¬Die¬ Archive Deutschsüdtirols : (eine Übersicht mit einem Urkunden-Anhang)
und seinen Mittelgebirgen, die doch noch immer deutschen Bevölkerungszuschuß zu bieten hatten. Erschwe rend hingegen war die Etschtalversumpfung, da sie sehr ungesunde klimatische Bedingungen für die anrainenden Gemeinden zur Folge hatte. Jene bedingten im Gegensatze zu den Berggemein den, wo die Kontinuität des Familienbesitzes die Regel ist, ein rasches Wechseln von Besitz und Pacht. Diesen fließenden Zustand machten sich italienische Großgrundbesitzer zunutze, indem sie viele Güter in diesen Gemeinden
Bevölkerungsaustausch (Farnilienverbindungen, Besitzwechsel, Dienstboten) mit den italienischen Nachbargemeinden für das Vorhandensein italienischer Minderheiten verantwortlich gemacht werden. Immerhin muß festgestellt werden, daß trotz alledem die Deutschen in all den genannten Gemeinden — ausgenommen Pfatten und Buchholz — an Kopfzahl und sozialer Stellung die Mehrheit, zum Teil sogar eine erdrückende Mehrheit, bis in unsere Tage erhalten haben, daß insbesondere die Gemeindevertretungen seit dem frühen 15. Jahrhundert, da sie selbständig zu Urkunden
beginnen, stets in deutscher Sprache geurkundet und weit energischer und erfolgreicher als die staatliche Gewalt auf die Erhaltung des deutschen Zustandes hingearbeitet haben. Dafür gab schon die ablehnende Haltung gegen das neu zuwandernde, fremde Element den entscheidenden Anstoß. Erst als die Gefährlichkeit des italienischen Vorstoßes nicht mehr zu verkennen war, hat sich auch bei der hohen Staats verwaltung und bei der Kurie in Trient der Grundsatz Geltung verschafft, daß der geschlossene deutsche
Volksboden mit der Grenze von Salurn gewahrt werden müsse. In Trient war dafür allerdings in erster Linie die Angst vor der endgültigen Loslösung der deutschen Dekanate und ihrer Zuteilung zu Brixen maßgebend, ein Plan, der seit den Sechzigerjahren des 19. Jahrhun derts immer wieder erörtert und auch in hohen kirchlichen Kreisen gebilligt wurde. Diese Stellungnahme der Kurie hat der einheimischen Geistlichkeit in den Gemeinden mit italienischen Minderheiten ihr Eintreten für die deutsche Sprache
in Kirche und Schule sehr erleichtert. Damit soll aber ihr Verdienst um die deutsche Sache nicht gesdimälert werden. Schon der gesunde Instinkt trieb sie auf die Seite ihres Volkes, und gerade ihrer Tätigkeit ist es neben dem Wirken der deutschen Schutzvereine seit 1880, an deren Wiege übrigens gerade der tirolische Priester Mitterer stand, zu danken, daß in den letzten Jahrzehnten vor dem Kriege die italienische Welle im Bozner Unterlande nicht nur zum Stillstand kam, sondern sogar zurückgedrängt wurde