5.859 Ergebnisse
Sortieren nach:
Relevanz
Relevanz
Erscheinungsjahr aufsteigend
Erscheinungsjahr absteigend
Titel A - Z
Titel Z - A
Zeitungen & Zeitschriften
Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIRVO/1933/14_11_1933/TIRVO_1933_11_14_3_object_7657049.png
Seite 3 von 8
Datum: 14.11.1933
Umfang: 8
Das Leben Dr Anderthalb Jahrzehnte Weltgeschichte liegen zwischen dem 12. November und dem Todestag jenes Mannes, der mehr als die meisten anderen mitgeholsen hat, Weltgeschichte zu machen. Es ist schwer, nur von ihm, nur von seinem persönlichen Schicksal zu erzählen. Denn das Leben Viktor- Adlers ist untrennbar verbunden mit dem Schicksal und dem Kampf der österreichischen Arbeiter. Ist doch er der Mann gewesen, der sie. die Irrenden und Zersplitterten, geeinigt hat und dessen Lebenswerk

ihr Aufstieg und ihr Fortschreiten war. Der „große Sprung" in seinem Leben Am 24. Juni 1852 ist Viktor Adler in Prag geboren. Er tvar das Kind wohlhabender Bürgersleute und seine Kindheit war geborgen und geschützt wie die Kindheit aller Angehörigen der besitzenden Schichten. Sie beherrschen die Welt; und Viktor Adler wäre es, seiner Abkunft und sei nem Geist nach, leicht möglich gewesen, in dieser Welt der Besitzenden ein bedeutender und geachteter „Mitbürger" zu werden. Und es ist vielleicht das wahrhaft

Große in sei nem Leben, daß er den großen Sprung über jene riesige Barrikade gewagt hat. die diese Welt der Besitzenden von jener der Besitzlosen trennt, und sich bekannt hat zu denen, die unterdrückt sind. Als Dreijähriger ist Viktor Adler mit seinen Eltern nach Wien gekommen. Er hat dieses Wien und das Volk von Wien geliebt mit allen Fasern seines Herzens; in Wien hat er die ersten Eindrücke seiner Kindheit empfangen. Es war die Zeit, in der die Basteien und die Wälle sielen, in der aus der alten

kaiserlichen Re sidenz langsam eine große Weltstadt wurde. Die Repubttk im Gymnasium Nach der Volksschule hat Viktor Adler das Schotten- ghmnasium besucht. Viele, von denen später die Welt redete, sind dort aus der Schulbank gesessen. Im Schotten- ghmnasium war es auch, wo Viktor Adler einen Mitschüler kennengelernt hat. dessen Name ebenfalls wohlbekannt ist in den Reihen der österreichischen Arbeiter: Engelbert Perner- storser. In den oberen Klassen gap es so etwas wie eine Schulgemeinde. Adler

und Pernerstorfer hatten sie orga nisiert. Es war eine regelrechte Schulrepublik. Die Ideale von anno 1848 klangen in ihr nach, der Traum von der großen, freien, deutschen Republik. Auch Adler und Per nerstorfer waren damals noch keine Sozialisten. Sie wa- ren Deutschnationale — freilich in einem ganz anderen und edleren Sinn, als es das braune Mordgesindel von heute verstehen und begreifen kann. Diese Gesinnung nahm Viktor Adler auch auf die Universität mit. Er trat der deutschnationalen Burschenschaft

1
Zeitungen & Zeitschriften
Neueste Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/NEUEZ/1943/08_10_1943/NEUEZ_1943_10_08_2_object_8177880.png
Seite 2 von 4
Datum: 08.10.1943
Umfang: 4
das Motorschiff die Anker und fuhr mit Kurs auf Malta davon. Unter den gewaltsam Entführten befanden sich zahlreiche noch nicht Dienstpflichtige, die die Lehrgänge für Jugendliche besuchten. Das beispiellose falschspiel des Savapers Die faschistische Korrespondenz über Viktor Emanuel — Das Charakterbild eines Verräters Rom. 8. Okt. Die beispiellose Heuchelei und der Verrat des Hauses Savoyen, die durch die deutschen Veröffentlichungen bereits unwider legbar erwiesen und an den Pranger ge stellt worden

sind, werden von dxr „Corrispon- denza Republicana", dem amtlichen Organ der republikanisch-faschistischen Regierung, noch einmal an Hand von Aussprachen und Regie rungshandlungen Viktor Emanuels bestätigt. Die Korrespondenz weist nach, daß Viktor Ema nuel, der heute das Bestreben habe, die Ver antwortung für die italienische Politik der letz ten zwanzig Jahre ausschließlich dem Faschis mus und besonders dem Duce zuzuschieben und sich selbst als einen alten Freund der westlichen Demokratien und auch Sowjetrußlands

hinzu stellen, vergeblich versuche, sich von der Verant wortung zu drücken. Selbst wenn die Doktrin der Formel „Der König regiert, aber herrscht nicht, nach demokratischen und parlamentari schen Grundsätzen gültig wäre, dann würde sich Viktor Emanuel dennoch nicht dahinter ver stecken können, da das Italien der letzten 21 Jahre das Gegenteil einer parlamen tarischen Demokratie gewesen sei. Das Blätt erwähnt die Mitarbeit Viktor Emanuels beim Abschluß des Bündnisses mit Deutschland

, bei der Vorbereitung des Krieges gegen Frankreich und Griechenland, bei der italienischen Kriegserklärung an Sowjetruß land sowie zahlreiche andere Fälle des aktiven und verantwortlichen Eingreifens durch den König in die italienische Außenpolitik und bezeichnet es als einen vergeblichen Versuch des Exkönigs, das alles heute leugnen zu wollen, was durch Urkunden und Dokumente in den diplomatischen Archiven, durch photographische Aufnahmen und Filme bewiesen werden könne. U. a. wird an dep Ausspruch Viktor Emanuels

bei der Verleihung des Großkreuzes des mili tärischen Ordens von Savoyen an Musso lini nach der siegreichen Beendigung des Krieges in Aethiopien erinnert: „Er gewann den Krieg für unser faschistisches Vaterland." Damit habe Viktor Emanuel aus drücklich und aus freiem Willen den faschisti schen Charakter Italiens anerkannt. Das ita lienische Blatt erinnert weiter an die Botschaft Viktor Emanuels an den Führer nach Ab schluß des „Stählernen Paktes", in der er seine tiefe Genugtuung über das Zustandekommen

2
Zeitungen & Zeitschriften
Neueste Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/NEUEZ/1920/30_09_1920/NEUEZ_1920_09_30_4_object_8148900.png
Seite 4 von 4
Datum: 30.09.1920
Umfang: 4
, „daß wir artig sind. Wir wollen dich heute noch einmal sehen und ein Abschiedsfest feiern. Du kannst dann übermorgen oder wann beim Retseänstalten fertig sind, deines geraden W?Ms über die Berge wandern, ohne, wie wir verabredet haben, noch einmal die Stadt zu berühren, um von uns Abschied zu mhwen. Genieße dann nur recht deine wenigen noch übri gen Tage de rFreiheit bis du in das Joch der harten Ar beit mußt." „Sei mir gegrüßt, mein Sohn," sagte die Gattin des Vormundes und küßte Viktor

, ordnete an, in welcher Reihte man an dem Tische sitzen sollte und sagte: „Siehst du, Viktor, wie dich alle doch lieb haben." Die Speisen kamen und das Mahl begann. Der Vormund und fetrr? Gattin saßen obenan, neben Rosinen wurde Hanna, die Ziehschwester Viktors, gesetzt, den Mädchen gegenüber waren die Jünglinge, und ganz unten hatte sich als Wirtin die Mutter hingesetzt, die häu fig aus und ein zu gehen und zu sorgen hatte. Mar» genoß die ländlichen Gerichte. Der Vormund erzählte Reiseabenteuer

