gewesen, was sie gegen Otto einnahm, denn sie kannte ihn eigentlich gar nicht. Sie war ja von ihrem zehnten Jahre an in Pensionen gewesen, und nur in den Ferien nach Hause gekommen. Da hatte sie den großen, ernsten Jungen, der nur immer von ferne dastand, und sie mit seinen träumerischen Augen anschaute, nur wenig beobachtet. Gesprochen hatte sie kaum je mit ihm. Dann waren sie größer geworden, und er kam auf die Univer sität. Da hatte sie ihn vier Jahre völlig aus den Augen verloren. Und nun sollte er plötzlich
ihr Bräutigam sein? Lächer lich! So war aber der Papa! Er selbst zeitlebens der ele gante Kavalier, bei Kuno aber fanb er das „Einglas" läppisch, und erklärte den armen Jungen für einen Wind hund, während er den anderen, der da in Berlin seinen Doktor machte, über öen grünen Klee lobte. Zunächst mar sie einfach geflohen. Wenn sie die Mutter bestimmte, mit ihr ans Reisen zu gehen, so war es, um Otto gar nicht erst zu sehen. In den sechs Wochen, die er vor ihres Vaters Tod zurückgekehrt war, begegneten
an Kuno. Bis dahin hatte sie auf alle seine Liebesbriefe eigentlich nur mit kurzen Kar ten geantwortet, sie hatte seine Huldigungen geduldet, ohne sie zu erwidern. Nun aber wußte sie sich keinen Rat, und die Furcht vor Otto trieb sie um so mehr in Kunos Arme. Sie schrieb ihm eigentlich zum ersten Male einen aus führlichen Brief. Auch jetzt sagte sie nichts von ihrer Liebe, denn so klar war ihr Gefühl nicht, daß sie offen davon hätte reden mögen, wohl aber konnte man zwischen den Zeilen lesen
, wenn man es verstand. Schließlich aber sagte sie: „Wenn du mich wirklich liebst und Mllst, daß ich deine Frau werde, dann sorge dafür, daß ich es kann. Mache, daß Otto mich freigibt, und sieh, daß du in der Lage bist, mir und meiner Nrutter das Leben zu sichern, das wir gewöhnt sind. Ich bin nur ein unerfahrenes Mädchen, J erftottei du aber willst der Mann sein, dem ich mein ganzes Wz anvertrauen soll. Dann zeige, daß du es verdienst q «. ( löse mich von der Bedingung des Testamentes, die ml . in Fesseln schlägt