Erste Beilage zu Nr. 49 der „Lienzer Zeitung' vom 18. Juni 1912. Deutsch in Deutschen Gaststätten! Die rastlosen Bemühungen national gesinnter Kreise, die Deutschen endlich dahin zu bringen, daß sie sich nicht nur als Deutsche fühlen, sondern daß sie genau wie das der Franzose, Engländer oder Italiener tut, die sem Gefühl auch äußerlich durch Wort und Tat Ausdruck geben, waren bis jetzt im Geschäftsleben, vor allem aber im deutschen Gasthofbetrieb, nur von geringem Erfolg begleitet
, französische Köche waren gesuchte Leute, und so findet man eben in den Gast höfen zumeist noch auf den Speisekarten französisch benannte Gerichte, die aber viel fach deutschen oder österreichischen Ursprungs sind. Dazu kommt, daß der deutsche Gast hofbesitzer mit Vorliebe auf Ausländer rech- net, und deshalb ist es seiner Meinung nach das Beste, wenn die Ausländer alle Auf schriften in ihrer Sprache vorfinden. Auf die deutschen Gäste braucht man ja nicht Rücksicht zu nehmen . . . So kommt
es, daß wir jetzt, wo die Reisezeit beginnt, im Grand Hotel Royal, Boarding Palast Hotel oder Pension Munich absteigen, mit dem Lift, den der Liftboy führt, in die dritte oder vierte Etage fah ren, später an der Table d'hüte speisen oder vielleicht nur ein Dejeuner einnehmen. Das Menu ist sehr reichhaltig, die Auswahl an Speisen s jour sehr groß. Vielleicht gehen wir in den Grillroom oder in die Bar. Diese Auswahl an Fremdländerei in den deutschen Gasthöfen ließe sich verhundert fachen. Keiner anderen Nation der Welt fällt
es ein, eine derartige, durch nichts gerecht fertigte, das Nationalbewußtsein herabdrük keude Fremdländerei zu betreiben. Oder kann man sich vorstellen, daß in Paris oder Lon don irgend ein Gasthof etwa Fürstenhof oder Kaiserhof oder Deutsches Schloß ge nannt wird? Wann endlich kommen auch wir in Oesterreich so weit, daß man die Bezeichnung der Gasthöfe mit fremdländi schen Namen als etwas Unbegreifliches und Unnationales empfindet? Die deutschen Gasthöfe stehen heute auf einer Höhe, daß sie sich ruhig mit denen
, daß dieser Unfug der Fremdländerei in den Gasthöfen aufhört, es braucht nur immer wieder, gegebenenfalls mit der nötigen Deut lichkeit, darauf hinzuweisen, daß es in einem deutschen Gasthof auch deutsche Bezeichnun gen und deutsche Worte verlangen. Wenn den deutschen Bezeichnungen da wo es wegen des internationalen Verkehrs notwendig er scheint, mit bescheidenen Lettern die franzö fische, englische, italienische Übersetzung bei gefügt wird, hat kein vernünftiger deutscher Gast etwas einzuwenden