v4. Oktober 1905 Tiroler Volksblatt Seite 5 Der ««christliche Kampf ei«er christlichen Partei. (Rede deS Chefredakteur Dr. G. Jehly m der Versammlung des Volksvereines in Jmst am 17. September 1905.) —(Fortsetzung.) . ^ Werfen wir nun einen Blick auf diese Heil mittel. Das erste und oberste Heilmittel dieser Bauern retter ist die Wahlresorm. Dabei wird alles unter einander geworfen, Reichsrats-, Landtags- und Ge meindewahlen c und wenn Sie fragen, was die Christlich-Sozialen eigentlich
öfterreich, wo die Partei Schraffl am Ruder ist und die Wahlordnung reformiert -hat, beträgt die Ver tretung der Bauern bloß 292v/y, also etwa um Vs weniger als in Tirol. Ich bemerke, daß in Tirol kleinere Landstätte dabei nicht eingerechnet sind, obwohl sie auch zum großen Teil aus Bauern bestehen, z. B. Kältern, Tramin, Glurns, Vils usw. Dazu kommt aber noch, daß der adelige Großgrundbesitz und die - Prälaten in Tirol 14 Mandate haben und das sind auch Vertreter der landwirtschaftlichen Bevölkerung
Preysing zu wählen. Daß den Tiroler Bauern ein Vorwurf gemacht wird, wenn sie z. B. den Herrn Baron v. Ricca- bona wählten, den großen Wohltäter unseres Bauern standes, wie alle anerkennen, an dem sämtliche Bündler an Opferwilligkeit und Tätigkeit, aber auch an Bescheidenheit ein leuchtendes Muster haben, das ist eine Zumutung, welche mit Entrüstung zu rückgewiesen werden muß. Aber wie ist's denn da mit gegenwärtig in Tirol? Und wie hält eS damit die Partei Schraffl-Schöpser? Hören Sie. In Deutsch
tirol sendet die konservative Partei 13 Bauernver treter in den Landtag; davon sind 8 Bauern, also die Mehrheit, und nur 5 Herren; die christlich soziale Partei sendet 9 Bauernvertreter, davon ist einer Theologieprofessor, einer ein adeliger Arzt, einer Pfarrer, einer gewester Krämer und einer Advokat, nur 4, also die Minderheit sind Bauern. Schraffl klagt also die konservative Partei dessen an, was seine eigene Partei tut. Wie so oft! Es ist vielleicht hier angezeigt, die Verhetzung der Bauern
- hlawck und der Steiner u. s. w. schon Mist getragen haben? Oder wie viel etwa der Professor Schöpfer und der Statthaltereirat Schorn und der Schraffl und der Redakteur der Baüetnzeitung, der schon alles mögliche gewesen ist, nur^ kein Bauer? Oder wenn ^ die Advokaten schon so geschworne Feinde des Bauern sind, wie kann der Bauernbund seine Mitglieder: der Wiener Partei zuführen, an deren Spitze fast lauter Advokaten stehen: Dr. Lueger, Dr. Neumayr, Dr. Porzer, Dr. Weißkirchner? Wie kann die Tiroler