¬Die¬ schönsten Erzählungen.- (Langens Auswahbände ; 22)
nicht sehr dunkel, zu seiner völligen Aufhellung mag aber doch dienen, daß der Valentin, der ja so oft an der Semi vorüberging und dort immer einkehrte, die Rosi schon seit jungen Jahren kannte und daß sie ihm eben sogut gefiel, wie der sämtlichen Jugend des starken Ge schlechts. War er bisher nicht hervorgetreten, so hatten ihn wohl die trüben Erfahrungen der andern abgehalten, und in letzter Zeit, da man die Rosi nie ohne den Florian nannte, dachte er in der Tat nicht daran
, sich als Nebenbuhler seines Freundes aufzuspielen. Jetzt da gegen, da dieser unverleitet und unverhetzt das liebliche Mädchen aufgegeben, schien ihm das Feld ganz frei und ein glücklicher Erfolg nicht unwahrscheinlich; zumal da in jenen Tagen allgemein die Rede ging, die Rosi, die bekanntlich einundzwanzig Jahre alt, sehne sich nunmehr aus dem Hause, und wenn's mit dem Florian nichts werde, so nehme sie wohl auch einen einfachen Bauern sohn, denn ihr Stolz und ihre Hoffart werde dann bald verfallen. Die Malerfrage
, die den Florian so stark be schäftigte, die nahm der Valentin gar nicht in seine Er wägungen auf. Sonst war dieser ein ganz gut gelittener und gut be leumundeter Bursche. Die paar Jahre, die er bei den Franziskanern in Hall verlebt, hatten auch ihm einen feineren Schnitt verliehen und diesen wußte er, wenn er wollte, ganz vorteilhaft herauszukehren. In seiner Ge stalk lag nicht der ritterliche Schwung, der den jungen Wirt von Langkampfen auszeichnete, aber der Valentin war immerhin ein wohlgeschlachter