Das Straßenwesen des Mittelalters und die Römerzüge. 69 mittelalterlichen Herrscher tatsächlich zuwuchs, offenbart sich der wirkliche Charakter jenes römisch-deutschen Reiches und damit zugleich das Mißverhältnis zwischen Schein und Wirklichkeit, das als Leitmotiv des mittelalterlichen Kultur lebens überall heraustritt. Die Geschichte zeigt es allenthalben, wie das Oberhaupt eines festgefügten und in sich sicheren, wenn auch noch so großen Reiches es durchaus nicht nötig hat, fortgesetzt
, ohne daß doch die römischen Kaiser in den langen Zeiten ihrer Machtfülle öfters persönlich im Norden der Alpen zu erscheinen nötig hatten, wie in ihrer häufigeren Anwesenheit auf der Schattenseite des Reiches je länger je mehr nur ein Zeichen für die Lockerung der alten Verhältnisse zu Tage tritt. Die fränkischen und deutschen Könige haben dagegen seit Karl dem Gr. Jahrhunderte hindurch kein anderes Mittel gefunden, um ihrer Stellung als Herrscher des Abendlandes zu genügen, als unausgesetzt mit den Orten
deutschen Kaiserzeit ist daher äußerlich zwar eine ebenso glänzende und dramatische Reihe großer Ereignisse, innerlich dagegen nur ein wechselvolles und keineswegs erhebendes Bild menschlicher Lebenslagen. Die selben Erscheinungen, Römerzüge und Kreuzzüge, die Kämpfe mit der Kurie, mit den Vasallen und diejenigen gegen die Slaven folgen in bunter Folge auf einander, während die Hauptsache, die durch jenen glänzenden Schein verhüllt wird, die Lebensfähigkeit des abendländischen Kaisertums
selbst, einer unglaub lichen Unstetigkeit, einem jähen Wechsel zwischen den höchsten Ansprüchen der Weltherrschaft und der mühsamen Behauptung in der Stellung eines deutschen Wahlkönigs unterworfen ist. Vieles ist eigenartig an dieser Entwickelung und uns heute fast wunderbarer als manche noch viel weiter in der Vergangenheit zurückliegende Ereignisse; das Merkwürdigste bleibt aber doch die lange Dauer jenes Zustandes, der sich in derselben Weise vom Beginn des neunten bis in das dreizehnte Jahrhundert hinein immer