¬Die¬ nationale Einheitsbewegung in Deutschtirol im Jahre 1848.- (Schlern-Schriften ; 43)
zu. Aber auch die wenige Tage darauf oktroyierte Märzver fassung gewährleistete jedermann volle Glaubensfreiheit und jeder gesetzlich aner kannten Kirche und Reiigionsgesellschaft das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung. Durch die Bestimmung des § 33 der neuen Reichsverfassung, der die Aufnahme neuer Gemeindemitglieder in den Gemeindeverband den Gemeinden überließ, war es diesen auch in Tirol in die Hand gegeben, Elemente ferne zu halten, von denen die Einführung eines nichtkatholischen Gottesdienstes
zu befürchten stand. Mit diesem Auskunftsmittel beruhigten sich die eifrigen Verfechter der Glaubens- und Kultuseinheit in Tirol 4 ). Unter dem Einfluß der Ideenrichtung des liberalen Katholizismus in Deutsch land wurde sich auch sonst mancher gute Tiroler Katholik des fragwürdigen Wertes eines weltlichen Schutzes der Kirche bewußt 5 ) und es gab nun nicht wenige, welche der Ansicht waren, es sei auch für die Kirche in Österreich besser, sie würde vom Staate ignoriert, als in einer bevormundenden Weise
protegiert 6 ). Kann, so meinte man, sich das religiöse Leben in der Kirche einmal frei von den bisherigen Fesseln entfalten, so brauche man für die Einheit des katholischen Glaubens in Tirol nicht besorgt zu sein, auch wenn das Gesetz anderen Religionen die freie Ausübung des Kultus erlaubt' 7 ). Auch daß die Salzburger Provinzialsynode im September 1848 den Ruf nach Freiheit der Kirche sehr entschieden aufnahm, tat der auf gesetzlichen Schutz der Glaubenseinheit gerichteten Bewegung Eintrag
8 ). Aber es gab auch doch wieder andere, die den Druck staatlicher Bürokratie, wie er bisher auf der Kirche gelegen war, für Tirol als das kleinere Übel im Vergleich mit der Kultusfreiheit Im Jahre 1863 hat dann Gasser auf dem tandtage in Innsbruck zugegeben, daß er im Jahre 1848 die Bedeutung des gesetzlichen Schutzes unterschätzt habe; er habe sich damals angesichts der Isoliertheit, in der sich das Halbdutzend Tiroler Abgeordneten in der Pauls kirche befand, entmutigen und niederdrücken lassen (Zobl
, a. a. 0., S. 166). 2 ) Erdinger, a. a. O., S. 47. 3 ) S. insbesondere die Reichstagssitzung vom 21. Februar 1849. 4 ) V.-Bl. f. T. u. V. vom 28. 4. 1848, S. 235, Streiter, a. a. 0., S. 159. Paula Geist, a. a. O., S. 146, B ) Auch B. Weber kam zur Ansicht, daß die alte Zeit der kath. Kirche zwar einen gewissen Frieden gegeben habe, daß dessen „zweideutige Vorteile aber weit überwogen wurden von der Feigheit und Untätigkeit der Geister, die sich um dieses Friedens willen alle Übergriffe gefallen ließen