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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 10 von 10
Datum: 17.12.1913
Umfang: 10
Seite 10 Weihnachts-Anzeiger m h M * fragte er den Kammerherrn, als sie in den Saal zu- rücktraten. Der Brahmine seufzte und zuckte die Achseln: „Für mich ist Spiel und Tanz vorbei, das Lachen ist vor über. Die Einzige, die ich zum Tanzen fordern möchte ... die Gräfin Bonau ... ich glaubte, sie liebe mich . . . denken Sie sich meine Verzweiflung . . . unsere Häuser waren einig . . . plötzlich brickt sie gänzlich mit mir ab." „Ei, das ist das erste, was ich höre!" rief Philipp. „Mein Gott

: -da ist ein gutes Werk zu tun! und machte sich ohne Umstände zur Karmeliterin. Die Gräfin Bonau be trachtete ihn eine Weile ernst und errötend, als er ffich zu ihrer Seite niedersetzte. Sie war ein schönes Mädchen: doch bemerkte Philipp bald, sein Röschen sei noch zehntausendmal schöner. „Meine Gräfin . . ." stammelte er und geriet in Verlegenheit, als sie ihren Hellen, schwärmerischen Blick auf ihn lenkte. „Prinz," sagte die Gräfin, „Sie waren vor einer Stunde beinahe zu mutwillig." Volks-Zeitung „Schöne

Gräfin, ich bin dafür jetzt desto ernst hafter." „Desto bester; so darf ich Sie nicht fliehen, Prinz." , e Gräfin, eine Frage nur erlauben Sie mir. Sie auch in diesem Nonnenkleide aufrich tige Buße für Ihre Sünden?" „Ich habe nichts zu büßen." „Aber doch, Gräfin, Ihre Grausamkeiten . . . Ihr Unrecht gegen den lieben Brahminen, der dort drüben von Gott und aller Welt verlassen steht." Die schöne Karmeliterin schlug die Augen nieder und ward ein wenig unruhig. „Wissen Sie auch, schöne Gräfin

, daß der Kam merherr an der Freudenwalder Geschichte so unschul dig ist wie ich?" „Wie Sie, Prinz?" sagte die Gräfin und runzelte die Stirn. „Was sagten Sie mir erst vor einer Stunde?" „Sie haben recht, liebe Gräfin, ich war zu mut willig. Sie selbst sagen es ja. Nun schwöre ich, der Kammerherr mußte auf Befehl der Königin-Mutter nach Freudenwald, mußte gegen seinen Willen da hin, mußte beständig der Kavalier der ihm verhaßten Reizenthal sein . . ." „Der ihm verhaßten!" lächelte spöttisch und bitter

die Gräfin. „Ja, er haßt, er verachtet die Baronin. Glauben Sie mir, er hat gegen die Baronesse fast alle Gren- zen des Anstandes verletzt, hat sich durch sein Be- tragen vielen Verdruß zugezogen. Ich weiß es. Und das alles tat er für Sie. Nur Sie liebt er, nur Sie betet er an. Und Sie — Sie können ihn verstoßen!" „Wie kommt es, Prinz, daß Sie sich für Pilzow sc lebhaft interessieren? Sonst war's doch nicht so." „Es geschieht, Gräfin, weil ich ihn vorher nickt kannte, noch weniger seine traurige Lage

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 12
Datum: 19.04.1913
Umfang: 12
der künstlerischen In teressen der jungen Gräfin hatte ein flüchtiges Rot auf das Antlitz des jungen Hörers gerufen. Zwischen der kalten, strengen Natur der Sprecherin und der warmblütigen, jugendfrohen ihrer Schwie gertochter mochte allerdings ein unüberbrückbarer Abgrund klaffen, aber so wenig sich Innozenz von der harten Schroffheit dieser alten Frau angezogen fühlte, so vorurteilslos nahm er sich vor, der Gräfin Donata entgegenzutreten, um sie im offenen und ehrlichen Kampfe, ohne ihrer innersten Natur

Fesseln anzulegen, für die gute Sache zu gewinnen. Noch eine Frage schwebte ihm auf den Lippen, und nun tat er sie zögernd: „Nach allem, was Sie mir da mit teilten, Frau Gräfin, werden Sie vielleicht mein Erstaunen darüber n'cht verdammen, daß Graf Alexander Karditsch diese Verbindung überhaupt geschlossen hat —" Gräfin Theodora nickte leise vor sich hin, während ein unsäglich bitteres Zucken um ihre Mundwinkel ging. Wie in eine weite Ferne hinausblickend, erwiderte sie: „Solch eine Frage legt

die Gatten innerlich entfremdete? Nur deshalb?" „Ja," sagte die Gräfin nach kurzem Zögern. Dann trat eine Pause ein, bis sie, sich erhebend, hinzusetzte: „Ich will Sie jetzt meiner Schwiegertochter zuführen, Pater Innozenz. Auch mit unserem Hauskaplan, dem langjährigen Beichtvater der Familie, welcher durch meinen Sohn wieder zum Erzieher des kleinen Ronald bestimmt worden ist, möchte ich Sie be kannt machen. Pater Pius ist erst seit gestern hier und wird sich glücklich schätzen. Ihnen die Hand drücken

zu können. Kommen Sie! Wir werden die Gräfin voraussichtlich drüben in ihren: Boudoir finden." — 87 — Sie schritt ihm voraus und Innozenz folgte schweigend. Sie durchwanderten ein paar gleichfalls üppig ausgestattete Gemächer, die sich an dasjenige schlossen, in welchen: sie geweilt hatten, kamen dann an der Schloßkapelle vorüber, in die Gräfin Theodora den Mönch einen Blick tun ließ, ohne daß er Zeit fand, das Altarblatt derselben zu betrachten, und gelangten endlich an ein Zimmer, an dessen Flügeltüre

die Gräfin pochte, um danach, ohne den Hereinruf abzuwarten, dieselbe rasch zu öffnen. Man hatte von draußen helles Kinderlachen vernommen, durch welches das Klopfen übertönt sein mochte. Als die beiden eintraten, bot sich ihnen ein anmutiger Anblick. Gräfin Donata lehnte in einem Fauteuil, ihren fünfjährigen Kna ben. ein bildhübsches, blondlockiges Kind, auf deu Knien, und ließ sich von dessen kleinen Händen einen Alpenrosenkranz aufs Haar setzen. Dem Kleinen gelang es sichtlich nicht ganz

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 08.01.1932
Umfang: 8
. Stolze gest. — 1906: Auslösung der ersten russischen Dnma! — 1918: Präsident Wilson verkündet seine «14 Punkte". — 1919: Peter Wtenberg, moderner Schriftsteller, gest. — 1927: Re-' volution in Nikaragua. „So, so, Gräfin Schiemel! Also auch Sie machen sich zur Fürbitterin für den unbekannten Prinzen!" Gräfin Schiemel bekam einen roten Kopf. Sie war von Prinz Otto ins Vertrauen gezogen worden, sie allein, da er sich mit einem Menschen hatte aussprechen wollen. Onkel Adalbert und Tante Ursula

war in solchen Sachen nicht zu trauen; sie hatte man nicht einweihen können — sie r. tten sich zu leicht verraten. Und jetzt kam sich die gute Gräfin fast ein wenig falsch vor, wenn sie an das Komplott dachte. Die Fürstin sah die Verlegenheit der alten Dame; sie lächelte gutmütig» „Ich freue mich ja, daß ihr es alle so gut mit mir meint, liebe Gräfin. Ich weiß, daß ich an euch gute und treue Freunde habe, aus die ich mich verlassen kann. — Uebrigens, wo ist eigentlich Sidie?" „Prinzessin Sidonie ist im Park

