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Der Bote für Tirol
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Seite 11 von 14
Datum: 19.07.1890
Umfang: 14
von Th. Almar. !?!. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Regina war so schweigend und sah fast ebenso fin ster vor sich nieder wie dieser. So kani man nach Ealcutta, und alsbalv stand Regina HanS gegenüber, dessen lebhafte Mittheilung sie regungslos anhörte'. Mechanisch folgte sie seinen Anweisungen, ohne Wiederspruch, ohne ein Zeichen der Billigung. Sie schien wie im Traume zu wan deln, oft erschrack sie vor ihrer eigenen Stimme. Zwei Tage vor dem Abgange des Dampfers nach Europa langte Mr. Elliot

in Begleitung seiner nun mehr Verlobten ans Alexandria a». AnsangS schaute zwar die Dame ein wenig be- stürzt drein, dass eS nicht nach London gehen sollte, wo iin Kreise ihrer Verwandten die Verehelichung mit Mr. Elliot stattfinden sollte, aber ihre vertrau ensvolle Liebe zum Verlobten und seiu bestimmt aus gesprochener EntschlusS, Regina den Wünschen Wal- bergs gemäß erst nach Deutschland zu geleiten, stiunn- len ihre Laune bald um, und sie tröstete sich mit dem Sprichwort, dass aufgeschoben

nicht aufgehoben sei. llnv so gieng es denn endlich an vaS Verpacken der Sachen. Miss Mary hatte nach Walbcrgö Willen für Regina fast die Auesteuer einer Prm- zessin zusammengebracht; doch während die junge Engländerin über die Stosse und kostbaren Ge schmeide in Jubel und Verwunderung auSbrach, wür digte Regina dieselben kaum eines Blickeö. Nur um eins halte sie Walbcrg gebeten, ihr zu gestatten, Fiamette mit nach Enropa zu nehmen, waS dieser ihr bereitwillig zugab. iu Tirol aus uud ersucht den löbl

keine Canalisierung besitzt. Fiamette war denn auch die Einzige, welche unter all den ernsten Gesichtern eine vergnügte Miene bei behielt und nicht begreifen konnte, warum die andern nicht auch so fröhlich sein mochten. Der letzte Morgen kam. Da warS, als wenn vou Regina endlich die starre Hülle wich; sie stand zum letzte»» Male an einem Fenster ihrer Z inmer, die sie geglaubt für Jahre bewohnen zu können, und die Thränen entströmten reichlich ihren Augen. Miss Mary stand neben ihr uud auch sie ver mochte

ihre Rührung nicht zu verbergen. Endlich schlang Regina ihre Arme um den Nacken der alten Dame und rief: „Miss Mary, niit frohem Gefühl habe ich die Hei mat verlassen und kam hierher — ich kehre dahin zurück — aber nie. nie kann ich dort mehr glücklich werden. Hier bleibt alles zurück! Hier lasse ich alle Hoffnungen, alles Glück! Sagen Sie ihm, Miss Mary, wenn ich fort bin, — sagen Sie ihm, dass er mir eine Welt erössnet hat, die — o, Miss Mary, ich weiß gar nicht mehr was ich spreche' — „Miss Regina

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Der Bote für Tirol
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Seite 6 von 10
Datum: 07.05.1890
Umfang: 10
die Thür verschloss, ihre Stiefmutter. „Ach, Leouhard, wie froh bin ich, dass Du endlich da bist! Welche Angst habe ich um Dich in diesem Unwetter, ausgestanden!, begann Frau Babette mit einer, so weichen Stimme, wie Regina sie: an der Stiefmutter nie zuvor gehört. . , > »Liebe Babi, warum diese übertriebene Angst, ich war ja im Dorf und unter Dach; nur der? i kurze Weg hierher hat mich ein wenig durchnäsSt,' ent- gegnete der Student^ ^ ^ „Du warst.-schoyi im Dorf? Leonhärd, das wusste ich nicht! Wann

kehrtest Du heim?.', „Wann?, Ja,j liebe Babi/ hat -Dir das nicht Regina gesagt?'-? . -i-:. - -> ->... ' „Regina? > Wie sollte das wilde Ding dazu kom men? Sie sprach kein Wort von Dir!' ! „Unglaublich !^! Sie hat Dir doch meinen Brief gegsben, worin-ich Dir schrieb, was ich erzielt und dass wir unS nach, zehn Uhr treffen wollten, nicht hier, zwo der Schleicher von Müllerbursche uns beo bachten könnte.' 5,- ! „Leonhard, Du sprichst von Dingen, die ich nicht fasse. .Regina hat mir keinen Brief gegeben

.behandeln. Erzähle mir alles genau. Ist Regina, unten?' „Nein! Ich sage Dir, wenn ich sie finde, ich halte mich in meiner Wuth nichts ich glaube' -- „Weib, Babette, Deine Aufregung kann alles verderben, mäßige Dich! Wann sahst Du Regina?' ' „Als das Unwetter schon tobte, kam sie erst aus dem Garten, sah beschmutzt und verwildert, wie früher aus. Als ich sie in die Stube führte, da wollte selbst der Alte wissen, was sie so lange draußen ge trieben; sie sagte, der Sturm hätte ihr die Bücher aus der Hand

gerissen, und als ich' sie gerufen, hatte sie sich nicht Zeit gelassen, diese 'zu suchen. Du kannst Dir denken, dass mich das ärgerte und ich ver Fabel nicht Glauben schenken wollte. Darüber wurde der Alte entrilstet, sein Püppche« sollte nicht die Unwahrheit gesprochen ha^en, er gieng nach dem Garten und brachte wirklich zwei nasse Bücher mit, die er gefunden haben wollte.' ' „Und Regina sagte vom Billet nichts?' „Kein Wort!' „Hm,' machte der Student und strich sich den Bart. „Das ist allerdings

unerklärlich. Aber bleiben wir bei dem wichtigsten stehen: ich glaube Regina spricht die Wahrheit, von einem Einvernehmen mit dem Müllerburschen ist gar keine Rede, das wurde nur nicht entgangen sein; aber fort muss er doch, — Um jetzt bei den Bücher zu bleiben; hast Du diese schon durchgeblättert?' „Nein! Wozu das auch?' 1 Möglicherweise befindet sich in einem derselben das Billet; ndenn das Eine erscheint 'mir klar; der Sturm kann Regina nicht die Bücher, .sondern nur

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Der Bote für Tirol
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Seite 6 von 10
Datum: 09.05.1890
Umfang: 10
. — In der Bolpinischen Fez-Fabrik in NiklaSdors haben sämmtliche Arbeiter am 3. dS. die Arbeit wieder aufgenommen, so dass die dortselbst bisher dislocierte Compagnie nach Troppau einrücken konnte. —- In Budapest verlangen die Bürstenbinder Lohnerhöhung und zehnstündige Arbeitszeit. Fünf Arbeiter, welche anlässlich der jüngsten Unruhen bei Feuilleton. Die wilde Rose. Bon Th. Almar.< (13. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Sieh, Regina, es ist nicht hübsch, zu belauschen, was andere sprechen

