S t a r h e m b e r g hat seit drei Wochen in jeder Versammlung angekündigt, er werde den roten Fetzen vom Rathaus in Steyr reißen und die grün weiße Fahne hissen. Er hat den Aufmarsch seiner Heim wehrleute in Steyr seit langer Zeit vorbereitet und sich dazu vor drei Wochen aus Tirol einen eigenen „Organisa tor", den sattsam bekannten Herrn Lapper, kommen lassen. Dieser ist bekanntlich kürzlich prrwozierend mit einem Starhembergschen Jägerbataillon durch Steyr mar- schiert, was ihm allerdings, wie schon gemeldet, nicht wohl
bekommen haben soll. Als Antwort aus die Heimwehrprovokation in Steyr hat nun, wie gemeldet wird, der Linzer Schutzbund im Einvernehmen mit der Sozialdemokratischen Partei be schlossen. am Sonntag den 20. Oktober in Waxenberg vor dem Schloß des Heimwehrfiirsten aufzumarschieren. Die ser Aufmarsch durch das Mühlviertel, dem eigentlichen Gebiet des Klerikalismus und des Großgrundbesitzes in Oberösterreich, wurde zu einem roten Triumphzug. Durch alle die Orte, in denen niemand wagt, offen der Sozial
demokratie anzugehören, in denen es für Sozialdemokraten unmöglich ist, ein Versammlungslokal zu finden, in denen hemmungslos der Terror der Heimwehrleute herrscht, zo gen zum erstenmal die Roten; und sie wurden von der Be völkerung überall mit Jubel begrüßt. Von Freistadt bis zum Heimwehrstist Schlägel, von Linz bis an die böhmische Grenze, überall marschierten Schutzbundabteilungen, fuhren Schutzbundautomobile Wa- xenberg, dem Hochsitz des Starhemberg, zu. Und in Waxenberg ereignete sich, was niemand
gedacht hätte: als alle Schutzbundabteilungen geschlossen an der Heimwehr burg vorbeimarschierten, tönten ihnen hundertfach Freund schaftsrufe entgegen, und an den Mauern, den Türmen der Burg brach sich das Echo. Längs der Straße standen die Bauern, anfangs schweigend und mißtrauisch, später aber die Roten, die sie sich ganz anders vorgestellt hatten, leb haft begrüßend. Es war, als ginge ein Aufatmen durch die Bevölkerung, die seit einem Jahre unter dem furcht barsten Drucke zu leben gezwungen