digte und dessen Machwerke ein braves Mädchen nicht sehen und hören kann, ohne daß ihm die Schamröthe siedend heiß in's Gesicht ge peitscht wird, ist ein pari- sirter Deutsche, Jakob Offen bach, der Nachtreter Meyer- beer's, der ja auch den Haupteffect in eine glänzende Scenerie legte und dessen verflachte Musik künstlich mit Ballet und scenischem Pompe aufgebauscht wurde. (Beide Compvnisten sind Juden.) Ein würdiger Bruder der Posse und der leichtgeschürz ten Operette ist der moderne Roman
. Ohne Roman kann das bescheidenste Kreis- und Wochenblättchen nicht bestehen; eine wahre Sünd- fluth von Romanen hat die Welt überschwemmt. Die selben sind streng genommen weiter nichts, als ein Zeit vertreib, ein Futter für den nach angenehmer Unterhal tung schmachtenden Geist, das Süßholz, an welchem die Phantasie gierig saugt, — und die zählen zu den be sten, welche vermögen, außer der Süßigkeit (oft freilich süßes Gift!) dem Geiste auch Nährstoff beizu bringen. Da die Romane, ^ — —— welche ein Bild
' im 2. Jahrhundert nach Christi Geburt. Aus den Rittergeschichten der romanischen Sprache (Cervante's Don Quixote), den Fabulae und Romanzen entwickelte sich erst im 17. und 18. Jahrhundert der Roman, eine Zwittergattung der poetischen Literatur, leicht gearbeitet, leicht vergessen, leicht wiegend auf der Schale der Kunst kritik. Der Character des Romans beruht auf Jdealisirung der Menschheit nach allen ihren Individuen und nach allen möglichen Modisicationeir des Lebens, die ästhetisch darstellbar
. Die Geschichte macht uns klüger, der gute Roman, welcher mögliche oder doch wahrscheinliche Vor kommnisse im Gewände der Fiction, der Dichtung bringt, soll uns bessern, indem er uns einen Spiegel des Lebens und der Erbärmlichkeiten des Da seins vor Augen hält; jene unterrichtet, dieser soll auch erheben, rühren, erheitern, belehren. Aber wie ist dies möglich, da er die Welt eher in falschem Lichte zeigt! Zu einer wissenschaftlichen Abhandlung ist Fach kunde erforderlich; zu einem guten Romane
, sich mit den dargestellten Personen zu identifiziren und später selbst ein Stück Roman zu spielen. Unnatur ist die Zergliederung der einfachsten Handlungen, 'statt der frischen That fin den wir endlose Reflexionen und langathmige Monologe, wie sie nirgend vorkommen; Unnatur im Leben wird denn auch gar zu leicht der Fluch des Romanlesens. Es ist nicht ohne Bedeutung, daß im gewöhnlichen Leben Romanlesev, gern Romynlesen, viel Romanlesen trotz der heute viel toleranter geworde nen Anschauung über diese Lectüre noch immer