stiller Schwermuth und verhaltenen Feuers, macht die Männer stutzen und 5>ie Frauen stumm. Als er spricht: „Weh' mir! Gram dehnt die Zeit!' und langsam die Augen hebt, durschauert es mehr als ein Mädchenherz. Janos Komorny ist wirklich wunder schön. Julia ist älter als ihr Romeo, immerhin aber eine sehr hübsche Erscheinung, die es brillant versteht, sich anzuziehen und zu schminken; sie ist reizend anzu sehen uud gibt ihre Rolle, die ihr seit Jahren schon geläufig ist, diesmal mit einem ganz
besonderen Feuer. „Ja, das ist keine Kunst,' sagen sich die Damen, „wie muß es sich spielen mit diesem RomeoEr ist keine ideale Natur, dieser Romeo. Jeder Zoll an ihm ist ein junger, feuriger Italiener, der stürmisch anbetet, stürmisch liebt und stürmisch besitzt. Es läßt sich rechten mit seiner Auffassung; .aber nur jetzt nicht, uur hier nicht. Sowie er da ist, nimmt er sein Publi- cnm gefangen, ergreift Besitz von ihm, schlägt es in seine Fesseln, hält es fest, läßt es nicht eher los
, als bis Alles zu Ende ist. Das Publicum jauchzt und sehnt sich mit ihm ! es knirscht und schäumt! es jam mert und schaudert'und erhebt sich zur vollen Größe des letzten hochtragischen Entschlusses. Die^Scenen, in^dencn Romeo nicht auftritt, werden als nichtiges Füllwerk angesehen, in denen Jeder sich sammeln, Athem schöpfen und sich erholen will von dem gehabten Eindruck, sich vorbereiten auf den kommenden. Der blutige Tybalt spielt vorzüglich,Ader frohherzige Mercutio stirbt mit bestem Effect; aber aller Augen
schauen. Julias Szene mit dem Schlaftrunk war fast alle mal ein Triumph für Agathe Werder; sie sah wirk lich gut aus auf der erhöhten Ruhebank, von einem Strom bläulichen elektrischen Lichtes umslossen, und sie spielte auch gut und wahr. Ihren letzten Worten: „Ich komme, Romeo! Dies trink ich Dir!' war fast jedesmal ein donnernder Beifall gefolgt. Nun, Bei fall folgt auch heute. Die Anhänger der Werder, die eine tüchtige Schauspielerin und eine liebens würdige, noch immer hübsche Erscheinung
ist, erinnern sich zum Glück an ihre Schuldigkeit und klatschen; aber es dauert nicht lange. Man kann es einfach nicht erwarten, daß das Stück weitergeht und Romeo wieder auf der Bühne erscheint. Welch ein Meister stück, seine Szene mit dem Apotheker! Kein Beifalls laut wird forthin mehr hörbar; wie in athemlosem Schauern lauschen die Hunderte bis zum Schluß. (Fortsetzung solgt.)