, wie in Günters Zimmer das Fenster geöffnet wurde. Er fand wohl keine Ruhe. Vielleicht war er aber auch zu dem Entschluß gekommen, ein Ende zu ma chen. Sie fühlte bei diesem Gedanken einen stechenden Schmerz in der Brust; aber sie hatte die seltsame Vorstellung, daß! sie es gar nicht selber war, die diesen Schmerz empfand. Das war wohl eine andere An nelies, der das noch weh tat. Sie selbst Mar doch mit sich im klaren. Jetzt hörte sie ganz schwach unten die Ar gehen. Günter verließ das Zimmer. Der Augenblick
war günstig; es war noch niemand weiter auf, man konnte unge stört miteinander sprechen. Mit leisen Schrit ten, um Onkel und Tante nicht zu wecken, gmg Annelies hinunter. Die alte Kathrin hantierte schon in der Küche, unbemerkt gelangte Annelies vorbei. Günter war im Wohnzimmer an das Fenster getreten. Bei ihrem Eintritt wandte N sich verwundert um. „Du bist schon auf?" fragte er, mit einem forschenden Blick in ihr übernächti ges Gesicht. Sie sah ihn mit merkwürdig ruhigen Augen
stumm da. „Ich bin frei — soll das heißen —?" stammelte er dann. „Daß du deinem Herzen folgen darfst — ja! Es ist genug der Kämpfe. Und eines Tages muß das Ende ja doch kommen." Immer noch stand Günter regungslos am Fenster. Dann trat er plötzlich ein paar Schritte auf sie zu. „Annelies, sei ehrlich — was veranlaßt dich zu diesem Entschluß?" „Die Vernunft, Günter! Es ist das einzig Richtige und Vernünftige!" „Die Vernunft? Das Wort klingt sonderbar aus deinem Munde. Es ist das erstemal
was die eine von der anderen erzählt, macht sie selbst auch. Beide Ihr Blick irrte ab durch das Fenster. Sie sah nicht die Qual, di!e in Günters Augen stand. „Annelies —!" stammelte er. „Es ist ja nur Mitleid, nur noch Mitleid, das ich mit Mia habe." Sie wandte ihm das Gesicht wieder zu. „Ich kann dir nicht mehr glauben, Günter!" erwiderte sie tonlos. Sie sah, wie er zusammenzuckte. „Versteh mich nicht falsch", fuhr sie fort. „Ich sage nicht, daß du mich bewußt bMgst, dessen bist du nicht fähig. Ich kann nur deinem Herzen
nicht mehr glauben». Du glaubst ihm ja selber nicht mehr. Heute meinst du, daß es nur Mitleid i!st, und morgen rüttelst du an den Fesseln, die dich an mich binden. Ich bin dessen müde gewor den, es müß ein Ende haben. Ie eher es geschieht, desto besser ist es für uns alle beide." Eine müde Traurigkeit war in der Be wegung, mit der sie den Blick wieder dem Fenster zuwandte. Günter sah ihr mit schmerzenden Augen in das verhärmte Ge sicht, das er — nie so sehr geliebt hatte wie in diesem Augenblick