, und er würde Dich sehr tadeln; aber was noch die Hauptsache ist, keiner darf er« fahren, dass Du mirs gesagt, sonst — wer weiß, ob wir nicht bald von der Mühle fort müssen. „Dem Vater soll ich auch nichts sagen?' „Keinem, auch ihm nicht.' Negina wollte noch weiter fragen, wurde aber durch den Eintritt der alten Liese verhindert, die das Mädchen im ganzen Dorfe gesucht und erst zuletzt auf den Gedanken gelommen war, es könne bei Hans in der Mühle sein. „Na, Regina, heut kannst Du was erleben, so böse hab ich die Mutter

noch nie gesehen,' begann sie sogleich; das Mädchen schwieg, und HanS be merkte, dass eS ungewöhnlich bleich aussah. „Negina, was ist Dir?' fragte er besorgt. „Ich habe so heftiges Kopfweh, ich möchte zu Bett gehen,' entgegnete sie matt. „Kind, geh sogleich.' rief er hastig. „Liese geh mit und bleib bei ihr; sage nicht, sie sei hier gewesen; sag, Du habest sie im Dorfe getroffen, und Du, Mädchen, denk an Dein Versprechen!' Die alte Magd sah den Müllerburschen misstranisch an, der Regina zum Abschied

am 6. vS. zur Arbeitseinstellung zu verleiten, wurden jedoch von der Polizei zerstreut. In den Die Magd schien durch diese Worte des Müller- bnrschen befriedigt zu sein; denn sie nickte ihm Ein verständnis zu und verließ mit Regina an der Hand durch eine lleine Seitenthür, die vom Hause aus nie mand beobachten konnte, die Mühle. Die Stiefmutter und die Männer waren in der Stube, und so konnte sie das Kind, unbemerkt von diesen, schnell zu Bette bringen ; denn seit Frau Dabette Herrin im Hause war, musste die einzige Tochter

mit der Magd den Raum im oberen Theil des Hauses einnehmen. Diese Zurücksetzung halte Regina bis zur Stunde noch nicht empfunden; ihr warS lieber, sie konnte bis zum Einschlafen noch mit Liese plaudern. Heute war ihr dieser Raum doppelt lieb; sie wollte weder die Mutter noch Leonhard sehen, indes, wenn sie wähnte, auf diese Weise beiden zu entgehen, so irrte sie sich. Als die Magd in der Stube rapportierte, sie habe Regina im Dorfe gesunden und gleich, da dein Kinde nicht wohl sei, sie auch zu Bett

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Der Bote für Tirol
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Seite 5 von 8
Datum: 19.05.1890
Umfang: 8
. (20. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Als Regina diesen Sachverhalt aus den Nedeu der Freundin entnommen, äußerte sie : „Ich kann nicht verstehen, warum Deine Eltern auf Lothar böse sind; hat er den Unrecht gethan, wenn er seine Ehre vertheidigte? Und abbitten würde ich auch nicht! Uud nun soll er das noch deueu ge genüber thun, die ihn beleidigt haben?' „Ncgiua, Du weißt, dass meine^ Eltern in Lothar ihren ganzen Stolz setzen; wenn er nicht Abbitte thut, dann muss er nach Hause koiumen und danu

' — „Un dann wird er Kausmaun,' fiel Regina ein. Die sonst so sanfte Antonie kräuselte ihre Lippen; etwas von einer Hinko-Dotleh schien auf sie überge gangen, als sie entgegnete: „Kaufmann darf er nicht werden; die Mama würde das nicht überleben!' „Ist das ein so niedriger Stand?' fragte Re gina naiv. Ehe sie uoch Antwort auf die Frage erhielt, trat AntonienS jüngere Schwester, Anna, hastig ins Zim mer und rief: „Regina, im Hause steht ein Bauer, der Dich sprechen will, ich soll nur sagen, er heiße HanS.' Kaum hatte Regina

komme», wo wir den Menschen ausweiche» können, dann sage ich Dir alles,' bedeutete er. Sie giengen schweigend fort; aber Regina ließ HanS mil ihren Blicken nicht ans den Augen; plötz lich rief sie erschreckt ans, als sie eine Thräne von seinen Wangen herunterrollen sah: „HanS! Ah, jetzt ist mir alles klar; Du bringst mir die Nachricht, dass die Mühle verkauft ist?' „Zieln, Regina, beruhige Dich, die Mühle ist nicht verkauft, — aber — ich habe Jselbach für immer verlassen.' Hier musste HanS schweigen

, vor Schluchzen konnte er nicht weiter reden. — So hatte Regina den Freund noch nie gesehen. „Hat es der Bater gewollt?' fragte sie leisen Tones. HanS nickte; da erst neigte sie ihr Haupt. — Sie waren längst hinter dem Thore, sie bogen in einen einsamen Weg ein; aber eS war merkwürdig, Regina wagte keine neue Frage an den Frennd zu richten, auch blieb ihr Auge thränenleer. Der Vater Hat'S gewollt, daS war ihr genug, um zu wissen, wer die Triebfeder dieses „Wollenü' gewesen. Finsteren Antlitzes, die lleinen

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Der Bote für Tirol
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Seite 6 von 8
Datum: 19.05.1890
Umfang: 8
an Geist und Körper müde und matt abends in M. an. Als er sich jetzt neben Regina auf eine Rasenbank niederließ, und das Mädchen noch immer in dösterem Schweigen verharrte, sagte er: „Regina, sorge nicht um mich, ich finde schon wie der eine Stelle; wer arbeiten kaun, kommt nicht um. Fürs erste gehe ich nach meiner Heimat, da lebt mir noch ein Verwandter, der vor einem halben Jahre au mich geschrieben hat.' Regina schien auf diese Worte, die für sie Beru higendes enthalten sollten, kaum zu achten

, und fast unverständlich presste sie heraus: „O, diese Frau, ich hasse sie, ich habe sie immer gehasst!' HanS suchte sie zu beschwichtigen und sügte hinzu: „Jetzt gilt es, dass Du auf Deiner Hut bist. Sie wird auch gegen Dich «och BöseS unternehmen.' „Mag sie's! Ich hasse sie desto mehr!' „Arme Regina, was gibt Dir Dein Hass für eine Waffe gegen sie? Du musst geduldig ausharren! Bedenke, Dein Schicksal ruht einzig in Deines Vaters Hand!' Jetzt erfasste das Gefühl des MleinsteheuS daS Mädcheu iu feiner

Ilerdinand H. von Hirot. Geschichte seiner Regierung und seiner Länder. Von Dr. Josef Hirn. 2 Bände mit Porträts Ferdinands und Philippine Welsers. fl. 12 5<>. «Fassung, Kind, so leicht soll es ans Sterben nicht gehen! Ich habe Deiner Mutter schwören müssen, Dich nie zu verlassen! Gehe ich aus dieser Stadt, so verlieren wir uns doch nicht aus den Augen; .ich komme schon wieder einmal her und sehe, wie Dir'S geht.' Plötzlich hielt er iune und ließ Regina loS, und das Mädchen hatte noch nie ein so von Hass

und Wut entstelltes Gesicht gesehen, wie daS ihres Freun des in diesem Augenblick; erschrocken folgte sie der Richtuug seiner Blicke und sah, dass Leonhard, in die Allee einbiegend, nur noch wenige Schritte von ihnen entsernt war. HauS presste krampfhaft des Mädchens Hand, als der Student, sie erkennend, sich ihnen näherte. „Regina, Du wirst Dir Deinen Teint verderben, warum hast Du keinen Sonnenschirm mitgenommen? Ah, Hans, Sie sind'S.' „Ich weiß alles. Da sehen Sie wieder, was Ihre Znnge angerichter

