war sie heute mir gegenüber so merkwürdig verlegen und die Nachricht von Elsas Verlobung, die uns ganz überraschend kam, hat sie förmlich nieder- geschmettert. Das war das schlechte Gewissen. Doch» wie gesagt, lassen wir das. Nora, nun hat dieser Brief, freilich mit anderen Worten, Ihnen gesagt, was ich Ihnen gestern sagen zu können hoffte und was ich Ihnen heute sagen will. Aber ich glaube, es bedarf nicht vieler Worte. Sie wissen es schon!" Nora nickte lächelnd. „Norbert, welches Mädchen wüßte
das nicht." Da hielt er sie schon umschlungen und küßte den kleinen, roten, süßen Mund, der sich ihm willig bot, für selige Augenblicke. Dann machte sich Nora sanft los und sprach: „Norbert, ich habe diese Stunde schon lange geahnt, Hab imich aus sie gefreut und habe sie gefürchtet. Ich war zu schwach, ihr aus dem Wege zu gehen, denn ich bin auch nur ein armer Mensch, den es nach Liebe dürstet, aber — es war doch nicht recht von mir." „Nora, Lieb, wie soll id) das verstehen?" „Norbert, höre mid) ruhig
, die, ich fürdjte es, unüberbrückbar ist." „Nora," sprach der Mann tiefernst, „meine Liebe ist unwandelbar. Es ist nicht ein Sturm der Leiden schaft, den deine Schönheit entfad)te, es ist reine, echte Liebe, die dein Wesen weckte." Nora hatte sich an den Stamm einer Tanne gelehnt; in ihren Augen war jeder Glanz erlosdien, in fast schwermütigem Tone fuhr sie fort: „Norbert, ich sehe weiter und schärfer. Wir Fahrenden, wir Leute von DER GELBE DIAMANT VON WOLFGANG K E M T E R (6. Fortsetzung.) „Herr Norbert
. Nora nickte. In ihren dunklen, geheimnisvollen Augen war ein heißer Glanz. » Norbert mutzte sid) zusammennehmen, um ruhig zu bleiben, denn in seinem Inneren stürmte es, wie wenn ein Frühjahrsgewitter über die Erde tobt und die Bande des Winters gewaltsam zerreißt. Seine Hände zitterten, als sie das Steuerrad umfaßten. Bis er dann des Sturmes in sich Herr wurde und ruhig und sicher, wie immer, seinen Freund nach Hause fuhr. Ein neuer Morgen kam. Noch war es dunkel, da bewegte sich vom Gemeindehause
)t an einem letzten Liebesdienst. Nora warf einen Strauß Ane monen, die sie am Waldrande gepflückt hatte, in das offene Grab als letzten Gruß der Menschen, die ver gessen und verziehen hatten... Norbert Gerstner hatte seinen Wagen verschlossen und sd)ritt nun mit Nora, die ihn zur festgesetzten Stunde erwartet hatte, die Dorfstraße hinunter. Bald bog das schöne Mädchen in einen Seitenweg ein, der hinauf zum Walde führte. Es war ein Vorfrühlingsabend, lau und mild. Am Himmel trieb kleines Gewölk, über die Berge