Jahresbericht des K.K. Gymnasiums in Brixen ; 57 - 61. 1907 - 1911
trauter. Nach Beendigung der 6, Klasse legte Wieser, da die Franziskaner unterdes das Öffentlichkeitsrecht für das Obergymnasium verloren hatten, die Aufnahmsprüfung für das Staatsgymnasium in Bozen ab und absol vierte an dieser Anstalt die 7. und 8, Klasse als Vorzugsschüler. All seiner Professoren an beiden Gymnasien gedachte Wieser immer mit größter Dankbarkeit. Direktor «Panke» vom Staatsgymnasiuni galt ihm immer als Autorität betreffs Ordnungsliebe und Pädagogik. Ganz besonders ergeben
war Wieser den Professoren aus dem Franziskanerorden. Immer und immer betonte ér, wie viel er den Patres zu verdanken habe. Hochgeachtet war Wieser bei seinen Mitschülern. Zu diesen zählten unter anderen der durch seine Erlebnisse beim Mahdiaufstande berühmt gewordene Josef Ohrwalder, Missionär in Omdurman im Sudan, Heinrich Plattner aus Unterinn, der als Maler und Priester im Benediktinerstifte Sekau gestorben ist, ganz besonders aber P.. Franz Anton Lanznaster, 0. F. M. und Professor in Hall
, dem wir viele Notizen über Wiesers Studienjahre verdanken. Selbst von den edelsten Grundsätzen beseelt, suchte Wieser auch auf seine Kollegen geistig und sittlich veredelnd zu wirken. Er verstand es kollegiale Gespräche durch passende Zitate oder gut angebrachte Witze zu beleben, suchte aber alles Rohe ferne zu halten. Einen Studenten, der sich öfters in seiner Gesellschaft befand und trotz mannigfacher Mahnungen öfters in einen etwas rohen Ton verfiel, fragte er einmal ganz unerwartet: «Kannst du mir sagen
, was erudire heißt?» Als dieser sagte, er glaube es heiße «aus dein Groben herausarbeiten = bilden», entgegnete Wieser ernst: «Zu den Bildungsbeflissenen sollen auch wir Studenten gehören. Wir müssen es aber auch durch unser Benehmen zeigen und alles Klotzige aufs strengste vermeiden». Schon im Untergymnasium zeigte Wieser Vorliebe für deutsche Klassiker und übte sich von der 4. Klasse an mit den Mitschülern im Deklamieren und Besprechen der Stücke über Kunstwert nach Inhalt und Form, besonders angeregt
durch den Professor im Deutschen, P. Johann Rainer. Schon in der 4. Klasse besaß Wieser die Shakespeare-Ausgabe von Tiek und suchte seine Klassikerbibliothek fortwährend zu ergänzen. Von Büchern und vorn Gehalt und Wert von Schriften, aber auch von Berufswahl, von Unterricht und Erziehungskunst redete er in Freundeskreis am liebsten. - , Von seiner Erfahrung über Bücher machte Wieser anderen Studenten gegenüber den besten Gebrauch. Ein nun hochangesehener Priester er zählte folgendes: «Eines Tages besuchte