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Kategorie:
Kulturgeschichte, Volkskunde, Musik, Theater
Jahr:
1904
¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
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Seite 100 von 230
Autor: Arens, Franz / von Franz Arens
Ort: Gotha
Verlag: Perthes
Umfang: XVI, 436 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: g.Tirol ; s.Volkskultur ; s.Weistum
Signatur: II 107.354 ; II 102.240 ; II 120.695
Intern-ID: 87425
Or ganisation und Zwangsmittel gegründet. Die stilleren Mächte eine r inneren Abhängigkeit befördern auch in Tirol den Gemeinde- Zusammenhang. Leider gibt unsere Quelle ihrer 'Natur nach gerade hierfür wenig Anschauung. Wir sahen den Einflufs der Sitte mehrfach bei Behandlung des Ehelebens — war es auch von unserem Standpunkte Landessitte, so wirkte sie doch nur als Sitte der Gemeinde, des Tales —-, wir werden die Notwendigkeit g e _ wisser von der Sitte vorgeschriebener, äufserlich gewordener Formen

, der, wenn auch nicht als der Wahrheit gleichwertig, doch als eine Vorstufe zu ihr aufgefafst wird. So zeigt es sich mehrfach, wie eine Berechtigung oder eine Schuld nicht für sich, sondern in einer ihr Wesen nicht berühren den Beziehung zur Gesamtheit (und damit ist praktisch wohl nur die Dorfgemeinde getroffen) beurteilt wird. Wir haben neben den Idealen und der Natur des Gemeinde- lebens bisher hauptsächlich die Mittel besprochen, mit denen sich die Gemeinde der äufseren und inneren Feinde zu erwehren sucht

; wir wollen nun, ähnlich wie wir es bei Behandlung des Familien lebens 11 ) taten, die Abhängigkeit des einzelnen von der Ge samtheit in ihrer normalen Form überblicken. Die Eingriffe der Gemeinde in das Privatleben der einzelnen sind nicht ausschliefslich wirtschaftlicher Natur. Dennoch kommen die Polizeiordnungen der Gemeinschaft für uns wenig in Betracht, da sie ihrem Inhalte nach recht wohl auch auf die staatlichen Ver fügungen zurückgehen können. Dadurch, dafs ihre Handhabung der Gemeinde zufällt, wirken

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Kategorie:
Kulturgeschichte, Volkskunde, Musik, Theater
Jahr:
1904
¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
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Seite 99 von 230
Autor: Arens, Franz / von Franz Arens
Ort: Gotha
Verlag: Perthes
Umfang: XVI, 436 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: g.Tirol ; s.Volkskultur ; s.Weistum
Signatur: II 107.354 ; II 102.240 ; II 120.695
Intern-ID: 87425
178 Vierter Abschnitt. namentlich für das 16. und 17. Jahrhundert der geschilderte Zu stand: die Obliegenheiten der Gemeinde im halben Ehrenamte ge übt, faul und mifsvergnügt, so dafs eine energisch eingeführte bureaukratische Verwaltung ein Lebensbedürfnis befriedigen mufste. Dennoch aber bildet sich mit der Zeit das Bewufstsein heraus, die Dorfbeamten seien als Vertreter der Gemeinde etwas ganz Besonderes. Das kann uns nicht befremden, denn der Begriff des öffentlichen Amtes zieht

kommt 6 ) Ihnen gebührt aber auch anderseits erhöhte Glaubwürdigkeit K ) sie dürfen in Ausübung ihres Amtes auch Gewalt 7 ) anwenden, und die Dorfmeister haben entweder im Vereine mit dem Ausschusse 8 ) oder unabhängig von ihm 9 ) eine beträchtliche Verfügungsfreiheit Sie wird ihnen freilich wie eine Last zugeschoben: die Gemeinde wolle mit Kleinigkeiten nicht behelligt sein 10 ). Die ganze Auffassung des Amtes weicht von der unserigen noch bedeutend ab. Das ist namentlich in der Unfähigkeit

