. Dann, sich besinnend, sagte er mit apathischer Stimme: „Ich lasse bitten ' Und zu sich selbst gewandt, flüsterte er: „Eine Hute Haut, — aber mir kann er nicht helfsB.^ Wie sagt doch der Westfalendichter: Lindern mögen Wnrz' und Worte, — Wundenweh und Herzbeschwerde, — Bester Arzt für meinen Jammer Ist die stille, kühle Erde.. .' Leise, fast lautlos, war Dr. Zumbusch ein getreten. . „Herr Baron!' sagte er herzlich, „finden Sie nicht, daß solch ein Sonnenuntergang, wie Sie ihn hier vom Fenster aus genießen
nicht zu sprechen. In diesen: Sinne, Herr Baron, bin ich nie glücklich gewesen, — und habe es auch nicht ver langt. Wäre ich es, und'das Glück wäre mir verloren gegangen, so würde ich versuchen, den Schmerz zu überwinden in dem Gedanken, daß der Mensch vollkommenes Glück auf Erden nicht findet nnd daß Taufende, ja Millionen, gezwungen sind, sich mit dem zu trösten, was der Himmel über sie verhängt hat.' „Sie philosophieren mit dem Verstai^, nicht mit der Herzen...' murrte der Schloßherr. „Mag sein!'-entgegnete
, daß dem so ist...' „Also halten Sie für möglich, daß ich — auch in meiner „hartnäckigen Trauer' — selbst die Schuld tragen könne an dem Ver lust meines Glückes?' „Theoretisch: ja!' rief der Arzt. „Hören Sie, Herr Doktor, ——- Sie sind grob heute! Ich möchte mich mal mit Ihnen zanken.' »Lieber nicht, Herr Baron! Wenn Sie mit jemanden zanken wollen, so finden Sie leicht andere Leute. Ein Arzt muß sich ein ruhiges Gemüt und ein heiteres Tem perament bewahren, den Kranken zuliebe! Also müssen Sie sich schon
einen anderen „Blitzableiter' suchen!' . „Ist ja keiner da! Mich flieht ja alle Welt. Jeder geht mir aus dem Wege...' „Weil Sie sich von den Menschen zurück ziehen, Herr Baron. Aber ich freue mich, daß Sie bereit sind, ein Original zn suchen. das Ihrer — verzeihen Sie — traurigen Laune standhalten soll. Wenn ich einen sol chen Menschen Mde, schicke ich ihn her!' „Schön, — tun Sie das!' meinte der Baron. Aber sein Herz war schon nicht mehr bei seinen Worten: er sprach nur, um die Konversation aufrecht zu erhalten
können, der würde Zeuge eines seltsamen Selbstgespräches ge worden sein „Mau nehme eine Dosis Mutterwitz, eiue Prise Gehirnschmalz, eine Portion Ahnen- stollz, ein Quäntchen Mitleid, eine Messer spitze Soldatenblut, — — mische alles fein säuberlich im Zungentiegel und gebe diese Medizin tropsemveise — will doch mal sehen, ob ich's dem braven Pflasterkasten nicht recht mache. Armer Baron das Herz ist ein schnurriger Artikel —— man muß selbst gefühlt haben, wie's zuckt und blutet, um andere trösten