Sie dafür, daß es ihm an nichts fehlt!" | Wenzeslaus verschwand, und die Fürstin wandte sich zu ihrem Onkel und der Gräfin zurück. „Der Maler Peter Martens wird längere Zeit unser Gast sein. Ich freue mich darauf, ihn bald begrüßen zu können." Die Gräfin Schiemel war den letzten Vorgängen mit starren Augen gefolgt. Jetzt fragte sie unruhig: „Habe ich recht gehört, Durchlaucht: Peter Martens?" „Ja, liebe Gräfin, so heißt der Maler, den ich kommen ließ, damit er Sidie und mich porträtierte. Er gehört

zu unseren bekanntesten Porträtmalern, soll ein hervorragen der Künstler sein." „Um Gottes willen!" Erschreckt hielt die Gräfin inne. Ihr Gesicht zeigte tiefes Entsetzen. „Was ist Ihnen. Gräfin? Kennen Sie den Maler?" Anna Rosina sah die Gräfin aufmerksam an. Die alte Dame wand sich unter den fragenden Blicken, die sie zu durchdringen schienen. „Nein, ich kenne den Herrn nicht persönlich. Aber ich habe schon von ihm gehört." „Und was haben Sie gehört, Gäfin Schiemel?" „Oh, Durchlaucht, ich weiß

nicht, was ich sagen soll! Ich habe eigentlich nur Schlechtes über den Maler gehört. Er soll ein gefürchteter Don Juan sein und ein leicht sinniges Leben führen!" „Meine liebe Gräfin Schiemel, wenn das Ihre ganzen Bedenken sind, dann brauchen wir nichts zu fürchten. Das sind Privatangelegenheiten des Malers, mit denen wir nichts zu tun haben. Herr Martens ist mir von allen Seiten aufs wärmste empfohlen worden als ein zielbewußter Künstler und als ein heiterer, liebenswürdiger Mensch. Was gehen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 1 von 8
Datum: 26.08.1912
Umfang: 8
vom Grillenhof. Roman von Minna Kautskh. In dem Augenblick klopfte es heftig an die Tür. Die Gräfin kreischte auf. Da öffnete sich die Tür und Valerie trat ein. „Kathrein kommt, sie öffnet soeben das Haustor!" rief sie in eilfertiger Mah nung. Die Gräfin sah in ihr errötendes, erregtes Ant litz. „Valerie, Sie haben gehorcht!" rief sie schrek- kensbleich. Diese sank der Gräfin zu Füsten. „Verzeihung. Gräfin, ich konnte ia nicht wissen —" Die Gräfin stiest einen Schrei der Wut aus. „Nandl, Abscheuliche

, du hast mich absichtlich ver raten!" Sie erhob drohend die Hand gegen sie. „Nein!" rief Nandl, die über diesen Ueberfall anfänglich selbst bestürzt gewesen. „Nein, ich Hab' nicht daran gedacht, dast die herüberkommen wird — aber stochten Sie nichts, Gräfin —" Sie trat an die beiden ganz nahe heran und flüsterte im schneidendsten Ton ihnen zu: „Fürchten Sie nichts, diese da wird Sie nicht verraten, denn diese ist, wie Sie, Gräfin, gerade wie Sie. Auch sie hat einen heimlichen Liebsten, von dem niemand

wird sie ihn vergessen haben, und wenn sie ein Kind g'habt hätt', wie Sie, hätt' sie's gerade so gemacht wie Sie — Ihr gehört zusammen, und da Ihr setzt Eure gegenseitigen Geheimnisse kennt, so werdet Ihr Euch gegenseitig schonen müssen." Die Gräfin stöhnte auf. Valerie fiel ihr um den Hals, auch sie schluchzte vor Zorn. „Sie ist ein schadenfroher Teufel, ich glaube, sie hastt uns beide." Die Gräfin nickte, sie erinnerte sich in diesem Augenblick, wie Nandl ihr dies selbst schon einmal gesagt hatte, und der eigene

' zu ihm." Die Gräfin wandte ihr blasses, finster drohen des Gesicht ihr zu. „Hast du wohl überlegt, was du tnst?" fragte sie mit kalter Bestimmtheit. „Wenn du meine Vorschläge trotzig zurücfweisest, wenn du jetzt hinübergehst, io ist alles aus zwischen uns — für immer." Die Nandl antwortete mit gleicher Festigkeit: „Für immer — leben Sie Wohl! Verzeihen Sie mir, aber ich kann nicht anders!" Sie ging hin aus, festen Schrittes, ohne sich noch einmal umzu sehen. Sie eilte durch den dunklen Flur

und durch das Arbeitszimmer hinüber zu Stefan. Er schlief noch immer. Sie sank an seiner Seite nieder, sie erfasste mit leidenschaftlicher Zärtlichkeit seine Meiste, schmale Hand, sie bedeckte sie mit Küs sen. „Jetzt bist du mein," rief sie; „mein, mein!" Ihre starke Erregtheit machte sich in Tränen Luft. Bald darauf hörte man den Wagen der Gräfin mit lautem Gerassel davonfahren.

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 10 von 16
Datum: 05.09.1925
Umfang: 16
Für unsere Frauen und Mädchen. Sozialistische Führerinnen. Margret Bondsield Katharine Bruce Glasier Staatssekretärin in der Regierung die Referentin auf der Inter- Macdonald (England). nationalen FrauenkonferenZ (England). (Deutschland). Reichstagsabge >nete Marie Jua-aez Frauen im Leben berühmter Münner. Gräfin HatzfeWt, die Freundin Lasialles. Es ist besonders interessant, sestzustellen, welche große Rolle Frauen der höchsten Aristokratie im Leben Ferdinand Lastalles gespielt

haben. Sie haben ihm — wie Gräfin Sophie Hatzfeld zu Ruhm und Aufstieg verholfen; sie haben ihm — in Gestalt der schönen Helene von Dünniges — den Untergang bereitet. Diese Beziehungen sind umso wunder barer, als das Vorurteil gegen die Juden in jenen Kreisen damals noch viel stärker als heute war. Das spricht jeden falls für die bezwingende Persönlichkeit, Lastalles. Schon Heine hat bekanntlich in Paris den einundzwanzigjährigen Lastalle Herwegh als «neuen Mirabeau" vorgestellt. In Deutschland erregte Lastalles Name zuerst

großes Auffehen durch den Prozeß, den er für die Gräfin Hatzfeld führte. Die Bekanntschaft mit dieser Frau, bei der er durch seinen Freund Dr. Mendelssohn eingeführt worden war, ist für sein ganzes künftiges Leben entscheidend geworden. Sophie, die 1806 geboren war, hatte schon mit 16 Jahren auf Beschluß ihrer Familie die übliche Konvenienzheirat mit ihrem Detter, dem Grasen Edmund Hatzfeldt, eingehen müsten. Ihr Gatte rächte sich für den ihm angetanen Zwang nicht nur durch Zerstreuungen außerhalb

unterschieben. Lastalle hat später genau Nachweisen können, daß der Graf wissen mußte, daß Sophie sich damals in Paris bei ihrem Bruder aufhielt, der dort im Dienste der preußischen Gesandtschaft stand. An diesen Bruder wurde das Zirkular zuletzt geschickt, um zu verhindern, daß er recht zeitige Aufklärung gab. -Lastalle lernte die Gräfin während ihres Scheidungs prozesses kennen, der allgemein als aussichtslos angesehen wurde. Das Problem reizte den jungen Lastalle. Seine Kämpfernatur regte

sich, und er erbot sich, den Prozeß zu führen unter der Bedingung, daß die Gräfin ihm nach er folgtem Siege eine lebenslängliche Rente von 12.000 Mark im Jahre geben sollte. Sophie stimmte freudig zu, gefestelt von der starken Persönlichkeit des so viel jüngeren Mannes, der ihr seine Hilfe anbot, als fast alle Freunde sie verlaßen hatten. Lastalle verlegte nun seinen Wohnsitz nach Düsseldorf, da die meisten Besitzungen des Grafen am Mederrhein lagen. lAcht Jahre lang hat er vor 36 Gerichten ausschließlich

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 01.03.1929
Umfang: 8
, ich habe Ihnen vieles verschwiegen. Sie werden meine Beweggründe kennen lernen und mir wahrscheinlich verzeihen. Ich wurde vor sechs Monaten von meinem Verlobten mit dem Auftrag betraut, nach Berlin zu fahren und zu versuchen, im Hause der Gräfin v. Biberstetn als Haus mädchen oder Gesellschafterin Unterschlupf zu finden. Die Gründe, die ihn zu diesem Auftrag veranlaßt hatten, er fuhr ich erst später, erfuhr ich durch Herrn Leroux. Nun. es gelang mir verhältnismäßig leicht, mir bei der Gräfin Eingang zn verschaffen