, in denen die Achtung vor der Versamm- lung je nach der Stimmung der Zeit in verschiedener Form ein geschärft wird: zu Mals 6 ) (1538) wird noch das Mitbringen un gehöriger Waffen verboten, während das Weistum von Eirs 7 ) (1775) in behaglicheren Zeiten „jenen ... so ohne halsband hut oder mit einer tobackpfeif rauchend zur gemeinde geht', mit einer Strafe von zwölf Kreuzern bedroht. Zu Reschen 8 ) (1794) wird das Schreien, Brüllen und Schimpfen bei der Versammlung entschiedenst verbeten, rückfällige

Kampfhähne werden sogar von Rechts wegen durchgeprügelt. Für den Dorfmeister gilt aber das 1) In denen das Interesse der Gemeinde aus Bequemlichkeit so sehr vernachlässigt ist, vgl. oben S. 176. 2) II, 98, vgl. Latsch (1607) III, 263, Kortsch (1614) III, 191. S) Näheres s. unten S. 229 Anm. 4. 395. 4) S. unten S. 185. 5) Überhaupt löst ja die Gemeinde ältere Organisationen , wie Mark- und Hofgenossenschaft, in ihrer sozialen Aufgabe ab. Es wäre sehr nütz- lieh, jene Vereinigungen, die letztere zumal

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Kategorie:
Kulturgeschichte, Volkskunde, Musik, Theater
Jahr:
1904
¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
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Seite 104 von 230
Autor: Arens, Franz / von Franz Arens
Ort: Gotha
Verlag: Perthes
Umfang: XVI, 436 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: g.Tirol ; s.Volkskultur ; s.Weistum
Signatur: II 107.354 ; II 102.240 ; II 120.695
Intern-ID: 87425
, gegenüber dea Nichtgenossen und den umfassenderen sozialen Verbänden kurz betrachten. — Solange der Gerichts- und Grundherr noch tief in das Leben der Gemeinde eingriff, ist von der peinlichen Abspiel rung, wie sie im 17. und 18. Jahrhundert eintritt, noch nichts za merken. Es scheint, dafs die Herren recht gern jeden einziehen liefsen, der nicht von seinem Leibherrn reklamiert wurde, und die Bauerschaften dieser frühen Weistümer tun wenigstens keine Gegen- äufserung. Sie waren eben nicht konsolidiert

genug. Dafs die Bauern im Landtage als Vertreter der „Gerichte' 2 ) erscheinen, ist charakteristisch, auch die früheren Weistümer gelten vorwiegend für Gerichte und Wirtschaftsgenossenschaften. Vom 17. Jahrhundert angefangen überwiegen jedoch die eigentlichen Dorfbücher. Dj e Gemeinde als solche ist konstituiert und findet in ihrem genossen schaftlichen Interesse den nötigen Abschlufs nach aufsen. Der Herr von ehedem sah gern einen neuen Untertanen und Zinsbringer ein ziehen, die Gemeinde aber läfst

nur ungern einen mehr an ihren alten Rechten und Nutzungen teilhaben. Das Weisham Stein a. d. R. (1766) sagt denn auch ganz ausdrücklich, neue Gemeinde gerechtigkeiten sollten nicht mehr verliehen werden. Anderen Ortes wird wenigstens das Eindringen sozial Minder wertiger durch hohe Einkaufsgelder erschwert 4 ), denen sich i ö Zeiten verfeinerter Wohlfahrtspflege noch die Verpflichtung an _ 1) Vgl. Zingerle S. 297. 2) Vgl. Jäger Iii, S. 395. Ich möchte aber nicht mit ihm in Geriehteil „Vereinigungen

von Gemeinden' sehen — die Gemeinde hat da mals vielmehr in der Landesverfassung noch keine Bedeutung und ist ledig lich Wirtschaftsgenossenscbaft. 3) IV, 243 (doch mit Einspruchsrecht des Gerichtsherrn). 4) Z. B. Flaurling; in der Passung von der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts findet sich nichts davon, das sonst wesentlich unveränderte Statut von 1727 aber kennt sie, IT, 24 f. Innere Grundlegung des sozialen Lebens. 180 reiht, ein Zeugnis des bisherigen Wohlverhaltens r h beizubringen. Im Armenwesen

macht man einen scharfen Unterschied zwischen den ortsbefugten und den fremden Bettlern 2 ). In den Städten, die ja viel früher ihre geschlossene Verfassung hatten, sehen wir ganz analog schon im 15. Jahrhundert jene Betonung eines opu- lent-spiefsbärgerlichen. Charakters, verbunden mit der Abwehr aller unsteten oder gar gefährlichen Elemente 3 ). Häufig ward auch geradezu der Besitz liegender Güter in der Gemeinde ver- langt, was aber halbwegs schlaue Leute bald zu umgehen wufsten, worauf

