Seite 6 »»Der Tiroler' Donnerstag, 6. März 1S02 Herichtssaak. / ^ Bozen. am 4. Februar 1902. Hin ««gerathener Sohn. Der 26 Jahre alte, ledige Taglöhner Alois Figl von Penon, Bezirk Kältern, kam am 6. Jänner d. IS, nachmittags gegen 2 Uhr, nach Hanse. Aus nichtigen Gründen begann er gegenüber seinem Vater, der ihm wegen seines Ungehorsams und seiner Arbeitsscheue nicht gewogen zu sein scheint, zu lamentieren und wollte aus ihn losspringen, wurde aber von seinem Bruder Johann zurückgehalten
, war noch nicht da^ Er wusste, dass er sich auf feine Gehilfen verlassen konntet und nahm es deshalb hinsichtlich seines Erscheinens im Bankhause nicht so genau. Der Cassier saß in trübseliger Stimmung vor seinem Pulte und hieng seinen Gedanken nach. Freu dige waren eS nicht. Er mochte eine Viertelstunde so gesessen sein, als ein junger Mann hereintrat und fragte: „Ist der Alte schon hier?' „New, Herr Stevens, Ihr Onkel war heute noch nicht hier.' Der junge Mann glättete seinen Cylinderhut, drehte
einige Augenblicke mit seiner goldenen Urhrkette getändelt, begann er: „Zum Henker, ich brauche Geld! Die Wett rennen, der Spieltisch, das neue Pferd, der Schneider, die Gesellschaft. Alle saugen an mir wie Vampyre Der Alte ist geizig, er ist ein Filz l' „Herr Stevens!' „Ach, machen Sie doch nicht ein Gesicht wie ein Mentor! Mich bekehren Sie doch nicht!' Ich glaube, wir beide hätten die besten Be weise, dass Ihr Onkel sehr liberal, dass er ein wahrer Menschenfreund ist!' , ^ Äa wohl, Herr Seabchok, dafür
sind Sie ein sprechender Beweis. Aber ich was hat denn der Alte an mir Großes gethan? ES ist wahr, er hat mich an Kindesstatt angenommen und erlaubt mir, ihn Vater zu nennen. Aber ich bin ja auch sein Neffe. Wem will der alte Kauz sein Vermögen hinter lassen? Doch nicht etwa dem Armenhause? Er schickte mich inS College und ließ mich wie ein Gentleman erziehen, und jetzt soll ich leben wie einer vom gemeinen Pack! Das heißt einen nur foppen. Hätte er mich sein lassen, was ich war, dann hätte ich nie die Bedürfnisse
Sie wie einen Sohn.' „Hahaha, Seabrook! Es ist schade, dass Sie kein Prediger geworden sind. Sie hätten der Kanzel Ehre gemacht. Aber heute bin ich in der That nicht dazu aufgelegt^ Ihre Moralvorlesung anzuhören. Ich brauche Geld! Sie müssen es mir verschaffen!' „Ich, Herr Stevens? 3)aS klingt wie bittere Ironie!' ! „Ah, pfeift der Wind daher? — Sonst hat mir der Alte stets den Mr. Seabrook zum Muster vor geschlagen, ich sollte mich an Ihnen spiegeln. Ich glaub', eS ist mit dem Spiegel