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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 6
Datum: 10.02.1956
Umfang: 6
Sa, b, c). Für den Antrieb nehmt ihr eine Schnur, befestigt das Ende mit Klebstreifen an der Achse. Wenn ih r das aufgezogene Karussell mit entsprechendem Schwung ablaufen laßt, dann zieht es sich durch den Eigenschwung wenigstens bis zur Hälfte selbst wieder auf. Für den Rest dreht ihr die Achse am Wetterfähnchen, bis die Schnu r wieder ganz aufgespult ist. Eine fürsorgliche Freundin „Was machst du denn da, Elisabeth?“ fragte Mutti und schaute zu dem Tisch, an dem Elisabeth still beschäftigt saß. „Ich male ein Bild

", sagte Elisabeth und sah auf. .Für ein Preisausschreiben. Ein Rotkehlchen, das die Flügel ausbreitet. Und unter den Flügeln sitzen zwei Zwerge, die vor dem Regen Schutz suchen. Findest du es schön, Mutti?“ „Ja. Sehr schön. Du mußt das Bild wirk lich einschicken. Vielleicht bekommst du einen Preis dafür; nur mußt du es unbedingt morgen abschicken. Heute ist schon der 14. und bis zum 16. muß es an Ort und Stelle sein. Das steht auf dem Zettel mit den Be dingungen.“ „Ja, Mutti. Ich denke bestimmt dran

“, sagte Elisabeth. „Ich vergesse es diesmal be stimmt nicht!“ „Hoffentlich!“ sagte Mutti. „Du schiebst immer alles so lange auf, bis es zu spät ist.“ Elisabeth war sehr mit sich zufrieden. Ja, das Bild war wirklich sehr schön. Ob sie wohl den Preis gewinnen würde? Sie hatte noch nie etwas gewonnen. Sie malte das Bild fertig und ließ es trock nen. In der Zwischenzeit holte sie sich ein Buch. Es war sehr spannend. Sie konnte einfach nicht mehr aufhören zu lesen. Nach einiger Zeit sagte sie plötzlich

: „Jetzt habe ich das ganze Buch durchgelesen. Morgen kann ich es Barbara geben. Das muß sie ein fach lesen, so spannend ist es! So, und nun mache ich den Brief für das Preisausschrei ben fertig, dann kann ich ihn morgen ab schicken.“ „Warum bringst du ihn nicht gleich zum Briefkasten? Ich kann dir die Marken ge ben“, sagte Mutti. „Es wäre so schade, wenn du ihn morgen vergessen würdest.“ „Nein. Ich vergesse ihn bestimmt nicht. Ich würde jetzt bloß lieber was anderes ma chen, Mutti.“ Elisabeth legte den Brief in das Buch

, das sie Barbara geben wollte. So denke ich be stimmt dran, überlegte sie. Ich muß das Buch ja mit in die Schule nehmen und dann kann ich den Brief auf dem Schulweg in den Kasten stecken. Am nächsten Morgen mußte alles genau so schnell gehen wie sonst auch. Es war eine solche Hetzjagd, daß sie den Brief vergaß. Sie erwischte gerade noch den Bus und kam ganz atemlos in der Schule an. Barbara war tete schon auf sie. „Elisabeth, hast du das Buch zu Ende gelesen? Hast du es mir mit gebracht?“ Elisabeth gab

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 2 von 16
Datum: 23.07.1932
Umfang: 16
löste heftige Auseinandersetzungen unter den Re- gierungsparteien aus. Es wurde von mehreren Seiten verlangt, daß die Regierung eine Abänderung des Proto kolls in mehreren Punkten, in erster Reihe in diesem Punkt anstreben soll, während Dollfuß und Kienböck den Stand punkt vertraten, daß das Protokoll unantastbar sei. Feuilleton. Ne zweite Mutter. Von I. Beier. „Was machst du denn da?" fragte Elisabeth ihr« Mit schülerin Hanne, die während der Pause im Klassenzimmer geblieben

war und an einer Stickerei arbeitete. „Ein Kissen für meine Mutter zum Geburtstag!" ant wortete Hanne. „Ach so," sagte Elisabeth und ivandte sich ab. Als Elisabeth heute etwas später aus der Schule nach Hause kam, wartete Frau Wille, bereits mit dem Esten auf sie. Herr Wille hatte sich eben zu Tisch gesetzt. „Was ist dir denn, mein Kind?" fragte Frau Wille besorgt, denn Elisabeth sah blaß aus. Nichts!" antwortete das Kind, verschlossen wie immer. Herr Wille sah darauf Elisabeth an. mit ^einer, kleinen Falte

auf der Stirn. Schweigend löffelte sie die Suppe ... In Ihrem Zimmer begann Elisabeth plötzlich zu wei nen. Sie dachte an Hanne, die an einer Stickerei für chre Mutter arbeitete. „Meine Mutter ist ja schon lange tot!" dachte Elisabeth. Die «andere", die hier seit zwei Jahren im Hause war and manchmal „Schatz" zum Vater sagte, würde nie ihre^ Liebe erringen. Sie war eben die Stief- mutter. Für Stiefmütter macht man keine Handarbeiten, ersann man keine Ucbcrräfchungen, um sie an Geburtstagen )u erfreiwn

. Aber wenn man krank wird ivic Elisabeth im Winter, und wenn Frau Wille an ihrem Bett sitzt die gange Nacht und ihr Umschläge macht und lieb zu ihr Ferner wurde bekannt, daß im ursprünglichen Texte des Protokolls die französische Forderung nach Herstellung einer Donauföderation unter Teilnahme Oesterreichs entz? halten war und daß diese Forderung nur nach einer schar fen telephonischen Auseinandersetzung zwischen den Vertre- tern des Landbundes und dem sich in Lausanne aufhalten den Bundeskanzler Dollfuß

in ihrem Zim mer und eins für das Grab. Ob Vater ganz vergesien hatte, daß Mutter morgen Geburtstag hat? Sie, Elisa beth, würde morgen jedenfalls ganz allein auf den Fried hof gehen. Niemand sollte es merken. Niemand sollte da bei sein. Den ganzen Tag über blieb sie still und ersonnen. Man sah, daß sie geweint hatte. Frau Wille strich ihr ein mal teilnehmend über das Haar, aber Elisabeth sah an ihr vorbei. Ihr Gesicht war sehr blaß und erschrocken. Abends holte sie aus dem Garten einig« Blumen. Es trat

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 4 von 8
Datum: 28.04.1914
Umfang: 8
fernt sich eignete, solche hochmütige Gedanken in mir aufkommen zu lassen ... ich habe also wohl Grund zu der Frage, und mein Recht, sie zu stellen, liegt darin, daß Glück und Unglück meines Lebens von ihrer Beantwortung abhängt..." Biener sah ernst vor sich nieder; es widerstrebte seinem innersten Wesen, hier eine Unwahrheit zu sagen, und doch war es unmöglich, die Wahrheit zu bekennen; er durste sein und Claudias Geheimnis nicht preisgeben. „Sie tun mir vielleicht Unrecht, Elisabeth!" sagte

er nach kurzer Pause ausweichend. „Ich habe stets Ihre Vorzüge aner kannt und verehrt, wie ich ein stiller Bewunderer Ihrer Schönheit war . . . Wenn sich das in meinem Betragen nicht kund gab, mag es wohl sein, daß ich kein Jüngling mehr bin . . . dem älteren und käl teren Manne strömt es nicht mehr so feurig und beredt von Augen und Lippen — aber die Leidenschaft wird überdauert von der stillen Neigung . . ." Elisabeth schüttelte den Kopf, ohne aufzublicken. „Damit haben Sie meine Frage nicht beantwortet

