Seite H »Sozaer Tagblakr' Mockkag. den 10. Jänner 1944 Rienzi Erzählung von Stephan Georgi 2l,n 20. Oktober 1842 hatten die musik beflissenen Dresdener ihren langcrwar- teten Tag. Viel war bereits über dieses bevorstehende Ereignis geredet worden, über die neue Oper und ihren Schöpfer, jenen kleinen, beweglichen Mann mit dem großen Kopf, der Kapellmeister Richard Wagner, der Dresden seit sei nem Erscheinen in Unruhe gebracht lmt- te. Kein Wunder, daß das Königlich Sächsische Hoftheater
am Ausfübrungs- tage bis zum letzten Platz gefüllt war und das errvartungsvolle Flüstern im Parket, in Rängen und Logen, einen ungewöhnlichen Abend kündete. Rur einer im Raum teilte nicht ,dis allgemeine Erregung.'In der dunkelsten Ecke seiner Loge — vor ihm Minna, seine Frau, und Klara, seine Schwester — saß Richard Wagner. Monate auf reibender Anspannung lagen hinter ihm. Mit der lgsgelöstetz, fast teilnahmslosen Ruhe des Erschöpften sah er ins Parkett hinaus, auf erwartungsvolle Gesichter, seidene Kleider
, sah auf den Vorhang, der sich bald teilen würde, hörte das Stimmen der Instrumente im Orchester und war wie einer, der sich fragt, ob das wirklich seinetwegen geschähe. ' Cs wurde dunkel, wurdtz still. Mit langhallendem Trompetenstoß begann die tragische Oper „Rienzi, der letzte der Tribunen'. Die Ouvertüre rauschte vor über. Eine eigenwegige, neuartige Musik, die vom Publikum zuerst noch nicht recht begriffen wurde. \ Aber das alles bemerkte Wagner nicht mehr. Ihm tönte mich Zimmer
und willensfest vorgeschoben das Kinn. ' Frau Minna Wagner, die vorn an der Brüstung faß, hatte schon unzählige Male mit erregten Händen ihr Taschentuch an Stirn und- Schläfen geführt. Auch auf ihren Lippen lag das stumme, erlösende: Endlich! Ihr letztes Bangen war nach dem stürmischen Beifall des ersten Aktes einer fest vertrauenden Glückseligkeit ge willten. Run war cs erreicht. Run war es ein Ende mit den Hungerjahren. mit dem unsteten Vagantenleben, dem beschä menden. Handausstrecken nach Almosen
und Ungewisse...' Sie zog den Schal fester um ihre Schulter, als frö stele sie. Der „Rienzi' war ein Erfolg, wie man ihn in Dresden feit langem nicht mehr kennen gelernt hatte. Hände ohne Zahl streckten sich dem „kleinen Mann mit dem großen Kopf' entgegen, beglückwünsch ten ihn als den Helh des Tages, als einen, der mit einem Schlage zur Be- rühmtheit gelangt war. Und Richard Wagner, heiß im Rausch ersten Ruhmes, wortsprühend im Vollbewußtsein seines Sieges, kündete von dem Größeren, dem Eigentlichen