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Der Tiroler / Der Landsmann
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Seite 8 von 12
Datum: 02.03.1901
Umfang: 12
war es noch ziemlich frühe an der Zeit, als'Munter und Melbeck zu dem Schneidermeister Sorger ins kleine reinliche Zimmer traten, in welchem der Schneider in gebückter Hal tung auf der beim niederen Fenster angebrachten Plattform saß und emsig damit beschäftigt war Säcke zu nähen. Als die beiden Besucher eintraten, sprang er rasch herunter und fragte nach deren Begehr. Sein Gesicht wurde dabei roth, denn weil sein vor trefflicher Mieter der eine der Herren war, fürchtete er, dass ein Mietunglück ihn zu treffen

im Begriffe sei. An Glück hatte der Mann seit deck Tode seiner Frau aufgehört zu glauben. Jetzt, da er vor ihnen stand, sah man, dass der Schneider ein kleiner Mann war, mit einem von einigen grauen Schleifreben be setzten kahlen Schädel. Dem Gesicht hatte die Resig nation seinen Stempel der Geduld aufgedrückt, der den Träger schüchtern, blöde, ja selbst etwas einfältig erscheinen lässt. Munter begann: „Hier mein Freund, Herr Melbeck, möchte gern einen neuen Sommeranzug haben.' „Ich bedaure,' sagte

der Schneider mit schmerz lichem Lächeln. „Ich habe die feinere Kundschaft aufgegeben und nähe nur noch Säcke.' : „Das habe ich ihm auch gesagt; aber er capri- ciert sich darauf, einen Anzug von Ihrer Hand zu tragen.' Inzwischen war. Christiane, die in der Küche zu thun hatte, eingetreten und nicht wenig erstaunt, dass sie die beiden Herren von gestern hier fand. Ihr Vater theilte ihr mit, um was es sich handle, und sie fand gleich heraus, dass das eine in feiner Form gebotene Unterstützung sei

herunter. Herr Sorger lächelte zu diesem Hieb, wie oft mochte er mit seiner Nadel in die Luft gestochen und Herrn Samuel Goldenstein gemeint haben! Aber bald blickte er wehmütig zu Boden: „Das hilft mir nicht!' „Ich stehe für alles,' sagte Melbeck endlich un geduldig. „Ich leihe Ihnen so viel Sie brauchen, und Sie geben mir fünf Procent Zinsen.' „Aber das könnte in die Hunderte gehen.' „Was liegt Ihnen denn dran?' Der Schneider hob plötzlich seine Brille in die Höhe und sah Melbeck erstaunt

der Jude so viele Leute in Armut und Elend coujoniert hat, wollen wir uns das Ver gnügen nicht versagen, ihn auch einmal zu coujo- nieren. Ob sonst noch etwas herausspringt, das wird ja der Verlauf der Sache lehren,' „Damit bin ich einverstanden,' sagte Sorger aufathmend, „ja, von ganzem Herzen.' „So messen Sie mir einmal vor allem meinen Anzug an.' - „Nachdem das geschehen, wurde der Schneider beauftragt, das Tuch auszusuchen, dann solle er Adreßkarten drucken lassen und zu allen Honora tioren

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