Österreichische Reichs- und Rechtsgeschichte : ein Lehr- und Handbuch
Gcrichtsversassnng. Das peinliche Gericht sollte aus dem Richter und zwölf Geschworenen bestehen, deren Bestellung in der Regel dem ls. Pfleger, bezw. dem Gerichtsherrn oder seinem Amtmann zustand. In den Städten Meran, Hall und Sterzing sollte hingegen der Richter, der „pan und acht' hat, sechs aus dem Rat und sechs aus dem zugehörigen Land-- gericht, die Stadt Innsbruck vier, das Landgericht Sonnenburg, zu dem sie gehörte, acht Geschworene unter Mitwirkung des Landgerichtes er- Wichten.***) Nur aus wichtigen
auch in solchen Fällen bei verschlossener Tür gefällt werden. Liegen swsejgizaigea. oder ynnziclit gegen eine Person vor, so darf sie der Richter verhaften lassen, unmittelbar, oder durch Ersuchsschreiben an das^ Niedergericht, welches die Verdächtigten an das zuständige Malestzgericht ausliefern mußte. Leugnet der Beschuldigte, so kann nur mit Stimmenmehrheit des Rates der Stadt oder der- Geschworenen, des Gerichtes gegen ihn aus frag und inarter ( Folta ) erkannt werden. Dieselbe findet statt in Gegenwart
des Richters, dreier vom Rat oder den Geschworenen und des Gerichts- fchreibers, der das Geständnis (urgiclit) aufzuschreiben hat. Glaubt der -Richter, daß der Gefolterte aus Furcht, Schmerz oder Feindschaft nicht — , *) Wopfner, Die Lage Tirols, 176f. , **) ZTV. Innsbruck 1829, V, 131 f. - ***) Den Landesordnungen von 1526 und von 1573 zufolge waren von den zwölf Geschworenen des Landgerichtes Sonnenburg sechs aus dem Landgericht, zwei aus dem Swdtgericht Innsbruck und je einer aus den vier anderen Schub
von seiten des bereits überführten Täters niederzu schlagen. Bei der nun folgenden Urteilsfällung durch sämtliche Geschworenen soll einer jener drei, die dem Geständnisse beigewohnt haben, zuerst um seine Meinung gefragt werden. Stimmenmehrheit entscheidet, bei Stimmen- gleichheit gibt der Richter durch seinen Beitritt den Ausschlag. Der Ber- urteilte wurde dem Nachrichter überantwortet. Flüchtige Beschuldigte wurden durch den Fronboten vor dem Rathause, bezw. der Schrämte, dreimal nacheinander, immer
der Strafe nach den verschiedenen Graden der Schuld anzuordnen. Die Notwehr steht in ihr mit der fahrlässigen (kulposen) Tötung auf gleicher Höhe und berechtigt den Richter, die Strafe zu mildern oder ganz auszuschließen. Jugendliches Alter bis zum 18. Jahr gilt ihr als Strafmilderungsgrund bei Ausmessung der Diebstahlsstrafe.^ In dem Verbrechen der Notzucht sieht sie nicht wie z. B. ber Sachsen- spiegel einen durch rohe Gewalt an der schwächeren Frau begangenen Friedbruch, sondern den Raub