. Nuu müssen Sie Jselbach Valet sagen. Aber seien Sie ruhig, wir wolle: sehen, ob noch ein gutes Wort von mir' — So absichtlich leichtfertig der Student auch sprach, er konnte doch den Satz nicht vollenden. „Herr,' rief der Müllerburfche, 'nähme ich nicht Rücksicht auf dieses Kind' — „Nur nicht tragisch, Hans,' lachte der Student, „wir sind nicht mehr in Jselbach. Gehen Sie ge müthlich von danuen, und Regina wird unter meiner Leitung die Rückkehr antreten; komm Regina.' Ohne eine Bewegung

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Der Bote für Tirol
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Seite 10 von 12
Datum: 03.05.1890
Umfang: 12
. Die (L. Fortsetzung.) wilde Rose. von Th. Almar. (Nachdruck verboten.) „So schlimm wird'S wohl nicht werden, Liese. Da unten wird der Himmel wieder Heller; ich bleibe so lange hier, bis der Leonhard aus der Stadt zurück ist,' entgegnete Regina entschieden. Daö Gesicht der Magd nahm einen unzufriedenen Ausdruck an, sie erwiderte: „Ja, der Herr Leonhard, das ist setzt der König in der Mühle. Du und Dein Vater tanzen schon nach seiner Pfeife! Bist ja kaum wieder zu erkennen, seit er Dich in die Zucht genommen

.' „Er gibt mir Unterricht, und ich habe noch viel zu lernen.' „Unsinn! Was braucht ein Müllerkind auf dem Dorfe solches Zeug, wie in dem Buche da, zu lernen? Gottes Wort wirst Du immer reden wie ich, und ob Dein Herr Leonhard sagt, Brod und Fleisch haben noch zehn andere Namen, so bleibt sich das ganz gleich für Dich!' Die eifrige Rede der Magd fieng an,- Regina zu belustigen. „Wenn Du etwas vom Lernen verständest, würdest Du anders sprechen, Liese.' „Oho! In meiner Jugend hab ich mal in der Stadt

bei einem Gelehrten gedient, der sogar das Essen über seiner Gelehrsamkeit vergaß. Und womit beschäftigte er sich? Mit Würmern, Schildkröten, Vögeln und sogar mit Schlangen.' „Leonhard sagt, das wären für einen Gelehrten sehr wichtige Sachen.' „So!' brummte Liese, „das sagt er? — Na, weißt Du. Regina, wenn ich Deinem Herrn Leon hard in die Augen sehe, dann kommt er mir selbst wie eine Schlange vor. Ich möchte jedem rathen, sich vor ihm in Acht zu nehmen.' Regina legte ihr Buch auf den Rasen und sah die Magd

mit Unwillen an. „WaS hast Du gegen Leonhard?' „Ich gehe ihm aus dem Wege, — aber, wenn Dein Vater wnsste, was ich weiß, so würde er uicht mit ihm sich so närrisch haben. Ich bin nur 'ne Dorsmagd, aber ich kann sehen.' „Liese, Dn sollst nicht so sprechen. Was weißt Du denn von Herrn Leonhard?' rief Regina heftig. Die alte Magd nahm ihre Harke auf die Schulter und entgegnete trocken: „Kind, das ist nichts für Deine Ohren, komm bald ins HauS. eS fallen schon Tropsen,' dann sich von dem Mädchen entfernend

, murmelte sie vor sich hin: „ES wird schon ans Licht kommen, und wenn es auch noch lange dauert.' Regina blickte der Magd mit großen Augen ge dankenvoll nach. Es war nicht das erste Mal, dass Liese ihre Ab neigung gegen ihren Lehrer in solchen Ausdrücken kund gab. Sie konnte das kaum begreifen ; gerade die Alte behandelte er mit großer Freundlichkeit. Sie dachte über den Ausdruck nach, „menschliche Schlange.' Wie konnte Liese ihn nur so nennen? Wohl erinnerte sie sich, dass Leonhards Augen anfangs

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Der Bote für Tirol
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Seite 6 von 10
Datum: 29.04.1890
Umfang: 10
zu zollen. So war eS ihm jetzt, als er sinnend dahin gieng, ganz einleuch tend, dass eS sür Regina« Zukunft vortheilhaft sei, wenn der Student ihr Lehrer würde. Hätte dieser nur uicht mit Frau Babette die sonderbaren Blicke gewechselt. Dies beschäftigte HanS ausschließlich, bis er sich der Weide näherte, aus der die Heerde graste. Al» er näher kam, bot sich ihm ein eigenthümlicher Anblick; unter einen« Baume lag Justel und ver suchte, einer sehr primitiven Flöte die Töne zu einem Tanze zu entlocken

, den Regina in einer so natür lich graziösen Weise executierte, dass HanS unwillkür lich, von einem Strauche verdeckt, stehen blieb und zuschaute. Es schien ihm, als ermähnte Regina ihren Spieler zum Takthalten, dann drohte Justel ärgerlich, er würde gar nicht blasen, sie solle sich zu ihren Tänzen allein was vorspielen. Zweimal blieb die Drohung unausgeführt, aber als Regina ihn zum dritten Mal zurrechtwieS, hörte er wirklich auf mit Blasen, legte seine Flöte neben sich und sagte höhnisch, jetzt möge

mit Anweisung l fl. öst. Währ- Täglicher Versandt gegen Post-Nachnahme durch Apotheker A. Moll, k. und k. Hoflieferant, Wien, Tuchlauben S. In den Apotheken dcr Provinz verlange man ausdrücklich Molls Präparat mit dessen Schutzmarke und Unterschrift. (Fol. 106) ten sich dem Gesicht des Knaben schon in gefährlicher. Weise, während er nach einem ihrer Zvpfe fasste, wenn HanS nicht schnell zwischen beide getreten wäre Erschrocken und beschämt trat Regina zurück, wäh rend Justel sich in Anklagen

gegen diesen ergieng. Sie hörte alles schweigend mit an und ließ es ruhig ge schehen, als Haus ihre Hand ergriff und mit ihr die Wiese verließ. Minutenlang giengen beide neben einander, dann bog HanS vom Wege ab in den Wald ein, setzte sich auf einen Baumstamm nieder, zog daS Kind auf feine Kniee und begann: „Regina, hast Du mich lieb?' „HanS, lieber HanS i' rief das Mädchen, und als müsse es seine Betheuerung bekräftigen, drückte es seine Lippen auf des Mannes Stirn. „Nun denn, mein gutes Kind, so höre ansmerksam

auf meine Worte und denke, die liebe Mutter auf dem Kirchhof will, dass Du alles daS thust, was ich Dir sagen werde: Zum Justel gehst Du nicht mehr auf die Weide.' „Ich will gar nicht mehr mit ihm reden, HanS.' „Das ist recht; solcher Spielkamerad passt nicht für Dich. Du bist ja auch bald kein Kind mehr. Doch merke, um ein gutes, wohlerzogenes Mädchen zu werden, musst Du Deinen Eltern von jetzt ab eine gehorsame Tochter sein — Regina, blicke nicht so trotzig mit den Augen, sonst glaube ich, Du hast

