Geschichtskunde der Gewässer Tirols.- (Schlern-Schriften ; 32)
3. Abschnitt. Die Bestimmung des Ursprunges der wichtigsten Flüsse Tirols im Laufe der Geschichte. Schon die antiken Geographen haben sich bei der Erwähnung der großen Flüsse um deren Ursprung gefragt und mehr oder weniger bestimmte Meinungen darüber aufgestellt. So nimmt Herodot als Ursprung der Donau (des Hyster) die Stadt Pyrene im Lande der Kelten, deren Beziehung allerdings dunkel und mehrdeutig ist, an; Aristoteles die herzynischen Berge, worunter man später das deutsche Mittelgebirge
, Aristoteles selbst aber anscheinend die Alpen verstanden hat 1 ). Viel genauer gibt Strabo die Quelle der Donau an, nämlich in der Gegend, die einen Tagemarsch nördlich des Bodensees liege, Tacitus im Schwarzwald, was beides der heutigen Auffassung entspricht. Den Ursprung des Rhein verlegen dieselben Autoren in die rätischen Alpen und des Näheren auf das Adulagebirge, was ja auch die spätere und heutige Ansicht hierüber vorgebildet hat. Nur Ptolomeus bezeichnet den Bodensee als Ursprung des Rhein
, er setzt also jenes Sammelbecken für den oberen Rhein seinem Ursprünge gleich, ein an sich verständlicher Irrtum. In den Urkunden des früheren Mittelalters wird die Benennung der Donau und des Rhein an deren Oberläufen bis in die Nähe der Stellen, die im Altertum und in gleicher Weise später als deren Ursprung gelten, angewendet 2 ); genauere ausdrück liche Erwähnungen der Ursprünge selbst vermag ich nicht anzugeben, weil die bis herige Literatur mit dieser Frage sich nicht beschäftigt
hat und ich die einschlägigen Urkundenbücher und Annalen daraufhin nicht durchsehen konnte. Nur zufällig finde ich, daß bereits bei der fränkischen Reichsteilung von 806 (Mühlbacher Reg. Imp. Nr. 416) eine Grenze „von der Quelle der Donau bis zum Rhein” gezogen wurde, jene also damals als allgemein bekannt gegolten hat. Es ist daher wohl nur durch die geringe Kenntnis der örtlichen Verhältnisse zu erklären, daß in den Weltkarten des 14. und 15. Jh. die Quelle der Donau in die Alpen versetzt wird. Auch die berühmte
Weltkarte des Fra Mauro in Rom aus der Zeit um 1450 hat den Ursprung der Donau in die Alpen eingezeichnet und zwar mit einem Aste bei „San Nicolo” (wohl St. Nikolaus im Engadin) und bei „San Cristofalo” (wohl St. Christoph 1 ) Näheres s. Pauly-Wissowa, Realencyklopadie 4 8. 2110 f. u. 2 8. 734. 2 ) Siehe %. B. für die Donau in ihrem obersten Gebiete das Fiirstenbergische Urkundenbuch von Riezler, für den Rhein den Kod. Dipl, von Churrätien von Mohr.