..." „Weil sie sonderbar ist — weil sie kaum einer Antwort bedarf! Wenn ich nicht um Ihre Hand gebeten hätte, wie wäre die Fürstin dazu gekommen, es zu sagen und so entschieden zu verkünden . . ." „. . . Dafür ließe sich vielleicht auch eine andere Erklärung den ken!" sagte Elisabeth stockend und mit abgewandtem Gesichte. „Nun denn — wenn Sie durchaus auf unumwundener Ant wort bestehen ... ich kann keine Unwahrheit sagen . . . und Ihre Frage mit „Nein" erwidern!" „Weh' mir!" schrie Elisabeth schrnerzlich

auf. „Ich Hab' es ge ahnt!" Sie sank zurück und vergrub ihr glühendes Antlitz in den Kissen des Ruhebetts. Biener ergriff ihre Hand und hielt sie fest. „Verstehen Sie mich recht!" sagte er. „Ich hatte der Herzogin voll ständig freie Hand gegeben ... sie kannte meine ganze Gesinnung .. . was sie tat, geschah mit meinem Willen und in diesem Sinne . . ." „Eine gezwungene, eine traurige Auslegung!" weinte Elisabeth und suchte umsonst ihre Hand frei zu machen. „Nicht doch!" sagte Biener begütigend. „Es ist die einzig

. . . aber wenn dem so ist, wie kommt es, daß Sie diese Frage erst jetzt stellen? Daß das Bedenken, das ihr zu Grunde liegt, erst jetzt in Ihnen rege geworden ist?" „O, nicht erst jetzt," flüsterte Elisabeth hinter dem verbergenden Tuche hervor, „vom ersten Augenblicke an hat mich der Gedanke ge quält!" „Und warum haben Sie dann geschwiegen bis jetzt? Geschwiegen bis zu diesem Augenblicke, wo ich das Bedenken, wäre es begründet, mit Ihnen als verspätet beklagen müßte? Was konnte Sie bestim men, ein fo gewagtes Spiel zu spielen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 12
Datum: 11.12.1954
Umfang: 12
hat im Augen blick nichts anderes Raum. Elisabeth ist überzeugt, sie hört schon gar nicht mehr recht zu. Unhörbar zieht sie sich bis an die Tür zurück. Die Weyda scheint es nicht ein mal zu merken. Auf dem schmalen Gang, der von der Büh ne in den Saal zurückführt, stehen die Fen ster offen. Es hat tatsächlich zu regnen auf gehört, nur der Wind beruhigt sich nicht so schnell, er fegt salzigen Meerduft in das Haus hinein, und draußen, aus der Dunkel heit, hört man die Majestät des aufgewühl ten Meeres orgeln

. Elisabeth holt sich den Mantel aus der Garderobe. Sie geht nicht mehr in den Saal surück. Langsam, sich gegen den Sturm Die unerwartete Uebersiedlung der bishe rigen Vorsitzenden des Bezirksfrauenkomi tees Gersdorfer nach Salzburg machte die Einberufung einer außerordentlichen Frauenbezirkskonferenz notwendig. Diese wurde auch dazu benützt, um den zahlreich erschienen Delegierten — als Gäste waren auch Landesparteiobmann Hüttenberger und Bezirksobmann Dr. Kunst anwesend — ein Bild von den Verhandlungen

sie sich über die Dünen zum Ufer hinunter. Ein hinter Wolkenfetzen schattenhaft hervorbleichender Mond be leuchtet gespensterhaft die weiße Gischt der Wellen. Am Horizont verzucken die letzten Blitze hinter steindunkler Wand. Der Sand ist feucht und fest vom Regen, ein Friedhof umgelegter Strandkörbe und aufgerissener Burgen läßt Elisabeth vorsichtig ihren Weg suchen. Sie ist ganz allein hier unten. „Holla“, sagt eine Stimme hinter ihr, „weht es Sie nicht um? ‘ Die Stimme ist so überraschend, daß sie er schrickt

. Der Mann hinter ihr lächelt beru higend. Er ist auf seinen weißen Segeltuch schuhen lautlos über den feuchten Sand ge kommen. Elisabeth erkennt ihn gleich. Aus ihrem Staunen bricht ein Lächeln auf: „Sie sind doch . . „Ja, ich bin“, sagt Silvester Siebenlohr und lüftet im Sturm die weiße Strandmütze; graublondes Haar weht ihm vom Scheitel in den Wind. „Sind Sie gut heimgekommen da mals?“ den Kindern zu Weihnachten kein Kriegs spielzeug zu schenken. Gen. Kaiser gab dann einen kurzen Ueberblick

sich Gen. Kaiser gegen die Entartung des Sportbetriebes und es war nur ein Glück, daß unter den männ lichen Gästen offenbar kein begeisterter Fußballanhänger war. Bei der Wahl der neuen Vorsitzenden wurde der einstimmige Vorschlag des Wahl- ✓ „Danke sehr“, antwortet Elisabeth benom men, „aber wie kommen Sie hierher?' „Ich wollte Sie fragen“, sagt Siebenlohr bedächtig, „warum Sie aus der ,Elga' fortge laufen sind?“ Elisabeth schüttelt den Kopf. „Entschuldi gen Sie, aber Sie stehen geradezu ein biß chen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 8
Datum: 10.04.1934
Umfang: 8
Die grauenhafte Mordtragödie in Lienz Innsbruck. 9. April. (EB.) Die Verhandlung gegen die Meuchelmörderin Elisabeth Stau der aus Lienz be gann um halb 9 Uhr morgens. Ms Verhandlungsleiter fungierte OLGR. Dr. Hohenleitner, als Staatsanwalt Dr. Knöpfler. Die Angeklagte, eine hübsche 22jährige Frau, ist blond und trägt die Zöpfe um den Kops gewunden. Sie be kennt sich der furchtbaren Bluttat schuldig und erzählt wei nend, daß die feindselige Schwiegermutter immer auf sie „geschumpfen

" hat. Die alte Frau hat bei ihren Schimp fereien — den Angaben der Angeklagten nach — sehr ge meine. arg beleidigende und unflätige Worte gebraucht. Elisabeth Stander gestand auch die Verleumdung des gei stesschwachen Schwagers ein und bestätigte durch'ihre Aus sagen alles, was in der umfangreichen Anklageschrift aus geführt war. Die Angeklagte weinte zumeist und zeigte Zeichen körperlicher Schwäche. Der Vorsitzende ließ der krampfhaft Weinenden einen Sessel geben — sie konnte nun ihre Aussagen sitzend

machen. Frau Stauder ist sehr gut gekleidet — neuer, feiner Mantel mit eleganten großen Pelzaufschlägen, Seidenflorstrümpfe, schöne Halbschuhe . . . -Lieber Hans, verstoß' mich nicht! . . Der Vorsitzende verlas verschiedene Aussagen von Zeu gen und einen Brief der Angeklagten an ihren Mann. Die tief ergreifenden Worte riesen im überfüllten Schwurge- richtssaal Bewegung hervor. Elisabeth Stauder hat die Zeilen im Kerker nach ihrem Geständnis geschrieben. Dem Brief entnahm man folgende Stellen großer Reue

ist zu entnehmen, daß die gegneri sche Schwiegermutter so tat und redete, als sei die „Elise" ihrem Manne untreu, betrüge ihn, habe von einem ande ren Mann Kinder und verwirtschafte alles. Elisabeth Stau der hatte sogar Selbstmordgedanken — ihrer Schwieger mutter wegen. Vor achtzehn Tagen entbunden Der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Peßler beantragte neuerliche Psychiatrierung der Angeklagten unter Zu ziehung eines Frauenarztes. Die Elisabeth Stauder war zur Zeit des Meuchelmordes im achten Monat der Schwan

gerschaft — und in diesem Zustande seien doch Frauen ganz anders als sonst! Nach Beratung verkündete der Gerichtshof die Abwei sung des Psychiatrierungsantrages. Elisabeth Stauder sei bereits vom Gerichtspsychiater, Obermedizinalrat Dr-. Kos- ler, eingehend untersucht worden. Die junge Frau Stauder hat vor kurzem — am 22. März — als Untersuchungsgefangene entbunden. Das Kind — ein Mädchen — wurde aus den Namen Agnes getauft. Die Angeklagte hat also vor erst achtzehn Tagen einem zweiten Kindlein

