«63 Meraner Zeitung. und so lange in die Schule zu gehen.' Za, mancher liebenswürdige Vater geht so weit und sagt dem Lehrer trocken in'S Geficht: ,In der Schule werden die Kinder nur verdorben, sie wollen nicht mehr arbeiten.' Daß die sozialen und wirthschaftlichen Verhältnisse sich aber völlig verändert haben, daö bedenkt er nicht. Daß der Bauernstand ein mächtiger Faktor geworden ist, mit dem die staatliche Gesellschaft rechnen muß, weiß der Bauer gut, daß aber auch ein ent sprechendes
Wissen, eine angemessene Bildung (er braucht kein Weltweiser zu sein) seine soziale Freiheit bedingt, sieht er nicht ein und will er nicht einsehen. D?e Schule kostet »Geld', der Kuhhirt kostet mancher Gemeinde nicht viel weniger, aber eben waö .Geld' kostet, ist dem Bauer ein Gräuel; — waS liegt ihm daran, ob seine Kinder lesen und schreiben können oder nicht, »dazu,' sagt er. »find schon die G'studierten da,' — ein Stück Vieh liegt manchem Hauövater mehr am Herzen, alö sein eigen Fleisch und Blut
. Ich sage. eS giebt eben solche HauSväter, glücklicher Weise nur mehr wenige. Viele giebt eS aber, die stoisch denken, lernen meine Kinder etwas, nun so ist'S ncht, lernen sie nichts, so können wir auch nichts dafür; daß sie aber ihre Kinder fleißig zur Schule halten, daS darf man von ihnen nicht verlangen. Ja, manche Mutter sagte mir mit treuherziger Miene: »Mir ist'S lieber, wenn die Kinder in die Schule gehen, nicht deS LernenS wegen, aber die Zeit, während der sie in der Schule fitzen, habe ich mehr
Ruhe, sonst habe ich die Fratzen den ganzen Tag auf dem Halö.' Ich konnte da allerdings nichts entgegnen, alS: »Schickt die Kinder nur fleißig, liebe Mutter, denn ihr erbarmt mir, dann habt ihr wenigstens mehr Ruhe. AlS zweiten Gründ habe ich »örtlich und zeitlich bedingte Verhältnisse' bezeichnet. ES ist dieS wohl der meistentheilS obwaltende Grund. So mancher Vater kommt zum Lehrer und klagt demselben: »Ich möchte mein Kind recht gerne in die Schule schicken, doch ich bin, wie Sie wissen, arm
, die halbwegS uothdürstige Instand haltung meineS überschuldeten GütchenS zwingt mich, daö Kind znr Arbeit zu veiwenden. Knechte kann ich mir keine halten, wir haben selbst kaum zu leben, — und waö soll ich nun thun, wenn ich meinen Knaben, der nun 11 Jahre alt, mich viel unterstützen kann, daS ganze Jahr in die Schule schicken soll?' Ein Anderer kommt und bittet: »Lassen Sie mir den Buben oder daS Mädel doch nur zwei oder drei Tage, die die größte Arbeit geschehen ist, ich will sie dann wieder fleißig