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Der Bote für Tirol
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Seite 10 von 14
Datum: 17.05.1890
Umfang: 14
aus der Apotheke des B. Fragner inPrag. Depot in allen Apotheken. (Fol. 188) Eingesandt. XMAZA » kieni'fi.lW, bewährtes Stärkungsmitlet vor und naH große» Strapazen, fange» Märschen ic.- Preis 1 fl. ö. W. — Nur echt mit nebenstehender Schutzmarke. Zu beziehen durch alle Apotheken; tägliche Post- versendung durch das Hauptdepot: Kreis-Apotheke Korneuburg bei Wien. lFol. IS40.Z Feuilleton. Die wilde Rose. Bon Th. Almar. (19. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Regina beunruhigte das Widersehen dieser beiden

habe. Die Stiefmutter war bei der Trennung dem Weinen nahe gewesen, und der Vater hatte auch sehr betrübt auSgsehen; Regina aber war voller Freude zu HauS nach der Mühle hinüber gelaufen. Jetzt aber war der gefürchtete Leonhard wieder da, traf sogar mit der Mutter zusammen. Gewiss galt eü den Verkauf der Mühle. Diese peinigenden Gedanken konnte das Mädchen setzt nicht einmal ihrem HanS mittheilen, der sie vielleicht hätte trösten können. Trüben Antlitzes saß sie an einem Sonntage, als die Hanptmannösamilie

aus. der Kirche gekommen, allein in dem kleinen Zimmer, das sie gemeinschaftlich mit Antonie bewohnte. Sie bemerkte kaum, dass die Zeit hinschwand, dass die gewohnte Essensstunde längst herangekommen war. Ihr tiefes Sinnen war plötzlich vom kleinen Fritz, des Hauptmanns jüngstem Knaben, unterbrochen, der eilends hereinkam und sogleich auf ihren Schoß kletterte. „Ich habe Angst, Regina, Papa ist böse und Mama und Toni weinen, ich bleibe bei Dir!' Sie strich ihm das blondlockige Haar sanft von der Stirn

und fragte zerstreut: „Warum ist Papa böse?' Der Knabe entgegnete altklug: „Lothar will nicht Ossieier werden, aber ich werde noch General!' Unwillkürlich verzogen sich Reginas Lippen zum Lächeln: in diesem Moment trat Antonie mit ver weinten Augen ein und setzte sich schweigend ans Fenster. „WaS ist geschehen?' fragte Regina theilnehmend. „Dein Vater spricht so laut und ich höre auch die Stimme Deiner Mutter.' „Ach Regina, Lothar' —- „Was babt Ihr mit Lothar?' rief jetzt Regina mit voller Aufmerksamkeit

. Der hübsche Cadett hatte sich nämlich ihres beson deren Wohlwollens zu erfreuen. Obgleich sie ihn in dem Jahre nur dreimal und stets auf kurze Zeit ge sehen, so war zwischen ihnen doch schon eine gewisse Kameradschaft geschlossen, und sie hätte die weiblichste aller weiblichen Eigenschaften, die Eitelkeit, gänzlich verleugnen müssen, um nicht zu bemerken, dass er sie vor allen seinen Schwestern bevorzugte. Regina musste ihre Frage an die Freundin wie derholen, ehe diese ihr in abgebrochenen Reden

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Der Bote für Tirol
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Seite 6 von 8
Datum: 02.05.1890
Umfang: 8
gewesen, der aus seinen Kindern viel hatte machen wollen; doch da kamen KriegSjahre und auch wohl noch manches andere Unglück; er wurde arm und starb aus Gram.' Regina hörte aufmerksam zu. Als Hans schwieg, fragte sie ernst: „Und die anderen starben auch? Hatte die Mutter nicht auch Vettern und Basen?' „Das weiß ich nicht, aber Verwandte hatte sie, auch einen jüngeren Bruder, von dem wurde sie je doch schon als kleines Mädchen getrennt, als Dein Großvater starb. Verwandte, die später nach dem Auslande gewandert

sind, hatten ihn zu sich genom men, nie haben sich die Geschwister wiedergesehen.' „Wo ist das Ausland? Wenn ich groß bin, wan dere ich aus und suche den kleinen Bruder von meiner Mutter auf!' rief Regina lebhaft; HanS musste lachen. „Der kleine Bruder wird jetzt wohl etwas größer sein, als Du, Regina, und wo wolltest Du ihn denn suchen?' „Ich gehe überS Meer.' „So —.und dann?' Regina sah voll Bewunderung auf ihren Freund, seine Frage schien ihr vollständig überflüssig. „Uebers Meer,' das war nach ihrem Begriss das Ausland

, dem sie den Namen Amerika gab — hatte sie doch gehört, dass einige Jselbacher, die nicht zurückgekehrt waren, dorthin gegangen seien. „UeberS Meer, Regina, das ist sehr weit, und bist Du hinüber, dann findest Du Deinen Onkel noch lange nicht.' „Das ist sehr schade,' entgegnete das Kind traurig. «Ich sage ja nicht, dass Du ihn nie finden wirst,' tröstete HanS. „Lass Dich von Herrn Leonhard un terrichten, wie groß Amerika ist und wo der Ort liegt, wohin Dein Onkel damals ausgewandert ist.' Diese Worte hatte HanS

kaum gesprochen, so war Regina schon von den Knieen hinunter geglitten uud zog ihn mit sich fort. „Komm!' „Wohin, Mädchen?' „Zu Leonhard, der soll mich unterrichten.' III. Uuter dem Toben der Elemente. Es war ein heißer Nachmittag. Schwül und drü ckend war die Luft, bleichschwer und lähmend lag sie auf Menschen und Thieren. Im Schatten eines HollnndcrbnscheS im Garten, der dicht an das Hans grenzte, sitzt Regina, ihre ganze Aufmerksamkeit dem Buche zugewandt, in dem sie mit großem Eifer liest

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Der Bote für Tirol
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Seite 5 von 10
Datum: 08.05.1890
Umfang: 10
: Kritische Abhandlungen üöer die älteste Geschichte Salzburgs von Franz v. Pichl. Preis fl. 2.—. Feuilleton. Die wilde Rose. von Th. Almar. (12. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Aber wie sieht es in solch aufgeregtem Moment im Herzen eines Kindes aus, das sich von seinen Empfindungen noch keine klare Vorstellung machen kann, das zum Guten oder zum Vösen einzig von seinem Jnstinct geleitet wird? Als Regina hinter dem Bettschirm gestanden, in ihrer Angst nach Worten suchend, mit denen sie Leon hard

, den sie so lange vernachlässigt hatte. „Ganz recht, Kind,' nickte HanS, den es tief be wegte, so die Falschen in Schutz nehmen zu müsse», um da» Kind zu täuschen. „HanS, warum wellen sie Dich von der Mühle fort haben, Leonhard nannte Dich doch Schleicher?' begann Regina aufs neue. „Kind, wenn man auf jemimd ärgerlich ist, wählt man die Worte nicht. Er nannte mich Schleicher, weil ich auch gegen den Verkauf der Mühle bin. Und da meint die Mntter, wie er, dass, wenn ich nicht mehr hier sei, sie den Vater schon

zu allen, bewegen werden. „Aber Du gehst nicht fort, und die Mühle wird auch «icht verkauft?' fragte Regina bangen Tone» „Wie Gott will, Mädchen. Erst wenn Dein Vater mich fort weist, dann gehe ich!' „Dies wird der Vater niemals thun; hat er Dich doch so lieb.' HanS schüttelte gedankenvoll den Kopf. Keiner als er konnte besser wissen, dass seine Freundschaft mit dem Meister bereits auf schwachen Füßen stand. Regina fuhr fort: „Leonhard hat die Mutter geküsst, darf er das?' HanS rüttelte diese Frage

aus seinem schmerz lichen Gedankengange auf, betroffen stand er da, an die Auseinandersetzung dieses Punktes hatte er nicht gedacht. „Hat er sie geküsst?' „Er hatte sie umfasst, und ich habe gehört, dass sie sich küssten.' „Unter Verwandten kommt da» schon vor. Gewiss hatte der Leonhard nicht gemusst, womit er sonst die ärgerliche Base beruhigen sollte.' HanS hatte die letzten Worte mit solcher Unsicher heit gesprochen, dass eS jeden, andern als einem so harmlosen Kinde, wie Regina, auffällig gewesen wäre