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 6
Datum: 24.02.1955
Umfang: 6
sich breit zu Siebenlohr hinüber: ,,‘ne kleene Pille noch, den Zettel mit det jroßartige Guthaben für det Haus un so, den könnende sich wleda hol‘m Bloß bücken wer‘n Sie sich müss'n. Zum Schnitzeluffsammeln.“ Elisabeth, denkt Egwind. Er denkt es wie in einem Sturm verschlagen, fassungslos, aamselig, tobend denkt er es: Elisabeth. Elisabeth im Regen, und ich ging vorbei. „Wollkircher“, keucht er plötzlich, „wo ist eie denn jetzt hin?" „Se könnense ja suchen." Egwind rüttelt ihn am Arm, Siebenlohr legt

beschwichtigend die Hand dazwischen, ftie hören alle drei nicht, einmal, daß es da draußen ganz allmählich ruhig geworden ist, daß eine leise und bestimmte Hand die Tür noch einmal öffnet. „Ihr brüllt alle sehr laut und lange", sagt Marianne Weyda, „gestattet, daß ich nicht länger warte." Sie steht zwischen den Männern, schlank, dunkel, seltsam jung. Siebenlohr und Woll kircher erschrecken leicht in einem gemein samen Gedanken: da steht Elisabeth. Nie sahen sie es so: da steht Elisabeth noch ein mal

unter ihnen. „Wir müssen zu Elisabeth", sagt Marianne, „sofort müssen wir nach, das ist das einzige jetzt. Von eurer Unterhaltung taugt kein Wort, es gilt nur eines noch: keine Zeit ver lieren.“ Sie steht da wie in einem Zwang, der jeden Widerspruch verhindert, ihr Blick wird zum Befehl des Augenblicks, auf den das Schick sal wartet. XXIX Der Nachmittag ruht auf dem krausen Laub der Himbeerhecke. Elisabeth sitzt noch immer vor ihrem Block, sie hat noch keine einzige Zeile geschrieben. Sie ist so müde

, daß ihr der Bleistift aus der Hand fällt. Sie wußte nie, was dieses Wort bedeutet — jetzt weiß sie es —: sterben. Am Rand der Straße steht ihr kleiner roter Wagen, schon fahrtbestaubt, die junge Wirtsfrau fragte vorhin freundlich: „Wollen Sie denn noch weit?" Elisabeth sah ihr wie betäubt in das lä chelnde Gesicht. „Ja, weit, sehr weit. So weit es irgend geht.“ Nie weit genug, kein Ort ist weit genug, die Liebe zu vergessen. Man müßte denn das Herz dalassen können, aber das Herz fährt mit. Ich wollte deinen Namen

. Aber da sagt die Weyda wie aus wei ter Ferne: „Elisabeth.“ Elisabeth bleibt stehen. Sie neigt den Kopf ein wenig auf die Schulter. Woher weiß sie denn meinen Namen? denkt sie gleichgültig und fühlt sich leise an der Hand gefaßt. „Elisabeth“, bittet die Weyda, „tun Sie mir den Gefallen, kommen Sie ein paar Minuten lang an unseren Tisch.“ Noch gestern hätte sich Elisabeth von die ser leichten Hand befreit und wäre gegangen. Kein Wort der Erde hätte sie gehalten. Aber die künstlich hochgetriebene Spannkraft

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 7 von 12
Datum: 19.05.1951
Umfang: 12
noch ausgerechnet in deine Hände fal- Diese Geschichte handelt von einfachen Menschen, von Karl und Elisabeth. Karl ar beitet in einer großen Fabrik als Hilfsarbei ter und ist ein durchschnittlicher junger Mann. Elisabeth ist Verkäuferin in einem Warenhaus und sieht genau so aus wie viele junge Mädchen. Aber Karl liebt Elisabeth. Er selber würde vermutlich nicht sagen, er liebe sie, sondern er habe sie gern. Und doch wä ren diese Worte wie eine zarte Schale, die sein ganzes Gefühl trägt. Es ist ein wundervoller

Frühiingsabend. Den ganzen Tag lagen d ? e Strahlen der Sonne auf der Erde. Der Tog ist verblaßt und fließt behutsam in die Nacht. Irgendwo pfeift ein Vogel, Ja, es ist ein Abend für junge Menschen. Sehnsucht weckt er, Schwermut und Freude, wunderlich gemischt. Aber Karl, hat keine Augen für den zärtlich schönen Abend. Finster und verschlossen geht er neben Elisabeth und ist ganz in seine düsteren Gedanken vergraben. Und alles: sein Mädchen Elisabeth, der Frühlingsabend

im Alltag, bei den Arbeitern, den Vorgesetzten und der Familie. Heute hat ihn wieder einmal alles geärgert, und nun kommt er nicht darüber hinweg, es belastet ihn und erstickt jede Freude. Aber allzu lange kann er das, was ihn be drückt, nicht für sich behalten. Er muß es Elisabeth erzählen, vielleicht daß ihm dann leichter wird. Und so beginnt er zögernd zu berichten, breitet er still seine Kümmernisse vor ihr aus. Und während er spricht, vergräbt er sich noch tiefer in seine schwarzen Gedan ken

. Was hat er denn schließlich vom Leben? Nichts als Arbeit und Sorge. Und was wird er Elisabeth eines Tages bieten können? Arbeit und Sorge. Ach ja, schwer und traurig ist das Leben. Und kein Lichtschimmer zeigt sich ihm. Drüben aber, in den Cafes, sitzen junge Leute, die alles haben, die ihr Dasein genie- 51. Umstandswort. 52. Beginn des Alphabets. 54. Insekt. 55 Antike!. 56. Hülsenfrucht. 57. Zwei kampf. Senkrecht: 1 Stadt in Italien. 2. Spani scher Artikel. 3. Elch, Hirschenart. 4. Halbaffe, Papagei. 5. Teil

. 51. Tri. 52. Tabak. 54 Mus kete. 55. Seerose. — Senkrecht: 1. Regen schirm. 2. Amur. 3. Tat. 4 H. I. 5. Alois. 6. Sei. 7. Zug. 8. Esten 9. Ra. ly Ich. 11. Chef. 12. Heuschrecke. 15. Mit. 19. Brikett. 20. Atelier. 23. Satan. 25. Laben. 27. Bar. 28. Sen. 29. See. 30. Tal. 85. Buße. 37. Tinte. 89. Treu. 41. Mur. 43. Gras. 45. Ems 47. EtÄ. 48. Eis. 49. Abo. 53. Ar. Unser Samstagkreuzworträisel ßen können — während er immer daneben stehen wird . . . Elisabeth hörte zu. Sie hörte seine leise Stimme, dunkel

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 6
Datum: 25.11.1954
Umfang: 6
um ein abgerissenes Bein Pünktlich um zwei Uhr zwanzig Minuten ist sie mit Wollkirchers atlantikgrünem Olympia vor dem Hotel. Der Portier schiebt sich die Mütze auf die Stirn. - „Main Au genblick“, sagt er, und Elisabeth lächelt dünn und weiß schon, was er meint. Aber Marianne Weyda hat nichts gegen das „Steuerfräulein“ einzuwenden. Sie kommt im weißen Staubmantel, die Kappe wie einen glatten Helm um das Gesicht geschlossen, durch die Drehtür. „Können wir offen fahren?“ Ich kenn' die Stimme, denkt Elisabeth

sich hinter das Steuer und schaltet den Motor ein. „Bitte fahren Sie mich irgendwo hinaus“, sagt die Schauspie- lerin, „irgendwo aufs Land hinaus, in die nächste Stadt vielleicht. Es kann eine ganz kleine Stadt sein.“ Elisabeth rollt mit mäßiger Geschwindig keit durch Berlin, der Wagen ist ihr noch nicht ganz vertraut, im Rückspiegel sieht sie das Gesicht der Schauspielerin Marianne Weyda, ein schmales, sehr regelmäßiges Ge sicht mit sehr rot geschminktem Mund und breitlidrigen Augen. Sie ist gar nicht so schön