, die er selbst erlebt Hatte, da er noch in den Schulen war, er gab Re geln. wie man Mit mäßigem Frohsinne die Welt genießen solle und unterwies Viktor, wie er sich nun zunächst zu benehmen habe. Die Gattin des Vormundes spielte auf eine künftige Braut an, und Ferdtimnd sagte, er würde den Freund sehr bald besuchen, wenn derselbe nur einmal in seinem Standort würde eingerückt sein. Viktor redete wenig und versprach, alles genau zu befolgen, was ihm der Vormund anriet und einprägte. Den Brief, den er ihm an den Oheim

mitgab, zu welchem Viktor nun un mittelbar und zwar auf die ausörlickliche sonderbar? und etwas eigensinnige Forderung des Oheims selbst zu Fuß zum Besuche kommen mußte, versprach er recht gut auf zubewahren und sogleich bei der Ankunft abzugeben. Als es gegen Abend ging, machten sich die Stadtbewoh ner auf den Heimweg. Sie ließen ihren Wagen, der in dem Gasthause gehalten hatte, in dem engenen Tale bis zu seiner Mündung in das weitere vorausgehen und wurden von ihrer Wirtin und Viktor und Hanna

be gleitet. „Lebt wohl, Frau Ludmilla," sagte der Vormund, als er in den Wjagen stieg, „lebe wohl, Viktor, und befolge alles, was ich dir gesagt habe." Als er in den Wagen gestiegen war, als Viktor noch einmal gedankt und man sich allseitig empfohlen hatte, flogen die Pferde düvom Es war heute schon zu spät, daß Viktor noch weit in den Wald hinaufgegangen wäre. Er blieb zu Hause, sah ver schiedene Dinge Ui dtem Gürten an und untersuchte noch einmal alle Habe, die er'itt sein Ränzchen gepackt

3
Zeitungen & Zeitschriften
Neueste Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/NEUEZ/1920/27_10_1920/NEUEZ_1920_10_27_4_object_8149015.png
Seite 4 von 4
Datum: 27.10.1920
Umfang: 4
bei den drei Mahlzeiten des Tages der Fall war. Besonders lebhaft wurde Viktor einmal, da chn der Greis zufällig oder absichtlich veranlatzte, von seiner Zu kunft und von seinen Plänen zu reden. Er werde jetzt in sein Amt eintreten, sagte Viktor, werde arbeiten, wie es nur seine Kraft verumg, werde jeden Fehler, den er antreffe, verbessern, werde seinen Obern alles vorlegen, was zu ändern sei, werde kein Schlendern und keinen Unterschleif dulden — in freien Stunden werde er die Wissenschaften und Sprachen

und zu laden? Ich gebe dir ein paar aus meiner Gewehrkarmner und du kannst damit durch die ganze Insel herumgehen." „Freilich verstehe ich ein Feuergewehr zu behandeln," antwortete Viktor, „aber die Singvögel, die ich hier sehe, mag ich nicht schießen; denn sie erbarmen mir zu viel, und auf der ganzen Insel sehe ich nur veraltete Obst- büume und junges darüber wachsendes Waldlaub, da wird schwerlich ein Fuchs oder ein anderes Meßbares Wild sein." „Du wirst schon finden, nur mutz man das Suchen verstehen

." Mit diesen Worten trank der Oheim seinen Wein aus, aß sein Zuckerwerk und ließ den Gegenstand fallen. Hier auf gingen sie bald schlafen. Viktor wurde jetzt nicht mehr, wie in den ersten Tagen, von seinem Oheime in das Schlafgemach geleitet, sondern seit das Schlafgitter nicht mehr gesperrt wurde, zündete er sich nach Beendi gung des Mahles ein Licht an, wünschte dem Oheim gute Nacht, und verfügte sich mit dem Spitz, der jetzt auch in Eintracht mit den anderen Hunden atz, in seine zwei Ge mächer

. In diesen Verhälinisien verging endlich alle Zeit, die Viktor nach dem eigentlich -erzwungenen Vertrage noch auf der Insel zu verleben gehabt hatte. Er war nie in Versuchung gekommen, etwas Über diese Sachlage zu sa gen, weil er zu stolz dazu war. Aber als der letzte Tag vergangen war, den er rwch da sein konnte, um dann zu rechter Zeit in sein Amt einzutreffen, pochte ihm das Herz im Leibe. Man war mit dem Aüendmahle fertig. Der Oheim war aufgestanden und kramte in allerlei Pa pieren und schob sie nach Art

des Alters mit ungeschickten Händen durcheinander. Dann legte er sie aber samt und sonders in einen Winkel und ließ sie dort liegen. Vik tor sah schon aus dem ganzen Benehmen, daß der Greis nichts mehr über den Gegenstand sagen werde, er nahm daher sein Licht und begab sich zu Bette. Das Frühstück wurde am andern Tage mit derselbe« Langsamkeit verzehrt, wie bisher immer. Viktor hatte auf seine Stube sein Ränzlein vollständig gepackt unt> saß jetzt auf seinem Frühmahlstuhle und wartete, was der Oheim

4
Zeitungen & Zeitschriften
Neueste Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/NEUEZ/1920/03_10_1920/NEUEZ_1920_10_03_3_object_8149362.png
Seite 3 von 4
Datum: 03.10.1920
Umfang: 4
Stifter. Ste brach in bitterliche Tranen aus. Viktor zog sie sanft gegen sich her, und sie folgte. Sie lehnte das Haupt und das Angesicht an das Tuch seines Nockes und gleichsam als wären jetzt bei ihr alle Schleu- sen recht geöffnet worden, weinte und schluchzte sie so kehr, als drücke es ihr das Herz ab, weil sie ihn verlieren müffe. Er legte den Arm um sie, wie beschützend und be schwichtigend, und drückte sie an sein Herz. Er drückte sie immer fester, Me ein hilfloses Wese«. Sie schmiegte

mit Tränen füllen wollten. . Als man fertig war und ehe man sich zum Schlafen gehen anschickste, mutzte noch Hannas Geschenk herbeige bracht werden. Es war eine Brieftasche, die mit schneewei ßer Seide gefüttert war unö schon das Reisegeld enthielt, das die Mutter hineingelegt hatte. „Das Geld tue ich heraus," sagte Viktor, „und hebe mir die Brieftasche auf." „Nein, nein," sagte die Mutter, „das Geld lasse drin nen: stehst du, wie schon die gedruckten feinen Papiere in der weißen Seide rnh«m. Nebst

andern Dngen muß dich Hanna auch immer mit Brieftaschen versehen" „Ich werde sehr darauf acht haben," antwortete Viktor. Die Mutter schloß nun mit dem winzig kleinen Schltts- selchen das Fach der Brieftasche zu, in welchem das Geld war, und zeigte ihm, wie man das SHlttsselchen berge. Hierauf trieb sie zum Schlafengehen. „Lasse das, lasse das", sagte sie, als sie Viktor anwerkte, daß er für das Reisegeld danken wolle, „geht nun zu Bette. Um fünf Uhr öes Morgens mußt du schon auf den Bergen sein. Viktor

. Ich habe gesorgt, daß uns der Knecht bei rechter Zeit wecke, wenn ich mich etwa selber verschlafen sollte. Du mußt noch ein recht gutes Frühmahl einnehmen ehe du fvrtgehst. — So, Kinder, gute Nacht, schlaft wohl." Sie hatte während dieser Worte, wie sie es jeden Abend tat, zwei Kerzen für die Kinder angezündeb jedes nahm die seine von dem Tische, wünschte der Mutter eine ehr- erbietigu gute Nacht und begab sich auf seine Stube. Viktor konnte noch nicht sein Lager suchen. Die vielen unordentlichen Schatten

