Jochrauten.- (Gesammelte Werke ; Bd. 5)
Z7S — So gelangten sie an den Widum. Auf dem Gang vor der Türe knieten die Weiber, sie beteten den Rosen kranz, wie die Männer in der Stube die Absätze laut angaben. Als Norbert eintrat, flüsterte ihm eine zu: „Schleim' dich nur, er hat schon die Seel auf der Zunge, war nur sein Vater da!' Beklommen griff Norbert nach der Klinke, der Priester lag im Bett ausgestreckt, den Rücken auf Pol ster gestützt, atmete er schwer. Ueber sein fahles Ge sicht beugte sich der Pfarrer mit dem Kruzifix
und sprach leise Worte des Trostes, die jener wenig zu be achten schien. Sein halbgeschlossenes Auge war mehr nach innen gewendet; als er jedoch das Knarren der Tür hörte, öffnete er es weit und starrte stumm hin aus. Der matte Blick fiel auf Norbert, er hob den Arm und faßte krampfhaft seine Hand. „Laß dir raten von einem Sterbenden,' begann er, „laß dir raten, Norbert, geh nicht in die Theologie, und wenn du um Brotrinden betteln müßtest, geh nicht und werde nicht so unglücklich
, wie ich es war.' Er lehnte sich matt zurück und schloß die Augen wieder. Erstauntes Flüstern ging durch das Zimmer, der Geist liche verdoppelte sein Gebet, griff zum Sprengwedel und ließ die geweihten Kerzen anzünden, um den Teufel, der ihn noch am Tor der Ewigkeit versuche, zu verscheuchen. Norbert trat betroffen Zurück, er wagte nicht fort zugehen und kniete neben den Bauern nieder, um mit ihnen zu beten. Der Priester war nicht im Orte geboren, sondern zu Wörgl. Man hatte eilig hingeschickt, den Vater 18*