, wie die Leute alle sagen, denkt Elisa beth, und es fällt ihr ein, daß Sven Egwind diesen Mund geküßt hat, und daß diese Augen ihm versprachen, was sie niemals hielten. Es ist eigentlich toll, daß sie, ausge rechnet sie, die Weyda fahren muß, es ist ein sonderbares Spiel des Zufalls. Marianne wendet ihr Interesse, ein etwas kühler und zurückhaltendes Interesse, der Straße und später der Landschaft zu. Elisabeth schlägt einen kleinen hübschen See in der Nähe vor, und die Weyda ist ein verstanden. Sie fahren

einen breiten Wald weg bis zum See hinaus. Auf einem breiten, grünen Rasenfleck stoppt Elisabeth den Wa gen. Dicht am Wasser sind ein paar Tische aufgestellt, hinter mageren Bäumen steht ein Gebäude, das einmal vor nicht zu langer Zeit wahrscheinlich ein Hotel war. Jetzt sehen die weißen Mauern schmutzig gelb aus, der Stuck ist allenthalben abgebröckelt, der linke Flü gel steht wie ausgeräumt. Doch tüchtige Leute haben die Vorderfront verputzt, neue und große Fenster eingesetzt und eine Art von Eisbar darin

eingerichtet. Sie haben recht damit gehabt, der Betrieb floriert, die Tische sind besetzt, im Saal hinter den Fen stern drehen sich zur Radiomusik einige Paare. Die Schauspielerin wirft Mantel und Kappe auf den Sitz. „Hören Sie, kleines Mäd chen, dessen Namen ich nicht weiß, seien Sie lieb und trinken Sie eine Tasse Kaffee mit!“ „Das ist gar nicht nötig“, sagt Elisabeth kühl und den Blick geradeaus. „Ich mache das grundsätzlich nicht!“ „Meine liebe, junge Dame“, lächelt die Weyda spöttisch, „wenn irgendein

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 11 von 16
Datum: 04.04.1914
Umfang: 16
Bieners läßt mich nicht klar — 167 — „Alles, alles!" rief Elisabeth weinend und haschte nach den Händen der Fürstin, die sie mit Tränen überströmte . . . „Aber ich weiß nicht. . . was ich bekennen soll . . ." „Du wüßtest nicht? Wenn ich an deine Aufrichtigkeit glauben soll, so bekenne, wie du dazu kamst, den Kanzler zu lieben ... Er hat dich wohl mit zärtlichen Aufmerksamkeiten überhäuft? Mit Blicken verfolgt? Er hat jeden Augenblick erlauscht, um dir ein Wort ohne Zeugen zu sagen

? Um dir eine Liebesbeteuerung zuzuflüstern . . .?" Elisabeth sah die Fragende mit den strömenden Augen groß an und rief: „Nein, Durchlaucht, das hat der Kanzler nicht getan . . „Wie?" fuhr Claudia erregt fort. „Er hätte das nicht? So hat er dir geschrieben ... zärtliche Reime zugeschickt... Blumen und ziev liche Geschenke... ?" „Auch das nicht, Durchlaucht!" sagte Elisabeth ruhiger. „Der Kanzler Biener hat mit mir niemals ein Wort außer dem gesprochen, was im dienstlichen Begegnen nötig war — nicht das geringste

von alledem ist jemals zwischen ihm und mir vorgefallen .. . der Kanzler hat mich nie beachtet ... es ist ihm nie in den Sinn gekommen, an ein so unbedeutendes Geschöpf, wie ich es bin, zu denken . . ." „Ich glaube dir," sagte Claudia, tief aufatmend, „ich sehe es deinen Augen an, daß dein Mund nicht lügt... Stehe aus, Elisabeth ... die Gefahr ist also nicht so groß, als ich befürchtete... befürchten mußte — um deinetwillen, denn ich habe dir ja versprochen, deine Mutter zu sein ... I Steh

' auf und erzähle mir denn, wie es ge- kominen, daß du Wil . . . daß du den Kanzler dennoch liebst? Oder .. . solltest du ihn nicht lieben? Rede . . . denke, du sprichst zu deiner Mutter. . ." „Ich weiß es selbst nicht!" erwiderte Elisabeth, sich erhebend. „Ach, wie danke ich Jhro Durchlaucht, daß Sie nicht mehr so ungnädig sind gegen mich . . . Haben Sie Nachsicht mit mir ... ich weiß und verstehe ja selbst nicht, was in mir vorgeht . . .! Es ist wahr," fuhr sie stockend und errötend fort, „ich habe nie

einen Mann gesehen, wie den Kanzler ... wenn ich ihn mir denke, kommt es mir vor, als wäre er der einzige Mann, den ich kenne, und alle andern wären dieses Namens gar nicht wert. . ." Die Fürstin trat beiseite und machte sich am Aktentische zu schaffen. „Ich habe ihn," fuhr Elisabeth fort, „überall als den ersten ge- sehen, und es schien mir immer, als ob ihm das so gebühre ... er war immer gütig und freundlich, und dabei doch so würdig ernst . . . . immer gelassen und ruhig, und nur, wenn er ein Unrecht

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 6
Datum: 17.02.1955
Umfang: 6
. das den UuM presserechte by Europäischer Kulturdienst, Salzburg } Elisabeth hält ein, sie lächelt, es ist ein Lächeln ohne Glanz und Glück, es kommt zu spät, das mit dem Haus, es kommt zu spät. Ihr liegt nichts mehr daran. „Monatelang hast du mich mit diesem Haus gequält, Elisabeth, es war dir näher am Her zen als ein Mensch. Und nun- da es dir ein fach geschenkt wird, jetzt fragst du nicht einmal, wieso? Elisabeth, sei doch nicht eigensinnig." Elisabeth steht mit herabgesunkenen Ar men da. Draußen

von weiteren zwölftausend Mark. Du kannst damit etwas anfangen, du hast keine Sorgen mehr." „Was erzählst du mir eigentlich?“ fragt Elisabeth. Leones Kinn beginnt zu zittern. Die Erregung macht sie kurzatmig, alles das. was vorhin vorgefallen war, was jetzt noch zu erklären ist, wird gar nicht so einfach sein. Und sie sieht wieder das Gesicht des Mannes vor sich, zum ersten Male sah sie es, sie hörte die knappe, ruhige, unbedingte Stimme wieder: „Geschehenes Unrecht hebt man nicht mehr auf. Wer

dem Mann in das Gesicht gesehen: dieses Gesicht befahl — sie würde ihm ge horchen. Er hatte ihr das Blatt Papier auf den Tisch gelegt, geschrieben und gestempelt, die Unterschrift schon notariell gezeichnet, die ses Papier erhielt Elisabeth das Haus, machte sie wohlhabend, schuf Möglichkeiten, sie, Leone, sah kein Recht, es abzuweisen. Dieses Papier lag drüben auf dem Tisch. „Geh doch hinüber, sieh's dir an", bittet sie und hat das mit Rührung kämpfende Ge fühl. Elisabeth einmal froh machen zu dür fen

. Aber Elisabeth sieht nur starr über sie hinaus, keine Spur von Glück zeichnet die argwöhnische Spannung ihres Gesichts: „Wer kommt in Frage, mir ein Haus zu schenken? Das sind doch Märchen, die du mir erzählst!" „Elisabeth", bittet Leone mit erstickter Stimme, „ich habe dir ein ganzes Leben lang noch kein Märchen erzählt, sei doch nicht so schrecklich eigensinnig.“ „Und wo liegt das Papier?" „Da drüben auf dem Eßtisch." Elisabeth geht langsam an ihr vorbei, in das Eßfcimmer hinüber, sie geht zum Tisch

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 6
Datum: 03.12.1954
Umfang: 6
— es geht sogar besser, als Elisabeth befürchtet hatte. Als sie dann fer tig ist — der kleine Seufzer der Erleichte rung entweht fast spürbar ihren Lippen — und nach freundlichem Applaus vom Po dium tritt, setzt sie sich nicht zu ihren Eltern, dem Herrn Landesgerichtsrat und seiner eleganten Frau, sie kommt mit einem schüchternen und zugleich seligen Lächeln zum Platz, den Elisabeth für sie freigelassen hat, und setzt sich neben die Freundin und der ■ ’ 'an Stützli. „Kommst du nachher zu mir?“ flüstert