. Sie war gerade auf der Suche nach einer Gesellschafterin, und da ich gute Emp» fehlungsschreiben besaß und ihr auch sonst gut gefiel, wurde ich sofort engagiert. A» ^md Märet schickte ich jede Woche ei«e» Bericht über den Besuch, den die Gräfin empfangen, über die Be kanntschaften, die sie angeknüpft hatte, kurz über alle ihre Lebensgewohnheiten. Ta die Gräfin im Winter verreisen wollte, nahmen wir nur einen kurzen Aufenthalt in Ostsee- büdern und kehrten Ende Juli nach Berlin zurück. Bereits am 4. August

erhielt ich einen Brief von dem in Berlin weilenden Leroux. Wir trafen uns an ver schiedenen Orten und er teilte mir eine ziemlich abenteuer lich klingende Geschichte mit. Der erste Mann der Gräfin war ein Ingenieur na mens Derthold Laronge. Dieser war, wie erst jetzt durch das Geständnis eines im Kampfe mit meinem Verlobten tödlich verwundeten Verbrechers bekundet wurde. Mitglied des tnternationalen Banditenordens ^Das Auge wacht". Er unterschlug bei einer günstigen Gelegenheit verschiedene

für den Orden wichtige Papiere, unter denen sich ein roter Brief befand. Laronge wurde ermordet, verstümmelt und m die Seine geworfen. Die unterschlagenen Papiere aber wurden nicht aufgefunden. Die Verbrecher nahmen erst an, daß Laronge sie an einem sicheren Ort versteckt hatte, er führen aber vor kurzem durch einen Vertrauensmann, daß sich der rote Brief im Besitz der Gräfin befand. Ein ge wisser Gouret wurde beauftragt, nach Berlin zu fahren und der Gräfin die Papiere zu entreißen

. So sollte er ihr zum Beispiel einreden. daß ihr erster Mann gar nicht tot sei. sondern sich in der Gewalt des Bundes befinde und nur durch Herbeisck)affung des roten Briefes wieder in Freiheit gesetzt lverde. Auf jeden Fall sollte Gouret die Gräfin nach allen Regeln der Kunst einschüchtern. Das ist alles, was der Sterbende meinem Verlobten gebeichtet hatte. Maret und Leroux sahen nun die Möglichteit, einen großen Schlag zu tun. Sie beschlosien, dem Verbrecher zu- vorzukommen und sich in den Besitz der Dokumente zu setzen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 19.01.1932
Umfang: 8
Mar tens, Sie müssen schweigen, ich bitte Sie inständig darum. Meine Nichte hat mir das alles unter dem Siegel der Ver schwiegenheit anvertraut, und ich . . . Liebster Herr Mar tens. Sie werden mich doch nicht verraten. Ich bitte Sie. vorläufig nichts in dieser Angelegenheit zu unternehmen. Anna Rosina vor allem darf nichts von der ganzen Ge schichte erfahren. Sie darf nicht wißen, daß Sidie in Berlin der guten Gräfin Schiemel durchgebrannt war, um «in Abenteuer zu erleben. Sie kennen Anna Rosina

nicht das Geringste davon zu hören bekommt." Der Maler küßte der wie vernichtet dasitzenden alten Dame die Hand. „Sie sind ein guter Mensch, lieber Herr Martens. Und ich bitte Sie, mir meine Heftigkeit von vorhin zu ver zeihen. Ich wollte ja nichts weiter, als unsere Kleine glück lich machen. Oh, du lieber Gott, was habe ich mit meiner Schwatzhaftigkeit nun wieder angerichtet!" Doktor Bergen gab dem alten Wenzeslaus seine Karte. „Bitte, fragen Sie Frau Gräfin Schiemel, ob sie mir aus wenige Minuten Gehör schenken

will." Wenzeslaus kam zurück mit dem Bescheid: „Gräfin Schiemel läßt bitten." Doktor Bergen verneigte sich vor der alten Gräfin, die ihn mit einer Handbewegung zum Sitzen einlud. „Ich muß Sie um Verzeihung Litten, Frau Gräfin, daß ich Sie zu so früher Morgenstunde störe. Aber eine wich tige Mission führt mich zu Ihnen, eine Miffion, die nicht aufzuschieben ist. Und ich hoffe, daß Sie mich unterstützen werden, Frau Gräfin." „Also, um was handelt es sich, Herr Doktor? Lassen Sie mich hören." „Es handelt

sich in erster Linie um den Prinzen Peter." „Um Prinz Peter?", fragte erstaunt die Gräfin. „Ja, Frau Gräfin. Sie wißen, daß Prinz Peter nach Waillerstein gekommen ist, um sich mit der Fürstin Anna Rosina zu verloben. Sie, <M Vertraute des Hauses, sind zu bringen waren, mußte schließlich die Polizei mit Gummi knütteln Ordnung machen. — Kurze Zeit daraus wurde im gleichen Lokal von einer Nachtpatrouille der Polizei eine Rauferei zwischen zwei Burschen geschlichtet. — In der gleichen Nacht rauften

, daß die Fürstin gestern abends dem Prinzen Peter ihr Jawort ge geben hat." „Oh, das ist eine erfreuliche Nachricht." „Gewiß, Frau Gräfin. Ich war auch glücklich, daß Prinz Peter mir gestern abends die frohe Kunde gebracht hat. Ich habe heute in aller Frühe die Nachricht nach Schloß Schönfels weitergeleitet, und ich denke, daß die El tern des Prinzen spätestens übermorgen aus Schloß Wailler stein eintveffen werden." Ich danke Ihnen für diese erfreulichen Mitteilungen, lieber Herr Doktor Bergen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 28.10.1931
Umfang: 8
der Devisenbewirtschaftung obliegen der Nationalbank. Sie hat ihre Entschließungen vom Standpunkte der Verteidi gung der österreichischen Währung zu fasten. Es versteht sich, daß die Zuteilung fremder Zahlungsmittel in erster Linie für dringende Bedürfnisse öffentlicher Schulden, dann für sonstige Lebensnotwendigkeiten erfolgen muß. Alles — lachte Gräfin Margit ihren: Neffen zu. „Aber jetzt wollen wir sehen, ob diese ägyptische Königin wirklich eine so große Aehnlichkeit mit meiner Aphrodite hat!" „Ihre Kamee ist wirklich

etwas Wundervolles!" — sagte van Limmen, der wieder an den Tisch getreten war, und neben der Gräfin Platz genommen hatte. „Solche Sachen bekommt man jetzt nicht mehr so leicht. Die sind alle in festen Händen." Es war bei diesem Nachmittagstee, den Ingenieur Ernst Withold und Frau sozusagen zur Feier ihres fünften Hoch zeitstages gegeben hatten, und der durch die Anwesenheit des Generaldirektors einen ganz besonderen Glanz erhalten hatte, das Gespräch aus Schmuckstücke und Altertümer ge kommen

. Und da hatte Gräfin Marenzi aus den uner gründlichen Tiefen ihres altmodischen schwarzen Samt beutels allerlei zu Tage gefördert: ein Spiel winzige Pa tiencekarten zum Kartenaufschlagen, das sie leidenschaftlich gern bettieb, Zwirn und Nadeln, eine kleine Schere, ein ab gegriffenes Notizbuch, in dem sie Kochrezepte und Spielver- luste in buntem Durcheinander zu verzeichnen Pflegte, eine Zigarettendose, ein Taschenseuerzeug, Häkelmuster und noch allerlei Krimskrams; und mitten darunter einen altmodisch

, in glänzendes Gold gefaßten, rosig schimmernden Onyx, der in wundervoller Feinheit, wie "sie nur bester griechischer Steinschneidearbeit eigen war, einen Aphroditenkops zeigte. Die Wangen der Göttin schien die Röte des Lebens zu durch pulsen, ein Lächeln von sieghafter Grausamkeit lag um ihren zarten Mund, als erinnerte sie sich alles Unheiles, das sie seit unvordenklichen Zeiten schon gestiftet hatte . .. „Da — sehen Sie sich das an!" — hatte Gräfin Mar git gesagt, und den Stein zum Ansehen herumgereicht

