¬Die¬ Barbareneinfälle in die Provinz Rätien und deren Besetzung durch Barbaren
I. Einleitung. In den südlichsten Strichen des römisch-deutschen Kaiser reiches, die einst die Provinz Rätien bildeten, erklang 1 in den letzten Jahrhunderten seines Bestandes bis auf ein paar kleinere und ein grösseres Thalgebiet nur mehr eine Sprache, die deutsche, und im Volke herrschte die Meinung, es sei immer so gewesen. Auch in den Kreisen der Gebildeteren behauptete sich diese Ansicht lange, und nur allmählich brach sich eine richtigere Bahn. Die wenigen Gelehrten wussten allerdings
Turmair (Aventinus), vermochte sich deren Banne noch nicht zu entziehen, 1 und ein grober Irrthum erschwerte sowohl ihm als den anderen Geschichtschreibern des 16. und 17. Jahr hunderts, ja selbst noch den meisten des 18, Jahrhunderts die richtige Erfassung der deutschen Vergangenheit: es war die Identificierung der Bojer mit den Baiern, überhaupt der Kelten mit den Germanen. Diesem Irrthume gab sich schon Arenpeck mit vielem Behagen hin, 2 und er beherrschte die Erzählungen Aventins. seine ,Annales
ducum Boiariae' 3 und seine ,Bayerische Chronik' 4 vollständig. Auch der bedeutendste Chronist des 1 Dr. Fr. X. v. Wedele, Geschichte der deutschen Historiographie, S. 270. 2 Ibid., S. 271. 3 Ed. S. Riezler, 1882. 2 Theile. München 1881 — 1884. 4 Ed. Dr. Matth. Lexer. München 1882—1886.