Elisabeth, während ein dunkles üppiges Mäd chen auf dem Podium mit temperrament voll übertriebenen Bewegungen die Schick salsarie der Carmen beginnt. Johanna nickt beflissen, nicht ohne einen kleinen, etwas scheuen Blick zu den Eltern hinüber. Und Elisabeth weiß gut: es wird die Freundin eine Menge Mut kosten, sich von der häuslichen Nachfeier frei zu machen. Aber sie tut es doch — und so sitzen sie nachher, ein wenig spät zwar, aber sehr ge mütlich, auf Elisabeths Bude zusammen. Tante Leone schläft

schon oder hat sich zum mindesten in ihr Zimmer zurückgezo gen, aber sie hat Tee und Gebäck zurecht gestellt und den runden Tisch in Elisabeths Zimmer mit ein paar hübschen Tassen und einem großen Rosenstrauß gedeckt. Elisabeth schiebt Tassen und Gebäck beiseite und holt aus dem Waschkrug eine Sektflasche hervor. „Ich nehme an“, sagt sie großartig und wickelt ein Handtuch um den Flaschenhals. „Aber den Tee hätten wir doch erst trin ken können“, meint Johanna, „schon da mit wir deine Tante

nicht beleidigen.“ „Meine Tante ist so und so beleidigt, und dir, Hänschen, würde ich dringend raten, das nächste Mal nicht erst nach dem Konzert Sekt zu trinken. Vorher! Vorher! Damit du nicht nur Noten singst, sondern Musik.“ Elisabeth bringt Gläser und stellt sie ein wenig feierlich auf den Tisch. „Du hast ja vier gebracht“, bemerkt Johanna und bleibt ohne Antwort. Elisabeth lehnt mit halbem Oberkörper aus dem Fen ster. Von unten her, hinter dem Gartentor, klingt ein Pfiff, auf, drei Takte der Stretta

aus dem „Troubadour“. Es ist ein sehr takt fester, musikalischer Pfiff der Schwung hat. „Das ist er“, ruft Elisabeth und ist schon wiedef aus dem Zimmer. Die beiden Zurück gebliebenen sehen sich an. „Verstehen Sie das?“ fragt Johanna. Stützli lächelt um eine Spur gescheiter: „Beim Skat heißtt man ‘s den vierten Mann!“ „Daß etwas bei ihr los ist, hab' ich schon gemerkt“, überlegt Johanna, „aber sie sagt so selten etwas — sie ist auch darin so beson ders, die Elisabeth!“ Ein Nachtfalter torkelt mit plumpem Schwung

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 6
Datum: 26.11.1954
Umfang: 6
, wobei vor allem an die Beeinflussung der Eltern gedacht werden müsse, da diese vielfach aus Unkenntnis ihren Kindern die Mitgliedschaft bei einem Jugendverband verwehren. 5000 Jahre altes Boot im Wüstensand Das gibt es nur in ...? Heimschule für kranke Kinder in Paris 34 KÄTHE LAMBERT taOAtLm. das den tmfd -fafe presserechte by Europäischer Kultur dienst, Salzburg „Ich weiß schon“, antwortet Elisabeth und lächelt schmal. „Sie sind Marianne Weyda!“ Die Weyda blinzelt ein wenig übers Wasser hin. Sonne

spielt huschend über ihr Gesicht. „Wie schön es doch hier ist, lieben Sie, kleine Unbekannte, die Natur auch?“ „Ja“, sagte Elisabeth, „ich liebe sie sehr. Aber Sie saßen ja im Wagen und haben ge lesen!“ Die Weyda lächelt überrascht. „Haben Sie das gesehen?“ „Im Rückspiegel. Sie lernten eine Rolle, glaub 1 ich —“ „Ja, ich überlas sie. In Warnemünde werde ich sie spielen. Sie sehen das natürlich als eine unerhörte Kaltschnäuzigkeit gegen die Natur an?“ Elisabeth zuckt die Achseln und Marianne Weyda

und Trianon hinaus. Ich habe sehr viel Natur gesehen, und ich habe durchaus nicht immer Rollen dabei gelernt, aber diese spar same, reizarme, immer so wie aufgeräumte Mark hat etwas, das mich stets traurig macht, traurig nach einem großen Glück, das keine Straße gibt, das Glück, das aller Straßen letztes Ende ist — die Tür nach Hause!“ Warum schlugst du denn die Tür dann zu? denkt Elisabeth, wahrscheinlich waren die vielen Straßen dir doch lieber „Ich war sehr glücklich einmal in der Mark“, erzählt

die Weyda träumerisch, „es war ein Glück für ein paar Wochen, heute noch bilde ich mir ein, es sei das Glück ge wesen. Man verklärt so leicht in der Erinne rung.“ „Wahrscheinlich war es das Glück“, meint Elisabeth, „wie es eine berühmte Frau nicht lange reizen konnte.“ Die Weyda hebt den Kopf aus den Händen. Ihr Mund wölbt sich zu einer kleinen, melan cholischen Grimasse. „Es war ein Glück, das nicht mein Schicksal war. Mein Schicksal ist nichts anderes als Theaterspielen.“ „Ich möchte wissen“, überlegt

Elisabeth, „ob das Theaterspielen alles ersetzen kann, auch wenn man es gut kann, wie Sie, gnä dige Frau? Ob es ganz befriedigt und man immer nur Schauspielerin sein möchte, nichts anderes, nicht Frau, nicht Mutter?“ Marianne Weyda antwortet nicht gleich. Sie läßt ihre Handtasche aufschnappen und zieht ihr Zigarettenetui hervor, ein schmales, schwarzseidenes Etui mit Silberinitialen. „Rauchen Sie?“ „Ja, danke“, sagt Elisabeth, und die Weyda bietet ihr Feuer an und steckt die eigene Zi garette erst

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 6
Datum: 28.10.1954
Umfang: 6
mit den Wunderaugen 1° KÄTHE LAMBERT Dm Mdde»,<hs de* laufet P“ Presserechte by Europäischer Kultur dienst, Salzburg | „Gut“, sagte Leone, „dann werden wir eben hungern, und so wie dein .Vater dich zurückgelassen hat, so ohne einen Pfennig! Ich weiß nicht, ob man Tote dafür heilig sprechen soll.“ Elisabeth geht mit großen, unruhigen Schritten durch das Zimmer. Die Schritte sind größer, als der Raum es verträgt. Sie muß zweimal mit dem Fuß einen Stuhl zur Seite schieben. Ich hab‘ das alles schon tau sendmal gehört

als ich. Ich will sehr viel, ist auch das eine Erbschaft? Sie ist nicht vom Vater. Von wem ist sie denn? Von der lebenden Mutter, die tot ist? Warum darf ich niemals von die ser Mutter wissen? Wer auf der Welt hat das Recht, mir zu verschweigen, wer diese Mutter war? Spät nachmittags, vor dem Theater, fährt - Elisabeth schnell noch bei der Ente vor. „Auf eine Zigarettenlänge bleibe ich“, sagt sie und holt schon das Etui heraus, „ich muß sie wieder loswerden, meine Sorgen!“ „So junge Meechens sollten keene haben“, meint die Ente bekümmert und steckt

sich die unvermeidliche Zigarre ins Gesicht, „is et wieder wegen dem verdammten Geld?“ „Natürlich ist es darum. Ohne Geld, heißt es, soll man nicht leben können. Aber es kommt mir abscheulich vor, immer nur an das Geld zu denken. Man versäumt damit das ganze Leben.“ Die Ente kann nicht antworten. Sie paddelt mit dem behäbigen Gang sehr dicker Leute zum Tank, um einen Lastwagen zu bedie nen. Es dauert eine Weile, bis sie zu Elisa beth zurück kann. „Is das nu nischt mit der Zeitungsschreiberei?“ Elisabeth zuckt

die Achseln. „Ja, aber et was muß ich anfangen! Es ist ein Jammer, daß ich nichts gelernt habe!“ „Du hast jenuch jelernt, nur nischt, um davon zu leben. Du bist eben ‘ne höhere Tochter, du jehörst in ‘n Luxusauto und in ‘ne Luxusvilla, mit ‘m Diener hinten und vorn, einem kleenen Hundepintscher und ‘m Grammola.' Elisabeth muß lachen. „Seh ich so aus?“ Max Wollkirchers Blick streift sie ab von oben bis unten. „Nee“, brummt er unzufrie den, „so wieder ooch nich! Weeste, du hast eenfach det Pech, so hübsch

zu sind . . .“ „Ich bin nicht hübsch“, widerspricht Elisa beth. „Sehr hübsch!“ beharrt Wollkircher und muß dann in die Wellblechhütte, weil das Telephon klingelt. Elisabeth drückt ihre Zi garette aus und steigt wieder in den Wagen. Mit einer eleganten Wendung fährt sie um die Tanksäulen herum — und knallt fast an einen Zweisitzer, der es auch eilig hat. Die Wagen stoppen auf den Millimeter. Bloß eine Handspanne trennt die beiden Kühler. Der Mann drüben am Steuer schüttelt nur den Kopf. Der neben ihm lacht ein bißchen. Die ses

