Nr. 172. „Bozner Zeitung (Südtkvler Tagblatt)'* Mittwoch, den 29. IM 18T6. Oesterreich und Ungarn. In dcr Entwicklung unserer Monarchie und ihrer dua listischen Gestaltung beginnt sich eine merkwürdige' Wandlung zu vollziehen. Seit dem ersten Ausgleich von 1867 ist Un garn immer entschiedener als dcr stärkere Reichstheil hervor getreten, trotzdem eS in Bezug am Bevölkerungßzahl, Kultur und Reichthum hinter Oesterreich zurücksteht. Nachdem eS den magyarischen Politikern nahezu gelungen
ist, Ungarn zum Schwerpunkt dcS ganzen Reiches zu machen, sind sie von ihren früheren vielfach und lebhaft bethätigten Bestrebungen nach weiterer Lösung des Verhältnisses mit Oesterreich zurückge kommen und betonen mit einem früher nicht bemerkten Eifer die Nothwendigkeit des Dualismus, deö ZusammcnhaltcnS dcr beiden NeichStheile, angeblich im Interesse dcr europäischen Machtstellung der Monarchie, in Wirklichkeit freilich aus an deren Erwägungen, die der Oeffcntlichkeit, soweit es geht, vorenthalten
werden. Die Magyaren suchten möglichste Unabhängigkeit von Oesterreich zu erlangen, so lange sie sich als schwächerer Theil fühlten, so lange sie sich fürchteten, in dem Bunde mit Oester reich den Kürzeren zu ziehen oder gar von Oesterreich ver schlungen zu werden. Nachdem Ungarn der stärkere Theil ge worden ist, kann Oesterreich nicht daran denken, Ungarn auf zusaugen, es muß alle Kräfte aufwenden, um sein eigenes Hauö in Ordnung zu halten. Ungarn hat demnach keinen Grund mehr, sich von Oesterreich loszulösen
, im Gegentheil, eS muß auf den Zusammenhang mit Oesterreich bedacht sein, um daraus für sich Nutzen zu ziehen, um als stärkerer Theil in dcr Monarchie die Führerrolle und damit die Obermacht zu erlangen. In diesem Sinne haben sich wiederholt, wenn auch vertraulich, dir Führer dcr gemäßigten Opposition ausge sprochen, in diesem Sinne ist kürzlich Koloman Tiöza, dcr frühere Ministerpräsident, für die Konsolidierung des dua listischen Verhältnisses zwischen Oesterreich und Ungarn einge treten. Derartige
und spricht die Zuversicht aus, daß Ungarn in dcr Monarchie eine immer stärkere Stellung erlangen werde. Dadurch wird nach seiner Versicherung eine Konsolidierung deö Dualismus be wirkt! Herr von Beksich ist bemüht, das künftige Anwachsen deö Magyarenthums bereits ziffernmäßig festzustellen, und er führt zu diesem Zweck einige Tabellen vor, welche lediglich als die Erzeugnisse des magyarischen Größenwahnsinns zu bczcichncn sind. Nach seinen statistischen Aufstellungen wird Ungarn im Jahre 1940