, die schon wieder eine Frage an ihren Freund in Be reitschaft hielt. „HanS, wir ziehen nicht nach der Stadt, nie, nie?' „Kind, alles liegt in Gottes Hand.' Regina begann zu weinen. Der Gedanke, ihr Dorf verlassen zu müssen, war ihr schrecklicher als alles, was sie vorher erlebt. „Lass eS gut sein, Regina, so lange ich auf der Mühle bin, bleibst Du auch hier, und der Vater wird nicht nachgeben. — Doch jetzt ist eS Zeit, dass Du ins Haus zurückgehst, sag dem Leonhard offen, dass Du das Billet verloren hast

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Seite 5 von 8
Datum: 05.05.1890
Umfang: 8
. Die wilde Rose. Von Th. Zllmar. (Z. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Jetzt sei sie noch ein zu kleines Mädchen, um die weite Reise nach Amerika machen zu können; aber wenn sie erwachsen sei, dann wolle er sich Mühe geben, nach ihrem Onkcl zu forschen, er habe Freunde in Amerika, die würden den Gesuchten schon finden. Sie dürfe aber auch ferner nicht mehr so wild sein, und um ihrem Vater keine trübe Stunde zu bereiten, müsse sie auch der Stiefmutter, die es gut mit ihr meine, in allein folgen. Regina

hatte; denn auch das Verhältnis zwischen dieser und Regina wurde ein leid lich erträgliches. Nur wenn erstere sich in beißenden Reven über Hans ergieng, dann bäumte sich ihr kleines Herz gegen diese Frau im Hasse auf und eS trieb sie an, für ihren Freund eine Lanze einzulegen. Aber auch dies unterließ sie, als Leonhard und selbst HanS eS ihr verboten. HanS konnte darüber nicht im Zweifel sein, dass die Meisterin seine Feindin war, so geschickt sie auch vor den Uebrigen ihre Gesinnung zu verbergen wusste. Der brave Mensch

die Verhältnisse in der Mühle zur Stunde, als wir Regina in der Hollnnderlanbe fanden. Sie sitzt noch immer müßig da, das Köpfchen zur Erde geneigt; sie kann LiesenS Worte nicht ver gessen. Sie hat noch nie eine Schlange gesehen und kann sich nicht vorstellen, was für Augen eine solche hat. Sie nimmt sich vor, Leonhard aufmerksam in die Augen zu sehen, als Tritte auf dem Kiessand sie auS ihrem Sinnen erwecken; der an dessen Augen sie denkt, kommt aus sie zu. Unwillkürlich erbebt sie. Der Himmel

, wenn eS bereits in Strömen herabgereguet hätte?' „Warum nicht? Ich habe oft bei Regen am Bach gesessen.' „Aber bei Blitz und Donner wie jetzt doch nicht?' „Ich fürchte mich vor dem Gewitter nicht,' ent- gegnete Regina einfach, der Student strich ihre Wange. „Ja, Du bist meine muthige wilde Rose.' Des Mädchens Gesicht verfinsterte sich: er merkte, dass er etwas ihr Unangenehmes gesagt, und fuhr fort: „Ich sage. Du bist meine wilde Rose; hörst Du, meine!' „Ich will diesen Namen gar nicht hören!' rief Regina

mit einem Anflug ihrer früheren Heftigkeit, „Seit Du mich so nennst, nennt man mich im gan zen Dorf so: selbst der Jnstel verspottet mich da mit.' „Liebe Regina, das ist ja gar kein böser Name, im Gegentheil, ich möchte Dich nie mehr anders nennen. — Doch lassen wir den Streit heute. — Sich, ich habe Dir etwas auS der Stadt mitge bracht,' „Eiu Auch?' rief Regina. „Ein Buch' wiederholte der Student, ein kleines Heft ans seiner Tasche ziehend, „dessen Inhalt Dich erfreuen wird. Du kannst Dich daraus

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Der Bote für Tirol
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Seite 5 von 8
Datum: 28.04.1890
Umfang: 8
Feuilleton. Die wilde Rose. von Th. ?llmar. (S. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) „Ihr meint es gnt mit mir. Ihr habt mich lieb und würdet mich auch ohne Gegenleistung von mir bei Euch behalten, doch gönnt mir das stolze Gefühl, Eure Regina zu bilden. Ihre Schulbildung ist sehr mangelhaft, sie ist bereits dreizehn Jahre, also ist eS die höchste Zeit, nachzuholen, was versäumt ist. Du bist doch mit dem Vorschlag Deiner Frau einverstanden?' „Better Leonhard, von Herzen wünsche ich, wir könnten

Dich unser Leben lang hier behalten. Bist ja ein lustiger Kumpau und man hat keinen gebilde ten Menschen in der Nähe; aber mit der Regina ist das eine eigene Sache. Ich weiß nicht, ob sie auf diese Weise wird lernen wollen; bist Du nnt ihr schon bekannt?' „Da haben wir den Vater, der sich vor seiner ei genen Tochter fürchtet!' rief jetzt Frau Babette, im Zorne aufbrausend. „Aber liebe Babette, Du ereiferst Dich schon wie der und beunruhigst Deiuen Mann,' begann der Stu dent beschwichtigend

, „er hat ja nichts dagegen, dass Regina lernen soll, er trägt nur Bedenken, ob sich das Kind gleich fügsam zeigen wird. Ich selbst halte eS entschieden sü^ nothwendig, sie nicht mit Zwang dahin zu bringen. Wir haben ja Zeit, ich bleibe hier, nähere mich ihr, und um sie schonend vorzube reiten, dünkt mir, kommt hier der geeignetste Mensch.' Leonharv wies nach dem Fenster hinaus, und leichter aufathmend rief der Müller: „Ja, daö ist wirklich der Einzige, ich wills ihm auch gleich auseinandersetzen!' Ohne die höhnischen

Blicke seiner Frau zu be merken, stand dcr Müller schnell auf uud öffnete selbst die Thür, durch welche HanS eintrat. Nach seiner ruhigen Art den drei Anwesenden „Guten Morgen' wünschend, wandte er sich in einer geschäftlichen Angelegenheit an den Mütter und wollte, als diese besprochen, — sich gleich wieder entfernen. „Hans,' ricf der Müller ihm nach, bleib noch hier, ich habe mit Dir über etwas zn reden. Wo ist die Regina?' „Ich weiß nicht — gewiss bei der Liese draußen,' entgegnete HanS einfach

eine imponierende Stellung an. „Der Justel soll aus dem Dorf und die Regina muss ein vernünftiges Mädchen werden. Man sott nicht sagen, der reiche Müller Feliug habe sein ein ziges Kind schlecht erzogen! Mein Vetter da bleibt bei uns und wird der Regina schon von Morgen ab Unterricht geben. Ich wills, sag ihr das, oder' — HanS, der den Meister, den Kopf znr Erde geneigt, schweigend angehört hatte, blickte jetzt auf und glaubte stimmungen des Gesetzes vom 15. Juli 1377, be treffend die Maximaltarise