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 6
Datum: 14.12.1954
Umfang: 6
I „Sie wellen Sie“, sagt Elisabeth ernst mit großen Augen, „alles was ihnen so gefällt und was sie von der Bühne aus in ihren Alltag übersetzen wollen, sie wollen alle ein bißchen Schönheit und so ein Stück vom Märchen, das außerhalb ihres erwachsenen Lebens steht.“ Marianne Weyda legt beide Hände auf den Tisch. In ihrem Blick lächelt eine ge weckte Wärme: „Und dann laufen Sie mir aus der ,Elga‘ fort?“ Elisabeth spürt, daß sie rot wird, sie hofft, daß man es nicht sieht, aber die Frau ihr gegenüber

hat es doch bemerkt, sie fragt: „Gefiel ich Ihnen nicht?“ und läßt Elisabeth mit ihrem Blick nicht los. In diesem Blick ist etwas, was Elisabeth davon zurückhält zu sagen, was sie gerne möchte. Sie liest in diesen Augen angstvolle Scheu vor dem, was in der Ferne lauert. Besorgnis einer schönen Frau, die sich noch jung fühlt und um diese Jugend, diese Schönheit fürchtet. Und so kann sie nicht einfach sagen: Spielen Sie die Elga nicht, Sie sind reifer geworden, als es die Elga war, es gibt so viele Rollen

, die Sie spielen können, so viele wunderschöne Rollen ... Marianne Weyda läßt, als sie ohne Ant wort bleibt, den Blick ein wenig sinken. Ein Schatten fliegt um ihren Mund. Mecnanisch spielen ihre Hände an dem goldenen Reif an ihrem Arm. Sie ist eigentlich eine erschüt ternd schöne Frau, denkt Elisabeth; bin ich feindselig genug dazu, um es ihr nicht zu sagen? „Was macht das Schauspiel, das Ihr jun ger Freund mir bringen will?“ fragt Marian ne Weyda und hat den Ton gewechselt. Sie ist jetzt liebenswürdig kühl

und höflich in teressiert. „Ich glaube, ei feilt an den letzten Szenen Aber, um jedem Irrtum vorzubeugen: ein junger Freund ist er gerade nicht von mir! Eher ein flüchtiger Bekannter, auf den ich öfter wütend bin und mit dem ich zuweilen Mitleid habe “ Die Weyda lacht lautlos: „Geht es uns nicht mit allen Männern so?“ „Ich weiß nicht“, zögert Elisabeth und denkt: Wir beide sollten lieber nicht von „allen“ Männer reden. Ein Windstoß braust an die Scheiben, die Nacht, in die der Mond versank, steht spät

und dunkel über Wind und Meer. „Es ist spät“, mahnt Elisabeth leise. Ma rianne Weyda sieht hilflos auf den kaltge wordenen Tee in den halbleeren Tassen. Sie wird nicht schlafen können, diese Nacht, sie kann nie schlafen, wenn er wieder ir gendwo hinter den Türen steht und wartet, hinter den Türen, die sich nicht verschlie ßen lassen. „Bleiben Sie noch ein bißchen“, bittet sie und will nicht sagen, daß sie sich alleinfühlt. Allein, fast angstvoll, als dränge sich das große Meer bis in das kleine Zimmer

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 6
Datum: 25.02.1955
Umfang: 6
des Studienprogramms der amerikanischen Auslandshilfe ein Jahr in dieser Stadt aufhielten und da bei moderne Produktionsmethoden sowie die amerikanische Lebensweise kennenlernten — Unser Bild zeigt Hans Langer (rechts) mit einem Vorarbeiter 107 ICHTftlG I AMBEBT Elisabeth winkt matt ab. Sie ist viel zu müde. „Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, es war nichts“, sagte die Weyda. „Außerdem, damit Sie ganz beruhigt sind: mein zukünftiger Mann. Wir heiraten in einigen Wochen. Siebenlohr senkt den Blick. Vor einer Stunde

wußte er noch nichts davon. Jetzt weiß er‘s: dieses Wort nimmt sie niemals zu rück. Es ist der Sieg, ein ganzes Leben hat er auf ihn gewartet, jetzt fiel er ihm plötzlich zu, leicht wie ein Sommerwind. Aber es war nicht sein Verdienst, es war nicht sein Ge schenk, der Tochter hatte er es zu danken. „Elisabeth", bittet Marianne, die Hand auf ihrem Arm, „kehren Sie um, Egwind erwar tet Sie, alles wird gut." Elisabeth lächelt teilnahmslos. Dieses Lä cheln sagt: ich glaube

nicht von mir. Es kam von Ihrer Mutter. Versu chen Sie zu fassen, was ich sage: ich kenne Ihre Mutter. Nehmen Sie an, sie wollte an Ihnen gutmachen, sie wollte einmal tun, was ihres Rechtes ist: Ihnen helfen. Sie gab Ihnen das Geld durch meine Hand, würden Sie das Papier auf Ihrem Tisch zu Hause nun noch mals zerreißen?" Elisabeth sitzt sehr still da, die Hände über dem Tisch gefaltet, kinderschmal ist ihr vereinsamtes Gesicht. „Ich würde es nochmals tun", sagt sie sehr leise, „denn ich glaube Ihnen nicht. Es wäre

anders — meine Mutter hätte es mir selbst gegeben." Hilflos schweigt Liebenlohr. Da wendet Marianne ihr Gesicht zu dem Mädchen, es ist wie von einem ungekannten Schimmer sanft entzündet. „Elisabeth", sagt sie» „mir werden Sie es glauben, sie konnte es nicht mehr selber ge ben, sie ist tot." Und sie lächelt zu Elisabeth hinüber, in ferner Liebe, eine fremde Frau. „Das sagte man mir immer", sinnt Elisa beth. „Sie dürfen das Geld ruhig nehmen, tun Sie es. Man darf es einer Mutter doch nicht abschlagen." Elisabeth

, damit auch ärmere Kinder kostenlos zum Genuß des gesundheitlich wichtigen Geträn kes kommen. benlohr hinüber: Sprach ich falsch? Rate mir, was ich sprechen soll, was ich tun darf! Er steht auf, er kommt um den Tisch her um, er nimmt Elisabeth an der Hand. „Ich weiß nur eine Lösung", sagt er, „die einzig richtige in jedem Fall —" Und er führt sie wie ein Kind an der Hand hinaus, hinter die Himbeerhecke, und läilt sie stehen und kommt leise zurück. Marianne sitzt am Tisch, den Kopf tief gebeugt, er stellt

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 6
Datum: 07.12.1954
Umfang: 6
an sich, über dem ihren ist sein Gesicht voll Zorn und Liebe. „Ach, wer versteht euch schon, Spielbären sind wir, weiter nichts!“ Elisabeth streicht sich mit einer Traum gebärde das Haar zurecht: „Weißt du, was ich jetzt möchte? Hinuntergehen und auf dem großen Flügel spielen, all* das herspie len, was man nicht sagen kann!“ Er antwortete nicht. Die Stille rieselt laut los wie flüssiger Silberschaum von Sternen in das Laub. „Und du“, fragt sie, „was möchtest du?“ Er drückt ihren Kopf enger an sich, sein Gesicht erscheint ihr fast

ein wenig fremd in diesem Augenblick, mit seinem starken Kinn, der hochgesattelten Nase und dem Blick über sie hinaus: „Ich bin nun wieder anders musikalisch, die Kompressoren möcht ich hören, selber hintergeklemmt um zehn Haarnadelkurven — und ganz vom müßte schon das Band sein, Herrgott nochmal! Und wieder wissen, daß man ein Kerl geworden ist, daß das Leben groß ist, daß es zwei Na men für mich hat: Sieg — und Elisabeth!“ IX Elisabeth bekommt allmählich feste Kund schaft: da ist dieser Doktor Clemens

Sicho, vor dessen Tür sie regelmäßig eine halbe Stunde lang warten muß. Dann kommt er, sich den braunen Wollschal über den Man telkragen wickelnd, immer sehr eilig und immer verspätet und auch an heißen Tagen wie für eine Polarfahrt eingepackt, ein klei ner, unansehnlicher Fünfziger, mit schwar zem Krausbart unter dem Kinn und eigen tümlich hellen, aufmerksamen Augen. Er ist gar nicht schön. Elisabeth möchte oft be zweifeln, daß er viel Patienten hat. Aber dann sind da seine Hände, schmale, lange