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Kategorie:
Kulturgeschichte, Volkskunde, Musik, Theater
Jahr:
1904
¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
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Seite 95 von 230
Autor: Arens, Franz / von Franz Arens
Ort: Gotha
Verlag: Perthes
Umfang: XVI, 436 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: g.Tirol ; s.Volkskultur ; s.Weistum
Signatur: II 107.354 ; II 102.240 ; II 120.695
Intern-ID: 87425
die Durchführung der Grundsätze für den engeren Kreis der vollberechtigten Gemeindegenossen, der Eindringlinge von oben sowohl als auch von unten her abweist 3 ). Auch die Notwendigkeit des gemeinnützigen Handelns mufs den. Gliedern der Gemeinde a priori eingeleuchtet haben, sonst hätten, doch auch frühere Weistümer davon irgendwie ausdrücklich Notiz genommen. Es bleibt aber den Quellen erst des 17. Jahrhunderts vorbehalten, einen Gegensatz zwischen „aigennuz' und ,, gemain.- nuz' aufzudecken, den sie übrigens

durch rationalistische Über legungen sofort wieder zu überbrücken suchen 4 ). Auch diese Stellen beweisen aber nur für die zeitweilige unorganische Auf fassung des Gemeindelehens, wie sie der erwachende Intellekt nicht anders ausbilden konnte, nicht für eine wirkliche Auflösung der organischen Zusammenhänge. Erwähnt mufs noch die Ver ordnung des Münsterthaies über die „gewere' werden, nach der ein einzelner „armer man' rechtlich anders behandelt wird als eine ganze Gemeinde, nach der also der einzelne zur Gemeinde

hatte — jeder für jeden. Zunächst einer für alle. Das äufsert sich in der Teilnahme aller Berechtigten am „eleichen täding', an den gemeinen Brücken bauten und anderen Wasserarbeiten. Dann darin, dafs im Notfalle ein jeder Nachbar — wie wir oben sahen, sogar ein Weib — Friede zu gebieten befugt ist 1 ). Aber auch alle für einen. Das zeigt sich nicht nur darin, dafs die Gemeinde sich für die dem einzelnen widerfahrene Unbill einsetzt — hier wird in dem Rechte des einzelnen das Recht der Gesamtheit prinzipiell betont

2 ) — oder darin, dafs die Gemeinde dann dem einzelnen beispringt, wenn er in einer Angelegenheit des Gemeinnutzens (zum Beispiel Beseitigung der hölzernen Küchen) 3 ) vorgehen soll. Sondern auch, wo nur das Wohl des einzelnen in Präge kommt: so wird z. B. bei der Bestimmung der „rod' in Im st 4 ) 1485 auf Unglücksfälle des einzelnen, besonders am Viehstande, die erdenklichste Rücksicht genommen. Und so ver spricht das Dorfbuch von Biechlbach '') (1575) jedem Nachbarn vollen Abtrag der im Kriege erwachsenen

Schäden. Es mufs ferner schon hier darauf hingewiesen werden, dafs an manchen Orten der Zusammenschlufs der Gemeinden einer gleichmäfsigen territorialen Rechtspflege entgegentritt. Kein Nachbar will näm lich den anderen fangen helfen 6 J. Die vielfältigsten Beziehungen erzeugt naturgemäfs das Ver hältnis der einzelnen zueinander im Rahmen der Gemeinde. Ein gewisses genossenschaftliches Gefühl wird schon an und für sich vorausgesetzt, man soll „umb klains nit reden, sondern mitleiden tragen

