. Füns Minuten vor 1V Uhr legte Sr. Majestät^ Depeschenboot Sleipner vor der Werst an, der Kaiser besichtigte -die Ehrenkompanie; eine Mi nute vor der festgesetzten Taufzeit befand sich Se. Majestät mit Gefolge, geführt vom Präsidenten des Anssichtsrates und von den Herren Direktoren ans der Taufkanzel, die etwa in halber Höhe des Schiffes errichtet war. Auf der Kanzel erwarteten ihn einige Ehrengäste und Fräulein Wiegand, die anmutige Tochter des Generaldirektors des Nord deutscheu Lloyd. Fräulein
Wiegand wurde die Ehre zuteil, das Schiff Kaiser Wilhelm II. zu taufen. In 72 wohlgesetzten Versen, von welchen ich nur einen: „Weitn die Sonne Dir strahlt. Freu Dich des leuchtenden Glanzes', hervorhebe, vollzog sie die Taufe, einfach und gewandt, wie ein Mädchen, wenn es nichts Ge künsteltes an sich hat, selbst wenn es vor einem gekrönten Haupt steht, sein muß. In klaren, em pfundenen Worten sprach sie gegen den Schisfs- bug, der die poetische Ansprache aufnahm und sie uns wiedergab. Das Schiff
bis zu Nun kam das Ergreifende, Unbeschreibliche. Man muß es erlebt haben, nm die packende Wir kung, den aufregenden, spannenden Moment ver stehen zu können. Ter Kaiser nebst Suite, die Behörden, die Direktoren und Aufsichtsräte, die Herren vom Norddeutschen Lloyd, die Offiziere uud Ehrengäste, die weiter zugelassenen Zu schauer, die Arbeiter, die vielen Tausende von Menschen rings um die Werft und die ebenso vielen Tausende auf 20 Dampfern eng zusammen gepfercht in atemloser Stille, einige dumpfe Ham
, vom Arbeiter bis zu den Direktoren, sich abgespielt haben. Auch der Kaiser fühlte sich gewiß als Mitarbeiter an dem stolzen Schiffe,, das seinen Namen trägt, und gleich besorgt muß auch er um einen glück lichen Stapellauf gewesen sein; als er auf der Werft angekommen, an der Backbordseite des Niesen vorbeiging, der Taufkanzel zu, sah er ernst, tief nachdenklich aus. In diesem Augenblick hätte ich dem Kaiser zehn Jahre mehr gegeben, als er trägt. Nachdem das Schiff steuerbordfeits an dem Kaiser
vorbeigelanfen, um sich vor Sr. Majestät aus seinem Element grüßend zu verneigen, da hellte sich des Kaisers Gesicht auf, Freude las man in seinen Zügen ; der Kaiser sah in diesem Augenblick zehn Jahre jünger ans, als er ist. Wie erst mag den Direktoren Flohr, Stahl, Zimmermann zumute gewesen sein, als sie ihr Werk, das einen Wert von 15,000.000 Mark hat, glücklich zu Wasser sahen! Branfende Jubelrufe