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Bücher
Jahr:
1908
Jochrauten.- (Gesammelte Werke ; Bd. 5)
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Seite 280 von 382
Umfang: 376 S.. - 6. verb. u. verm. Aufl.
Anmerkungen: ;;;;
Signatur: II 63.047/5
Intern-ID: 73399
Z7S — So gelangten sie an den Widum. Auf dem Gang vor der Türe knieten die Weiber, sie beteten den Rosen kranz, wie die Männer in der Stube die Absätze laut angaben. Als Norbert eintrat, flüsterte ihm eine zu: „Schleim' dich nur, er hat schon die Seel auf der Zunge, war nur sein Vater da!' Beklommen griff Norbert nach der Klinke, der Priester lag im Bett ausgestreckt, den Rücken auf Pol ster gestützt, atmete er schwer. Ueber sein fahles Ge sicht beugte sich der Pfarrer mit dem Kruzifix

und sprach leise Worte des Trostes, die jener wenig zu be achten schien. Sein halbgeschlossenes Auge war mehr nach innen gewendet; als er jedoch das Knarren der Tür hörte, öffnete er es weit und starrte stumm hin aus. Der matte Blick fiel auf Norbert, er hob den Arm und faßte krampfhaft seine Hand. „Laß dir raten von einem Sterbenden,' begann er, „laß dir raten, Norbert, geh nicht in die Theologie, und wenn du um Brotrinden betteln müßtest, geh nicht und werde nicht so unglücklich

, wie ich es war.' Er lehnte sich matt zurück und schloß die Augen wieder. Erstauntes Flüstern ging durch das Zimmer, der Geist liche verdoppelte sein Gebet, griff zum Sprengwedel und ließ die geweihten Kerzen anzünden, um den Teufel, der ihn noch am Tor der Ewigkeit versuche, zu verscheuchen. Norbert trat betroffen Zurück, er wagte nicht fort zugehen und kniete neben den Bauern nieder, um mit ihnen zu beten. Der Priester war nicht im Orte geboren, sondern zu Wörgl. Man hatte eilig hingeschickt, den Vater 18*

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Bücher
Jahr:
1908
Jochrauten.- (Gesammelte Werke ; Bd. 5)
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Seite 272 von 382
Umfang: 376 S.. - 6. verb. u. verm. Aufl.
Anmerkungen: ;;;;
Signatur: II 63.047/5
Intern-ID: 73399
chen und Schnitzwerk, wie es das Mädchen bei Kate chesen und Prüfungen oder auch von waNdernden Or densbrüdern erhalten Hatte. Der Jüngling betrachtete das alles mit wahrem Behagen. Auf einem Gestelle standen glasierte Scherben mit Blutnelken und Ros marin, von denen in Tirol die Braute einen Strauß zur Kirchfahrt mitzunehmen pflegen. Da hält ein Madchen viel darauf, daß es die Blumen selbst ge pflanzt und für den Ehrentag gepflegt habe. „Schau, schau!' rief Norbert, mit dem Finger hindeutend

, „hast du darauf auch schon gedacht?' und seme Stimme bebte wie von heimlicher Beklommenheit. „Das nicht/' erwiderte Marie, „wozu sollte ich auch? Wenn du deine erste Messe liest, will ich ein Kränzchen davon tragen. Ich mochte dich um etwas bitten und Hab' es schon lange auf der Zunge.' Norbert sah sie forschend an. „Ich würde,' fuhr sie fort, „bei deiner Primiz gar Zu gern die geistliche Braut vorstellen.' „Meine Hand darauf,' rief der Student, „du wirst es und keine andere!' Um ihre Wangen spielte

ein sanftes Lächeln, als wäre ihr die schönste Zukunft verkündet. So bescheiden war dieses kindliche Herz, daß es ihm genug schien, an jenem Ehrentag die Braut des neugeweihten Priesters, die katholische Kirche, symbolisch darzustellen; kein an derer Wunsch, kein anderer Gedanke erwachte in ihr, denn das stand wie eine hehre Notwendigkeit vor ihrer Seele, daß Norbert Geistlicher werden müsse. Marie pflückte ein Zwerglein Rosmarin und Nelken, das sollte Norbert mitnehmen auf die Reise und auch in

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Bücher
Jahr:
1908
Jochrauten.- (Gesammelte Werke ; Bd. 5)
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Seite 266 von 382
Umfang: 376 S.. - 6. verb. u. verm. Aufl.
Anmerkungen: ;;;;
Signatur: II 63.047/5
Intern-ID: 73399
auch dem Norbert nichts ein, er tue was immer, wenn er nur brav bleibt; denn das Herz macht den Men schen und nicht der Rock.' Da kamen einige Nachbarn, denen bald andere folgten. Sie wollten von Norbert Abschied nehmen, der war aber noch nicht heimgekehrt. Die Alten ver tieften sich bald in ein Gespräch, die Bursche horchten, die Hände in den grünen Hosenträgern, den Reden der Bäter. Es wurde vielerlei verhandelt über Ernteaus sichten und Wochenmarkt, und ob das Almvieh Heuer gedeihe. Bald

darauf trat Norbert ein. Er mischte sich unbefangen in die Unterhaltung und erZählte mit der größten Lebhaftigkeit von den neuen Versuchen, die der landwirtschaftliche Verein im Hofgarten zu Inns bruck mit verschiedenen Früchten veranstaltet habe. Es schien fast, er verstehe sich besser auf Düngungsmetho den und Dreschmaschinen, als auf Sinus, Tangenten, Quadrate und philosophische Fragen. Endlich mahnte die steigende Dunkelheit zum Auf bruch. Jeder wollte noch dem künftigen Theologen ein herzliches

