¬Das¬ alte Raetien : staatlich und kulturhistorisch dargestellt
412 SECHSTER ABSCHNITT. b) das Münzrecht. Die Schenkung tier „halben Stadt Chur' bedarf einer be sondern Erörterung. Vorerst ist klar, dass diese Abtretung eine räumliche Be ziehung haben muss, zumal sie mit den „inner der Ringmauer be findlichen Gebäuliehkeiten und zugehörigen Einfängen' erfolgt: auf die Hälfte der städtischen Fiskaleinkünfte überhaupt lässt sie sich schon desshalb kaum deuten, weil schon sieben Jahre früher der Königszins der ganzen Grafschaft Chur dem Bis- thum tiberlassen
worden war, auch für Abtretung der blossen Hälfte von Fiskaleinkünften kein Anhaltspunkt ausfindig zu machen ist. Sodann deutet der Zusatz „mit Gebäuliehkeiten inner der Ringmauer' nebst ,,zugehörigen Einlangen' unverkennbar an, dass es sich wesentlich um einen Hofstatt- oder Bodenzins han delte. Danach wäre diese Schenkung zunächst dahin auszulegen, dass der Kaiser den Zins von der halben Grundfläche der Stadt Chur abtrat. In der That erfährt man aus späteren Ur kunden, dass der Bischof
einen solchen Grundzins von den Stadt bewohnern bezog. 5 ) Dieser bischöfliche Grundzins kann aber un möglich darin seinen .Ursprung haben, dass die Stadt Chur auf bischöflichem Boden erbaut wurde, indem sie ja viel älter als das Bisthum ist; auch wäre kaum zu begreifen, wie ein ursprünglich bischöflicher Grundzins, theilweise wenigstens, auf den Kaiser und. erst von diesem wieder auf den Bischof gekommen sein sollte. 1st aber der Kaiser als ursprünglicher Inhaber jenes, später bischöflichen, Grundzinses anzusehen
, so ist man wieder veranlasst, dessen Wurzel in römischer Zeit zu suchen. Und in der That war bei den Römern eine Abgabe von Häusern, die auf Stadtboden errichtet wurden, allgemein im Gebrauch 2 ); man wird ') Im J. 1477 beschwerte sich der Bischof, die Stadt verweigere ihm „Gül ten und Zinse von Häusern, Hofstätten, Stätten und Gütern so in der Stadt gelegen.' (Ürk. im Stadtarchivar -) L. U. 41. 52 Cod. Theod. de oper. pubi. (XV. l) und 1. 5 § 1 D. Just, de oper. pubi. (L. 10). Biese Abgabe hiesa bei den Römern solarium
(1. 2 § 7 D. C. Just, ne quid in loco pubi.). Nach strenger römischer Keehts- ansicht wurde ein auf Stadt borten errichtetes Gebäude als superficies, Eigen thum der Stadt, beziehungsweise, da Stadteigenthum und Staatseigenthum bei den Körnern nie genug ausgeschieden war, des Staates, und auf diesem Stand-