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Kategorie:
Kulturgeschichte, Volkskunde, Musik, Theater
Jahr:
1904
¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
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Seite 102 von 230
Autor: Arens, Franz / von Franz Arens
Ort: Gotha
Verlag: Perthes
Umfang: XVI, 436 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: g.Tirol ; s.Volkskultur ; s.Weistum
Signatur: II 107.354 ; II 102.240 ; II 120.695
Intern-ID: 87425
: der von den Zuchttieren angerichtete Schaden wird niemandem ersetzt s ), auch darf man das gepfändete Vieh zu jedem Nachbarn in Verwahrung stellen ■'). Eine letzte Seite der wirt schaftlichen Bindung repräsentieren endlich die Bannrechte, von denen namentlich die der Bannmühlen 10 a Erwähnung verdienen. In wesentlichen wirtschaftlichen Beziehungen ist danach der einzelne ein abhängiges Glied der Gesamtheit, und ein allzeit lösbarer Besitz- und Nutzniefsungs ver trag, wie ihn Jakob am Rain 1543 mit der Gemeinde M art

(1665) III. 335, s. unten S. 213, 8) Pfunds (1303) II, 311, Tirol (1462) IV, 60. 9) Taisten (1486 u. 1537) IV, 537; zumeist besteht aber ein eigener „Pfandstall', etwa beim gemeinen Wirt. 10) Stiftsöffnung von Absam (zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts) I, 204, Weerberg (1523) I, 175. 11) III, 230. Innere Grundlegung des sozialen Lebens. 185 fizierten — meist gewerblichen — Arbeit in der Gemeinde dar. Aufsert sich ihre Beschränkung durch das allgemeine Interesse auch der Konsumenten in den Städten

auf dem Umwege des Zunftwesens, so trifft die Dorfgemeinde ihre Handwerker auf direktem Wege, also einseitig und um so härter. Die freie Konkurrenz ') wird durch ausführliche Taxen be lästigt, auch schon vor den Landesordnungen. Die Handwerker dürfen sich nicht weigern, auf der Stör zu arbeiten 2 ), sonst werden sie abgeschafft; auch ihre sittliche Haltung wird kontrolliert 3 ). Der Metzger darf nur so viel Vieh auf die Weide treiben, als für den Fleischkonsum der Gemeinde 4 ) nötig ist. Am sichersten fährt

diese natürlich, wenn der Gewerbetreibende als ihr Beamter angestellt ist. Er wii'd dann „gewählt' 5 ), mufs die Gemeinde bisweilen hei seinem Eintritte einmal freihalten (der Schmied inTarsch 6 ), zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts), und die Haltung der Gast wirtschaft liegt sogar den Genossen von Tartsch 1 ) (1574 und 1716) selbst ob, wie sonst etwa die Ausübung der Dorfmeisterschaft. Da diese Funktionäre ein Monopol erhalten, wird von Seiten der Gemeinde jede Gelegenheit benutzt, um einen Gewinn davon

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Kategorie:
Kulturgeschichte, Volkskunde, Musik, Theater
Jahr:
1904
¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
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Seite 97 von 230
Autor: Arens, Franz / von Franz Arens
Ort: Gotha
Verlag: Perthes
Umfang: XVI, 436 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: g.Tirol ; s.Volkskultur ; s.Weistum
Signatur: II 107.354 ; II 102.240 ; II 120.695
Intern-ID: 87425
feierlich aller Gemeinsrechte *) entsetzt. Dann wird auch die Beteiligung an den gelobten Feierabenden und Kreuzgängen von Gemeinde wegen streng kontrolliert 6 ). Sonst wird nament lich auf drei Punkte streng gesehen. Die Aufnahme von Fremden ohne Erlaubnis der Gemeinde wird streng verboten, zu Stilfs auch unter Androhung des Ausschlusses (172 1) 6 ). Ferner wird die vollwertige Ableistung der gemeinen Arbeiten 7 ) ganz energisch verlangt, endlich das pünktliche Erscheinen zur Beratung bean sprucht

(auch Adel) Angedai r (1815) II, 200 (mit demjenigen fleifse ... welcher von taglöhnern erfordert wird). 8) Vgl. Grimm S. 792 841. 9) GrluTns (1440) III, 7, Kolsafs (erste Hälfte deB 16. Jahrhunderts) Weerberg (1523) I, 175. ' Innere Grundlegung des sozialen Lebens. 155 meindeautonomie treten dann noch besondere Leistungen zum Nutzen der Gemeinde entschuldigend hinzu J ). Der steigende In dividualismus räumt aber allmählich mit der alten Strenge auf: in Seefeld z ) (1757) wird von dem Säumigen

