den Madjaren niemand verübeln, denn es ist ein selbstverständliches Bestreben, von dem auch alle andere Nationen geleitet sind, welche sich nicht selbst ausgeben wollen. Aber die Madjaren be gnügen sich nicht bloß, alle Vorteile zu erringen und Oesterreich zu schwächen, nein, Oesterreich muß dafür noch in der brutalsten Weise miß handelt werden. Wie, so wird man fragen, ist es denn möglich, daß ein solches Verhältnis — nämlich der Dualismus — zwischen Oesterreich und Ungarn geschaffen
und dazu noch durch vier Dezennien bis heute in Kraft bleiben konnte? Ganz einfach, weil Oesterreich eben unter allen Umständen Großmacht sein sollte. Diesen Stand punkt nützen die Herren Madjaren natürlich gründlich aus und daher ihre ungeheuren Vor teile. Jetzt sind aber die Rollen gewechselt. Nun hat Oesterreich fast nichts, Ungarn aber alles zu verlieren. Bisher hatte Oesterreich das Groß machtsinteresse. Aber die Erhaltung dieser pro blematischen Macht — man denke nur an die Desertionen der ungarischen Regimenter
— hat so viel gekostet und kostet heute noch so viel Geld, daß dieses Interesse gänzlich erloschen ist. Nun wehren wir Oefterreicher uns unserer Haut ganz energisch. Wir sind zwar keine Feinde der Madjaren, aber wir sind treu für Oesterreich als unser Vaterland, und das werden die Herren jenseits der Leitha wohl noch erlauben, daß wir uns als Oesterreicher fühlen dürfen. Wir haben vierzig Jahre hindurch immer nur zu verlieren gehabt, wir sind heute auf dem Standpunkte: wir haben nichts mehr verlieren. Entweder muß
, die keine historische Reminiszenz mehr zu vergolden vermag, die kein Hoffnungschimmer mehr in wär mere Farben taucht, zurechtzufinden; allein es ist für uns eine Pflicht der Selbsterhaltung, nicht daran zu denken, wie herrlich es wäre, wenn die Dinge anders stünden, sondern mit ihnen zu rechnen, wie sie sind. Und da stellt sich der Schluß ganz von selbst ein, daß wir der Perso nalunion zusteuern, und daß auch das kleinste Opfer für Oesterreich zu groß ist, um den Ein tritt eines Ereignisses, das kommen muß
, um Wochen, Monate oder nm ein paar flüchtige Jahre zu verzögern. Etwas verhüllen zu wollen, was nicht mehr zu verhüllen ist, ist der schwerste politische Fehler, der begangen werden kann. An sehen und politische Reputation haben gerade wir Deutsche in Oesterreich in Menge in das Da- naidenfaß des Ausgleiches geschüttet, sollen wir jetzt auch noch den ärmlichen Rest, der uns ge blieben ist, hergeben, um, wenn die dualistische Firma doch falliert, als von allem entblöste, politische Bettler dazustehen