Biedermann aus. „Und zu kostbar " Mitten in dies Gespräch war dann die Bemevkung Wit- holds gefallen, daß er in einem Buche die Abbildung eines ähnlichen Schmuckstückes aus dem alten Aegypten habe — und zwar sei es der Kops einer ptolemäischen Königin, wenn er nicht irre, der Berenike; und sie sehe dieser Zlphrodite ab- geristen ähnlich. „Meine Kamee ist aber diel älter!", rief Gräfin Ma renzi. „Nicht war, Gaetano, Professor Bellarmin hat es dir auch gesagt? — Mer diese Königin möcht' ich doch sehen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 21.04.1913
Umfang: 8
überlassen. Sie wur- — 90 — den Lippen der Gräfin-Mutter hing und augenscheinlich mit jedem Wort Anstoß zu erregen fürchtete, nicht imstande gewesen wäre, die ihm geistig überlegene Ketzerin seinem Glauben zu gewinnen. Dazu mochte es wohl eines stärkeren Geistes bedürfen und die Auf gabe,^ zu der er berufen war, erschien Innozenz nur immer verlocken der, je mehr sein Selbstgefühl dadurch geweckt wurde. Gräfin Donata hatte sich erhoben, um Urlaub für ihren vor geschriebenen nachmittägigen Spaziergang

zu erbitten, für den sonst keine Zeit bliebe. Obgleich es sich hier sichtlich nur um einen Vor wand handelte, zu entkommen, stimmte die Gräfin-Mutter bereit-- willig zu, gab aber gleichzeitig auch Innozenz ein Zeichen, das die ser nicht wohl mißdeuten konnte. Er stand rasch auf und sagte: „Vielleicht gestatten Sie meine Begleitung, Frau Gräfin. Für einen Neuling in diesen Bergen kann es ja nur von Wert sein, sich einer so bewährten Führung an- vcrtrauen zu dürfen." Er brachte das mit so vollendeter

Ritterlichkeit hervor, daß die strengen Züge Gräfin Theodoras ein beifälliges Lächeln überhuschte. Ihm selber war es verwunderlich, wie sicher und ruhig er sich auf dem ihm fremden Boden zu bewegen vermochte, wie wenn ihn der Instinkt geleitet hätte, in einen augenfälligen Gegensatz zu Pater Pius zu treten. Donata stimmte mit einer freundlichen Kopfneigung zu. Als sie gegangen war, sich zum Ausgehen zu rüsten und den Knaben seiner Wärterin zu übergeben, sagte die alte Gräfin: „Sie werden auf sol chen

in sich zusammenzusinken schien. „Oh, oh," machte er mit einem so milden und mitleidigen Aus druck im Gesicht, daß man mit dessen Häßlichkeit fast versöhnt wurde, „aber doch so gut. so seelengut, die junge Frau Gräfin. Das beste Herz von der Welt und so voller Erbarmen mit allem Leid und Un- gemach der Menschen, auch der verworfensten und unwürdigsten. Eil» wahres Engelsgemüt. — Freilich, freilich: eine Ketzerin ist sie ja trotzdein und deshalb hat das alles ja keinen Wert, — keinen wirklichen Wert

." — 91 — Den letzten Satz hatte er mit einem verlegenen Murmeln hin zugefügt, als ihm Gräfin Theodora bei seiner befremdlichen Lobrede einen unmutig-üherraschten Blick zuwarf. „Sie sehen selbst, wie leicht es ihr wird, Herzen zu gewinnen/ sagte sie abbrechend mit vernichtendem Spott. Gräfin Donata trat wieder ein und man verabschiedete sich. Hektar wartete draußen schon mit ungeduldigem Bellen auf das Kommen seiner Herrin. Heute zeigte er sich auch gegen Innozenz zutraulicher und sprang iw mächtigen Sätzen voraus

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 12
Datum: 19.04.1913
Umfang: 12
den Kopf. „Es ist aber nicht schön. Ich möchte dich viel lieber in einem anderen Kleid sehen." „Das verstehst du nicht, Kind," sagte Donata verweisend. Grä fin Theodora aber fiel strenge ein: „Ronald wird unbescheiden. Sie verwöhnen ihn zu sehr, Donata." „Er ist so kränklich und zart," fiel die junge Mutter entschuldi gend ein, „man muß ihm manches Nachsehen." Ihr Auge ruhte in banger Sorge auf dem Kinde. Gräfin Theo dora verneinte mit einem entschiedenen Kopfschütteln die letztere Be hauptung

, während Innozenz, den Knaben streichelnd, fragte: „Gibt er Ihnen Anlaß zur Sorge, Gräfin? Unsere Luft wird ihm wohl tun." „Wenn sie nicht zu scharf und rauh für ihn ist," erwiderte Do nata mit einem Anflug von trüber Bitterkeit. „Ich fürchte, diese hohe Luft ist nur für ursprünglich starke Konstitutionen geschaffen, schwache greift sie an und reibt sie auf. Ronald ist, seit wir hier sind, immer zarter und hinfälliger geworden. Er ist eine Pflanze, die iys Treibhaus gehört, wenn sie gedeihen soll." Ein dunkler

Schatten hatte sich während ihrer Worte zwischen den Augenbrauen gezeigt. Gräfin Theodora warf mit verächtlichem Lächeln die Oberlippe auf. „Sie gefallen sich in solchen Hirngespinsten, — 85 Die Nennung dieses Namens schien abermals eine sonderbare Wirkung auf die Gräfin auszuüben, denn sie verfärbte sich wieder- um; aber ihre Worte klangen jetzt ganz ruhig und gemessen, als sie den Mönch bat, Platz zu nehmen, und dann, als sie sich gegenüber saßen, begann: „Sie wissen, welche Aufgabe Ihrer hier wartet

, Hoch würden?" Der Mönch bejahte mit einer Verneigung und sie fuhr fort: „Ich halte es für meine Pflicht, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß es kein leichtes Werk ist, zu dessen Vollendung Sie berufen wor den sind, Hochwürden — im Gegenteil." „Ich weiß es und umsomehr reizt es mich, es dennoch zu voll bringen." Innozenz sagte das mit wiedergewonnener Festigkeit, während die Gräfin düster vor sich hinaus und an ihm vorüber blickte. „Darf ich fragen, ob die Gräfin Donata als Ketzerin nur unseren

heiligen Glauben oder ob sie aller Religion überhaupt feind gegenübersteht? Ist sie eine starre Protestantin oder eine Zweiß lerin?" „Ich fürchte, sie ist eine Zweiflerin." „Das erleichtert meine Aufgabe wesentlich. Haben Sie aber die Güte, mir einiges Nähere über ihre Neigungen und Gewohnheiten mitzuteilen. Ist die Gräfin ein eitles, gefallsüchtiges Weltkind oder ist sie tieferen und heiligeren Regungen zugänglich?" Gräfin Theodora Karditsch starrte, die Stirn in die Hand ge stützt, zu Boden

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 14.05.1913
Umfang: 8
beschieden wav und das wir mit gutem Recht verwünschen können,' — 162 _ schwarzen Ahnungen beeinflussen. Ihr Unglück ist wahrlich groß Mnug — zu groß schon, als daß es durch schreckliche Vermutungen mach künstlich müßte gesteigert werden!" Sie nickte. „Sie haben recht, ganz recht," murmelte sie. „Aber bie alte Mirz sagte, die Gräfin-Mutter habe sie durchaus nicht fort- nassen wollen, obgleich sie ihr wiederholt versichert, sie müsse nun ^ehen, denn sie höre den Kleinen schon, der sicherlich längst

erwacht ßei, und es könne ein Unglück geben, wenn sie nicht zur Stelle sei. ^Kinder haben ihren Engel', hat die Gräfin erwidert, ,und nichts geschieht auf Erden ohne Gottes Willen!' Und als sie endlich zurück kam, fand sie das Kind in seinem Nachtkleidchen am offenen Fenster Lauern und singen — es sei ihm gar so heiß gewesen, aber nun sei «s ihm wieder fröhlich zumute, so merkwürdig fröhlich, hat er ge sagt. Und als ich selber wieder bei ihm war, fand ich ihn schon in -Fieberdelirien. Er hat mich gar

nicht mehr erkannt. Und nun ssagen Sie mir selber, Pater Innozenz: war das ein Zufall? Hat |bie Gräfin-Mutter, der Graf Alexander so vertrauensvoll alles wei- bete überläßt, wirklich nicht geahnt, nicht ahnen können, was es für Folgen haben würde, daß sie die Wärterin von dem Kinde fernhielt? Und war es ohne eine bestimmte Bedeutung gesagt, daß nichts auf Drden ohne Gottes Willen geschehe?" Innozenz war leise zusammenaeschauert. „Um Gotteswillen, Frau Gräfin, ich bitte Sie, welche furchtbaren

