¬Die¬ Südtiroler Frage : Entstehung und Entwicklung eines europäischen Problems der Kriegs- und Nachkriegszeit
. Mit Be wußtheit nahm die Wiener Staatsgebietserklärung vom 22. Novem ber, die auf dem Selbstbestimmungsrecht fußte, das deutsche Ge biet südlich des Brenners für Österreich in Anspruch, dazu auch' die ladinischen Täler von Groden, Enneberg und Fassa, die sich stets zur deutschen Bevölkerung gehalten hatten. In der Verbalnote, die die Regierung am i. Januar 1919 an das diplomatische Korps rich tete und in der sie um die Anerkennung Österreichs als Mitglied des Völkerbundes ersuchte, zog sie die Grenze
des Staatsgebiets wieder um bei Sal urn, und die Vollzugsanweisung vom 3. Januar zur ge nannten Staatsgebietserklärung tat das gleiche. Auch wurde durch die spanische Botschaft gegen einzelne Maßnahmen der militäri schen Verwaltung in Südtirol bei der italienischen Regierung Ein spruch erhoben, insbesondere die Anerkennung des Tiroler Na tionalrats als Regierungsstelle gefordert. Ebenso nahm die Tiroler Landesregierung Stellung. Zunächst gab, von Südtirol her beein- flußt und in starkem Mißtrauen
gegen die Wiener Regierung, der Nationalrat die Erklärung ab, daß das Land Tirol alle Entscheidun gen über seine Zukunft der neuen Volksvertretung vorbehalte, und es forderte, auf der Friedenskonferenz durch eigne Delegierte im Rahmen der Österreichischen Abordnung vertreten zu sein. Die neue Nationalversammlung aber, die im Dezember an die Stelle des provisorischen Nationalrats trat und der auch wieder Südtiroler Ab geordnete zur Wahrung der Legitimität angehörten, faßte am 20. Ja nuar den einstimmigen