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Der Bote für Tirol
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Seite 5 von 10
Datum: 20.05.1890
Umfang: 10
man sich nicht gern; doch die Züchtigung bleibt für die Zukunft aufbewahrt.' „Heuchler, hüte Dich, dass unsere Wege sich wie der kreuzen!' entgegnete HanS. Der Student warf ihm und Regina einen bösen Blick zu. verließ aber eilig die Allee. Bebend vor Angst lehnte sich das Mädchen an ihren Freund. „O, HanS, vor diesem Menschen zittere ich. Liese I hat Recht, er ist eine menschliche Schlange.' „Fürchte ihn nicht, mein Kind! Wir alle stehen in Gottes Hand. Kein Mensch soll Furcht vor dem andern haben.' „Sahst

zusammen, und als Regina am späten Nachmittage, die Augen roth geweint, das Merlitz'sche HauS wieder erreichte, wurde sie auch dort mit einer Strafpredigt empfangen. Leonhard war dagewesen und hatte im Auftrage von Frau Babette gebeten, Regina den Umgang mit dem Müllerburschen zu untersagen, da letzterer bös artiger Natur fei. Diesem hatte zwar der Herr Hauptniann entschie den wiedersprochen und gemeint, Regina hätte ihn: schon zu viel GuteS von ihrem HanS erzählt. Der Student hatte den Herrn Hauptmann

ruhig sprechen lassen, sich dann artig an die gnädige Frau gewandt, und gebeten streng über das Mädchen zu wachen, die Dame hatte ihm das auch zugesichert und zwar in der Stimmung mit aller Welt zu hadern, seit ihr Erst geborener so ganz daS Blut derer von Hinko-Dottey zu verleugnen wagte. So wurde denn Regina von einer Flut von Vor würfen empfangen. Sie war aber auch nicht in der Stimmung, diese schweigend hinzunehmen und erwi derte mit einer Entschiedenheit, welche niemand an ihr vermuthet

hatte, dass sie lieber gehen, als dergleichen hören wolle, und wenn sie einmal die Stadt verlassen habe, dann kehre sie auch nicht wieder. Das machte die gnädige Frau verstummen. Gieng Regina, dann versiegte auch wieder die Quelle ihres Wohlstandes. Aber auch der Hauptmann nahm sich wacker seiner Pensionärin an, und als die gnädige Frau hinausgieng, sagte er zu Regina, sie habe sich tapfer gehalten und er müsse selbst gestehen, dieser Herr Leonhard von ZachinSki gefalle ihm garnicht, er glaube

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Der Bote für Tirol
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Seite 8 von 10
Datum: 06.05.1890
Umfang: 10
vergaß sie Sturm, Regen und Bücher, die zur Erde sielen. Ganz durchnäsSt durcheilte sie die kurzen Gänge des Gartens, immer nach dem Billet suchend, aber eS blieb verschwunden; dazu hörte sie jetzt noch rufen: „Regina, Regina, roo bist Du? Was treibt daS wilde Mädchen noch ini Garten und verdirbt sich die guten Kleider! Liese schau mal hinaus, wo sie ist!' So ließ sich die Stimme der Stiesmntter verneh men, die an der Hausthür stand. Regina verließ den Garten und näherte sich, zum ersten Male

einer wirklichen Schuld gegen die Mutter sich bewusSt, der Scheltenden, die bei ihrem Anblick — ihre Kleider waren durchnäsSt uud trugen die Spuren des eifrigen SuchenS zwischen Dorneubüschen — sich vor Zorn kaum zu fassen vermochte. Unter heftigem Schelten zog sie das Kind gewalt sam in die Stube, wo der Müller, behaglich eine Ci garre rauchend, auf dem Sopha saß. Er sah beide Eintretenden an und sagte ruhigen Toneö: „Na, Regina, wo warst Du denn wieder?' „Wo sie war? Um mich zu ärgern und ihre hübschen

Kleider zu ruinieren, war sie während des Regens im Garten. „Ich bin nicht im Garten geblieben, um Dich zu ärgern, ich suchte' — „Was suchtest Du?' ries Frau Babette, dem ver legenen Mädchen ins Wort fallend. „Ich habe etwas verloren,' stotterte dieses. „Das sind Ausreden, Du lügst,' schrie die Stief mutter. In RegiuaS Angeu blitzte eS ob dieser Beschuldi gung zornig auf. Sie hatte noch nie die Unwahrheit gesprochen. Als jetzt der Vater fragte: „Was hast Du denn verloren Regina?' da war es dem Mäd

verlassen, als im von einein Baume ein Papier grad in die Augeu flog und dann aus seine Laterne niederfiel; im Begriff, es zur Erde zu werfen, fühlte er, dass eü ein versiegeltes Eouvert war. Ohne einen Nach gedanken steckte er selbiges in seine Rocktasche uud suchte nur schnell ans dem Garten zu kommen. Im Triumphgefühl zeigte er seiner Frau die Bücher, klopfte Regina lachend aus die Wangen und nahm seinen bequemen Sitz auf dem Sopha wieder ein. Inzwischen tobte das Unwetter fort und nahm

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Der Bote für Tirol
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Seite 7 von 8
Datum: 11.06.1890
Umfang: 8
nicht auch eine harte Probe für Dich, ob Deine Liebe' — „Vollende nicht!' siel Regina hastig ein. „Ich habe mein Wort gegeben, dass ich ihm, was auch geschehe, die Treue bewahre, und das werde ich halten. Aber auch ebenso klar liegt der EntschlnsS über meine Zukunft vor mir. Lass uns also die Reife nach Ealcutta als etwas fest Beschlossenes be trachten.' HanS saß längere Zeit schweigend da, dann begann er ernsten Tones: „Ich habe mich vorhin durch meine Rachegedauken gegen ZachinSkh hinreißen lassen und dabei

der Ver nunft und kalten Ueberlegnng nicht genügend Rech nung getragen. Wir können jetzt über die Ealcutta- Angelegenheiten nicht weiter sprechen, auch über nichts Nähere Verabredungen treffen, bis Deines Bräuti gams Eltern den Brief ZachinSkyS gelesen haben werden, dann wollen wir sie auch in unser Geheimnis einweihen.' Regina hatte auf diesen sehr vernünftigen Vor schlag ihres Freundes schon eine heftige Entgegnung auf den Lippen, als die Thür sich öffnet und Lothar eintrat