Halluzinationen! Und Lie Wärterin kann überdies das alles erfunden haben, um ihre ^Schuld zu verringern, das liegt so nahe —" st Donata schüttelte den Kopf. „Die alte Mirz lügt nicht. Sie sist eine fromme Katholikin und dem gräflichen Hause ergeben in Mot und Tod." „Und wenn auch —! Was dürften Sie daraus folgern, Frau ;Gräfin? Ich verstehe Sie nicht mehr." [ w „Ich verstehe mich selber nicht mehr," kam es wie ein Hauch >über ihre Lippen. Und wieder sank sie wie gebrochen in einen Sessel, um stumpf

vor sich hinzustarren. „Beten Sie, Gräfin, beten Sie!" sagte er. Sie erwiderte nichts mehr. Ein Pochen an der Tür ließ sich ^vernehmen und Pater Pius schob sich gedrückt und ängstlich wie si ■+§ »in das Zimmer. Der Doktor sei eben gekominen, meldete er at .n:* llos, die Frau Gräfin habe ihn in ihren Salon genötigt, um ihm leine Erfrischung vorzusetzen — es sei eben doch ein sehr anstrengen der Weg, den er zurückgelegt habe, übrigens zu Pferde —, auch um jihn auf alles vorzubereiten, was hier geschehen sei; er könne

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 23.12.1931
Umfang: 8
der Bagatellgrenze von 100 auf 150 8. die Er höhung der Revisionsgrenze von 1500 auf 3000 8. Die Zu lässigkeit der Revisionsrekurse wurde beschränkt. Ferner wurde das Justizministerium bevollmächtigt, eine Verord nung darüber zu erlasten, welche Verlaffenschastsabharrd- lungen innerhalb der Gerichtshofsorte in Zukunft noch durch «Was ist?" Die Prinzestin fragte es mit hochgezogenen Brauen und mit abweisendem Gesicht. «Durchlaucht verzeihen — aber diese Angst — Frau Gräfin .. ." -Ist gut — ist schon gut

!" In den Räumen, die die Gräfin Schiemel auf ihre» Namen gemietet hatte und die sie mit der Prinzestin Waillerstein zusammen bewohnte, herrschte eine erdrückende Atmosphäre. Das Barometer stand aus Sturm. Der Augenblick mußte kommen, da sich das Gewitter entladen mußte. Gräfin Schiemel war durch den anstrengenden ind langen Besuch bei der Baronin Zander sehr ermüdet ge wesen. Sie hatte sich zurückgezogen in der Annahme, daß es der Prinzestin nur angenehm war, sich gleichfalls aus ruhen und den versäumten

Mittagsschlas nachholen zu können. Wundervoll hatte die Gräfin geschlafen — vielleicht ein wenig zu lange; aber sie war erfrischt aufgestanden. Nun waren ihre Nerven wieder in Ordnung. Es war wirklich keine Kleinigkeit, diese junge, leben s- lustige, wilde Prinzessin zu hüten, die den Kopf voller Schnurren hatte und die jederzeit bereit war. einen tollen Streich auszusühren. Nun. sie verstand das Mädchen, das sie über alles liebte; sie drückte häufig ein Auge zu, und sie schrieb an die Fürstin

in Waillerstein immer nur Lobens wertes über die lunge Schwester. Die beiden Prinzstinnen waren ihr ans Hchrz gewachsen seit ihrer frühesten Kindheit. Gräfin Schiemel war eine Jugendfreundin der verstorbenen Fürstin von Waillerstein gewesen; sie hatte mit ihr zusammen daß Stift besucht, und sie hatten sich so eng aneinander gewöhnt, daß die Gräfin **' r ->• lvar als sie die Notare und welche von den Gerichten selbst durchzufüh ren sind. Für die Verhandlungen der Anwaltkammern und der Disziplinarkammern

, über die sich die Gräfin Schiemel geradezu entsetzte! Sie konnte es nicht begreifen, woher dieser unaristokratische Zug kam, der zuweilen Sidomes Wohlerzogenheit kräftig über trumpfte. Es mußte irgend etwas in der Luft liegen, das die ganze Menschheit umkrempelte. Man hörte überall von diesen Torheiten, von diesen unverze hlichen Tollheiten, von denen selbst Prinzen und Prinzesiinnen nicht verschilf blie ben. Aber die Gräfin Schiemel würde schon dafür scrgen daß ihre Prinzessin nichts mit diesen neuen Moden zu tun

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 1 von 8
Datum: 01.07.1912
Umfang: 8
Reich ver bündet? Frommt, was sie Habsburg bewilligen, nicht Feuilleton. Stefan vom Grillenhof. Roman von Minna Kautskh. Rand! hatte während dieser etwas harten Zu rechtweisung ihres jugendlicher: Mentors den Kopf immer tiefer gesenkt; er ruhte jetzt aus ihren Hän den, die sie vor sich auf den Tisch gelegt hatte. Eine Pause entstand, niemand sprach ein Wort. Die Gräfin hatte indes Zeit gehabt, sich zu sammeln und hinsichtlich dieser unerwarteten Enthüllung zu einem Entschlüsse zu kommen. Sie blickte

jetzt mit einem besorgten Ausdruck auf das junge Mädchen hinüber und sprach etwas beklommen ihren Na men aus. Nandl hob nicht einmal den Kops. „Nandl," wiederholte die elegante Frau, „höre mich, ich — ich selbst will mich deiner annehmen, ich werde deiner Mutter eine kleine Unterstützung angedeihen lassen und hierauf jede weitere Sorge für dich übernehmen." „O, wie gut sind Sie, Gräfin!" rief Valerie, der mit dieser Lösung ein Stein vom Herzen fiel. „Randl ist schon viel zu erwachsen, als daß —" Valerie stockte

. „Als daß sie der Sorge von Männern allein an vertraut werden könnte," ergänzte die Gräfin. „Sie haben ganz recht, Valerie. Ein weiches, sanftes Frauengemüt muß hier mildernd und veredelnd einwirken, sie wird dann schnell sanfter und weib licher werden. Vielleicht habe ich noch die Freude, ein ordentliches normales Geschöpf aus ihr herauszu bilden. Aber in eine Schule muß sie, das ist unum gänglich notwendig: Sie werden ihr das am klar sten auseinandersetzen können, Herr - Herr Ste fan; ich rechne ein wenig

aus Ihre Unterstützung, meine Herren. Ich möchte sie am liebsten in die Klosterfchule nach Salzburg schicken, damit sie nicht nur gefchickter, sondern auch frömmer und besser werde." Der Professor runzelte die Stirn und begann un ruhig auf seinem Platze hin- und herzurücken. Auch Stefan schwieg, und die Gräfin mochte wohl finden, daß sie auf die gehoffte Unterstützung nicht allzu sicher zählen dürfe. Sie wandte sich daher wieder an Nandl selbst. „Nun, mein Kind, du hast doch mein Anerbieten gehört und verstanden

, warum antwortest du nicht? Nandl, sieh, ich möchte dein Zutrauen, deine Nei gung mir gewinnen," fuhr die Gräfin erregter fort, mit'einem Tone, hinter dem sich eine wachsende Er bitterung über dieses störrische Geschöpf nur müh sam verbarg. „Ich werde alles tun, um dich auf den Weg der Sittlichkeit zurückzubringen, von dem du in deiner Zügellosigkeit, vielleicht nur in deiner Un erfahrenheit,'abzuirren beginnst. Um dies auszu- führen, werde ick die Zustimmung deiner Mutter und deines Vormundes