, der so viele Jahre an dem Lager des Jünglings vorbeigeronnen war. Biele tausend Sterne brannten an dem Himmel, aber es er glomm nicht ein einziger, nicht der schmälste Sichelstreifeu öes Mondes. Viktor legte sich endlich auf das Bett, um die letzte Nacht hstrr zu verschlafen und den Morgen zu erwarten, der ihn vielleicht auf imnrer fortführen sollte, wo er, fett er denken konnte, sein Leben zugebracht hatte. Der Mor gen kam sehr bald! Als Viktor noch kaum geglaubt hatte, die ersten ergnickenkten Atemzüge

5
Zeitungen & Zeitschriften
Neueste Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/NEUEZ/1920/29_09_1920/NEUEZ_1920_09_29_4_object_8148804.png
Seite 4 von 4
Datum: 29.09.1920
Umfang: 4
und anderes in meiner Lade liegen — und wenn ich in früheren Zeiten alles hatte, was ich bedurfte, so ginget Ihr hin und gäbet mir noch etwas — und wenn ich auch das hatte, so steckM Ihr mir jeden Tag noch heimlich zu, was Euch deuchte, daß es mich freuen wird. — Ihr habt mich lieber gehabt als Hanna!" „Nein, mein Viktor, da tust du mir unrecht. Du ver stehst das Gefühl noch nicht.'Was nicht vom Herzen geht, geht nicht wieder zü Herzen. Hanna ist meine leibliche Tochter — ich habe sie im Schoße unter dem eigenen Her zen

getragen, das ihrer Ankunft entgegenschlug — ich habe sie dann geboren: in spätem Alter ist mir das Glück zu teil geworden, als ich schon hätte ihre Großmutter sein können — mitten unter dem Schmerz über den Tod ihres Vaters habe ich sie doch mit Freuden geboren — dann habe ich sie erzogen — — nnd sie ist mir daher auch lieber. Ich habe aber auch dich sehr geliebt, Viktor. Seit du in dieses Hans gekommen und ausgewachsen bist, liebte ich dich sehr. Oft war es uttr, als hätte ich dich wirklich

unter dem Herzen getragen — und ich hätte dich ja eigentlich imter diesem Herzen tragen Men: es war Gottes Wille, wenn es auch nachher anders geworden ist — ich werde dir das erzählen, wemr du älter geworden bist. Und zu letzt, daß ich es sage, um Gott und der Wahrheit die Ehre zu geben, ihr werdet wir wohl leide gleich lieb sein. — Mit dem Gelbe machen wir es so, Viktor: man muß kei nem Menschen in seinem Gewissen Gewalt antun und ich dringe daher nicht wehr in dich: lassen wir das Gelöan- liegen bleilen

, wo es jetzt liegt, ich werde eine Schrift verfertigen, daß es dir mrd Hanna ausgefolgt werde, wenn ihr großjährig seid: dann könnt ihr es teilen, oder sonst darüber verfügen, wie ihr wollt. Ist es dir so recht, Viktor?" „Ja, dann kann ich ihr alles geben." „Lasse das nur jetzt ruhen. Wenn die Zeit konnnt, wird sich schon finden, was mit dem Gelöe zu machen sei. Ich will dir noch auf das andere antworten, was du gesagt hast, Viktor. Wenn ich dir heiyrlich Gutes tat, so tat ich es auch Hanna. Die Mütter

machen es schon so. Seit du in unser Haus gekvrmnen bist, ist es beinahe, als wäre ein größerer Segen gekommen. Ich konnte für Hanna jährlich mehr ersparen als sonst. Die Sorge für zwei ist geschicktere und geübtere Sorge, und wo Gott für zwei zu segnen hat, segnet er oft für drei. — O, Viktor! die Zeit ist recht schnell vergangen, seit du da bist. Wenn ich so zurück denke an meine einstige Jugend, so ist es mir: wo sind denn die Jahre hingekommen, und wie bin ich denn so alt geworden

6
Zeitungen & Zeitschriften
Neueste Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/NEUEZ/1920/07_10_1920/NEUEZ_1920_10_07_4_object_8148816.png
Seite 4 von 4
Datum: 07.10.1920
Umfang: 4
finden. Aber wenn Ihr noch Wer die Grisel steigen wollt, rechts am See, da kommt Ihr zu einem luftigen Hammer schmiede, den ich Euch empfehlen kann, wo es schon ein anderes Geschicke hat" „Ich muß aber in die Hul." „Nun, da habt Ihr von Attmaning noch drei schwache Stunden hinein." Viktor hatte sich während des Gespräches zu dem Manne ntedergesetzt und sich und den Hund gelabt. Nach dem er mit seinem Nachbar noch einiges hin und her ge redet hatte, machte er sich wieder auf und ging an diesem Tage

ihm, Kohlbauern fuhren- manchmal ging schon ein Mann mit spitzem Hute und Gemsbarte — und ehe es zwölf Uhr war, saß Viktor bereits unter dem Ueberdache des Gasthauses zu Attmaning, wo er wieder zu der Straße gekommen war und sah gegen die Gebirgsöffnung hinein, wo alles in blauen Lichtern flimmerte und ein schmaler Wasserstreifen, wie ein Sen senblitz leuchtete. Attmaning ist der letzte Ort des Hügellandes, wo es an das Hochgebirge stößt. Seine hellgrünen Bäume, die nahen Gebirge, sein spitzer Kirchturm

und die sonnige Lage machen es zu dem lieblichsten Orte, den es nur immer auf unserer Erde geben kann. Viktor blieb bis gegen vier Uhr ün seinem Gassentisch chen — welcher Gebrauch ihn sehr freute — sitzen und ergötzte sich an dem Anblicke dieser hohen Berge, an ihrer schönen blauen Farbe und an den duftigen, wechselnde Lichtern darinnen. Dergleichen hatte'er üie in seinem Leben gesehen. Was ist der größte, mächtigste Berg seiner Heimat dagegen? Als es vier Uhr schlug und die blauen Schatten allgemach längs

ganzer Wände nteöersanken und ihm die früher geschätzten Fernen derselben wunder lich verrückten, fragte er endlich, wo hinaus die Hul liege. „Da oben am See," sagte der Wirt, indem er auf die Oeffnung zeigte, auf welche Viktor am Nachmittage so oft hingesehen hatte. „Wollt Ihr denn heute noch in die Hul?" fragte er nach einer Weile. •' „Ja," sagte Viktor, „und ich will die jetzige küble Abendzeit dazu benutzen." „Da müßt Ihr nicht säumen," erwiderte der Wirt, „und wenn Ihr niemand anderen habt

, so will ich Euch mei nen Buben durch das Holz geben, daß er Euch dann wei ter weise." Viktor meinte zwar, keines Führers zu bedürfen- denn die Bergmündung stand ja so freundlich und nahe drüben - aber er ließ es dennoch geschehen und richtete indessen seine hingelegten Retsesachen in Ordnung. Seltsam war es ihm auch, daß die Leute, wenn sie von der Hul sprachen, immer „oben" sagten, während für seine Augen die Berge dort so duftschön zusammengingen, daß er den Wasserschein tief unten liegend erachtete- ob wohl

7
Zeitungen & Zeitschriften
Neueste Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/NEUEZ/1920/15_10_1920/NEUEZ_1920_10_15_4_object_8148828.png
Seite 4 von 4
Datum: 15.10.1920
Umfang: 4
Beteiligung an sicherem, gewinnbringendem llnkernehmen mit größerem Kapital gesucht. Anträge erbeten unter „Aussichtsreich 1429" an die Verwaltung. iimmmmimmiiiiiiiiiimmimiiiitii iirnitiiiiiimiiiiiiimmiiiiinmiimiiii Der Hagestolz. Novelle von Abalberr Stifter. 22 „Es ist öer Hund meiner Ziehmutter, Oheim," sagte Viktor, „ich habe ihn nirgends mitgenommen, weder ge kauft noch erlauscht) sondern am dritten Tage nach mei ner Abreise ist er mir nachgekommen. Er muß stark ge rannt