, schlankgliedrige Hände, zart, gepflegt, und sehr sensibel. Gelblich blasse Hände, wie sie wohl auf alten Bildern längst verstorbener Kardinäle sind. Wenn Elisabeth sie sieht, ändert sie ihre Ansicht; diese Hände haben sicher vielen schon geholfen, es muß viel leicht beruhigend sein, sich ihnen anver trauen zu können. Doktor Sicho macht seine Besuche meistens vor der Stadt. Elisabeth hält an Häusern, die nichts weniger als stattlich sind. Es kann auch verkommen, er ruft sie durch ein Fenster in so ein Haus

die Instrumente, den willenlos gewordenen, wie erstarrten Vater haben sie aus der Tür ge schoben. „Wir können keine Narkose mehr machen — halten Sie das Kindl" Elisabeth biegt den Kopf in den Nacken zurück, sie kommt an den Tisch und spürt: ihre Füße gehen über Glas. Aber sie legt beide Hände um die Kinderschultern, sie sind so kalt, ihre Hände, daß sie nicht einmal die Hitze des kleinen unruhigen Körpers fühlt. Und da legen sich ein paar andere sachlich und leicht darüber und schieben mit ein paar kurzen

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 6
Datum: 29.12.1954
Umfang: 6
... .. . mit 31 endlich ganz daheim SS KÄTHE LAMBERT Das »SMeH, presserechte by Europäischer Kultur dienst, Salzburg | Johanna zerrt an ihrem zerknüllten Ta schentuch. „Wie kann ich es ihm denn sa gen, jetzt, wo er mitten in den ^rohen steckt? Und wo alles darauf ankommt, daß das Stück Erfolg hat und er Karriere macht und einen Namen kriegt, und wo wir uns doch kaum mehr sehen jetzt“, beendet sie ganz leise und sagt damit eigentlich viel mehr, als sie sagen will und Elisabeth wis sen sollte. „Und deine Karriere

“, fragt sie, „und was wird denn mit dir?“ Johannas Gesicht verwandelt sieh sonder bar. Es wächst ein Blühen darin auf, ein feines, kleines, untergründiges Blühen von ganz eigenem Reiz. „Ich will ja gar nichts“, sagt Johanna Karmann mit diesem leise blühenden Ge sicht, „das mit dem Singen ist doch jetzt nicht wichtig!“ Elisabeth schweigt, sie denkt, daß irüoen im Salon der Frau Mama der junge Pankraz sitzt, in Firma Pankratz & Co., Eisenbeton und Stahlschienen, geschniegelt und gebü gelt sitzt

er da und hat viel Geld und bietet eine gute Position und rechnet wahrschein lich mit Bestimmtheit darauf, diese Vorteile gnädig zu verschenken, er ist was, und er hat was, und wenn er fremden Frauen nach läuft, wird die eigene es darum nicht schlechter haben. Er sitzt und wartet auf Johanna. Da klingen die Schritte wieder draußen durch den Flur, dieses Mal sind sie lauter hastiger, diesmal ist's die Frau Landge richtsdirektor selbst, die sehr verärgert an klopft. „Geh bitte nach vorn“, flüstert Elisabeth, „geh

, liebe Hanna, es ist vielleicht besser in diesem Augenblick.“ Johanna steht wirklich auf und geht zur Tür. Sie hat etwas erzwungen Gehorsames, Erstarrtes im Gang, ihr Gesicht ist fleckig rot, der steife Tüll umknistert sie und bauscht sich wie eine rosenfarbene Glocke um sie her. Elisabeth muß an die erstarrte Grazie von Teepuppen denken. » „Ich komme schon, Mama!“ hört sie Johanna sagen. Sie hat eine fremde, ganz und gar verschlossene Stimme, und Elisa beth nimmt an, auch Töchter, die Mütter

haben, sind oft sehr allein. Noch an der Tür legt Johanna den Finger an den Mund. Elisabeth kommt nach Hause, in Leones Zimmer brennt noch Licht, aber Elisabeth geht stumm an der Tür vorüber, sie kann Leone jetzt nicht sehen. Die hört den jungen Schritt von innen, sie hört die Tür zum an deren Zimmer aufgehen und abgeschlossen werden. Wie ein Schlag durchzuckt sie der Laut des umgedrehten Schlüssels, es ist das erste Mal, daß Elisabeth so etwas tut. Leone Grifius bleibt auf ihrem Bettrand sitzen, mechanisch

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 6 von 10
Datum: 01.08.1914
Umfang: 10
traten und im Dunkel der Nacht ver schwanden. Z w a n z i g st e s K a p i t e I. In der Gnfel. „Befiehl' du deine Wege Und alles, was dich kränkt. Der treuen Vaterpflege Dess', der den Himmel lenkt!" So klang es, von den wehmütigen Tönen der Bratsche begleitet, aus dem Munde des alten blinden Schwarze durch die einbrcchende Nacht zum Erker des Büchsenhauser Schlosses empor. Auf demselben saß Elisabeth, in Trauerkleider gehüllt, neben sich ihren Knaben, der ^mit^kindlichem Wohlgefallen dem Gesang

. — Er kommt doch^Gald, MrtMlein? Sage doch, warum ist Der Vater so lange von uns fort?" — 543 — „Frage nicht, mein Sohn," erwiderte Elisabeth, „dein Kinder gemüt könnte es doch nicht begreifen . . . Der Vater kommt nicht wieder hieher, aber auch wir bleiben nicht mehr hier! Wir reisen fort, : in ein anderes Land, wo der Vater uns erwartet!" „In ein anderes Land?" ries der Knabe neugierig. „Von dem mußt du mir erzählen, Mütterlein, sobald ich dem Blinden das Geld gebracht habe. Ist es schön

reisen, brauchst du ja nicht mehr zu weinen! Hast du das schöne Lied nicht gehört — befiehl du deine Wege? O — Benedikt weiß recht gut, daß damit der liebe Vater im Himmel gemeint ist . . . der wird uns schon auf der Reise führen, daß wir zum Vater kommen!" Der Knabe sprang mit der erhaltenen Münze fort, Elisabeth aber j sank in die Knie und hob die gefalteten Hände inbrünstig zu dem j Nachthimmel empor, durch dessen Schwärze die ersten fernen Blitze i zuckten. „Ja, mein Gott, das will ich tun!" rief

, die Magd, kam eilig herbeigelaufen und meldete ver-i stört, daß Leute vom Gerichte gekommen seien und Einlaß verlangten, j „Heute noch?" fragte Elisabeth befremdet . „ . „Aber geh' nur! [ Sie mögen kommen — Hab' ich doch schon lange die Macht verloren, jemand den Eintritt in diese Räume zu verweigern!" Die Magd! ging, aber auf dem Gange drang ihr schon Fackelschein entgegen; der! späte Besuch hatte nicht auf Antwort und Bewilligung gewartet — mit einem Gefühle des Schauders erkannte Elisabeth

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 5 von 16
Datum: 23.05.1936
Umfang: 16
Seite 5 <)} r 118 Samstag, den> 23. Mai 1936 Anna ffioleyn %nv UOO. Wiederkehr ihres Minriehlu ii gSteiges Der Name Boleyn spielt in der Veibensg eischichte des vor vierhundert IUhren lebenden englischen Königs HeinrichVIll. ^jne schwerwiegende, !ja entscheidende Rolle. Wenn der Ihomas Böleyn -nicht die Elisabeth Howard geheiratet ^jlie. würde die Weltgeschichte und auch die Geschichte des Kritischen Reiches heute ein ganz anderes Antlitz tragen: dann wäre -England katholisch geblieben

und es hätte keine Königin Elisabeth gegeben. Aber so . . . Wenn auch König Heinrich VIII. sechs Frauen gehei ratet hatte, soll man ihn niemals als einen sinnlichen Men schen hinstellen; denn es war bei ihm durchaus keine männ liche Lust. Cattinnen zu wechseln, sondern es trieb ihn, einen männlichen Erben zu liäbeu, ganz gleich von welcher Frau er auch kommen mag. nur daß es seine angetraute Gattin sein mußte. Daher unterlag er einer fast unbegreiflichen weibischen Launenhaftigkeit

