen, daß der Eroberung der politischen Macht