) jetzt kam auch Christoph, den Viktor, seit er mit ihm hierher gekommen war, nicht mehr- gesehen hatte. Der Oheim sagte zu dem hereintvetenden Diener: „Sperre ihnen die Stalltüre gut zu, daß keiner heraus komme. lasse sie aber vorher auf dem Sande unten ein wenig herumgehen." Auf diese Worte erhoben sich die drei Hunde, wie auf ein bekanntes Zeichen. Zwei folgten Christoph von selber, den dritten nahm er bei dem Balge und schleppte ihn hinaus. „Ich werde dir deine Schlafkammer selber zeigen," sagte öer

Oheim zu Viktor. Er ging bei diesen Worten in die Tiefe des Zimmers, wo es bedeutend dunkel war, weil nur ein Licht auf dem Tische brannte. Dort nahm er von einem Gestelle oder sonst von etwas, das man nicht erkennen konnte, einen Hanölenchter, kam wieder hervor, zündete die Kerze des Handleuchters an und sagte: „Jetzt folge mir." Viktor: nahm fiein Ränzlein mit dem einen Riemen in den Arm, faßte seinen Stab, zog den Spitz an der Schnur und ging hinter dem Oheime her. Dieser führte ihn bei der Tür

hinaus in einen Gang, in welchem der Reihe nach uralte Kästen standen, dann rechtwinklig in einen anderen und endlich ebenso in einen dritten, der durch ein eisernes Gitter verschlossen war. Der Oheim öffnete das Gitter, führte Viktor noch einige Schritte vorwärts, öffnete dann eine Tür und sagte: »Hier sind deine zwei Zimmer." Mktor trat in zwei Gemächer, wovon das erstere grö ßer, das zweite kleiner war. „Du kannst dien Hund in die Nebenkamwer eirrsperren, daß er dir nichts tut," sagte öer Oheim

, „und die Fenster verschließe wegen der Nachtluft." Mit diesen Worten zündete er die aus dem Tische des ersten Zimmers stehende Kerze an und ging ohne wei teres fort. Viktor hörte, daß er das Gitter des Ganges zusperrte, dann verklang öer schleifende Tritt der Pan toffeln und es war die Ruhe der Toten im Hause. Um sich zu überzeugen, daß er hinsichtlich des Gitters recht gehört habe, ging Viktor aus den Gang hinaus, um nach zusehen. Es war in der Tat so: das eiserne Gitter war mit seinen Schlössern verschlossen

8
Zeitungen & Zeitschriften
Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIRVO/1923/31_08_1923/TIRVO_1923_08_31_6_object_7627901.png
Seite 6 von 8
Datum: 31.08.1923
Umfang: 8
? Viel leicht alles zusammen; aber sei dem wie immer, — es W denken, war Sünde. Eine Hand lag da schwer auf seiner Schulter; er schrak zusammen und blickte aus. Pater Konrad Kolberg stand neben ihm. „Mem Bruder Viktor, suchten Sie Gott und fan- , den Sie ihn hier?" ftagte er. Durch eine Bewegung wollte dieser seine Schul ter von der Hand befreien, deren magere Finger er unangenehm empfand. Aber die Hand ließ sich nicht abschütteln. „Gott ist allenthalb, auch hier, Bruder Konrad," entgegnete der junge

Priester voll peinlicher Em- Mndrmg. Was wollte der andere? Wie kam er hierher? „Nein, Bruder Viktor," flüsterte Pater Kolberg, ; „Gott ist nicht mehr hier. Sie haben ihn aus sei nem .Heiligtum verjagt und verbannt, wie sie es mit allem tun; sie haben das Gotteshaus der Zer störung preisgegeben, wie sie alles preisgeben. Sie verstoßen Gott, weil Gott sie verstieß, da er ihre 'Herzen weltlichen Zwecken zugewandt und seiner Gnade unzugänglich fand." Mit entsetzten Blicken, angstvoll und empört renpreise

von 25 Billionen täglich. In Berlin arbeiten fast sämtliche Qualitäts druckereien für die Reichsbank, die von uns das Notenpapier und Klichees zugewiesen bekommen. Aber auch in allen größeren Städten des Reiches werden in den leistungsfähigen Druckereien Noten hergestellt. In den nächsten Tagen gelangt schon der Hundertmillionenmarkschein zur Ausgabe. Aber an Stelle der weißen Millionenscheine werden schon in der nächsten Woche die farbigen Millionen starrte Pater Viktor den anderen an. „Von wem reden

Sie, Bruder?" Die Stimme des Prorektors schwoll bebend in wilder Leidenschaftlichkeit. „Von jenen, Bruder Viktor, mein Bruder, die da wollen, daß du wirst gleich ihnen. Bruder, Bruder, laß nicht den Tem pel deines Herzens schänden, laß nicht Gott, den Herrn, aus ihm vertagen, um ein Götzenbild auf den Mar zu setzen, ein fluchwürdiges Bild des goldenen Kalbes, das sie umtanzen und das fie Macht und Ehre und Gewinn nennen. Bruder, Bruder, laß dich warnen von dem, der auch dem Namen nach dein Bruder

ist und es wohl meint mit dir, weil sein Herz an Jesu hängt, an dem ge kreuzigten, dem leidenden Nazarener mehr als an dem Gotte, der in Macht und Herrlichkeit am dritten Tage auferstand und in der Fülle seiner Herrschaft und der Glorie seines Reiches kommen wird. Die Herrschaft ist es, die Macht und Glorie, die sie erstreben, nicht aber die Leidensherrlichkeit des Dulders am Kreuze. Bruder, mein Bruder Viktor, mißtraue allem und allen, nur deinem Her zen nicht, solange Gott, der Herr, in ihm thront! Jünger

9
Zeitungen & Zeitschriften
Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIRVO/1924/14_01_1924/TIRVO_1924_01_14_5_object_7635730.png
Seite 5 von 8
Datum: 14.01.1924
Umfang: 8
, das war nicht der Sinn meiner Depesche. Gestern war Viktor Kokberg hier. Ich habe mich nicht in ihm getäuscht. Der Jesuit hat den Christen nicht erstickt; Christus hat Jesus be- ^Der Pole atmete auf. .Er sei gelobt!" .Ich bat Sie, Graf, unverzüglich zu kommen," fuhr Prinz Albert fort, „weil der arme junge Mann mir hier gestern seine Liebe, seine Herzens not einbekannte und weil nun die Zeit gekom- men ist, ohne Verzug zu haitdeln, um chn jenen Menschen aus den Klauen zu reißen und ihn zu retten. Er kennt

