Einiges über den Winter der südtiroler Kurorte. IQ gleichmäßiger und zuverlässiger in seinen Grundzügen ist, als das der meisten Gebiete Europas um diese Zeit.*) Die Pracht der sonnigen Winterzeit Südtirols spricht den von Norden her Kommenden wie ein Zauber an. Warm scheint die Sonne vom tiefblauen Himmel durch die trockene, windstille Luft, Ruhe überall, ringsum die Höhen- ziige und Bergesgipfel im Schimmer des Schnees, das ganze Gelände von Sonnenglanz Übergossen, in der Beleuchtung
stündlich wechselnd und beim Auf- und Niedergang der Sonne mit clem Himmel darüber in allen Farben sich abtönend, rotaufleuchtend, purpurgetempert und stahlblau in der Ferne ver- *) Ich kann nicht umhin an dieser Stelle die Worte eines großen Kenners und Wert schätzers Südtirols, H. Noes, anzuführen : «Die Winter-Erscheinungen der Riviera werden oft in ganz ungeeigneter Weise zur Vergleich ung mit dem Klima Südtirols herangezogen, indem man die beiderseitigen bekannten «mittlereren Temperaturen
» (i. e. Lufttemperaturen) zusammenstellt. Hierdurch wird das Urteilsvermögen verwirrt. Der Winter der Riviera ist von derselben Art, wie wir uns das Wesen des Südländers vorstellen. Er gleißt und lächelt, aber wir erkennen ihn bald als unzuverlässig und trügerisch, Wie schmeichelnde Blicke schauen uns manche Blumen kelche an, denen wir unverhofft begegnen. Am hellen Mittag gaukelt uns nicht selten irgend welch goldiger Schmetterling den Frühling vor, nicht einen geträumten, sondern einen wirklichen
, wie er da um uns kaum glänzt und grünt. Aber alles das hält nicht stand. Am nächsten Morgen werfen die grünen Blätter von ihrer glatten Oberfläche nicht mehr das Sonnenlicht zurück, — sie scheinen ergraut unter dem dunklen Himmel, wenn sie nicht gar mit Schneestaub bèdeckt sind. Der bunte Falter ist verschwunden. Vielleicht in keiner Lage des Daseins verspürt man so viel Wechselwirkung zwischen den Vorgängen im Gemüt und denen der äußeren Natur, als in einem Winter an jenem südlichen Meere. Der Zustand
, von der warmen Sonne beschienen, den Duft ihrer flüchtigen Ole, Frauen gehen in leichten, bunten Gewändern an blühenden Rosmarin- und Rosenhecken weiter, die Brust erquickt sich am warmfeuchten Hauch, der über das Salz wasser herkommt, alles atmet Frühlingshoffnung und Leben. Wenige Tage darauf reißt ein kalter Wind die letzten dürren Blätter von den wenigen Bäumen, von denen dieselben überhaupt im Winter abfallen, die flachen Mulden zwischen den Felsblöcken des Ufers, in welche das Wasser hineingeschlagen