Johanna Maria vom Kreuze und ihre Zeit : ein Lebensgemälde aus dem siebzehnten Jahrhundert
Sie ist fortan mit unüberwindlichem Eckel abgewaudt von allen Freuden, von aller Gemeinschaft irdischgesinuter Menschen, sie flieht selbst harmlosen Umgang ans Furcht sich zu beschmutzen, den Umgang mit Gott zu unterbrechen, der sie allein erfreut und befriedigt. Sie ist ja innerlich verwundet in's tiefste Herz, bis in's innerste Mark und Gebein, ans der blutenden Wunde steigen unaufhörliche Seufzer auf, die Boten ihrer Liebe an den Geliebten, ankündigend die heiße Sehnsucht
nach ihm. 5) sie weiß es, Gott erkennt diese Boten, er versteht dieses Schluchzen, er muß sich aufmachen, und seine Braut besuchen. Bisweilen schlägt der Besuchende wie eine Flamme in's schwerathmende Herz ein, bisweilen wie ein feuriger Pfeil der Liebe mit der schärfsten Spitze in's innerste Leben, allverzehrend, alle Kraft der Seele dergestalt bindend, daß sie Alles vergißt, nur Gott nicht. Sie ist dann blaß im Gesichte, der äußern Lebenswärme beraubt, von Färb' und Fleisch gefallen im tiefsten Schmerzgefühle