. „Darf ich wissen. Königliche Hoheit, wie es ihr geht?" fragte er. „Gewiß, Graf. Sie sollen sie sogar sehen, ehe Sie uns wieder verlassen. Oder möchten Sie das nicht?" „O, wo nicht? Ich gebe mein Leben dafür." „Gehen Sie sparsamer mit sich um, Gras! Wir haben jeder nur e i n Leben, und erscheint uns dieses in bösen Stunden auch manchmal zu lang, in Wirklichkeit reicht es gar nicht aus zur Erfül lung all des Guten, das man stiften könnte. — Also hören Sie, Graf! Viktor Kolberg weiß

brachte. — Am nächsten Vormittage, kaum eine Stunde nach seinem Eintreffen in der Villa Sellborn, wurde Pater Viktor durch eine Botschaft über rascht, die ihm der alte Ludwig brachte. Die gnä dige Frau übersandte ihm einen Brief, der nur die Worte enthielt: .Tun Sie, Hochwürden, was das beifolgende Schreiben von Ihnen verlangt, und senden Sie mir. ehe Sie gehen. Albert, bitte!' Voll Spannung öffnete der Jesuit den Umschlag des beigelegten Schreibens, der seinen Namen in einer ihm fremden Schrift trug

ein Tanzkränz chen statt, welches den Grundstock für die nächst jährige Bescherung abgeworfen hat und zu diesem Zwecke abgehalten worden ist. Die Verkehrsstörungen auf der Arlbergbahn. Im Nationalrat richteten die Abgeordneten Unter berger, Dr. Dvexel und Schumacher an >den Bun desminister für Handel und Derkchr eine Anfrage wegen der unzureichenden Vorkehrungen der Bun desbahn und der Post anläßlich der letzten Ver- kchrsstörungen ans dem Arlberge. In 'der Anfrage Mein lieber Bruder Viktor! Frau

von Sellborn wird Dir diese Zeilen über geben lasten. Dann komme, bitte, sogleich zu mir! Unten wartet der Magen, der Dich zu mir bringen wird. Frage im Hotel nach dem Grafen Granchkoi! Ich freue mich aus ganzer Seele auf das Wieder sehen mit Dir unter so ganz anderen Verhältnissen. Komme zu Deinem Bruder Kasimir Gf. Bronowski. War Pater Viktor auch vom Prinzen auf dieses bevorstehende Wiedersehen vorbereitet worden, so erfaßte ihn doch jetzt, t>a es so nahe war und da er nach so langer Zeit

10
Zeitungen & Zeitschriften
Neueste Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/NEUEZ/1920/12_10_1920/NEUEZ_1920_10_12_4_object_8148824.png
Seite 4 von 4
Datum: 12.10.1920
Umfang: 4
, für olle Lebensbedürfnisse aufzu kommen und würde für Be treffende wie für die eigene Mutter sorgen. Briefe erbeten unter .Sickzere Existenz 5480" au die Derw. 2 Günstige Kapitalsverziusung! 6- bis 7gimmerige Saggenvilla vder Wohnung von feiner, deutschtrrolischsr, christlicher, mrspruchsbevechtigter Familie aus Jahre hinaus sofort, spä testens aber ab 1. Februar zu uneten Msncht. Anträge an Direktor Müller/ Meran, Hotel Bristol. 5640-2 X Schneider sucht Arbeit ins Haus. Viktor Waidhvfer in Mariahilf

Nr. 23. 19 Der Hagestolz. Novelle von Malöeri Stifter. Dieser aber sagte: „Ntumr eine Schnur mit einem Steine «nt» ertränke diesen Hund in dem See, dann komme wie der hierher, ich werde derweilen öffnen." „Wen soll ich ertränken?" fragte Viktor. „Nun den Hund, den du da mitgezogen." „Und wenn ich es nicht tue?" „So öffne ich dir diese Pforte nicht." „So komm, Spitz," sagt Viktor. Er kehrte sich bei diesen Worten uw, lief über die Treppe in den Graben, stieg jenseits empor, lief durch den Zwerg garten

, durch die Ahornanlage, durch das folgende Ge- strttppe und langte an der Seebucht an, mit allen Kräften, denen fein Körper fähig war, hinausrnfenö: „Schiffer — alter Schiffer!" Aber es war unmöglich, daß ihn dieser hören konnte. § en Knall eines Scheibengewehres hätte man in dieser ntfernuug nicht mehr vernommen. Wie eine schwarze Fliege stand das Schiffchen neben der dunklen Fußspitze des Orlaberges, die weit in den Abenöglanz des Sees hinausstach. Viktor nahm sein Sacktuch hervor, knüpfte es an seinen Stab

und tat allerlei Schwenkungen in die Luft, damit er gestehen würde. Allein man sah ihn nicht, und zuletzt, wie er noch immer schwenkte, war auch die schwarze Fliege um die Bergspitze verschwunden. Der See war ganz leer und nur die leise schäumende'Brandung sah Viktor iw Abendwtnde, der sich indessen gehoben hatte, längs ken Felsen der Insel spielen „Es tut nichts — es tut auch nichts", sagte er, „komme, Spitz, wir werden uns da am Ufer ins Gebüsch setzen und die Nacht über sitzen bleiben. Morgen zeigt

seine Sinne, und das Bewußtsein wollte eben verschwinden, als er durch ein leises Knurre» seines Hundes geweckt wurde. Er schlug die Augen au — da stand einige Schritte von ihm dicht am Landung^ platze eine menschliche Gestalt, sich dunkel gegen das schil lernde Wasser des Sees werfend. Viktor strengte seine Augen an, mehr von der Gestalt zu erkennen, aber die Umrisse zeigten nur, daß sie ein Dtann sei, und es ließ sich nicht ermitteln, ob jung ober alt. Die Gestalt MS ruhig und schien unverwandt

12
Zeitungen & Zeitschriften
Neueste Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/NEUEZ/1920/08_10_1920/NEUEZ_1920_10_08_4_object_8149095.png
Seite 4 von 4
Datum: 08.10.1920
Umfang: 4
Fetdkiyb- ner. Innsbruck, AmMrohe S. 14 Feuersichere Wertheimkalin. größere 9tuurmer. ift vreiswcn abzugcben. Sonnenburast:. It 2. Stock links. 1237,14 Klavierunterricht. Unter, u. Mittelstufe, nach Phnikverem, erteilt Fräulein und öur Atona stich 70 K. Anfragen un ter „Musik 1196" an dir Äer- waltuna. st 16 Der Hagestolz. Novelle von Adalbert Stifter. Der Platz aber, von dem der Knabe so unbeachtend rveglief, als wäre er eben nichts, war für Viktor von der mrerwartetsten Wirkung Die Gebirgsleute

herum, so stille, klar und nahe, daß er danach langen zu können vermeinte — aber dennoch waren ihre Wände nicht grau, sondern ihre Schluchten und Spalten waren von einem luftigen Blau umhüllt mrö die Bäume standen wie kleine Hölzlein darauf, oder waren an anderen gar nicht sichtbar, die schier mit einem ganz geglätteten Rande an dem Himmel hinstrichen. Nicht ein Häuschen, nicht einen Aden scheu, nicht ein einziges Tier sah Viktor. Der See, den er von Attmaning aus als weiße Linie gesehen

hatte, war hier weit und dunkel, nicht einen einzigen Ltchtfunken, sondern nur das Dämmern der Schleiierwauern, die ihn umstanden, ge bend," und an den fernen Ufern lagen lichte Dinge, die er nicht kannte und die sich bloß in den ruhigen Wassern spiegelten. Eine Weile stand Viktor und betrachtete das Ding. Er empfand den Harzduft und hörte aber nicht das Wehen des Nadelwaldes. Von Regung war gar nichts zu ver- spiiren und man müßte nur das Weiterrücken des späten Lichtes rechnen, das an dem Schwünge der Wände

hin- überging und sich die farbenkühlen Schatten folgen ließ. Fetz Furcht vor dieser Größe, die ihn hier umgab im .Herzen tragend, machte sich Viktor daran, seinen Weg weiter zu verfolgen. Er ging den Pfad, den ihm der Knabe gezeigt hatte, hinunter. Die Berge sanken allgemach in deu Wald, die Bäume nahmen ihn wieder aus und wie es schon auf dem Halse gewesen war, daß der flache See gleichsam die Berge, die er säumte hiuauszurücken schien, damit das Auge das zarte Dustbild schauen könne

und durch steilrechtes Geklippe forteilte, nicht einmal einen handbreiten Saum lassend, daß man einen Pfad für wandelnde Menschen anlegen könnte. Viktor meinte, hundert Meilen von Attmaning entfernt zu sein, so einsanr war es hier. Nichts war da, als er und das flache Wasser, das sich unaufhörlich und brausend in die Asel hinausleerte. Hinter ihm stand der grüne, stumme Wald, vor ihm war die schwanke Fläche geschlossen durch eine blaue Wand, die sich tief ins Naß zu erstrecken schien. Das einzige Werk