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 2 von 8
Datum: 22.08.1912
Umfang: 8
grad' so eine Unordnung int Hause sei; aber wenn die Damen dennoch hier eintreten wollten, sie werde gleich die Nandl benachrichtigen. Ter Stefan schlafe jetzt und sie sei bei ihm drüben in der Bibliothek. „Wir werden ihn nicht unvorbereitet überfallen," sagte die Gräfin, „wir wollen einstweilen hier war ten." Sie war rasch bis in die Mitte des Stübchens ge gangen und hatte sich darin umgesehen. Als sie nun die Huber bemerkte, fuhr sie erschreckt zusammen; in der düsteren Beleuchtung

war es ihr vorgekom men, als ob fteu£ui Kind im Arme schaukelte. Kath rein bemerkte das' Zurückfahren der Gräfin, und auf die Entgegenglotzende zestlerrd, die unbeweglich sitzen geblieben war, sagte sie: „Das ist die Hubcrin, Euer Gnaden, sie treibt schon wieder ihre Dumm heiten; nehmen's nicht Rücksicht auf sie, sie ist halb blöd. Ich bitt', nehmen's nur Platz, ich komm' gleich wieder." Kathrein knixte und lief hinaus. Die Gräfin hatte sich an den Tisch, dex Huber ge rade gegenüber, gesetzt. Mit Befremdest

der Gräfin, ohne sich bloßzustellen, für kurze Zeit zu entziehen? Es war ihr trüb und traurig zu Mute, und diese Traurigkeit mußte:durch das Wie dersehen noch erhöht werden. Jetzt kam die Kathrein wieder-zurück. Sie schien noch etwas verlegener als vorhin. „Er schläft noch immer, aber sie sagt — die Nandl —, sie könne es rticht verbieten, — wenn Sie herüberkommen woll ten, aber recht ruhig müßten Sie sein." Valerie erhob sich, sie sah mit einem zagenden Blick nach der Gräfin. Ihre Blicke begegneten

sich. „Sie wünschen Wohl mit der Nandl sich vorher noch zu besprechen, ehe wir bei dem jungen Manne selbst eintreten?" fragte die Gräfin mit raschem Entgegenkommen. „Gehen Sie, Liebe, die Kleine wird aufrichtiger, und mitteilsamer gegen Sie sein, als sie es in meiner Gegenwart wäre. Erkundigen Sie sich eingehend nach den Aussprüchen des Arztes, nach allein^ was dem Kranken betrifftwill indes hier'lbMdM FrMew'michlnber die Verhältnisse diy- ßer klein-W Familie zu unterrichten suchen. Erwar- teNcSie mich drüben

, bestehend aus Ver tretern der Arbeiter, der Arbeitgeber und einem Un parteiischen, festsetzen zu lassen; am besten für jede Grafschaft, unter Zugrundelegung des Rowntreeschen Satzes für ein Ehepaar mit drei Kindern und mit Die Kathrein blieb, an ihrer Schürze zupfend, vor der Gräfin stehen; sie wußte nicht, wie sie mit einer so hohen Dame in ein Gespräch kommen und wie sie es anstellen solle, um dabei recht manierlich zu sein. Die Gräfin ließ ihr nicht Zeit, darüber nachzu denken; sie begann sogleich

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 15.05.1913
Umfang: 8
rittlings auf einen Sessel niedergelassen Zhatte, die beiden Arme auf die Lehne gestützt, mit der braunen, fal tigen Hand feinen Schnurrbart behaglich zwirbelnd. „Es wäre felv schön, wenn Sie uns das einmal später erzählen wollten, Herr Dok tor. Jetzt möchte ich wissen, was mit dem Kinde da zu geschehen hat. Ich denke, hier ist lange genug ärztliche Hilfe fern gewesen und jed .v Aufschub derselben weiterhin von großer Gefahr." „Aber Sie hören ja, Donata," fiel die Gräfin-Mutter, die m: über der Brust

gekreuzten Armen abseits stand, kühl ablehnend ein >,Sie hören ja, daß Doktor Hubler die Sache durchaus nichi 'so änM lich ansieht, wie Sie es sich einreden wollen." Donata entgegnete nichts darauf, sondern sagte kurz: „Ich bitte um Ihre Verordnungen, Herr Doktor." „Ja, schauen's, Frau Gräfin," erwiderte der Alte, der sich r feinem gemütlichen Phlegma durch nichts erschüttern ließ, „schau.u' das ist nun halt so eine Sach'. Bis man so ein Apothekerträntl brau und bis hierher heraufbringen läßt, da möcht

' eine heillose Zeit w gehen. Und nachher nutzt's am End' noch gar nicht einmal. Ist sch besser, man laßt's. Hab' da selber so a kleine Apotheken bei mir, ~ muß halt schon Doktor und Apotheker in einer Person sein, — un da machen wir halt dem Büberl was zurecht — a bisserl was Lösende m wissen's, für den Husten, und nachher auch a paar Tröpferl, die ihm Ruh' geben und die fliegende Hitz' wegnehmen, dann wird's schon recht werden. Immer nur hübsch das Köpferl oben behalten, Frau Gräfin, immer

nur an die grundgütige Natur glauben, die macht'c schon wieder gut. Und Wenns nicht sollt sein, können ja wir Aerzt' auch nix dabei tun, aber garnix. Also, mein Büberl, sei brav und fürcht' Dich nit. Bist ja ein so gut's, klein's Kerlchen, wird schon alle. wieder recht werden . . ." Und er strich dem Kinde, das ängstlich die Hand seiner Mutter umklammert hielt, über die heiße Stirn und die brennenden Schläfen hin. Dann stand er auf. „Darf mich halt jetz! nicht mchr länger versäumen, Frau Gräfin; ist mir leid

, aber man hat eben seine Last mit der Praxis in einem so großen Bezirk. Müs fen mir halt schon Urlaub geben!" s „Wann kommen Sie wieder?" fragte Donata. ! „Ja, schauen's" —der Alte kraute sich durch das noch dichte, weiße Haar — „mit dem Wiederkommen! Ein Spaziergang ist's halt nicht da herauf. Und der Jüngste bin ich halt gerad' auch nicht mehr. Aber -venn's meinen, Frau Gräfin, möcht' ich schauen, daß ich morgen — 167 — h abend wieder da war'. Sonst komm' ich halt übermorgen da einmal vorüber." „Es wäre

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 22.01.1932
Umfang: 8
. Aus das «Herein!" der Fürstin trat die Gräfin Schiemel ins Zimmer. Sidonie lief ihr mit einem Freudenschrei entgegen und hing sich jubelnd an den Hals der alten Freundin. „Schimmelchen, ach ich bin so glücklich. Nun kann ich den Maler Martens doch heiraten. Er ist nämlich gar nicht der Maler MartenS — er ist der Prinz Peter — mein Peter!" »Sidie — Durchlaucht .. Prinzessin Sidonie ließ die erblaßte Gräfin gar nicht zu Worte kommen. «Schimmelchen, das muß ich dir alles in Ruhe erzählen. Nun ist doch alles gut

geworden. Ich Hab' Roste alles ge beichtet — und Peter und ich, wir sind auch einig — und Roste hat ja gesagt... Anna Rostna mischte sich in das Gestammel der kleinen Schwester. . E -Liebe Gräfin, ich sehe es ein: Es war nicht leicht, mit diesem Irrwisch so lange umherzureisen. Aber, Gott sei Dank, es hat sich alles zum Guben aufgelöst." »Oh, Durchlaucht, können Sie mir verzeihen?" »Ich habe Ihnen nichts zu verzeihen, meine liebe TMn. Gegen das Schicksal sind wir Menschen machtlos. 'Nyh ich jjage

, Gräfin, daß Sie uns weiter wie bisher die der letzten Jahre aufzugeben und der Welt im Namen Frankreichs einen positiven Plan zu unterbreiten, der die unentwirrbaren Schwierigkeiten der Nachkriegszeit mit einem Schlage beheben und die Rückkehr des internationa-- len Vertrauens bewirken würde. Forgeot regte an. Frank reich möge die amerikanische Regierung offiziell wissen las sen, daß es bereit fei, auf seine Reparationsforderungen e'n- schließlich der unbedingten Annuitäten endgültig und voll

