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Lienzer Zeitung
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Seite 30 von 32
Datum: 31.07.1909
Umfang: 32
? — Und in was für welche! Heiliger Schiller.... Wie kann so ein nettes Balg so was verbrechen! Von Berufs wegen müßte ich da wirklich gröblich werden! Aber gegen mein künftiges Bcäutchen kann ich doch kein solcher Ruppfack sein. Was mache ich nur? Halt, ich hab's schon. Hinweis auf ein schönes Zitat, zarte Anspielung auf künftiges Glück, verblümte Liebeserklä rung zwischen den Zeilen.... Arno, du bist doch ein Glückskerl!' Wonnestrahlend ließ Federlein den Bleistift über den Kon zeptbogen fliegen und als gerade der Setzer Mayer

sich schmollend zur Tür hereinschob, um Material zu holen, meinte der Gestrenge schmunzelnd: „Na, Mayer, stehen Sie doch nicht da wie ein Leichenhuhn. War nicht so böse gemeint. Keine Dummheiten mehr machen. Nicht nur arbeiten, auch denken dabei, immer denken, das ist die Hauptsache. Hier diese Zeilen noch rasch setzen. Redaktionsbrief kasten. Verstanden? Und sagen Sie Ihrem Kollegen Müller, zu meiner baldigen Verlobung gäbe es Freibier!' Mit dem Rufe: „Schnell, schnell, ehe Papa die Zeitung an sich nimmt

Sprachrohr. „Mayer, Müller, in Henkers Namen, sofort herunterkomme? !' Nichts Gutes witternd, traten die beiden an. „Daß Sie es nur gleich wissen,' fauchte der Chef ihnen ent- gegen: „Sie find alle beide entlassen!' „Wir?' erstaunten sich die Männer der Druckerschwärze. „Haben Sie hier anstatt Lied — Leid gesetzt, oder nicht, Mayer?' wandte sich der Doktor an den Setzer. „Ja, aber ...' stammelte dieser betreten. „Haben Sie anstatt Leid nicht Lied korrigiert, Müller?' „Nein, aber ...' stotterte

der verwirrt. Wie ein verrückt gewordenes Auto raste Federlein durchsZimn r. „Also richtig! Diese Esel haben es gewagt, meinen, ihres Cl f- redakteurs Text auf eigene Faust umzuredigieren, aus ein m lieblich-unschuldigen ,ie' ein verbrecherisches, zum Himmel rä chendes ,ei^ zu machen! So was ist ja seit Erfindung des C tz- kastens noch nie dagewesen!' „Aber der Herr Doktor sagten doch ...' wagte Mayer ein zuwenden. .,Der Herr Chef meinten neulich ..sekundierte Müller. „Und da dachten wir ' vollendeten

!' „Und das Freibier zu des Herrn Doktors Verlobung?' er kühnte sich Mayer zu fragen. „Rrrraus!' erscholl es und zwar so bedrohlich, daß sich's die beiden nicht zweimal sagen ließen. Die böse Sache hatte aber doch ihr Gutes! Sie brachte den außerhalb seines Amts so lämmchen-schüchternen Doktor dazu, Stadtrats Erika den wahren Sachverhalt persönlich auszuklärei,. Denn das „vom gemeinen Menschen' konnte er doch nicht aus sich sitzen lassen. Das verbot seine Journalistenehre. Und diese Auf klärung glückte so famos

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