13
Zeitungen & Zeitschriften
Neueste Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/NEUEZ/1920/01_10_1920/NEUEZ_1920_10_01_4_object_8148808.png
Seite 4 von 4
Datum: 01.10.1920
Umfang: 4
hatten. Stück nach Stück nahm sie herab und legte sie auf ein Häufchen zusammen. Da sie nach einer Weile nmblickte, sah sie Viktor im Garten bei der großen Ro senhecke stehen. Später sah sie ihn wieder bei öer Hecke des blauen Ho lunders stehen, der schon Knospen hatte. Der Holunder aber war viel näher gegen sie her, als die Rosenhecke. Dann ging er wieder ein wenig weiter und endlich kam er zu ihr herzu und sagte: „Ich will dir etwas hineintragen, helfen, Hanna." „Ach nein, Viktor, ich danke dir," sagte

." „Und möchtest du recht viele schöne seidene Kleider ha ben?" „Nein,* sie sind zmn Festtagsgewande sehr vorzüglich,* aber da man nicht viel Festtagsgewanö braucht, so wünsche ich nicht viel Seide. Die anderen Kleider sind auch schön und Seide ist immer ein stolzes Tragen." „Ist der Seidenwurm nicht ein recht arnres Ding?" „Warum, Viktor?" „Weil man ihn töten muß, mn sein Gewebe zu be kommen." ' „Tut man das?" „Ja, man siedet sein Gespinst im Wasserdunst oder räu chert es in Schwefel, damit das Tier drinnen

,* aber sie kommen im Frühlinge wieder. — Es mutz die Welt doch eine ungeheure, unge heure Größe haben." „Mein armer Viktor, rede nicht solche Dinge." „Ich möchte dich um etwas fragen, Hanna." „So frage mtch, Viktor." „Ich mutz dir noch vielmal danken, Hanna, daß du mir die schöne Geldbörse gernacht hast. Das Gewebe ist so fein und weich und die Farben sind recht schön. Ich habe sie mir aufbewahrt und werde kein Geld hineintun." „Ach, Viktor, das ist ja schon lange her, daß ich dir die ^Börse gab

diese seidenen Flecke ab, ich will sie dir doch hineintragen helfen." „Ich weiß nicht, wie du heute bist, Viktor,* die Dime da sind ja so leicht, daß ein Kind das Zehnfache davon zu tragen vermöchte." „Es ist auch nicht, wegen öer Schwere, sondern ich rnöchte sie dir nur tragen." „Nun so trage einen Teil, ich werde sie gleich ordnen. Willst du schon in das Haus hineingehen, so raffen wir schnell zusammen, was noch da ist und gehen." „Nein, nein ich will nicht yineingehen — es ist ja nicht so spät, ich möchte

noch in dem Garten bleiben. — Uno das von der Börse ist es auch nicht allein, was ich dir M sagen habe." „Sv sprich, Viktor, was ist es denn?" „Die vier Tauben, die ich bisher ernährt habe — he sind freilich nicht so schön, aver sie erbarmen wich doch, wenn sie nun niemand pflegt." (Fortsetzung soM

14
Zeitungen & Zeitschriften
Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIRVO/1923/13_07_1923/TIRVO_1923_07_13_5_object_7628624.png
Seite 5 von 8
Datum: 13.07.1923
Umfang: 8
geendet hatte? Dieser Gedanke tat dem jungen Priester seltsam weh. Warum denn? Rasch verscheuchte er ihn mit äußerster Willens macht. Und da trat die Erinnerung an diese Nacht vor seine Seele. Fort, fort damit! Um Gotteswil len. fort! Maria, erbarme dich! Pater Viktor be- zwang nochmals den Flug seiner Gedanken. Er zog die Uhr. Jetzt waren die Zöglinge beim Nachmit tagsunterricht. Er war frei, zwei volle Stunden frei für alles, was ihn bewegte. Er schritt dem Parke zu — erst langsam; dann lief

er im weichen, tauenden Schnee dcchin. Plötzlich sah er sich vor der St. GabrielskapÄe, einem baufälligen Stein- krvchlein, das im oberen Parktei'le auf einem klei nen, steilen Hügel errichtet war. Seitdem vor meh reren Jahren einer der Brüder, der dort die heilige Messe gelesen.- durch einen Fehlschritt vom Hügel gestürzt' war irnd sich erheblich verletzt hatte, war das Kirchlein nicht mehr benutzt worden, und man ließ es' geflissentlich zerfallen. Pater Viktor kannte den Stern, der dem Schlüssel

. Nach einer Berliner Blättexmeldung ist das deutsch-russische Getreideabkommen nunmehr unterzeichnet worden. . Es enthält die Vereinbarungen, daß Rußland sofort wenn «das Wetter allzu schlecht oder er allzu müde war. In einer Ecke fand der Priester teils mit Blik- ken, teils mit tastenden Händen einige Bretter, die ein roh gefügtes Bettgestell bildeten und einen Strohhaufen umgrenzten, auf dem eine rauhe, zer fetzte Decke lag. Aus «dieses schlichte Lager warf sich Pater Viktor, grenzenlos ermattet, mit versagender

, in seinem Herzen Ge wißheit seiner Schuldlosigkeit und seiner Pflicht. — Als Pater Viktor die Anstalt wieder betrat, er tönten gerade in allen Stockwerken die Klingelzei chen, die den Schülern und Lehrern in den Schul- räumen das Ende des nachmittägigen Unterrichts anzeigten. Es war also fünf Uhr. Im ebenerdigen Gange begegnete der Geistliche dem Pater Holfelder, der in großer Erregung mit einem flatternden Zeitungsblatte einherfchritt. Er schien jemanden zu suchen. Kaum erblickte er den jungen Geistlichen

, verstellte er ihm den Weg und hielt ihm das Zeitnngsblatt hin. Er deutete auf eine Stelle. „Also weißt du, mein lieber Viktor," stieß er hervor, „dieser Bernhard ist alsdann schon ganz gottverlassen.. Da hat er mir aus meinem Artikel, wie schon g'sagt, grad 'die schönste Stelle einfach ausgelassen, daß es wie ein Unsinn ausschaut. Also grade dort, wo ich von der Heldengestalt >des Georg schrieb, also grade dort, wie g'sagt, hat er einen Strich gemacht. Also, ich bitt' dich, so ein Malesi- zer!" Pater

15
Zeitungen & Zeitschriften
Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIRVO/1924/04_01_1924/TIRVO_1924_01_04_5_object_7632302.png
Seite 5 von 8
Datum: 04.01.1924
Umfang: 8
eines sehr angesehenen libera-! len Abgeordnete»! von irischer Herkunft. Lought,! der den begabten und für politische Dinge interes sierten jungen Mann zu seinem Privatsekretär! machte. An der Seite Loughts erwarb Maedonald! die Kenntnis des parlamentarischen Getriebes wiej die Beherrschung des parlamentarischen Bodens/ 1441 Christus nicht Jesus. Ein Jesuitenroman von Friedrich Werner van Oestörerr. „Ich werde es. Königliche Hoheit/ .Wie lautet Ihre Mission bei Frau von Sell- born. Pater Viktor?" .Ich habe ste

wieder dicht an ihn heran. „Hochwürdiger Herr," fragte er. „wollten Sie mir heute nicht noch etwas erzählen?" Purpurröte übevgoß das Antlitz des Priesters. Er kämpfte einen letzten' schweren Kamps mit sich, während dessen die Augen 'des Prinzen sich nicht von ihm ab wa nd ten. „Ja. Königliche Hoheit," stieß er endlich hervor. Prinz Albert atmete tief aus wie ein Erlöser. „Sprechen Sie, Pater Viktor!" „Königliche Hoheit." sagte Pater Viktor, „ich habe gestanden, daß ich mich des Ordenskleides schäme

des Prinzen ertöntes „Blicken Sie auf, Viktor Kolberg! Ich achte Sie. Und was Sie mir gestanden haben, wußte ich." Der Prinz trat wieder ans Fenster. Der Jesuit verharrte mit pochendem Herzen und gebeugtem Haupte und wagte nicht aufzublicken. Da schlug die Stimme des Prinzen wieder an fein Ohr. „Viktor Kolberg, ich will Sie prüfen,! bis in die tiefften Tiefen des Menschlichen hinein prüfen, weil ich Sie achte und Ihr wahres Glück will. Wollen Sie mich gewähren lasten, sich mir unbedingt und blindlings

— mir, sich selbst und einer anderen zuliebe?" Pater Viktor schüttelte wortlos das Haupt.