Niederösterreichs ruft alle Volks genossen, alle Heimattreuen Oesterveicher, welchen Standes immer, zur Vernunft und zur gemeinsamen Arbeit. Brieftaften. Kufftein — Kaiserjägergeneral. Aus preßgesetzlichen Gründen nicht verwendbar! treue, mütterliche Freundin bleiben, auf die wir nicht ver zichten möchten." „Oh, Durchlaucht, wie soll ich Ihnen das jemals ver gelten ..." Die alte Gräfin hatte vor innerer Erregung Tränen in den Augen. „Das fehlte noch, liebste Gräfin, daß Sie von Vergelten reden. Bei all

dem, was Sie die ganze Zeit über für Sidie und mich getan haben. Aber ich denke. Schimmelchen wird in kurzer Zeit alle dummen Gedanken vergessen haben, wenn es darum geht, unsere kleine Braut hier auszustatten. Niemand anders möchte ich diese Vorbereitungen lieber überlassen, als Ihnen, Gräfin, und ihren mütterlichen Händen." Die junge Fürstin war auf Gräfin Schiemel zugetreten und hatte sie aus beide Wangen geküßt. Dann sagte sie: „So, liebe Gräfin, jetzt möchte ich Sie bitten, mit Sidie für eine Weile

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 1 von 12
Datum: 24.08.1912
Umfang: 12
die Landtagscliquen repräsentieren, mit allen Mitteln auf dieses Junktim hinarbeiten, versteht sich Wohl von selbst. Und wenn der deutsch tschechische Ausgleich perfekt wird, bevor das Abge ordnetenhaus in die Beratung der sogenannten Finanzreform eintritt, wird auf die Regierung der denkbar stärkste Druck ausgeübt; und sene Par- Feuilleton. u» Stefan vom Grillenhof. Roman von Minna Kautskh. Die Gräfin erhob langsam den Kopf. Sie hatte also ihre Tochter wiedergefunden! Kein freudiges Gefühl war darüber

sich zu ihr, gleichsam vor der eigenen Mutter. Das schöne Gesicht der Gräfin verzerrte sich in schmerzlicher Bitterkeit, sie sah hinüber, sie betrachtete die Nandl, und setzt wie damals, wo sie sie schlafend gesehen, fiel ihr die Aehnlichkeit auf mit dem einst Geliebten: der dunkle Teint, das schwarze Haar, das starke Kinn, setzt glaubte sie zu finden, daß sie schöner war, sie besaß den eigentümlichen, fremdartigen Reiz, der ihn aus gezeichnet hatte. Es war seine, es war ihre Tochter, und in einer plötzlichen Regung

an die Länder erhöhe. Der Staat „Nandl! Maximiliane!" Nandl zuckte zusammen, ein leises Beben durch fuhr ihren Körper, ihre Augen senkten sich, aber sie blieb wie angewurzelt an ihrem Platz. Die Gräfin ließ die Arme sinken im Gefühle der Ohnmacht, aber sie überwand es schnell, und mit einem kurzen Aus ruf, der ihre Ungeduld und ihre Entschlossenheit kennzeichnete, erhob sie sich setzt. Sie schritt der Türe zu, öffnete diese und sah hinaus. Es war niemand draußen — Gott sei Dank, kein Unberufener war Zeuge

, sie schien es ganz gut zu be greifen; sie sah scheu auf die Gräfin und begann hierauf ihre Lappen zusammenzulesen. Die Gräfin wandte sich hierauf mit sanfter und vornehmer Würde an ihre Tochter: „Du bist ein wildes, störrisches Kind, du kannst mich noch nicht lieben, ich fühle das, aber ich werde nachtragen, was ich bisher versäumt, ich werde dich in eine andere Umgebung, in bessere, günstigere Verhältnisse brin- hat nämlich bei der Einführung der Personalein- kommeilsteuer unter der Bedingung

— du darfst mich öffentlich noch nicht deine Mutter nennen." Nandl erhob rasch Den tief zur Brust herabgesenk ten Kopf, ein Blitz aus ihren dunklen Augen traf die neue Mutter, die es nur insgeheim sein wollte, uild mit einer Heftigkeit, als köllne diese Versiche rung nicht rasch genug gegeben werden, rief sie: „Ich werde es nicht tun." „Verurteile mich deshalb nicht," fuhr die Gräfin eindringlicher fort, , es muß so sein, ich kann nicht anders. Du wirst Bildung und Erziehung erhalten

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 8
Datum: 18.10.1923
Umfang: 8
%MEK/Vt/'H'AOIAHH. P E ttS T RASSE NR* 420# sagte es ärgerlich, säst grob, um seine eigene, höchst unbehagliche Stimmung zu nbertäuben und zu be mänteln. „Meine verehrte, liebe Frau Gräfin," beschwich tigte der Priester in sanftem, salbungsvollem Tone, „fürchten Sie weder für Ihren Gatten noch für Ihre Sohne noch für sich selbst auch nur das Ge ringste! Die Zahl Ihrer Freunde ist groß und, wie ich wohl sagen darf, auch machtvoll gemrg, um alles Schädliche von Ihnen ferne zu halten. Vertrauen

?" „Wir kommen um neun Uhr zusammen, Herr Gras. Die Sachen sind weit gediehen dank der un ermüdlichen Tätigkeit, die iu Gottes Dienst * „Von Ihnen entwickelt wurde/ unterbrach der Oberst verbindlich. „Von anderen, Herr Graf." wehrte der Jesuit bescheiden ab. „Meine Kraft ist gering und genügt nicht. Ich erhoffe von unserer morgigen Sitzung das Wichtige, selbst Entscheidendes." „Also Graf Wangenau —?" Pater Adam wandte sich als Antwort aus diese Frage der Gräfin zu. „Frau Gräfin." sagte er, „die Ava« Gräfin

, um nicht das erzwungene Lächeln, ! die Schweigsamkeit und die Mienen seiner Wirtin richtig zu deuten. Er hielt es deshalb nicht für ge raten, in Gegenwart der Gräfin noch eine längere und ausführliche Besprechung mit dem Obersten zu pflegen. Was diesem übrigens bevorstand, sobald er selbst sich verabschiedet haben würde, erkannte er auch. Er erhob sich. „Frau Gräfin," sagte er, „zürnen Sie mir nicht, daß ich heute Ihren Mißmut wachrief! Ich hoffe, mit der Gnade unseres Herrn und Heilands das nächste Mal Angenehmes

berichten zu können. Klauben Sie mir, meine verehrte, liebe Frau Grä fin, es ist gar nichts zu befurchten. Gottes Hand verjagt die schwersten Wolken und läßt die Sonne seiner Huld in die Herzen seiner Gläubigen scheinen. Und es ist wahrlich nur eine leichte und kleine ! Wolke dieses Mal. Ihr lieber Gatte, mit dem Sie in so erbaulicher und christlicher Weise Gutes rmd Böses teilen, wird Sie trösten .Für nächsten Mittz woch, Frau Gräfin! Auf Wiedersehen?" „Aus Wiedersehen, Hochwürden," saate Gräfin Nora

sehr freundlich. Sie war dem Geistlichen wirklich dankbar, aber nicht für die guten Trostes worte, die sie beruhigen sollten, sondern weU er ging. Der Oberst beurteilte die Sachlage sofort, als er einen Blick auf das Antlitz seiner Frau geworfen hatte, und verstand, warum Pater Adam sich so rasch und just mit solchen Worte» verabschiedete. Er zuckte die Achseln. „Ich gehe mit Ihnen, Hochwürden," erklärte er. „Adieu, Nora!" Rasch zog er hinter sich und dem Jesuiten die Türe zu. Gräfin Rhone? wurde dnnkelrot

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 8
Datum: 20.05.1913
Umfang: 8
," sagte Innozenz nach einer Weile, „so -müßte Gräfin Theodora eine große Sünderin gewesen sein; denn ihr Sinn ist stahlhart und ihr Herz kennt weder Milde noch Erbarmen." Pater Pius war leicht zusammengezuckt, zumal er einen prüfen den Blick des Mönches auf sich ruhen glaubte, seufzte dann wieder, trocknete sich die Stirn und schleppte sich, ohne etwas zu sprechen, mühselig weiter. „Sie kennen die Gräfin seit ihrer Jugend?" fragte Innozenz, ohne ein bestimmtes Interesse zu verfolgen

der flüchtigen Stunde aber ist es vorüber und vergessen, wenn die lJahre gehen, — vorüber und vergessen." , Innozenz entgegnete nichts mehr und der Alte setzte nach einer -Weile murmelnd hinzu, als ob damit alles abgetan sei, oder als sei es ein Refrain, der bei allem, was er dachte und redete, in seiner Seele' machhallte: „Sie ist eine sehr fromme Christin, die Frau Gräfin- Mutter, eine sehr fromme Christin." Dann hatten sie Schloß Peutelstein erreicht und es mochte die Höchste Zeit

