Seit« 4 »Mrraae, AettmiG'. Wiener Brief. Wien, 7. September. In dieser Woche ist Wien im vollsten Sinne dos Wortes zur Kongreßstadt geworden, die ein internationales Publikum vereinigt. Fal len doch die Abhaltung der Herbstmesse, die Per ^nfraltung des ersten internationalen Polizei- l^ngresses und der internationalen Briefmarken- üiiMeltting zusammen! Es ist eine ununderleg- Ii.be Talsache, daß die furchtbare Katastrophe, lvn d?r Deutschland eben betroffen wird, nicht zuletzt dazu beiträgt
, Wien in den Mittelpunkt d efes Weltverkehrs zu rücken, ja es ist sogar konstatiert, dag eine Reihe von Ausländern, die auf der Leipziger Messe weilten, aber infolge der Situation im Reiche Deutschland fluchtartig verließen, sich nun nach Wien wendeten, um doch irgend einen Erfolg ihrer Geschäftsreise zu er zielen. Die Wiener Mesfeleitung ist mit dem Be suche schon in den ersten Tagen sehr zufrieden und betont, daß trot? >der Hemmungen In Deutschland zwei Drittel der Interessenten aus dem Deutschen
Reiche gekommen sind. Die feier liche Eröffnung der Messe vollzog Bundeskanz ler Dr. Jgnaz Seipel, da der Handelsmim ster Dr. Schürff bereits seit mehreren Tagen durch ein schmerzhaftes Leiden ans Bett ge fesselt ist. Die Wiener Messe hat diesmal we sentliche Erweiterungen erfahren, darunter be sonders durch die Einschaltung einer landwirt schaftlichen Mustermesse, die sich steigender Auf merksamkeit erfreut. Mit besonderem Interesse sieht man dem gleichfalls vom Bundeskanzler Dr. Seipel eben
ebenfalls zur Wahlpropaganda gerade in diesen Tagen ihre große Siedlungs- und Wohn- bau-.Ausstellung abhalte, das grandiose Projekt einer Elektrifizierung der Stadtbahn ankündige und in den Straßen Wiens, bei den Verkehrs mitteln usw. Verbesserungen und Neuerungen durchführe, wie man sie in dul legten Jal/»cn niemals wahrgenommen habe. Nicht unerwähnt darf ein Wiener Bericht ge lassen werden, daß in der letzten Zeit eine Reihe schwerer KorruptionSfälle aufgedeckt wurde, und zwar in der früheren Hofburg
Bahn- vermaltungen auch bei einer Großbank und in der Verwaltung der Zeitungsverlagsgesellschaft „Steyrermühl', der das „Neue Wiener Tag- blatt', die „Oesterrcichische Volkszeitung' und das „Neue Acht Uhr-Glatt' angehören. In allen Fällen ist es gelungen, die der Verbrechen verdächtigen Personen in Hast zu nehmen. Am 1. September hat auch der Vollbetrieb im Wiener Bühnenleben begonnen. Ein neues Operettentheater stellt das bisherige Variete „Apollotheater' dar, das mit großem VIrfnlg die Operette