Wort sagen, dieser bot rings die Hand und mit lauten Glückwünschen schied endlich der Schwärm. Auf der Schwelle wandte sich ein Schulkamerad Norberts noch um, er hatte den Abend sehr wenig ge sprochen, und rief nun zurück: „Norbert! der Hans, ich und der Jagg haben gelobt, dir, wenn du die erste Messe liest, einen Maibaum vor das Haus zu pflanzen, den höchsten, den wir im ganzen Walde finden. Be- hüt dich Gott!' Er ging rasch hinaus. Eltern und Sohn waren nun allein. Da wurde alles Mögliche

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Jahr:
1908
Jochrauten.- (Gesammelte Werke ; Bd. 5)
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Seite 276 von 382
Umfang: 376 S.. - 6. verb. u. verm. Aufl.
Anmerkungen: ;;;;
Signatur: II 63.047/5
Intern-ID: 73399
nicht aufhören, um die Scheibe zu tanzen, die Kugel war tief in den vierten Kreis gedrungen. Nun traf Norbert die Reihe, aus der Zielerhütte kam der Ruf: „Die Maß Wein, die Maß Wein!' Der Student ließ sich nicht beirren, fest ergriff er das frischgeladene Rohr, er zielte scharf und lang, Blitz und Knall! — er atmete tief auf, als er den Kolben von der Wange absetzte. Jochele stand unbeweglich vor der Scheibe, wie der hölzerne Hanswurst über ihr; dann riß er sie rasch vom Pflock und eilte

Zum Schießstand. — „Eine blinde Henne hat ein Weizenkorn gefunden: das Zentrum!' schrie er von weitem, niemand wollte es glauben, am wenigsten der Student, bis sich alle durch den Anblick überzeugten; ja einige Zweifler bohrten da noch mit dem Finger in das eingeschossene Loch, alle standen verdutzt. Da ergriff ihn Hans bei der Hand und sprach: „Von jedem andern tàt es mich verdrießen, wenn er mich abgeschossen hätte, daß es aber dir gelungen ist, Norbert, das freut mich, als ob ich selbst das Best heimtragen

dürfte.' „Wer das Glück hat, führt die Braut heim!' mur melte ein Schütz nebenan. „Es ist Zufall!' sagte ein anderer unwillig, denn keiner mochte auf so schnöde Weise den Preis verloren sehen — „nur Zufall!' „Zufall?' schrie Norbert dreist, „ich werde die noch übrigen Zwei Schüsse tun, denn dreimal hat jeder das Recht, da wollen wir sehen!' Es wurde geladen, er schoß drei Kreise; denn ist der Schütz einmal im Zuge, verläßt ihn das Blei nicht! sagt ein Spruch, der sich hier bewährte. Da meinte

jener Alte: „Norbert

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Jahr:
1908
Jochrauten.- (Gesammelte Werke ; Bd. 5)
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Seite 279 von 382
Umfang: 376 S.. - 6. verb. u. verm. Aufl.
Anmerkungen: ;;;;
Signatur: II 63.047/5
Intern-ID: 73399
des Gewißens, mahnend an versäumte Pflichten. Er empfand die bitterste Reue; klar stand es vor ihm: die Äufnahme in Briren ist vorüber, wie willst du dein „Zu spät' entschuldigen, was sollst du sagen? Unter solchen Gedanken kleidete er sich hastig an; er war noch nicht fertig, da klopfte es, Hans schob den Kopf durch die Türspalte: „Nun, Gott sei Dank!' murmelte er, „der Dampf ist ausgeschlafen. Willst du kaltes Wasser?' Norbert schüttelte den Kopf und ergriff gähnend den Hut

. „Wir haben noch einen traurigen Gang/' begann Hans wieder, „schon nach dem Betläuten hat der Kooperator hergeschickt, seit Wochen ist er krank, und wird wohl auch nicht mehr gesund —- er will mit dir reden. Nachts wurde er plötzlich schlechter, das Züge«' glöcklein vermeldet ihn, wie mir der Bader zugeraunt, gewiß bald dem Totengräber.' Norbert meinte, da müsse wohl ein Irrtum sein. Hans fuhr fort: „Schon gestern, als ihm Noch ganz leidlich war, fragte er nach dir, die Häuserin traute sich jedoch ob dem Gekrach

nicht in den Schieße stand, und der Schütz, dem sie es auftrug, hat es im Rummel vergessen.' Sie traten in das Freie. Norbert ging schweigend an der Seite von Hans. Er kannte den jungen Priester, den die Bauern als leutescheu nicht sonder lich beachteten, schon lange und erinnerte sich nun man cher sonderbaren Rede, die er von ihm über den geist- lichen Stand vernommen. Jetzt wurde er noch nach denklicher.

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