. -Hektar kauerte i. . - er Tür des Gemachs, wo das tote Kind lag, we delte leise mit dem Schweif zum Willkommen, blickte aber mit seinen Maßen, treuen Augen so wehmütig drein, als wisse er ganz genau, Mas hier vorgegangen. Pater Pius fragte nach der Gräfin-Mutter. Der Diener wußte ^nichts von ihr, nahm aber an, daß sie sich in ihren Zimmerst befinde. Die junge Frau Gräfin, setzte er hinzu, habe dagec en noch immer die Düre des Totenzimmers nicht geöffnet unb man wisse nicht, was — 181

— ' • .1 , * : H „Erzählen Sie mir alles!" sagte Innozenz endlich, als er wie-! der Worte fand, „bitte — ich möchte alles wissen." Pater Pius trocknete sich die Augen, nickte vor sich hin un8 atmete schwer. „Lieber Gott," murmelte er, „lieber Gott, was soll ich Ihnen sagen? Es ist so unsäglich traurig — so unsäglich traurig —" r j „Ich kehre mit Ihnen um," fiel Innozenz ein. „Kommen Siek Und sagen Sie mir unterwegs, wann es geschah und — wie die Gräfin es trägt — vor allem das!" Er hatte seinen Arm unter den des Greises

, gebrochener Stimme an: „Wie diH Gräfin es trägt, wollen Sie wissen, lieber Bruder? O, sie ist ganj ruhig, ganz ruhig. Aber diese Ruhe hat etwas so Grausiges bei sol^ chem Schmerze, ich wollte, sie schriee und tobte, sie lärmte und lästerte lieber dabei, dann würde ihr leichter zu Sinne werden und sie würde sich allmählich vielleicht zum Frieden in Gott durchringen. So — so ist's furchtbar. Wenn man sie ansieht, meint man, sie wäre ver^ steinert. Ich habe einmal die Mutter der Niobiden gesehen, lieber

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 13.05.1913
Umfang: 8
bis Bad Salt fertiggestellt sein. Im Montaniger Marmorbruche wird fleißig gear beitet immer schönere Marmorstücke kommen zum — 158 — Gottes Wege sind wunderbar, und wo sie uns am dunkelsten erschei nen, da führen sie am hellsten zum Ziele. Nie hat sich das mn klarer geoffenbart als hier. Und nun kommen Sie! Ich will sehen ob die Gräfin Sie empfangen mag." Innozenz schwieg. Er griff nach dem kleinen Alpenrosenstrauß, den er vorher auf dem Marmortisch niedergelegt hatte, und woll der Gräfin folgen

. Da wandte sich diese plötzlich unter der Tür noch einmal nach ihm zurück und fragte völlig unvermittelt: „Woher stammen Sie, Bruder Innozenz?" „Ich weiß es nicht, Gräfin." „Sie wissen es nicht?" „Nein. Ich bin als Kind in das Kloster gebracht worben und habe niemals Eltern oder Angehörige gekannt, auch niemals etwa von ihnen vernommen. Ich glaube aber, daß ich aus einem Alpen- dorf unter den Dolomiten stamme und daß ich ein früh verwaistes, wenn nicht überhaupt ein vaterloses Kind

bin." Sie hatte die Tür hastig aufgerissen und war ihm voran hinaus gegangen, ohne noch weiter ein Wort an ihn zu richten. Stumm folgte er ihr. Sie betraten ein anderes, ebenerdig gelegenes Gemach, an des sen Türe die Gräfin-Mutter jetzt leise pochte, um nach einer Weile sie halb zu öffnen und gedämpften Tones hinüberzusprechen. Dana, schloß sie die Tür wieder, trat in das Gemach zurück und sagte: „Das Kind schläft jetzt. Gräfin Donata wird gleich hier sein." Sie schritt an das Fenster und starrte, den Kopf

; er gewahrte auch das kleine Bett desselben und in den weißen, spitzenbesetzten Kissen einen hellen Lockenkopf. Donata sah todesblaß aus, aber sie war ruhig und gefaßt. Sie trug das dunkle Kleid, in dem er sie heute morgens in der Messe gesehen hatte, eine weiße Spitzenkrause am Halse; ihre Erscheinung wurde dadurch so ernst und feierlich wie niemals vorher. Innozenz ging ihr entgegen, um ihr die Hand zu bieten, und sie grüßte ihn mit einem stummen Nicken. Dann sagte sie halblaut zu Gräfin Theodora gewandt

, die sich langsam nach ihr umgedreht 159 - hatte: „Da ich mich auf niemand mehr verlassen kann, muß die Tür zu Ronald offen bleiben; er schläft jetzt, aber es ist nur ein Schlaf völliger Ermattung, und jeden Augenblick kann er erwachen. Dann muß ich da sein." Es klang nicht bitter, aber doch hart und entschieden. Gräfin Theodora zuckte die Achseln. „Der alten Mirz einen Vorwurf wegen dessen, was heute morgen geschehen ist, zu machen, ist ungerecht," er widerte sie mit dem gleichen, gedämpften Ton

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 8
Datum: 17.06.1913
Umfang: 8
ist. Man hat diesen Zusammenhang bisher gar nicht geahnt und vielleicht ist durch die Arbeiten des französischen Missionsarztes eine der wichtigsten Verbreitungs arten des Aussatzes zum erstenmal bekannt gewor den. Auch in Europa gibt es Herde des Aussatzes und selbst innerhalb Deutschlands wurde ein solcher vor einigen Jahren entdeckt. Aie Angelegenheit verdient daher allgemeine Beachtung. — 276 — Dieser Priester ist's, von dem ich rede, Gräfin. Und wissen Sie auch, wer jenes Weib war?" Gräfin Theodora hatte sich unruhig

in ihren Kissen hin und her geworfen. Jetzt stöhnte sie schmerzlich auf. „Weshalb fragen Sie mich das?" „Weil ich ein geheiligtes Recht habe, es zu fragen, Gräfin. Denn ich bin der Sohn jenes Priesters und jenes Weibes." „Sie?" Die Gräfin war kerzengerade mit ihrem Oberleibe aus den Kissen emporgefahren, ihre zitternden Hände fingerten in der >Luft umher, ihre Augen stierten blöde ins Leere. Dann sank sie mit ; emem Aufschrei wieder zurück und ein Kampf rüttelte an ihrem 'hageren, abgezehrten Leibe. „Heiliger

Gott im Himmel! Sie? Ich chE es ahnen können. Sie sind sein Ebenbild. Aber ich wollt' nicht — wollt' es nicht glauben. Barmherziger Gott! Auch das noch!" Die Glieder flogen ihr, ihre Zähne schlugen gegeneinander. In nozenz aber wiederholte erbarmungslos seine Frage: „Kennen Sie jenes Weib, Gräfin? Kennen Sie meine Mutter?" Pater Pius, der sich bald besorgt über die Gräfin herabgebeugt, bald ängstliche Gebärden gegen Innozenz gemacht hatte, der nicht darauf achtete, streckte jetzt flehend

in eine neue Weist in ein neues Leben hinauszugehen, da hatte die große Stundesie klein und feig gefunden, sie war vor dem Ungeheuerlichen zurück geschreckt und hatte den Mann, der ihres Kindes Vater war, in den Tod gehen, ihr Kind bei der Fremden, die seine Mutter hieß, auf wachsen lassen, nur damit sie selber die Gräfin Theodora Karditsch blieb, vor der die Menschen sich beugten und bückten und an der kein Makel und keine Sünde zu finden war. O der Schnmch! der Schmach! Und um Buße zu tun

es ihn an aus den hallenden Korridoren,' die er durchschritt. Alles erschien ihm wie ausgestorben. Kein Kinderlachen mehr hinter diesen verschlossenen Türen, keine hohe, jugendschöne Frauengestalt mehr, die in diesen Gemächern gleich einer Verkörpe rung von Anmut und Hoheit wandelte! Sogar das WMommgebell des Hundes war verstummt. Innozenz sah ihn nirgends. Er würde geglaubt haben, daß die Gräfin Theodora selbst nicht mehr in den verödeten Räumen des Jagdschlosses verweile, zumal der Sommer nun vorüber

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