0 ). Zur Erhaltung der guten Ordnung hatte die Gemeinde Beamte nötig, und das genossenschaftliche Prinzip verlangte Wahl aus dem Kreise ihrer Angehörigen. Ein solches Amt war aber, wie es scheint, durchaus nicht begehrt (i ). Mag es sich nun um einen Kirchpropst 7 ), einen Feldhüter 8 ) (Escher), den gemeinen Wirt oder besonders den Geschworenen ®) und Dorfmeister 10 ) (Dorf bürgen, Sechser usw.) handeln, überall wird das Amt als eine schwere Last angesehen ll ), und, um nur überhaupt die Leute etwas geneigter

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Kategorie:
Kulturgeschichte, Volkskunde, Musik, Theater
Jahr:
1904
¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
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Seite 107 von 230
Autor: Arens, Franz / von Franz Arens
Ort: Gotha
Verlag: Perthes
Umfang: XVI, 436 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: g.Tirol ; s.Volkskultur ; s.Weistum
Signatur: II 107.354 ; II 102.240 ; II 120.695
Intern-ID: 87425
hervorhebt, so mag man darin eine Andeutung dafür erblicken, dafs der national-deutsche Zug der Reformationsbewegung auch in Tirol seine Wirkung tat. Endlich sei noch auf die Uberlieferung vom Kanzler Biener hin gewiesen, der nach der Erzählung bei Zingerle, die dieser wohl nicht erst selbst so gestaltet hat, welscher Tücke und geistlicher Herrschsucht als ein „offner deutscher mann' 9 ) zum Opfer fiel (1631) Blicken wir zurück, so finden wir, dafs die Gemeinde neben 1) S. oben S. 57. Jäger

nach erst vom 17. Jahrhunderte abwärts der Fall — sind sie unorganisch, individualistisch. Tatsächlich ist die Gemeinde aber eine lebendige Macht, der gegenüber die gröfseren sowohl als die kleineren sozialen Körper zurücktreten mufsten, wenn sie ja auch Spuren ihres Da seins hier und da hinterlassen haben. Doch läfst die Tendenz der Entwickelung trotz alledem ein langsames und sicheres Fort schreiten des Individualismus nicht verkennen, namentlich in der Wirtschaft, während freilich das moralische

, ohne sie auch für die Standesbildung durchzuführen. Eine Sozialgeschichte soll und kann natürlich das dafür bestimmte kurze Kapitel nicht geben. 4. Standesbildung und ständisches Gefühl. Auch der Stand ist ein „soziales Gebilde', wie Familie und Gemeinde. Aber doch wieder ganz anders. Er ist schwer zu de finieren wie alle Begriffe des täglichen Lebens. Es gehört dazu meines Erachtens erstens eine Gemeinschaft von Menschen, aber nicht lokal verbunden wie die Gemeinde, und nicht durch so nahe Blutsbande vereinigt wie die Familie

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Kategorie:
Kulturgeschichte, Volkskunde, Musik, Theater
Jahr:
1904
¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
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Seite 116 von 230
Autor: Arens, Franz / von Franz Arens
Ort: Gotha
Verlag: Perthes
Umfang: XVI, 436 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: g.Tirol ; s.Volkskultur ; s.Weistum
Signatur: II 107.354 ; II 102.240 ; II 120.695
Intern-ID: 87425
(Passeier) 4 ), 1509 (Lorenzen) 5 ), 1631 (Telfs) ,; ). Den herrschenden Ständen gegenüber fühlen sich freilich alle gleichmäfsig als „die armen leute' ganz formelhaft gebraucht). Solange die Reichen zugleich die Edlen und Mächtigen waren, richtet sich der VolkswilJe gegen sie; i m Münsterthale ') wird, wie schon bemerkt, gegen jedwede Be vorzugung der Reichen und Vornehmen im Rechtsgange — „won heren haben gern geltz' — sehr energisch Verwahrung eingelegt. Später aber, als die Gemeinde

in ihr wenn nicht unabhängiges, so doch unempfindliches Stilleben versinkt, wenden die Reichen unter den Bauern ihre Macht den Armen gegenüber nur zu gerne an: da sie der Gemeinde nicht mit ihrem Gute bürgen können, zieht man sie zu besonderen Steuern heran 8 ), erschwert ihnen auf jede Weise den Zuzug 9 ), während denen, die Vermögen im Orte fundiert nachweisen, das Einkaufsgeld sogar erlassen wird 10 ). 1) Rapp I, S. 72. 2) II, 311. 3) I, 2T9. 4) I, 93. 5) IV, 456. 6) II, 5. 7) Münsteithal (1427) III, 357. 358. 8) Tarseh

(zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts) III, 292. 9) S. oben S. 88. 10) Latsch (1607) III, 241. Innere Grundlegung des sozialen Lebens. 213 Namentlich den Armen gilt auch die aufdringliche Sittenpolizei *) der Zeit. Die „got wohlgefällige gleichheit' 2 ), die als oberstes Sozialprinzip verkündet wird, ist doch nur für den halb oligar- chischen Kreis der vollberechtigten Nachbarn in Kraft. Auch unter den „pesten' der Gemeinde sind jedenfalls immer die wirtschaftlich Kräftigsten 3 ) zu verstehen

. Mafsgebend für die wirtschaftliche und damit die soziale Ab stufung innerhalb der Gemeinde war nun schon im 14. Jahr hunderte der Grundbesitz 4 ); zu Tisens 6 ) (1364) stufen sich die Berechtigungen am gemeinen Holze nach dem Grundeigen ab. Von hier aus konnte man leicht zu Beschränkungen der kleinen Wirt schaften übergehen, halb scherzhaft schuf man die genauen Rechts grenzen für das spärliche Geflügel eines söltners G ) (Häusler ohne nennenswerten Grundbesitz) 7 ). Damit aber war auch die Um wandlung

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Kategorie:
Kulturgeschichte, Volkskunde, Musik, Theater
Jahr:
1904
¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
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Seite 105 von 230
Autor: Arens, Franz / von Franz Arens
Ort: Gotha
Verlag: Perthes
Umfang: XVI, 436 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: g.Tirol ; s.Volkskultur ; s.Weistum
Signatur: II 107.354 ; II 102.240 ; II 120.695
Intern-ID: 87425
aus Ulten für vogelfrei erklärt sind. Minder bewufst als die Talgemeinden — es gab ja weniger Streitpunkte —, aber um so intensiver mögen die Bergdörfer sich voneinander unter schieden gefühlt haben 2 ). Bisweilen dürfen auch einzelne Aus wärtige immerhin an wirtschaftlichen Rechten der Gemeinde teil nehmen 3 ), sei es durch ihren Besitz von Grund und Boden, dem aber die Teilnahme an Zinsen und Diensten entsprechen nur, oder vermöge besonderer Umstände: so haben der Lechner und Ruep auf Meran ein Recht

auf die Zuchttiere der Gemeinde Kolsafs 4 ) (erste Hälfte des 16. Jahrhunderts), „darumb, dafs der Ursprung des prunens auf ihren grünten aufgehet'. Engere Interessen verbindungen bestanden wohl von vornherein zwischen den ver schiedenen Städten, die sich gegenseitig auf ihren Märkten begün stigen 5 ) und auf ihr Recht dem Fürsten gegenüber berufen c ), deren eine auch bisweilen die Bürger der anderen nicht verhaften darf ')• Damit ist unsere Kenntnis von dem sozialen Selbstgefühle der Tiroler Gemeinde

noch nicht erschöpft. Es kann noch manches über ihr Verhalten gegenüber den höheren Ständen gesagt werden. Aber dieser Freiheitssinn der Bauern wird besser unter den stän dischen Gefühlen besprochen 8 ). Eine etwas weitere Zusammengehörigkeit als die der Gemeinde besteht gemeinhin zwischen den Bewohnern eines Tales. Vielleicht ist dies etwa mit einer Pfarre gleichzusetzen, durch deren Über schreitung in Naturns .eine schärfere Bestrafung der verbotenen Holzausfuhr 9 ) veranlafst wird; vielleicht

