¬Das¬ Tiroler Volk in seinen Weistümern : ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte.- (Geschichtliche Untersuchungen ; 3)
nun der Grund und Boden als etwas Uber- gewaltiges gegenüber. Er war kompakter, fester zu fassen, zu messen und zu beschreiben als der Mensch. Die Geschlechter der Menschen gingen vorüber, die Umwelt blieb die gleiche. Ein enges Tal war der Schauplatz des durchschnittlichen Tiroler Bauernlebens; es war durchaus bekannt, durchaus mit ihm ver wachsen. Von der Beschaffenheit des Bodens war Wohl und Wehe seiner Bewohner in ganz anderer Weise abhängig als es etwa der Handwerker von der Güte seiner Werkzeuge
ist. Dazu betrafen die Interessenverbindungen der Menschen fast immer Grund und Boden ; in ihrem gleichmäfsigen Zusammenklange konnte das Besondere der Persönlichkeit leicht verhallen. Das römische Recht, auf ganz andere Wirtschaftszustände berechnet, war noch nicht in Kraft. Und so kam leicht das zustande, was wir im deutschen Mittelalter als Verdinglichung J ) der Rechte bezeichnen. Es ist das die Erscheinung, dafs Rechte und Pflichten nicht an der Person, sondern an irgendeiner Unterlage von lokaler Begrenzt
heit haften, namentlich am Hause und am Grundstück. Da aber doch der jeweilige Besitzer als praktisch notwendiges Zwischen glied eintritt, ergibt sich jenes eigentümliche Gewichtsverhältnis, in dem man wohl einen Beitrag zur Unfreiheit des Individuums sehen darf. Diese Art einer Bindung der Persönlichkeit ist jedoch keine ursprüngliche; das liegt schon darin angedeutet, dafs sie Grund besitz und sefshafte Verhältnisse voraussetzt. In der Tat ist die dingliche Bindung erst im hohen Mittelalter