ihn noch das feine, reizende Gesicht und er sah die dunklen, glänzenden Augen mit einem seltsamen Ausdruck auf sich gerichtet. Der Blick entsprach freilich nicht feinen unklaren Wünschen, wie er diese Augen auf sich hätte gerichtet sehen mögen. Es lag etwas Forschendes, Prüfendes darin, aber dennoch be- zanberten ihn ihre Augen und nahmen ihn voll- standig gefangen. Als Wilhelm am Morgen erwachte, hatte er das Gefühl, daß ihn ein wüster Traum umgau kelt und jene Dame, die er am vorhergehenden Abend im Theater
, wo er sonst in das Stadttheater gegangen war, erfaßte ihn eine selt- fame Unruhe und — es läßt sich nicht leugnen — Wilhelm Wiedebach war froh, als ein Freund kam, dessen Überredungskunst es schnell gelang, ihn mit in's Theater zu nehmen. Sein erster Blick richtete sich von seinem Platze aus nach der gegenüberliegenden Loge und — er athmete erleichtert auf — die Fremde war nicht da. Er fühlte instinktiv, daß er nicht iin Stande gewesen wäre, die Augen von ihr abzuwenden und doch dünkte es ihn eine Treulosigkeit
gegen die verstorbene Elsbeth. Und dennoch! Wilhelm Wiedebach war unzu frieden, als der erste Act sein Ende erreicht hatte und er den Platz in der gegenüberliegenden Loge noch unbesetzt sah. Seine Stimmung war eine so erregte, daß sie den ihn umgebenden Freunden aus fiel und zu spöttischen Bemerkungen aller Art Veranlassung gab. Dadurch gereizt schickte er sich eben an, die Loge zu verlassen, als in demselben Augenblick die freinde Dame an der gegenüberlie- gerden Logenbrüstung erschien. Ein Ausruf der Bewunderung
Sammt und schwar zen Spitzen garnirt, hüllte ihre wundervolle Ge stalt ein; in dem dunklen Haar war nur eine ein zige mattgelbe Rose befestigt, ein Schmuck dessel ben, so anmuthig und graziös, wie er nur gedacht werden konnte. Wilhelm Wiedebach's Herz pochte in hörbaren Schlägen und das hätte ihm am Besten ein Be weis sein sollen, daß er mehr, als es sich mit sei nen Gefühlen für die verstorbene Elsbeth vereini gen ließ, an diese Frau gedacht hatte. Von dem Augenblicke