Mittwoch, den 13. Juni 1918. ' ^eite 2. Kr. 24. weit übers Ziel geschosien. Weit übers Ziel schießen heißt es, wenn ad und zu sogar Stimmen laut werden, als wäre es für die Deutschösterreicher das Beste und Gescheiteste, wenn sie die Sonderbestrebungen der anderen Völker ebenfalls mit Sonderbe strebungen beantworten sollten. Verfehlt ist es, wenn man glaubt, das einzig Richtige sei für die Deutschen das Streben nach Anschluß ans Deutsche Reich, ähnlich wie die anderen sich von Oesterreich
losmachen wollen. Durch ein solches Reden leitet man nur Wasser auf die Mühle unserer Gegner und Feinde im Reiche und außerhalb desselben. Da schaut sie cm, sie wollen uns Verrat vorwerfen, sagen die Tschechen! Auch die Deutschen wollen nicht mehr mittun, sagen die Gegner. Wenn die Deutschen sich um ihren Platz an der Sonne wehren und gegen die Regierung, besser ge sagt, gegen eine gewisse Beamtenschaft eine scharfe Sprache führen, so ist das recht. Die Regierung hat den Fehler gemacht, und zwar schon
seit Jahrzehnten, daß sie die nach aus wärts Schielenden, statt mit Kraft und- Ernst mit Zuckerbrot und Begünstigungen ans Reich zu fesseln suchte, während sie die kaisertreue Bevölkerung nicht selten drangsalierte und das nicht bloß bei den Tschechen und Italie nern, sondern auch bei den Deutschen. Die Hauptschuld . hiesür trägt aber das liberale Beamtentum das deutsche nicht zum mindesten, das jedem hold war und ist, sei er. welcher Nation im mer, wenn er nur zu kriechen ver steht und besonders
wenn er religioks- und kirchenfeindlich ist. Nicht minder tragen die Deutschen selbst eine große Schuld durch ihre Uneinigkeit. In eine Unmenge von Parteien und Parteilein ist na mentlich das bürgerliche Deutschtum gespal ten: in. Schönererianer, Wolfianer, Radikale, Nationale, Liberale^ Nationalsoziale, die nur dann einig sind, wenn es gegen Religion und Kirche oder „die Klerikalen' geht» Diesen Spaß kann man sich in einem national ein heitlichen Staate erlauben, aber nicht in einem gemischtsprachigen
wie bei uns. Dazu kommt noch das Hauptübel, daß deren Presse durch wegs in Judenhänden ist und von nichts weiß, als von nationaler Hetze, wie beispielsweise unsere „Innsbrucker Nachrichten'. Wollen die Deutschen zur Geltung kommen, müssen sie selbst andere Wege gehen. Es war also die Be sorgnis nicht von der Hand zu weisen, daß die Regierung neuerdings Wege gehe, die den Deutschen nicht gefallen können und dadurch Deutschtum und Staatswohl noch mehr ge fährdet werden. In dieser Bedrängnis haben sich am 24. Mai