Das Leipziger Leipzig, 8. Oktober. (EB.) Tage lang, viele Tage lang, trieb der Vorsitzende des famosen Gerichtshofes, der in Leipzig Recht und Gericht mimt, sein Spiel mit dem halb vertrottelten Lubbe. Wie die Katze um den heißen Brei, so schlich sich der Verhandlungsleiter um die Fragen, die der Sache zu nahe kamen. Er hatte allen Grund dazu, denn immer, wenn es galt, einen der angeklagten Bulga ren oder den Kommunistenführer Torgler mit der Brandlegung zu belasten, versagte Lubbe kläglich
aus gezeigt, daß ihn der Vorsitzende aus dem Verhandlungs saale führen ließ; ein Angeklagter, der auf Wahrheit dringt, kann von Nazirichtern eben nicht geduldet wer den .. . Dumm-dreiste Verdachtsgründe Geradezu blödsinnig sind die Verdachtsgründe, die gegen den Kommunistenführer Torgler geschleudert werden. Von jedem aufrechten und unabhängigen Richter würden sie als Tratsch abgetan werden. In Leipzig baut sich eine der schwersten Anklagen auf, über die jemals vor einem Gerichte der Welt verhandelt wurde
. Torgler soll mit Lubbe den Reichstag angezündet haben — das wird so bewiesen: Als Torgler den Reichstag verließ, hat er zwei Aktentaschen getragen. Was zwei Aktentaschen — Torgler nahm sich über Sonntag immer die Zeitungen nach Hause, um sie durchzusehen — mit einer so furcht baren Brandlegung zu tun haben können, ist nur einem verschlagenen Nazigehirn verständlich. Noch ein Umstand spricht in Leipzig schwer gegen Torgler: er soll sich auf der Straße — wie braune Zeugen berichten — umge sehen
unter stützt hätten, verneinte er. Ebenso verneinte er die Frage, ob er mit Torgler im Reichstag zusammengekommen sei. Ein »„Ja" gab er nur zur Antwort, als der Vorsitzende ihn fragte, ob er den Reichstag allein angezündet habe; dabei lacht er aber so blöd und vielsagend zugleich, daß alle Welt die dunklen Zusammenhänge merkt, die der Ver handlung zugrunde liegen. Fortsetzung oder End« in Berlin Die Verhandlung in Leipzig ist nun abgebrochen wor den. Der Gerichtshof begibt sich nach Berlin, um im Reichstag
, an der Brandstätte, weiterzuverhandeln. Aber auch in Berlin wird es zu keiner Klärung kommen, denn die wirklichen Schuldigen an dem Reichstagsbrand wollen keine Klarheit und können sie nicht brauchen, weil die Wahrheit sie vor der Weltöffentlichkeit vernichten würde. So wird weiter verhandelt werden, bis nach altgriechischer Weise ein deus ex machina auf den Plan tritt und dem ekelhaften Spiel ein Ende bereitet. Vielleicht wird Lubbe hinüberschlummern in den Tod und so die Richter von Leipzig der Angst entheben