. Unter anderen Verhältnissen hätte die Dazwischeu- knnft desselben das Mädchen ungeduldig gemacht. Aber ein Blick auf das von Liebe verklärte Gesicht Lothars rief in ihr eine Wehmuth und Zärtlichkeit hervor, die der junge Mann an Regina noch nicht gekannt hatte und die ihn in alle Himmel der Liebe erhob, während bei ihr der feste Vorsatz reifte, in ihm diese Liebe nicht zu erhalten und sie zn erwidern als eine geringe Entschädigung für das Weh der vielleicht baldigen Trennung. XIII. Geprellt. Der erste Januartag

er sie beschwor, sie solle den argwöhnischen Ge danken aufgebe», dass Regina doch das Ziel seiner Wünsche sei: Er wolle den Eigensinn der Störri schen brechen und sie zwingen, bei der Stiefmutter in Jselbach zu leben, daraus könnte sie selbst schließen, dass nichts als Klatschereien ihrem Verdachte zu Grunde lägen. Frau Babette wollte sich durch nichts mehr Hinbalten lassen, sie bestand auf ihrem Schein, er sollte sich verpflichten, sie zu heiraten. Die kategorische Forderung im jetzigen Momente, wo Rache unv

von ihm gemacht worden waren; der Ab- schen Reginas gegen ihren Vormund schien ihr Sicher heit zu gewähren, dass dieser mit seineu Plänen er- folgloS sein werde, nnd da sie keine andere Rivalin als Regina fürchtete, so musste sie ja sei» Weib wer den, sobald ihm jede Aussicht auf jene schwand. Das war ihre Logik. ZachinSky jedoch wurde der Aufenthalt in Jselbach mit jenem Tage mehr verleidet, und das nicht allein dnrch die entsetzliche Müllerin, sondern auch durch den Anblick einer mageren, bleichen Gestalt

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Der Bote für Tirol
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Seite 5 von 8
Datum: 02.07.1890
Umfang: 8
und ich sage Ihnen später alle Grüße von der Welt!' Damit hatte Regina sich auch schon der verwun deten Hand bemächtigt. Kaum vermochte sie ihren Schreck zu verbergen, als sie sah, wie tief die Wunde war. Aber so erregt sie war, so sehr ihre eigenen Hände zitterten, sie brachte doch einen leidlich geschickten Ver band zustande, über welchen Walberg äußerte, sein Arzt könne ihn nicht besser herstellen. „Dn siehst sehr bleich ans, Regina; der Schreck hat Dich sehr angegrissen. Bleiben wir noch ein wenig

auf dieser Bank sitzen, wenn Du nicht wün schest, dass ich Dir auch h'er sern bleiben soll!' „Sprechen Sie nicht so zu mir!' „Ich weiß aber doch, dass Du mich hassest. Er innere Dich nur Deiner Worte, als wir unii zum erstenmale sahen' — „Da ließ mich der Zorn so sprechen.' „Und jetzt?' „Jetzt bitte ich den Onkel, sich neben mich zu setzen.' „So, kann eine Regina auch bitten?' sagte er, und nahm jetzt auf der Bank dicht neben dem Mäd- > chen Platz. „Wenn ich nun eine Bitte hätte,' fuhr er fort

. „Kann ich diese erfüllen?' „Durch Wahrheitsliebe ja!' „Die Lüge ist mir fremd!' „Nun denn, Mr. Elliot hat nur alles erzählt. Du hast seine Bewerbung zurückgewiesen?' „Ich wusste das!' „Warum?' „Weil ich verlobt bin!' Eine Pause entsteht. „Wenn Dn nicht verlobt wärest — hättest Du seine Werbung da angenommen?' Nein!' „Warnm hättest Du sie dann ausgefchlageu?' „Mr. Elliot ist mir nicht so theuer, wie inein Onkel vielleicht denkt.' „Du liebst Deinen Verlobten wohl sehr?' Regina blickt zu Boden und schweigt. Er erhebt

, vor allem aber, wo eS ihr Wohl gilt.' Walberg that nach diesen Worten einige unruhige Schritte, ehe er hinzufügte: - .. „Jetzt wollen wir fort; die Hitze fängt an uner« l träglich zu werden. Bringe Deine Toilette ein wenig in Ordnung, ich will indes die Pferde losbinden.' Wie ein gehorsames Kind folgte Regina seinen Anweisungen ; sie erhebt sich und sncht ihr Kleid zu glätten, ihre Locken zu ordnen; sie setzt ihren Hut auf, aber als sie ihm nachgehen will, da ist eS ihr, als habe sie an diesem stillen Orte etwas Kostbares

sie schweigend nnd ernst dahin. Endlich erreichten sie die Stadt, und bald sind sie vor ihrem Hanse angelangt, vor dessen Thür Miss Mary mit einem ganzen Trupp schwarzer Diener steht, die eben nach allen Richtungen hinaus geschickt werreu sollten, um Regina zu suchen. (Fortsetzung folgt.)

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Seite 6 von 10
Datum: 16.05.1890
Umfang: 10
^rUdv emptelileo. 10?—10—1 Sie stand scheu da, sah auf die fremden Kinder und wollte kaum der Mutter darin gehorsam sein, der gnädigen Frau zu sagen, wie weit sie schon nnt ihren Schulkenntnissen vorgeschritten; aber Antonie, die älteste Tochter des HanptmannS, ein sanftes ge sittetes Kind, nnt Regina im gleichen Alter stehend, näherte sich ihr in so herzlicher Freundlichkeit, dass sie für die Dauer die Schweigsame nicht spielen konnte und sich schließlich von den Kindern ans Fenster führen ließ

d?r Eltern so bald verlassen zu müssen. Vl. Der Feinde Sieg. Ein Jahr ist vorüber. Regina hat es in der Stadt verlebt und sich mit der Merlitz'schen Familie innig befreundet. Ein Jahr hat wiederum an ihr eine sichtbare Ent wickelung, innerlich wie äußerlich hervorgebracht. Ihr Benehmen ist nicht mehr linkisch und scheu. Die gnädige Frau ist ihre keine so sonderbare Erscheinung mehr wie früher. Sie vermag ihre langen Predigten über gesellschaftliche und geistige Bildung ohne Un terbrechungen anzuhören

und fühlt sich durchaus nicht verletzt, dass die Dame gewissermaßen herablassend auf sie niederblickt. Sind doch die Kinder desto frenno- licher, und der Herr Hauptmann behandelt sie so vä terlich liebevoll, dass die gnädige Frau ihm schon manch'missbilligenden Blick hat zutheil werden lassen; aber das ändert nichts. Regina hatte sogar die dunkle Vermuthung, er scheine an solche Blicke gewöhnt. Freilich ist sie auch nicht undankbar. Sie kann viel verschwiegener sein, als des Herrn Hauptmanns eigene

schwerkrank darnieder, so ge fährlich, dass man es für nöthig gehalten, ihn sein Testament machen und Regina auf Verlangen des VaterS nach Hause kommen zu lassen. Aber Frau Babette war eine so sorgliche eifrige Pflegerin, dass sie die Stieftochter auch nicht auf eine Stunde im Krankenzimmer allein ließ. Tag und Nacht umgab sie den Patienten nnt einer so unermüdlichen Aufmerk samkeit, dass dieser, als der Arzt ihn für genesen er klärte, seine Frau für seine Lebensretterin hielt. Von dein Tage ab befestigte

sich ihre Herrschaft über'ihn in einer Weiss, dass auf der Mühle nur ihr Wort Geltung harte. Regina fühlte dies und verließ das elterliche Haus betrübter, als sie eS mit der Angst um des Vaters Leben betreten. Selbst HanS hatte nicht wie sonst eine freundliche Aufmunterung für sie gehabt, sondern nur wehmüthig sein Haupt geschüttelt, als sie ihni weinend mitge- getheilt, dass die Stiefmutter ihr kaum gestattet hatte, einen herzlichen Abschied vom Vater zu nehmen. In trauriger Stimmung kehrte sie nach M. zurück