16
Zeitungen & Zeitschriften
Neueste Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/NEUEZ/1920/28_09_1920/NEUEZ_1920_09_28_4_object_8149131.png
Seite 4 von 4
Datum: 28.09.1920
Umfang: 4
4343" an die Ver waltung. 13 Der Hagestolz. Novelle von Walbert Stifter. „Viktor," fasste sie, als er bei ihr angelangt war, „bist m denn schon da, ich habe ja gar nichts davon geivußt, wann bist du denn gekommen?" „Fa, sehr früh morgens, Hanna!" „Ich bin mit der Magd einkaufen gewesen, darum habe ich dich nicht ankommen gesehen. Und wo bist du denn dann darauf gewesen?" „Ich habe in meiner Stube meine Sachen eingepackt." „Die Mutter hat mir auch gar nicht gesagt, datz du schon da feist

und so habe ich gemeint, du würdest etwa lange ge schlafen haben und erst nachmittags aus der Stadt her- überkommen." „Das war eine törichte Meinung, Hanna. Werde ich denn bis in den Tag schlafen, oder bin ich denn ein Schwächling, der einen Spaziergang vom Tage vorher durch Ruhe verwinden muß, oder ist es etwa weit hev- über, oder soll ich die Mittagshitze wählen?" „Warum hast du denn gestern gar nicht auf unsere Fen ster herübergeschaut, Viktor, da ihr vorbei gingt?" „Weil wir Ferdinands Geburtstag feierten

war ich nur nicht gleich gefaßt, öa sie mit mir redete, jetzt weiß ich aber schon, was ich antworten soll." „Sie ist auf der Bleiche." „Da muß ich also hinüber gehen." „So gehe, Viktor," sagte das Mädchen, indem es sich um die Ecke des Glashauses herumwendete. Viktor ging sofort, ohne sonderlich auf sie zu achten, ge- C£it die ihm wohlbekannte Bleiche. Es ist hinter dem Garten ein Platz mit kurzem sam tenen Grase, auf welchem weithin in langen Streifen die Leinwand aufgespannt lag. Dort stand die Mutter

und betrachtete den wirtlichen Schnee zu ihren Füßen. Zu weilen prüfte sie die Stellen, ob sie schon trocken seien, zu weilen befestigte sie eine Schlupfe an dem Haken, mit dem das Linnen an den Boden gespannt war, zuweilen hielt sstr die flache Hand wie ein Dächlein über die Augen und schaute in der Gegend berum. Viktor trat zu ihr. „Bist du schon ferttg," sagte sie, „oder hast du dir etwas auf Nachmtttag gelassen? Nicht wahr, es ist viel, wie rveirig es auch aussieht. Du bist heute weit gegangen, tue

noch irgend ein Ding ab?" „Nein, es geht keines ab, eher ist um eines zuviel. Ihr habt heute etne Rede getan, Mutter, die mir gleich da mals nicht zu Sinne wollte und die ich nun doch nicht wie der aus demselben bringe." „Welche Rede meinst du denn. Viktor?" „Ihr habt gesagt, daß Euch zu meinem Unterhalte ein Geld angewiesen worden sei, das Ihr alle Fahre empfan gen habt — und ferner habt Ihr gesagt, daß Ihr das Geld für mich auf Zinsen angelegt und allemal auch die Zinsen dazu getan habt

17
Zeitungen & Zeitschriften
Neueste Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/NEUEZ/1937/21_05_1937/NEUEZ_1937_05_21_2_object_8181635.png
Seite 2 von 6
Datum: 21.05.1937
Umfang: 6
worden wäre. Der 16jährige Viktor berichtete bei der Polizei über merkwürdige Dinge. Viktor hatte im Jahre 1935 eine Gangster organisation ins Leben gerufen, die ihren Sitz im „Narodni Dum" (dem Tschechischen Hause) hatte. Der Verein nannte sich „B a n d a Narodnyho Domo" und hatte seine eigenen Statuten, die streng befolgt werden mußten. Die Mitglieder hatten regelmäßig einen Beitrag von 30 Groschen monatlich zu entrichten. Der Zweck des Gangsterklubs war etwas verworren. Einerseits

sollte eine „Fahrt übers Meer" unternommen, anderseits sollten Einbrüche verübt und die Beute aufgeteilt werden. Im Narodni Dum wurden von den Mitgliedern 'der „B. N. D." drei Einbrüche ausgesührt, wobei Säbel und Theaterrequisiten gestohlen wurden. Es waren dies noch primitive, kindliche Versuche, die von der Staatsanwaltschaft später auch nicht angeklagt wurden. Zwei Mitglieder der Bande, der Chef Viktor und der 16jährige Franz, gingen aber bald zu ernsterer „Arbeit" über. Cs wurden Einbrüche in Privathäuser

verübt und verschiedene Gegenstände erbeutet. Einmal stahlen die Knaben am Weftbahnhof einem Fahrgast den ganzen Proviant. Beim letzten Einbruch wurde Viktor ertappt. In der Verhandlung waren die Angeklagten, zwei hoch geschossene Buben, geständig. Tschechische Vereinsstatuten der Bande. Der Vorsitzende läßt dann die Vereinsstatuten der Gangster bande, die in tschechischer Sprache niedergeschrieben sind, von einem Schöffen übersetzen. Da heißt es unter anderem: „Bei der Zusammenkunft wird ausgemacht

, ein Notizbuch, ein Messer; ferner: dunkle Kappen, dunkle Klei dung «und schwarze Schuhe. Der Tagesbefehl war unterzeich net mit „Kanzlei Narodni Dum. Vorstand Viktor." In einem Notizbuch, das beim Vorstand gefunden wurde, waren alle Erdteile sorgfältig eingezeichnet. Erschreckende Zunahme jugendlichen Verbrecherkims. Der leitende Staatsanwalt des Jugendgerichtes wies darauf hin, daß es sich in diesem Falle um eine der traurigsten Er scheinungen der Zeit handle. Ein solcher Fall wäre vor zehn Jahren

auf die Bedeu tung und Tragweite des Falles von einer echten bedingten Verurteilung abzusehen. Bedingte Arreststrafen für den Bandenführer und seinen Freund. Viktor wurde zu sechs Wochen und Franz zu vier Wochen Arrest, bedingt mit dreijähriger Bewährungsfrist, verurteilt. Beide Knaben waren bis dahin unbescholten. In der Begründung wurde ausgeführt, daß die Handlungen im Rahmen des Vereines als Kinderei aufzufassen gewesen seien, was aber späterhin folgte, zeige, daß aus der kindlichen Räuberromantik