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Kategorie:
Kulturgeschichte, Volkskunde, Musik, Theater
Jahr:
1904
¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
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Seite 168 von 230
Autor: Arens, Franz / von Franz Arens
Ort: Gotha
Verlag: Perthes
Umfang: XVI, 436 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: g.Tirol ; s.Volkskultur ; s.Weistum
Signatur: II 107.354 ; II 102.240 ; II 120.695
Intern-ID: 87425
31« Sechster Abschnitt. den Motiven der so gewerteten Handlungen nicht immer besonders nachgespürt; auf ihren Sachinhalt kam es zunächst an. Es be steht kein Zweifel darüber, dafs nach einer Ehrung dieser Art erst recht gestrebt wurde; wir könnten den Ehrgeiz aber auf Grund der Quelle höchstens für das Streben nach Amt und Würden belegen. Freilich war da zu konstatieren '), dafs die Ehrenämter der Gemeinde mit saurem Gesichte getragen wurden, aber der Umstand allein, dafs sie sich immerhin

und nur gegenüber ungetreuen Beamten der Gemeinde. Es wird meist hinzugefügt, ein solcher Mann sei fortan zu keinem Ehrenamte 9 h mehr fähig und habe als ein Meineidiger 10 ) zu gelten. Das erste 1) S. oben S. 179f. 2) Tarrenz (1674) II, 172. 3) Stanis (1538) II, 60, s. unten S. 347. 4) Sehlanders (1400) III, 165. 5) S. oben S. 312, Gegensatz: „gutbeleumdet', s. oben S. 315. 6) Baumkirehen (1547). 7) S. oben S. 188 f. 8) Die folgenden Resultate stimmen durchaus mit denen von 0Ber bruggen überein

für spezifisch unehrenhaft galten. Da finden wir Fälle, die wir vor kurzem erst berührt haben 1 ): die falsche Anklage als Amtsmifs- brauch, das ungerechte Urteil, den Holzfrevel einer Amtsperson, das Ausplaudern von Geheimnissen der Gemeinde, das Einstellen von fremden Pfändern für eigene. All das gehört in das Gebiet der sozialen Zuverlässigkeit, und ihm ist auch die besondere Form der Ehrentziehung entnommen: „falsch und mainat' ist der Ehr lose, kein Vertrauen schenkt man ihm, seinen Worten glaubt

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Kategorie:
Kulturgeschichte, Volkskunde, Musik, Theater
Jahr:
1904
¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
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Seite 101 von 230
Autor: Arens, Franz / von Franz Arens
Ort: Gotha
Verlag: Perthes
Umfang: XVI, 436 S.
Sprache: Deutsch
Schlagwort: g.Tirol ; s.Volkskultur ; s.Weistum
Signatur: II 107.354 ; II 102.240 ; II 120.695
Intern-ID: 87425
' werden häufig verpönt 3 ). Das Weistum von Stilfes 4 ) (1721) fafst seine moralische Aufgabe so weit, dafs es einem Dorfkinde, das sich „auf das feirn genzlichen begebete', Herberge zu gewähren verbietet. Endlich führe ich noch eine Stelle aus H aim in gen 6 ) an (1652), nach der die Heirat nicht nur von den Eltern und der Obrigkeit, sondern über dies noch von der Dorfgemeinde gebilligt werden mufste. Ich gehe nun zu der wirtschaftlichen Bindung des einzel- nèn in der Gemeinde

über. Sie könnte von keiner anderen Gewalt in ähnlicher Weise durchgesetzt werden, da es sich eben um gan z bestimmte lokale oder personale Verbände handelt. Ich führe hierzu nur einige typische Beispiele an; im einzelnen hat ja über die Gemeinde- und Wirtschaftseinrichtungen wenigstens des Vintseh- gaues Tille in seiner „Bäuerlichen Wirtschaftsverfassung <J eg Yintschgaues' ausführlich gehandelt. Dafs die gemeinen Wege freizuhalten sind °) und dafs zum Kirchenzehnten ein jeder beitragen mufs 7 ), wird nicht wunder nehmen. Dagegen

. 3) Z. B. Heunfels (1500) IV, 558, s. unten S. 236. 4) IV, 416. 5) II, 73. 6) Im st (erste Hälfte des 16. Jahrhunderts) II, 154. 7) Aschau 1561 (1590) III, 373 N2. 8) IV, 372. 9) ID, 50. Innere Grundlegung des sozialen Lehens. 183 eine Milderung erfährt das Gebot in Aschau (1561), wo der Bauer wenigstens mit denProdukten des eigenen Waldes frei verfahren kann. Dagegen erscheint es in Pia nail ') (1583) dahin verschärft, dafs auch die aus dem gemeinen Holze gefertigten Geräte die Gemeinde nicht verlassen dürfen

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