Mythen und Bräuche des Volkes in Oesterreich : als Beitrag zur deutschen Mythologie, Volksdichtung und Sittenkunde
Zwergen, und endlich jene, die in das Wasser fielen, zu Meer weibern und Wassermännern. In jedem Flusse oder Bache, in jedem Teiche hält sich der Wassermann auf und zwar in jedem Gewässer ein anderer. Es können in einem Flusse auch mehrere dieser Geister sein, jedoch leben sie weit von einander entfernt und ohne gegenseitige Hilfeleistung, denn sie hassen einander. Der Wassermann ist kein Freund von Gesellschaften; er hat daher bei seinem Handwerke keine Gehilfen
, sondern er ist sich selbst alles, und der unumschränkte Beherrscher des Wasserreiches. Derjenige, welcher im Teiche lebt, hält sich im Schilfe auf, der Fluß-Wassermann hingegen ist viel besser daran als der erstere , denn man glaubt, daß er nicht im Wasser lebe son dern unter demselben, wo sich eine andere Welt ausbreitet. Dort ist es nie Nacht und niemals kalt; das Land ist ohne Berge und unfruchtbar, jedoch gibt es üppige Wiesen und wunderschöne Auen In der Mitte derselben erhebt sich der Kristallpalast, in dem der Wassermann allein wohnt
. Dort hält er die Seelen in Töpfen eingeschlossen. Er ist aber keineswegs fortwährend auf sein Reich und das Wasser beschränkt, sondern er hat auch die Macht auf der festen Erde zu erscheinen, weil er die Fähigkeit hat, sich zu verwandeln. Trotzdem läßt sich der Wassergeist selten in einem Dorfe sehen, da er den Umgang mit Menschen meidet. Er kommt nur dann, wenn ihn die Noch zwingt. Den im Teiche lebenden denkt man sich mehr dem Thiere, als dem Menschen ähnlich. Der Leib ist nackt und grün, der Kopf
nach hinten mit sehr langen Haaren von grasgrüner Farbe bedeckt. Die Augen gleichen an Glanz und Farbe zwei funkelnden Smaragden. Der große Mund ist mit spitzigen Zähnen besetzt, und die gestreckten Füße wie auch die Hände sind mit krummen Krallen bewaffnet. Er sitzt im Schilf, nicht weit vom Ufer entfert, und nur der Kopf ragt über dem Wasser empor. Nur der Fluß-Wassermann erscheint auf der Erde, und zwar in Gestalt eines mittelgroßen Mannes, in grüner Kleidung, und