Seite 6 „Bozner Nachrichten', den 23. Juni 1924 Nr. 142 » Das «.letzte^ römische Parlament. (Schluß.) In die geschilderten Zusammenhänge muß man die von Mussolini entworfene Rede einreihen, die der König zur Eröffnung des Parlaments am neunten Jahrestage der Kriegserklärung gehalten hat. Gewiß hat der König sich mit der Regierung Mussolinis, deren Verdienste er rühmte, identifi ziert, indem er von „seiner Regierung' sprach, und er hat auch neben der Armee, der Flotte und der Uugwaffe
des Vaterlandes macht.' Di-'? sind ungefähr die Hauptsätze der Thronrede. Sollte, so fragt der Verfasser, das Staatsschiff, das and rt- halbe Jahre im Dock des Faschismus gelegen hat, wieder ausgebessert und manövrierfähig gemacht, in die demokratisch-parlamentarischen Wasser zurück gleiten. Die Luft war mit Elektrizität geladen, als oie Verhandlungen der neuen Kammer began nen. Die Zweidrittelmehrheit, die der National- saschismus in der Kammer hat, sichert eine fette und starke Regierung, vorausgesetzt
, da dieses Parlament sonst das letzte sein werde. Mit eigenen Augen mußte er sich von der Disziplinlosigkeit seiner Erwählten, die die „N2ue leitende Klasse der Nation' bilden sollten, überzeu gen. Bereits wenige Stunden nach dem Beginn der Verhandlungen desertierten bei der Kammerpräsi dentenwahl 40 Mann. Den Tag darauf wurden die Rechte der Minorität bei der Wahl eines Quästors mißachtet. Die Regierung und der leitende Aus schuß der nationalfaschistischen Mehrheit, der die Partei zusammenhalten
, wenn sie künftig in der Kammer weiterhin als die nur Geduldeten angesehen würden, würden sie ihren Platz außerhalb der Kam iner nehmen. Diese Vorgänge zeigen deutlich, daß die faschi stischen Radikalen sich weder um die Regierung Mussolinis, noch die Partei, noch das Kammerprä sidiuni, das von einem unerfahrenen und unsicheren Manne geleitet wird, im geringsten kümmern. Sie! sind gegen die „Normalisierung', weil sie instinktiv! fühlen, daß der Faschismus bei ihr allmählich zu .Gunsten des Parlamentarismus
als unnormal ge wordene Erscheinung allmählich wieder abgebaut Mrd, und sie suchen deshalb unter allen Umstän« den das Parlament unmöglich zu machen, um seine Schließung durchzusetzen. Es ist ihnen vollkommen gleichgültig, ob sie damit der Opposition Wasser auf die Mühlen liefern, die darauf hinweisen kann, daß. die faschistische Regierung den anarchischen Elemen ten gegenüber genau so schwach ist, wie die demokra tische der vorfaschistischen Zeit. Sie kann ferner er klären, daß das zu Zweidritteln ans