. Also soll man ihn nicht für brutal halten. Brutal ist er nur durch seine zahlreichen Hinrichtungen. Während seiner 38jährigen Regierungszeit M 1509 bis 1547 hat er 976 Menschen öffentlich hinrichten lassen. Seine erste Lübbe schenkte er als siebzehnjähriger Prinz von Wales der schönen Frau Elisabeth Boleyn, einer ge borenen Howard, deren Familie königlichen Mutes war. Diese Frau war die Mutter seiner späteren Geliebten Mary Bölchn und seiner Zweiten Gattin Anna Boleyn, die er in ieiner Launenhaftigkeit vor vierhundert Jahren

in seinem großen weiblichen Hofstaat gehalten. Da fiel ihm eine recht schöne Kammerjungfrau der Königin aus, namens Elisabeth Mounk, eine Nichte seiner eisten Geliebten Elisabeth Boleyn, die er zu seiner Freu-ndin machte, indem er ihr ein schönes Schloß schenkte. Denn als er die Regierung antrat, lieh er in allen Teilen seines Lan des fünfzig prachtvolle Schlösser aufführen. Doch dieses Mädchen gebar ihm einen wunderschönen Sohn, den er in 'einer allergrößten Batersreude Henry Fitzroy d. h. Heinrich

der Königssohn, taufte. Aber er war ein Bastard, leider. Er er-höb ihn später (1525) zu einem Herzog!von Richmond und Somerset. Er blieb immer ein Herzog und wurde nie llönig. Heinrich verheiratete Elisabeth bald -mit einem ehe maligen Pagen des Kardinals Wolsey. Er trug den guten iranzösischen Namen Taillebois. Doch den kleinen Henry ^tzrvh nahm der König zu sich und ließ ihn in seinem schloß Whitehäll erziehen. Während eines Aufenthaltes in Fontainebleau als Gast des Königs -Franz I. von Frankreich sah

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 2 von 12
Datum: 04.12.1954
Umfang: 12
sein! Die ser Mann und ich, wir haben Großes vor: den Preis von Deutschland zu gewinnen und zu heiraten! Und vorher feiern wir jetzt ein bißchen, ich habe auch noch Portwein da und Cherry Brandy!" Ach, Cherry Brandy, denkt Johanna, und wird rot. „Wollen wir nicht dooh Tante Leone wecken?" fragt sie. „Du bist verrückt“, tippt Elisabeth auf die Stirn. „Jetzt, wo es gemütlich ist. Wer wach ist, bleibe es, geweckt wird nicht!“ Sie sitzen um den runden Tisch und ha ben auf Elisabeths Wunsch kein Licht

, wie von Nacht und Jugend verzauber ten, geheimen Ton. Sven Egwind, der an seiner Schulter Elisabeths Stirn fühlt, denkt: Was hat sie? Aber da sagt Elisabeth schon schnell und fast hastig; „Hört zu, vielleicht äntexessien es euch. Ich fahre Marianne Weyda an die See!" Es gibt eine lautlose, wie verhaltene Stille. Dann stellt jemand mit scharfem Ruck sein Glas zurück. „Nein“, sagt Sven Egwind brüsk, „nie mals!" und läßt Elisabeths Hand los. Sie fragt mit einer kleinen, dunklen Stimme: „Warum nicht?" Egwind

steht auf, er geht vom Tisch fort an das Fenster. Groß und eckig zeichnet sich sein Schatten gegen die blasse Hellig keit der Nacht. „Ich habe mir schon so etwas gedacht“, sagt Elisabeth am Tisch, „warum habe ich euch mit dazu gewollt? Ich war einfach zu feige, es ihm allein zu sagen! Aber nun tue ich 's doch! Ich muß es einfach tun, es wird mich keiner hindern!" „Elisabeth", meint Johanna leise und schiebt die Hand auf ihren Arm. „Komm doch wieder her, Sven", bittet Elisabeth

. „Es kann für dich doch neben sächlich sein." Im Grund der Stimme zuckt die Unruhe. Ist es ihm wirklich nebensäch lich? Versteht er diese Unruhe? Er kommt wirklich zurück und setzt sich wieder an seinen Platz — die Stille ist wieder da — länger als vorher — anders. Man hört die Grille noch man hört den leisen, dunklen Atem der Nacht, aber irgend etwas ist ver ändert und abgebrochen worden, sie empfin den es alle. »Wob.«* kennst du , , . sie?" fragt Egwind endlich und sitzt unbeweglich da. Elisabeth seufzt

. Man soll nichts verheimlichen, nach her ist alles noch einmal so schwer. „Ich fuhr sie schon einmal, daran ist nichts zu ändern, es ist doch sozusagen mein Beruf. Ich sagte dir damals nichts davon — du mußt das verstehen.“ „Ich verstehe gar nichts! Natürlich hättest du es mir sagen müssen. Ueberhaupt, was für ein Wahnsinn, mit dieser Frau zusam menzukommen, ich verstehe dich nicht, Elisabeth!“ „So", fragt Elisabeth langsam, „du ver stehst mich nicht — warum denn nicht? Darf ich jetzt vielleicht von mir aus fragen: Was geht

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Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
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Seite 3 von 6
Datum: 26.01.1955
Umfang: 6
und nicht mal mehr einen gesunden Fluch verschwendet. Sven Egwind würde er eine furchtbare Grobheit sagen, das weiß er, aber Siebenlohr würde er kaltblütig kaputthauen können! Plötzlich schmeißt er Kabunke das Schlauchende zu und brüllt: „Unten absprit zen! Petroleum auf stäuben — un det vor morjen früh. Um vier Uhr wird der Karren abjeholtP, krempelt sich die Aermel hoch, behandelt einen vor den Tank vorfahrenden Wagen mit der Verachtung eines Unbetei ligten und verschwindet in der Kabuse, wo Elisabeth

noch immer am Tannenholztisch sitzt und auf die schlechtgetünchte, ver schmierte Wand starrt. Wollkircher räuspert sich wie ein ver schnupftes Walroß, wirft nur des Anscheins halber ein paar Werkzeuge rasselnd durch einander, krempelt die Aermel runter und wieder hoch und schiebt sich mit unbeholfe nen Schritten an den Tisch heran. „Lisabeth- chen“, sagt er halblaut, „biste noch immer Wachsfigur?" Elisabeth antwortet nicht, sie macht gar nicht den Eindruck, als ob sie ihn gehört hätte. „Elisabeth

", flüstert er, „schlag ‘n tot." Elisabeth macht eine kleine, ungeduldige Schulterbewegung, er kratzt sich hinterm linken Ohr. „Denn hau ihm wenigstens eene runter, lackier ihm eene!" „Wem?" sagt Elisabeth und dreht sich plötzlich ruhig zu ihm um. „Na, deinem, wem denn sonst! Denkste, dem andern ließ' man so ‘ne Ehre wider fahren?“ Sie hebt die Hand und streicht ihm ein mal leicht über den Arm. Es ist eine kleine, traurige Bewegung. „Onkel Max", fragt Elisabeth, und ihre Stimme kommt aus einem tiefen

„Dornröschen" her aus. „Weaßte, Elisabethehen“, sagt er und spuckt die abgebissene Spitze in die Ecke, „det is nu so, der Mensch hat Rennfieber! Janz jlatter Fall — so wat Aehnliches ha'm se alle! Und bei ihm is es nu besonders, jetzt, wo det wieda losjehn soll, un da kommt nu diese va- fluchte Du — Duplissität der Fälle, oder wie det heeßt — fahr doch nicht uff, Lisabeth- chen, ick weeß doch, dat es nich so is, aber er denkt et — er denkt et!" „Er darf aber nicht so denken", springt Elisabeth hoch

zurück. Es ist geplant, den Lufttaxiverkehr nach Sonthofen und Bad Reichenhall auszudehnen. Kinderspiele auf der hahrbahn sind Spiele mit dem Tod! grübelt Elisabeth mit einem Blick, der Woll kircher wehtut, es kann doch nicht so aus löschen, um nichts und wieder nichts!“ „Laß doch det Rennen erst vorüba sein", tröstet Wollkircher, „laß ihn doch erst wieda normal sint, und denn wirste ja weita sehn!" Elisabeths Augen bohr m wieder Löcher in die Wand: „Ich mövJite n ,r wissen, w >r es ihn . ge sagt

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