18
Zeitungen & Zeitschriften
Neueste Zeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/NEUEZ/1920/16_10_1920/NEUEZ_1920_10_16_4_object_8148987.png
Seite 4 von 4
Datum: 16.10.1920
Umfang: 4
, auch gebrochen Zähne Antiquitäten Oo!d Silber, Platin, Brillantem, kauft zu höchsten Preisen ü„ H@SI, 5nnsbruck, A ÄS Anichfttr. 27 ;. links. Der Hagestolz, i Novelle von Malher; Stifter. Es kam, während er so hinausschaute, nach und nach eine kalte, sehr feuchte Nachtluft durch die Fenster herein. Viktor schloß sie also zu und besah, ehe er sich nieöerlegte, auch das zweite Gemach. Es war wie das erste, nur baß es kein Bett hatte. Ein riesiges Bild sah von einer Nische nieder, daraus ein Mönch abgemalt

war. Viktor schloß auch hier das schmale Fenster und ging zu seiner Lager stätte hinaus. Den Spitz hatte er unwillkürlich inmrer an der Schnur mit sich geführt,- nun aber löste er den Knosten an dem Ringe, nahm ihm das Halsband ab und sagte: „Lege dich hin, wo du willst, Spitz wir werden uns wechselweise nicht absperren." Der Hund sah ihn an als wollte er deutlich sagen, daß ihm alles befremdend vorkonrme und daß er nicht wisse, wo er sei. Viktor schloß nun auch seinerseits das Schloß seines Zimmers

sich gegen die Wand. Der Spitz lagerte sich, wie gewöhnlich, zu den Füßen seines Bettes, tat ihm nichts Leides und beiden ermüdeten Wesen war die Nacht wie ein Augenblick. NttfenHalt. Als Viktor des anderen Morgens erwachte, erschrak er über die Pracht, die sich ihm öarstellte. Die Grisel stand drüben in allen ihren Spalten funkelnd und leuchtend und obwohl sie in der Nacht der höchste Berg geschienen hatte, so standen doch nun höhere neben ihr, die er in der Nacht nicht gesehen hatte und die nun sanft blau

niederschienen ünö an vielen Stellen Schneeflecken zeigten, die sich wie weiße Schwane in die Spalten duckten. Alles glänzte und flimmerte durcheinander, hohe Bäume standen vor dem Hause in einer solchen Nässe, wie er sie nie gesehen hatte, die Gräser troffen, überall gingen breite Schatten nieder und das Ganze erschien noch eimnal in dem See, der von jeder Flocke Nebel reingefegt, wie der zarteste Spiegel da- yinlag. Viktor hatte seine Fenster aufgerissen und steckte das blühende Angesicht

zwischen den Eisenstäben hinaus. Sein Erstaunen war außerordentlich. Mit alle dem Ge tümmel an Lichtern und Farben herum bildete das tod ähnliche Schweigen, mit dem diese ungeheuren Berges lasten yernmstanöen, den schärfsten Gegensatz. Kein Mensch war zu sehen — auch vor dem Hause nicht — nur einige Vögel zwitscherten zeitweilig in den Ahornen. Welch ein Morgenlärm mochte in all diesen Höhen sein, aber er war nicht zu vernehmen, weil sie zu ferne stan den. Viktor streckte den Kopf, so weit er konnte/hinaus

19
Zeitungen & Zeitschriften
Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIRVO/1923/12_07_1923/TIRVO_1923_07_12_5_object_7628955.png
Seite 5 von 8
Datum: 12.07.1923
Umfang: 8
?" .Also schon jetzt die Liebe de? Kleinen zum Pater Biktor und dem sein Einfluß auf die Mutter." »Wird das aber genügen, sie zu hindern. Denken Sie?" »Wenns, wie g'sagt, also nicht genügt, das war' schon sehr unangenehm, weil wir alsdann den Kn<vben schließlich sorttaffen müßten. Dann müßten wir also aber schon schauen, daß der Pater Viktor gleich mit ihm geht. Denn nach dem Tode des — also des Lumpen, des Sellborn. dürfen wir, wie schon g'sagt, die Dalmar schon gar nicht aus- lochen, weil der Prinz

entziehen, nachher wären wir also g'selcht. Also heiraten dür- fen sie sich nicht, außer wenn meine Idee, die ich mit unserm Pater Viktor Hab', erst einmal als dann völlig erfüllt ist, wie schon g'sagt." »Sie überschätzen den Einfluß unseres guten Bruders Viktor wohl, mein lieber Pater Holfelder. Ich habe allerdings durch sorgfältige Beobachtung die lleberzeugung gewonnen, daß auf beiden Sei ten ein ungewöhnlich lebhaftes Interesse erwacht ist. Aber das genügt ja doch wohl nicht." »Also. Pater Rektor

, ich erinnere an den Fall Pater Bronowskis vor zwei Jahren. Mit der'Dal- mar muß auch etwas ganz ähnliches, aber also ganz anderes gescheh'n wie Mit der — alsdann der Zinnehalm." »Ob aber unser guter Pater Viktor, -der so welt fremd, unerfahren und — und scheu ist, imstande wäre, eine so erhabene, große und schwierige und. wie Sie meinen, ähnliche Aufgabe ebenso glorreich Soziales. Drohende Differenzen im Gastgewerbe. Am 2. Mai überreichte die Gehilsenvertretung den Vorschlag über einen neuen Lohnvertrag

sein Herz an unseren lieben Bruder Viktor hänge. Die Gunst der verehrten Frau von Sellborn ist uns wertvoll. Gerade jetzt." Die letzten Morte sprach der Rektor sehr ernst und gewichtig und legte, ohne indes völlig sein Lä cheln" zu verwischen, die Stirne in Falten. Gleich zeitig deutete er aus ein zusainmengelegtes Schrift stück in Kanzleiformat auf seinem Schreibtisch. Die Blicke des Generalpräfekten folgten der Hand -des Rektors. Ja, das war eine leidige Ange legenheit. auf die dieser anspielte

20
Zeitungen & Zeitschriften
Volkszeitung/Deutsche Volkszeitung
/tessmannDigital/presentation/media/image/Page/TIRVO/1923/20_07_1923/TIRVO_1923_07_20_6_object_7628032.png
Seite 6 von 8
Datum: 20.07.1923
Umfang: 8
wieder zu befestigen. In diesem Augenblicke wandte sieh Pater Viktor, dev den kleinen Austrstt nicht featem hatte. s*sä> . rief Albert zu sich. Der Knabe folgte dem Ruse. AlZ der Geistliche seinen Schützling mit so auffallend gerötetem Antlitz vor sich sah, fragte en „Was hast du denn, mein Wm Klckner? Du bist ja ganz rot." JRtöjk/ eutgegnete der ^fragte zögerud ttnt> lächelte verlegen. „Ich bin nur so rasch gelaufen. .Was wollen Sie, lieber Pater Viktor?" „Wenn du der Mama heute schreibst," sagte dir- ifet

, „so bitte sie schön, daß sie dir für Pater Kilian ; and auch für deine Sammlung einige hübsche Mn- men schickt. Pater Kilian wird sie dir pressen und ins Herbarium einreihen." _ „3a, Pater Viktor, das ist eine gute Idee. Mama wird in Palermo gewiß viele schöne und seltene Blumen finden. Ich werde ihr schreiben. Wollen Sie ' sonst noch etwas von mir, lieber Pater Viktor?" „Nein, mein Liebling. Nur an dein Herbarium wollte ich dich erinnern. Und dann — ja, vergiß l auch nicht die Empfehlungen des Pater

Rektor und die meinen! Und nun geh' und vergnüge dich noch schnell. In zehn Minuten gehen wir." Aber Wert blieb. Die zärtliche Fürsorge, die aus ; jedem Worte des Geistlichen auf rhu einströmte, tat chm unendlich wohl. „£&>, dann lohnt fich's gar nicht mehr, Pater Viktor. Warten Sie! Ich schalle ab und Sie erzählen mir etwas Schönes. Ja?" Der Jefutt lächelte. „Gut, Albert." Kr der Gruppe der zurückgÄckickenen Fenche sah man es, daß Sellborn abschnallte und beim Prä fekten blieb. „Er hat Angst

21