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Der Bote für Tirol
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Seite 7 von 8
Datum: 27.05.1890
Umfang: 8
nender Glut auf Leonhard, der die ihm unliebsame Erscheinung sogleich gewahrte, dies jedoch durch keine Bewegung, kein Zucken seiuer Mienen verrieth. Die ernste Feierlichkeit war vorüber, der Müller lag in seinem Grabe gebettet. Regina wurde, vom Pfarrer und der gnädigen Frau unterstützt, zur Mühle geführt, wo Frau Babette die aufmerksame Wirtin zu machen suchte. Nur zwei Menschen waren am Kirchhof zurückge blieben, beide näherten sich dein frisch aufgeworfenen Grabe erst

dann, als alle anderen die Trauerstätte verlassen. Diese zwei Menschen, die jetzt, laut weinend, sich fesselloS ihrem Schmerz dahingaben, waren Hans und Liese. Beide knieten im frommen Sinne am Grabe nie der, um für die Seele des Geschiedenen zu beten. Als sie sich erhoben, fragte Liese mit nassen Augen: „Was soll nun aus Regina werden? Bei der da' — die Magd streckte eine Faust gegen die Mühle — „wird das Kind nicht bleiben?' „Frag mich nicht — mir brenntS in» Kopf wie Feuer. Wenn ich das Papier nicht wiederfinde,' entgegnete Hans

, als vom Müller und vom zweiten Testament zu träumen. Ihm hatte geträumt, der todte Müller stände vor ihm und sagte: „Härme Dich nicht nm das Verlorene, eS kommt wieder zutage: „Regina besiegt alle!' Hans glaubte in der Einfalt feines Gemüths an Träume, und so gab er doch noch nicht alles ver loren. Eine Stunde mochte wohl vergangen sein, als die beiden noch immer Rath darüber hielten, wie sie Re ginas LoS mildern könnten, wenn diese von nun an in Jselbach bleiben müsste, da sah HanS plötzlich eine schwarze

schlanke Gestalt vom Dorfe her dem Kirch hof zueilen. Die ihm im Wege stehende Liese bei Seite schie» bcnd, über Gräber eilend, stürzte er der Kommenden mit dem Aufruf entgegen: „Regina, mein armeSKind?' Regina — diese war es — sank ihm in die ge öffneten Arme, und rief: „HanS! O, komm, komm, rette mich vor den» unheimlichen Menschen, er nennt sich Vormund, ich bin verloren!' HanS richtete des Mädchens Haupt in die Höhe. (Fortsetzung folgt.)

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Seite 6 von 8
Datum: 09.06.1890
Umfang: 8
bei Deiner Mutter in Jselbach oder hier in M. bei meiner langjährigen Freuudiu, der Frau von Hoch- lirch, leben willst. Also folgst Du nicht — „Hans, Du darfst nicht weiter lesen, jedes Wort dieses Menschen beleidigt, empört mich aufs tiefste?' rief Regina und legte ihre Hand auf das Papier, als Haus entgegnete: „Ruhig. Kind, lass uns alles lesen. Hättest Du seinen ersten Brief nicht so hastig verbraunt, sondern mit Ueberlegung zu Ende gelesen, so hätten wir heute ein Schrisstück gegen ihn in Händen

, jetzt musst Du bei diesem Geduld haben!' „Geduld haben, hier? Gegenüber diesen so schimpf lichen Vorschlägen! Bei jenem Wesen soll ich leben, das meinen Vater gemordet, bei jenem Wesen, das dem Theuren die heiligsten Eide gebrochen! Ja Hans, ich weiß alles! Was Du mir, dem Kinde, damals zu verheimlichen suchtest, ließ mich der Zufall entde cken, oder nenne es Bestimmung des Himmels! Als mein Vater ohnmächtig hier vom Wagen ins HauS getragen wurde, entfiel seinen Händen ein Papier.' „Regina! Du besitzest

geleitet, dass niemand die Schmach unseres j Namens erfahren sollte. HanS neigte sein Haupt, aber Regina fuhr fort: „Lass uuS jetzt weder an Verlorenes noch an Ver gangenes zurückdenken! Hier gilt es, dem Menschen entgegenzutreten. Nimmermehr geh ich nach Jsel bach und betrete auch das HanS dieser Hochkirch vicht !' „Wer ist diese Dame?' fragte HanS. „Du verlangst hierüber noch Aufklärung? Diese Frau genießt keinen guten Rufe in M.; mau er zählt sich sogar Sachen von ihr, die dunkle Schatten

bevor Hans Jselbach.verladen, der Müller seine Uhr ver kauft habe; sie hatte auch den Uhrmacher genannt, der die Uhr damals gekauft und welcher denn auch ihre AnSfagen bestätigt halte. Und nuu wägte dieser Elende, nachdem Jähre über seinen Schurkenstreich dahingegangen, ihn noch auf diese Weise zu beschimpfen? ! Regina entgieng es nicht, wie eS in der Brust des treuen Menschen wogte und wallte; aber sie fühlte zu tief mit ihm, um ihn durch Worte' trösten zu können. Endlich blieb' er vor ihr stehen

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Seite 5 von 10
Datum: 16.05.1890
Umfang: 10
in der Nacht verlassen hat.' „Geben Sie das Mädchen doch in irgend eine Pension.' „Gnädige Frau, mir fällt ein Stein vom Herzen, da Sie mir so entgegenkommen; denn Sie, so hoffe ich, sollten Regina unter Ihre Herrschaft nehmen!' „Ich? Frau Felding, welch Ansinnen!' „Gnädige Frau, wir sind unter un« und können frei reden. Ich habe mir alles genau überlegt. Ich weiß wie Sie alles zusammenhalten müssen, um fort zukommen und wies doch nicht so recht gehen will.— Die Kinderchen werden größer und Pensionszulage

; aber die ungebildete Frau durfte nicht glauben, ihr > Anerbieten werde mit Freuden aufgenommen. In kühler Zurückhaltung fuhr sie daher fort: „Ich begreife Ihre.miföliche Lage hinsichtlich der Stieftochter vollkommen; aber ich habe fünf Kinder, alle sind wohl erzogen, und wenn dann solch ein Mädchen' — „Gnädige Frau, ich will Ihnen nur bemerken, Regina ist ja schon dreizehn Jahre alt und wird Ihnen nicht sehr viel zu schassen machen. Sie geht in die Schule, bekommt auch Privatstunden, so hat eS Leonhard

, dann ist'S dem Herrn Hauptmann gewiss recht,' siel Frau Babette jetzt lachend ein und fuhr fort: „Mein Mann und Regina wohnen noch den Empfangsfeierlichkeiten bei, unser Wagen steht hier im Gasthof. Ich habe Jhner einige Kleinigkeiten mitgebracht. Ein bischen frische Butter und ein Paar Hühnerchen!' „Frau Felding, Ihre Aufmerksamkeit ist fast zu groß' — rief jetzt die gnädige Frau und zwar mit unverstellter Freude. Schon war in ihrem Geiste ein solennes Mittags mahl zusammengesetzt. Kartoffeln befanden

-^nn mit der Aufnahme der neuen HanSgenosfin auf gar keine Schwierigkeiten. Noch faß die Familie bei Tisch, als die Müller familie in xlvuo ihren Besuch machte. Nach den ersten zehn Minuten war der Herr Hauptmann mit Felding zum stillen Aerger der gnä digen Frau so intim befreundet, dass ersterer der Einladung deö letzteren folgte, vereint auf das Wohl des zukünftigen LandeSherrn ein Gläschen zu leeren. Frau Babette hatte unterdessen Regina mit ihrer künftigen Umgebung bekannt gemacht, was ihr indes

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