wollen, geben Sie mir ein wenig Wasser. Denn mich dürstet.' > Antonie gab der Krankn zu trinken und rückte ihr Kissen. «Sie sind ein Engel. Seyen Sie sich nur in den Lehnstuhl dort.' - Antonie setzte sich nieder. Ein Fieberfrost durch schauerte sie. Vor Ermüdung sänke« ihr die Augeolieder zu und als Franz, ein Junge von vierzehn Jahren, endlich kam, fand er zwei Kranke statt der Einen, die er ver lassen. XV. Kapitel. Die Entdeckung. Georg kam des Morgens in aller Frühe mit dem ersten Zuge au. Die große
Stadt schlief noch, nur Gemüsehändler, Brodleute und zur Arbeit eilende Mänuer fingen au die Strassen zu beleben. Die Sonne war schon auf« gegangen und der wolkenlose Himmel versprach einen klaren Tag. Wer kann es dem Himmel ansehen, welche Schreck» nisse er schon in wenigen Stunden bringen kann? Nie» mand. Wir sagt dem Menschen, wie der Tag für ihn enden wird? Georg wußte, daß er Schrecklichem entgegenging. Er war jedoch auf Schlimmes gefaßf. Nach mühsamer Wanderung erreichte er die Gärt, nerstraße
. Er eilte die Trepven hinauf. Die Woh» nung der Wittwe war unverschlossen, in dem sonst so gemüthlichen Zimmer herrschte die größte Unordnung. Er ging leise nach dem Schlafzimmer. „Mama,' rief er, „schläfst Du noch? „Georg! Georg!' erwiederte eine schmerzlich be wegte Stimme, mein armer Georg bist Du gekommen ?' „Wo ist Antonie?,, Die Wittwe gab keine Antwort, sondern brach in ein heftiges Weinen aus. Es dauerte eine lange Zeit, bis sich die Wittwe erholen konnte. Wie war die Frau verändert, seitdem
sie Georg zuletzt gesehen. Sie glich einer Sterbenden. Ihre Stimme war matt und tonlos. Mühsam holte sie die Worte aus der kranken Brust. „Georg ,' flüsterte sie, „ich habe Dir ein Bekennt niß abzulegen, aber nur Dir allein. Und erst jetzt kann ich Dir Alles sagen, denn ich fühle, daß ich sterbe, sterbe, ohne meine Antonie wieder zu sehen.' Die Wittwe brach wieder in ein langes, krampf haftes Weinen aus. > „Georg/ fuhr sie nach eiuiger Zeit fort, „Georg, willst Du mir schwören, mir nicht zu fluchen
, wenn ich die Augen geschlossen habe — wirst Du,' fragte sie bange — „wirst Du die unglückliche Antonie auch entgelten lasse», waS ich versündigte?' „Nein, nein/ rief sie dann, „schwöre nicht, denn Du mußt mir fluchen, Du kannst nicht anders aber mein armes Kind!' „Beruhige Dich, Mama,' sagte Georg tief bewegt, „Du bist krank und redest im Fieber.' Unterbrochen durch vieles Weiuen, erzählte die Wittwe dem athemhoS zuhörenden Georg den Selbst mord ihres Gatten und klagte sich an, daß sie Jahre lang