¬Der¬ Kulturkampf in Tirol.- (Schriftenreihe des Südtiroler Kulturinstitutes ; 6)
Taaffe, der die Dinge nicht so genau nahm, war dagegen mit Rapp gut zu fahren gekommen. In seinem Bericht vom 31. März 1877 an den Innenminister trat er mit Nachdruck für dessen Wie derernennung ein. Rapp, betonte er, sei ein Gegner der Rechts partei, jederzeit zur Vermittlung bereit, verlaßlich und loyal. Seine Ehrenhaftigkeit, seine Gesetzeskenntnis und seine Ge schäftstüchtigkeit würden allgemein anerkannt 915 ). In Wien war man anderer Meinung. Innenminister Lasser sprach
sich — in Übereinstimmung mit dem Ministerrat -— in seinem Majestäts vortrag gegen die Ernennung Rapps aus, da dessen Abhängigkeit gegenüber den heißspornigen Führern der klerikalen Partei mit unter in solche Schwäche ausarte, daß er nicht wohl als Vertrau ensmann der Regierung betrachtet werden könne. Seine neuer liche Berufung auf den Posten des Landeshauptmanns würde die Regierungsautorität im Lande wesentlich schädigen und in der Reihe der Reichsratsmitglieder beider Häuser zweifellos einen sehr üblen Eindruck
machen. An Stelle von Rapp schlug Lasser den Kreisgerichtspräsidenten in Bozen, Dr. Josef Graf Melchiori, vor, Melchiori, führte er aus, besitze als langjähriges Mitglied des Landtags und des Landesausschusses die nötige Geschäftserfah rung, nehme eine sehr geachtete soziale Stellung ein und gehöre in der liberalen Partei zu den ruhigen und verständigen Führern, Für die Ernennung des Landeshauptmann-Stellvertreters behalte er sich einen gesonderten Vorschlag vor. Vermutlich werde der Statthalter Wilhelm
von Bossi-Fedrigotti empfehlen 91 « 5 ). Seiner Ansicht nach wäre es jedoch besser, den Landeshauptmann-Stell vertreter aus der klerikalen Partei zu nehmen. Vorläufig mache er auf Dr. Cäsar Onestinghel und Josef Greuter aufmerksam; dem Abt von Willen, bemerkte Lasser abschließend, mangle noch jede landtägige Erfahrung 917 ). Der Kaiser strich jedoch den auf Josef Graf Mei chi ori lautenden Resolutionsentwurf durch und ernannte Franz Sales Blaas, den Abt von Wilten, zum Landes hauptmann und Wilhelm